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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1904 - 31. August 1904)
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Areitag, 5. Auguß 18V4.

Eestes Blatt.

46. Aghrgkug. — -N 181

Grscheint täglich, Sonntags auSgmommen. PreiS mit Familtenblättrrn monatlich 8V Pfg. in'S HauS gebracht, bei der Sxpebitio« imd den Zwkigstationen abgeholt « D«rch

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an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und dm städtischen Anschlagstelle».

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Von der tibetamschen Expediton der
Engländer.

Die tibetamsche Expedition nähert fich ihrem Ziele
Khassa und, wenn nicht ganz unvermutet Hindernisse
eingetreten sind, so kann man mit ziemlicher Sicherheit
s>arauf rechnen, daß in kürzester Frist sich die englischen
Soldaten schon innerhalb der Mauern der „Heiligen
Etadt" befinden werden. Wenn auch noch lange nicht
alle Schwierigkeiten überwunden sind, so geht doch aus
dem Berichte des Spezialkorrespondenten der „Dail Mail",
Dtr. Edmund Candler's, hervor, daß die Expedition jetzt
in ein Gebiet eingetreten ist, in dem die Truppen nicht
Niehr unter der Kälte und die Pferde und die Lasttiere
vicht mehr unter dem Mangel an frischem Futter zu Iei°
ben haben. „Wir haben heute", schreibt Mr. Candler
Unter dem 23. Juli, „am Ufer des Aandok-Sees gelagert,
vnter dem 16 Ü60 Fuß hohen Khamba Paß, und von hier
vus kann man den Brahmaputrafluß und die Straße, die
nach Lhassa hineinführt, sehen. Von dem Paß aus konn-
ien wir auf Las sruchtbare Tal hinunter blicken, dessen
grüne u. gelbe Kornselder nur von den zerstreuten Wohn-
häusern, die regelmäßig von Pappeln, Weiden oder Wall-
Nußbäumen umgeben sind, unterbrochen werden. Das
Tal ist ungefähr Zwei englische Meilen breit, und die
Lünze Gegend Wird jetzt zum ersten Male für Europäer
don Europäern vermessen, und so werden die nächsten
^andkarten bedeutend genauer aussallen, als dies bisher
der Fall war. Bei der Ueberschreitung des Brahma-
butraflusses, der sehr breit ist und eine sehr starke Strö-
ürung hat, schlugen zwei Boote um, was den Tod von
biehreren Mitgliedern der Expedition zur Folge hatte.
CZ gelang der Expedition später, den Eingeborenen zwei
Äroße Fähren abzunehmen, aber auch mit diesen hatte
snan noch große Schwierigkeiten, denn sie wurden ver-
schiedene Male von der reißenden Strömung ersaßt und
^veggetrieben. Nachdem alles glücklich überwunden war,
llwvde augenscheinlich den Tibetanern wieder etwas ängst-
Üch zu Mute, denn Oberst Nounghusband empfing eine
^otschast von der Nationalen Versammlung in Lhassa,
'^e ihn flehentlich bat, die Truppen nicht in die „Heilige
^tadt" zu bringen, sondern aus dem Wege zu verhandeln."
CZ wird noch nicht berichtet, ob solche Verhandlungen
^virklich stattgefunden haben; Tatsach-e ist jedenfalls, daß
isie englischen Truppen nach Lhassa marschieren. Dort
lind unterdessen schon innere Unrrchen ausgebrochen, und
svie so ost bei derartigen Volksstämmen, hat die Regierung
chre großen Schwierigkeiten, angesichts des einmarschieren-
^en Feind-es ihre eigenen Untertanen in Zucht und Ord-
^ung zu halten. Die Eingeboren-en von Kham haben die
chinesische Kolonie übersallen, und bei den Straßengefech-
^n sind auf beiden Seiten zusammen etwa 60 Personen
Mötet worden. Jetzt soll indessen wieder volle Ruhe
h^rrschen, und das ist auch ganz gut denkbar, jedoch spre-
ch^n alle Anzeichen dafür, datz diese Ruhe nicht sehr lange
^vhalten wird.

Wenn die Engländer, wie diese Expddition lehrt, in
^ibet einen starken Einfluß zu gewinnen suchen, so ist auch

dieses Unternehmen aus dem Bestreben erflossm, den
Besitz Jndiens sich möglichst fest zu sichern. Der einzige
Gegner, den Lie Briten in Südasien zu sürchten haben,
sind die Russen. Erst vor wenigen Dagen hat der engli-
sche Premiernnnifter dies deutlich^ genug ausgesprochen.
Deshalb geht der Wunsch- ber Engländer Lahin, zwischm
Jndi-en und den Russen Pufferstaaten zu haben, und vor
der Einverleibung der Russen aufrecht zu erhalten. So
dient ihnen in diesem Sinne Afghanistan und so suchen
sie Tibet für diese Rolle zuzustutzen, ehe etwa die Russen
k'ommen und es annektieren.

Deutsches Reich.

— Aus Aeußerungen der „Nowoje Wremja" geht her-
vor, daß der neue deutsch-russische Handels-
vertrag am 1. Januar 1906 in Kraft tr-eten soll und
Laß er auf 12 Jahre abgeschlossm ist.

Baden.

— Bei t>cr Landesversicherungsanstalt Ba-
den sind im Monat Iuli 1904 452 Rcntengesuche (23 Alters-
und 429 Jnvalidcn- bezw. Krankenrentengesuche) cingcreicht
und 405 Renten (22 -j- 864 -p 19) bewilligt worden. Es wur-
den 54 Gesuche (6 -p 48) abgelehnt, 382 (15 -p 367) blieben
unerledigt. Auszerdcm wurden im schiedsgerichtlichen Ver-
fahrcn 7 Jnvalidenrcnten zuerkannt. Bis Endc Juli 1904
sind im ganzen 44 411 Renten (9165 Altcrs-, 34 223 Jnvaliden-
und 1023 Krankenrenten) bewilligt bezw. zuerkannt worden.
Davon kommcn wicder in Wegfall: 21 033 (5894 -p 14 277 -s-
862), sodaß auf 1. August 1904: 23 378 Rentenempfänger vor-
handen sind (3271 Alters-, 19 946 Jnvaliden- und 161 Kran-
kcnrenten). Vcrglichcn mit dem 1. Juli 1904 hat sich die Zahl
der Rentcnempfänger vcrmehrt um 184 (— 23 Alters-, -i- 205
Jnvaliden- 4- 2 Krankenrentner). Die Rentcnempfänger be-
ziehen Renten im Gesamtjahresbetrage von 3 284 816,21 Mk.
(mchr seit 1. Juli 1904 29 663,48 Mk.).

s -ch opfhei m, 4. August. -Entsprechmd ihrer Bitte
ist der Handelskammer Schopfheim vom Großh. Mini-
sterium des Jnnern der Entwurf §er Gmchmigung zur
Errichtung einer W a s s e r k r a f t a n l a g e im Rhein
bei Lanfmburg zur Kenntnisna'hme und Aeußerung etwai-
ger Vedenken oder besonderer Wünsche mitgeteilt worden.
Der Entivurs wurde auf Grund der mit dem schweizerischen
Bundesrat und der Regierung des Kantons Aargau ge-
pflogenen Verhandlungen ausgestellt. Die Erri-chtung und
der Betrieb des Wasserwerks durch einen Privatun -
ternehmer ist daher als feststchend zu erachten.

Karlsruhe, 3. August. Das Großherzogs°
paar beabsichtigt seinen Aufmthalt in St. Moritz noch
bis Mitte dieses Mon-ats- zu verlängem und dann nach
der Jnsel Mainau überzusivdeln. Das Erbgroßher-
zogspaar wird in den nächsten Tagen in Badenweiler
zu mchrwöchigem Aufmthalt erwartet.

Karlsruhe, 4. August. Die theologische
Hauptprüsnng der evang. Pf-arrkandidaten beginnt
Dienstag, den 25. Oktober d. I., vormittags 9 Uhr. Die
Dköldungen nm Zulassung zu üieser Prüfung sind' späte-
stens bis zum 25. September d. I. Lei dem Evang. Ober-
kir-chenrat einzureichen. Die näheren Angaben können aus
der im kirchlichen Gesetzes- und Verordnungsblatt Nr. 12
veröffentlichten Bekanntmächung erschen werden.

Prcntzen.

— Wie die „Köln. Zeitun-g" erfährt, sind am könig-
lichen Gymnasium in Essen die Weisungen des Mrek-
tors an die Schüker, die bis dahin dm Pfarrkon-
gregationen angehörten, sofort befolgt wovden. Für
die Schule ist damit die S-ache erledigt.

Wiirttcmberg.

F r i e d r i ch s h a f e n, 4. August. Me goIdene
Hochzeit konnte heute das- Freiherr von M i t t -
n a ch t' sche Eh-epaar feiern. Der König überreichte
persönlich einen xnit Edelsteinen geschmückten pra-chtvollm
Pokal mit dem königlichen W-appen in Em-ail auf der einm,
dem Wappen des Jubilars auf -der andern Seite; die kunst-
volle Arbeit trä-gt die Wid-mung: Dem Staatsministev
Dr. Freiherrn von Mittnacht und Frau Gemahlin zum
Jubiläum gewidmet von König Wilhelm II. von Württem-
berg, 1864—1904. Von dm Mitgliedern Les königlichen
Hauses wurden BIumensPenLen bezw. Glückwunschtele-
gramme übersanLt. Der bayerische G-esandte, der zurzeit
in Friedrichshasen weilt, überbrachte persönlich seine
Glückwünsche. Außer den z-ahlreichm Kundgebungm 'der
Minister, des diplomatischen Korps, der höchstm Hoschar-
gen, hoher Generale, der Mitglieder des Geheimm Räts-
und anderer hoher Staatsbeamtm, hervorragender badi-
scher und Layrischer Staatsmänner trafen auch solche ein
von Bischof Keppler und vom Vorsitzenden des Korps der
Schwaben, dem der Jubilar äls alter Herr angehört, von
deü auswärtigen württembergischen Konsuln usw.

Aus der KarLsruher Zeitunq.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haberr
dcm Reichsgcrichtsrat E. Wüstcnfcld in Leipzig die Er-
laubnis zur Annahmc und zum Tragen des ihm vcrlichencn
Kgl. prcutz. Kronenordcns 2. Klassc mit dcm Stern und dcr
Zahl 50 erteilt.

— Dein Verwaltungsassistcnten Joses Erbacher beim
Landesgefängnis Frciburg wurde untcr Vcrlcihung dcr Amts-
bczcichnung „Rcgistrator" die etatmätzige Amtsstelle eines
Buchhalters daselbst, dcm Amtsregistrator Heinrich Frey die
Stelle eines Rcgistraturassistenten beim Grotzh. Generallandes-
archiv, dem Grotzh. Steuerkommissär Karl Ludwig in
Waldshuk dcr Dienst des Grotzh. Stcucrkommissärs für derr
Bczirk Cttlingen übertragen.

— Es wurden die Steuerkommissärdicnste Pforzheim-Land I
dem Stcucrkommissär Karl Richter in Pforzhcim, Pforz-
Hcim-Land II dcm Stcuerkommissär Julius Dill in Horn-
berg, Lahr-Land dem Steuerkommissär Karl Thum in Bonn-
dorf, Bonndorf dem Steuerkommissärassistentcn Hermann
Blum in Lahr, und Neckarbischofsheim dem Steuerkommissär-
assistentcn Philipp Würtz in Mannhcim, den beiden letzten
unter Erncnnung zum Steucrkommissär übcrtragen.

— Betriebsassistent Eugcn Münzer in Basel wurde nach:
Mühlhausen vcrsetzt.

AuSLand.

Fraukreich,

Pari s, 4. August. Der „Temps" veröffentlicht heute
die aktenmäßige Darlegung des Vatikans in S-achen des
f r a n z ö s i s ch e n K i r ch e n st r e i t e s. Naturgemäß
stimmi ein großer Teil des Materials mit dem überein,
was von der fran-zösischen Regierung verösfentlicht wurde.

Ein merkwürdiger Millionenprozeß.

L o n d o n, 2. August.

Das engIische Oberhaus hat gestern einen P r o-
^eß in höchster Jnstanz zur endgültigen Eütscheidung ge?
^acht, bei dem es sich um 'die enorme Summe von
Millionen Mark Handelt. Dieses grohe Ka-
bltai gehört von jetzt äb 24 obskuren presbyterianischen
^isllichen, deren^ Gemeinden in den entlegeilen Bezirken
schottischen Hochlandes unL auf den kleinen Jnseln
Ler Nähe der nördlichen Küste Schottlands liegen.

, .Ter Prozeß begann im Jahre 1900, -als die presby-
^ianische „Freie Kirche von Schottland" ustd die
"Unierte presbyterianische Kirche" sich unter -dem Namen
--Vereinigte Freie Kirche >von Schottlan^ zusammeM
^ten. Damals protestierte eine Minorltät von 27 —
«'Eer 1,100 — Geistlichen und Gemeinden der Freien
uche diesen Schritt, aber man ging üb-er die Mi-
vrität hinweg, und dur-ch Len Beschluß der allgemeinen
^E'rs-anlmIung von Geistlichen der Freien Kirche wurde die
-^^Uligun-g gesetzkräftig. Drei von den 27 Geistlichen
^en nun klein bei, aber die übrigen 24 protestterten
und erhoben aus gerichtlichem Wege den Anspruch,
s„; äun die alleinigen Vertreter der Freien Kirche
ä'l?^,und als solche 'die Konttolle und das sreie Verfü-
ih,??^bcht über Las Eigentum aller zur Zeit des von
^ ^'u.Lestrittenen Beschlusses zur Freien Kirche gehörigen
^lnden zu beanspruchen hätten.

Cs handelt sich dachei um den Besitz der von der

St-aatskirche getrennten 'Freien Kirche, der aus angelegten
und deponierten Geldern, etwa 16M Kirchen, Käpellen,
Missioiishäusern, Psarr-Häusern und anderem Eigentum
im Werte voü ungesähr 200 Millionen Mark bestcht.

Während Ler lan-gen Dauer 'd-ieses Prozesses ging
selbstverständli-ch' das- religiöse Leben in Schottland seinen
Gang ruhig weiter, denn tatsächlich- glaubte — außer je-
uen 24 Klägern — niemand daran, daß die Entscheidung
so aussallen würde, wie dies nun-mshr in L-er Tät ge-
schehen ist. So kam Las llrteil fast allen, wie ein Blitz
aus heiterem Hünmel, Lenn La die 1000 Gottes-Häuser
den 24 Geistlichen zugefprochen sind, werden chensoviele
Geistliche samt ihren Hilssbeamten h-eimatlos, wenn nicht
baldmöglichst ein friedliches Ar'rangement getrosfen wird.
Daß dies geschehen wird, ist allerdin'gs anzunehmen,
Lenn es ist klar, daß Lie 24.Dorfgeistlich-eni rttcht auf ein-
mal im Stande sind, den ganzen mächtig-en Apparat der
V-ereinigteu Jreien Kirche von Schottland zu ersetzen.
Es muß abgewartet werdeu, was die schottische Geistlich-
keit 'd-azu sagt, und- wie sich die 24 protestierenden Dorf-
pfarrer dazu erhalten, öie nun, als beaki possickentes,
in Ler angenehmen Lage sind, alles an sich herankommen
zu Icissen. _

Kleine Zeitnng.

— Aus Baden, 4. August. Eine voIkstümIiche
A usstellung für SchuIe, Haus u n d Herd
mit Berücksichkigung von Einrichtungen sür die allge-

meine Volkswohlfahrt) findet in der Zeit vom 28. Sept.
bis 6. Oktober in Berlin in den Gesa-mträumen der Aktien-
brauerei Friedrichshain statt. Veranftalter sind die
Vereine „Waisenhort" Berlin und „Waisenfreund" Char-
lottenburg, Verbänd-e der deutschen Reichsfechtschule. Me
Geschäfte der Aussteüung leitet ein Arbeitsausschuß von
8 Herren- unter dem Vorsitz des Kaiserl. Reg.-Rates C.
Geib. Sämtliche Verbände der d-eutschen Reichsfechtschule,
dcren Zahl in Deutschland 192 beträgt, beschlossen ein-
stimmig, auf der 24. Hauptversammlung in Gotha dem
Komitee als Förderer der Ausstellung beizutreten. Ten
Bestr-ebuiigen der Jugendsürsorge nahestehende Vereine
haben sich zahlreich dem Komitee angegliedert und die
Beschickung der Ausstellung beschlosseii. Die an die Jn-
teressenten der Ausstellung erg-an-genen Anfragen w-egen
Beteillgun-g haben ein so günsttges Ergebnis gehabt, daß
vom Arb-eitsausschuß jetzt schon- größere Anbauten in Er°
wägung gezogen sind. Der lleberschuß von der Aus'-
st-elllmg soll als Grundstock für die Erbauung des 6.
Leutschen Reichswaisenhaiises in den Ostmarken dienen. Es
wird daraus hingewiesen, daß den Vereinen für Volks-
wohls-ahrt der Raiim kostenlos und jede Förderung zuteil
wird. Das Bureau Lefindet sich- in Berlin, am Friedrichs-
h-ain 16—23, Telephon: Amt 72, 7918.

— Greifswald, 4. August. Heute Vormitt-ag 10 Uhr
wuvde hier die 36. A11gemeine Versammlung
dentscher Anthropologen erössnet, zn der 298
Teilnehiner ans allen Teilen- Deutschlands sowie aus dem
Ansland erschienen sind. Der Oberpräsident Dr. Freiherr
 
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