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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0331

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daß die „expressionistische Bewegung“ tatsächlich eine
übernationale, geistige Bewegung ist, daß geographisdre
und kulturelle Bedingtheit die elementaren Bedürfnisse
des „geistigen“ Künstlers nicht notwendig beschränken
mu|, und daß die Holländer nur in der von der Heenrs-
kerck stürmisch eroberten Richtung zu wirklich neuen
Künstlern werden können. Denn gerade sie überzeugt
uns davon, daß Farbe durchaus nidrts Akzessorisches
ist, sondern grundlegende Vorbedingung,
entscheidende Weltauffassung, sie beweist, daß sich
neue Formen ganz von selber bilden, wenn nur erst
das F a r b e n d e n k e n in einem Menschen aufge-
brodren ist (soweit er überhaupt für diesen Vorgang
fähig ist). Die holländischen Künstler, die hier aus-
gestellt haben, wollen — wie man lesen kann — wirken
im Zeichen des unvergeßlichen van Gogh, von dem
gerade ein herrliches großes Aquarell in Blau und Ocker
sowie ein Knabenbildnis neu in den Räumen des
Kronprinzen-Palais aufgetaudit ist. Audi van Gogh
begann im Trüben, Grauen, Schmußigen, drang aber,
nadr geistiger Wandlung, in die Welt der lodernden
Farben mit ekstatischer Leidenschaft. Nur die Heenrs-
kerck ist wahrhaftig von ihm bewegt, nur sie ist Trägerin,
Fortseßerin der ihm spezifisdien Kunstgesinnung. An
dieser Stelle liegt — wenn man, wie gesagt, auf Grund
der diesmal gezeigten Werke urteilen soll — das Problem
der jungen holländisdren Maler offen zu Tage, ihr
Schicksal wird davon abhängen, ob sie ergriffen werden
können von dieser van Goghschen Kunsfgesinnung, —
man möchte ein Wort der Bergpredigt travestieren und
sagen: wenn ihr nidrt werdet wie van Gogh oder wie
die Heemskerck (die individuelle Bedeutung der Namen
ist natürlich belanglos), könnt ihr nidrt das Hinrnrelreidi
erwerben. Wir wünsdren ihnen aus brüderlidrem Her-
zen, daß sie desselben, das heißt aber des geistigen
Künstlertums, teilhaftig werden, wie es in den jungen
Ardritekten dieses Landes bereits wirksam wurde.
OSKAR BEYER.
HOLLANDBtICHER. Mit Rembrandt in Airr-
ster danr. Unter diesem Titel gibt Bruno Cassirer
das große holländisdre Werk in deutscher Übertragung
von Eridr Haneke heraus. Frits Lugt, der ur-
spriinglidie Autor, unternahm es, die Darstellungen
Rembrandts vom Amsterdamer Stadtbilde und von
der unmittelbaren landsdraftlidren Umgebung so zu-
sammenzufassen, daß ein begleitender Text in Form
einer Wanderung mit Rembrandt selbst Aufschluß
über die mannigfadien historischen, ästhetisdien und
persönlidien Beziehungen des Meisters zu seinen Vor-
lagen ist. Es gibt für den Freund dieser Impressionen

einen einzigartigen Genuß, den Prozeß genialen Sdraf-
fens am Objekte selbst festzustellen, ein Vorgang, den
der hie und da unserer Art etwas ferner liegende
Stil des Autors nicht stören kann. Die Wiedergabe
der Bildvorlagen ist vorzüglich, einige Karten ergän-
zen das Bild Amsterdams aus dem 17. Jahrhundert
in vortrefflicher Weise. o. r.
Der gemeinsame Wille. Vier Autoren traten zu-
sammen, um unter Führung eines in Holland lebenden
Deutsdren ein Werk über Europas neue Kunst
und Dichtung (E. Rowohlt Verlag) zu schreiben.
Friedrich Markus Hübner wird, wenn ich nicht
irre, der Vater dieser Idee gewesen sein, wirkt er dodr
unermüdlich, mit innigstem Eifer an der Verständigung
verhaderter Länder, um wenigstens die Gebiete der
Kunst allmählidr zu einheitlidrem Schaffen, vernünf-
tiger gegenseitiger Anregung hinzuführen. Unter seiner
Leitung schrieben Dirk Coster über Hoffand, Paul
Colin über Frankreidr, Douglas Goldring über
England, Romano Guarnieri über Italien, Hübner
selbst über Deutschland. Kurz, knapp, ohne sen-
timentale Umsdiweife wird mitgeteilt, was während
der Kriegsjahre die betreffenden Länder an neuer
Kunst schufen und verarbeiteten, wie sich die Offent-
lidrkeit zum Wollen der Jüngeren stellte, wie weit
allgemeine, besonders politische Gedankengänge die
Ziele der künstlerischen Idee beeinflußten. Interessant
festzustellen, daß Holland und Deufsdrland den Sprung
nadi vorn am weitesten wagten, daß Frankreidr un-
endlidi unter dem Odium des Siegerglückes leidet,
daß Italien durch futuristische Exzesse sidr vieles
verdarb, daß sdiließlidi England sidi bestenfalls nur
zur Ironie im Shaw'schen Stile aufschwang. Man
wiinsdrte, diese übersdrriffen in breiter Form aus-
geführt zu sehen, denn von Musik wird nidrt geredet,
die bildende Kunst kärglidr abgetan, die Dichtung
nur unter dem Zeidren der Völkerverbindung behandelt.
Der erste Schritt ist getan, — möchten sidr Mutige
finden, geschickt, die wichtige Mission gemeinsamen
Willens auf weitester Basis fortzuseßen. Unsere Künst-
ler sehnen sidr nadr frischer Luft, — vielleidrt nur,
unr ihres eigenen Wertes bewußter zu werden. G. B.
Die Nadrbarn. Franz Diilberg beabsichtigt,
unter diesem Titel eine Reihe von Büchern „offen-
herziger Aussprache“ herauszugeben, von denen der
erste Band Hofland erschien (E. A. Seemann, Leip-
zig). Eine Reihe guter Nanren verbreitet sidr über
allgemeine und besondere Themen: Marcellus Enrants

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