46. Jahrgang. — Nr
(Krstes Blatt.
Mittwoch, 28. Dezember INi-4.
. 3S4.
Zum Neformerlaß des Zaren.
Der gestern mltgetetlte Reformerlatz des Zaren
wird wohl allgemein sehr kühl anfgmoinnien wevden,
üicht zum wenigsten in RutzlanÄ setöst. Der Zar macht
la wohl an sich ganz schöne Nersprechungen, allein was
'wollen solche Berfprechungen in Rutzland bsdeuten, zu-
"ral wenn ih-re Ausfnhruilgen- in die Hände der Bureau-
kratie gelegt werden. Jn dieser Hinsicht sagt der Zar
oin Schlusse seines Erlasses:
Jndein nür anf diesen Grundlagen eine Reihe in
Nachster Zukunft bevo-rstehender inrierer grotzer Umgestal-
lungen anordnen, von denen ein Teil nach früher von
Uns erlassenen Anweifungen 'öereits einer vorläufigen
stntersuchung unterliegt, halten wir es öei der Verschieden-
heit und Wichtigkeit dieser Umgestaltungen für gut, hier-
wit zu öestiinnien, daß die Otdnung der Geschäfte zur
Äeurtsilung der Mittel für die Möglichkeit ihrer schnellen
Und vollständigen Verwirklichung in einer Reihe unsecer
Itaatlichen Einrichtungen und in der Aufgabe der
engsten Einigung verschiedener Teile der Verwaltung dem
iölinisterkomitee oöliegt. Jttfolgcdessen ordnen wir
un: Das M i n i st e r k o m i t e e hat öezüglich jedes
«ben angefülirten Gegenstandes die Zrage zu p r ü f e n,
ö>ie unsere Msichten in der- besten Weise ins Leöen ge-
uufeir werden können urid hat uns in turzester Frist seine
^esckstüsse zugehen zu lassen. Ueber die sernere Tenden-z
^er bmbsichtigten Matznählnen und über den weiteren
Äang der Ausarö-eitung der genannten Arbeiten hat das
^kinisterkomitee uns in der vorgeschriebenen Ordnung zu
^erichten. Mkolaus.
Es wird also' erst noch geprüft. Jnr Prüfungs-
Uadium ist aber in Rußland schon sehr Vieles stecken ge-
^lieöen, und- wenn der Zar auch von nächster Zuknnst
Und von kürzsster Frist spricht, so ivill das nicht viel
^estzen, denn in Rußland hat die Zeit noch keinen rechten
^tzert.
Äuf dte ZukunstAversprechungen hin setzt die rnssische
^egierung nun gleich eine scharfe Abjäge gegen die nach
bolitischen Resormen nstenden Semswos, indem sie sol-
Sende Betänntmachung veröfsentlicht:
Jm Herbst fanden in Petersburg Versammluugen
don A'bgesandten der S e m st wos statt, die verschied'ene
^Üiinsche 'bezüglich Refornien der inneren Verwaltung
^es Reiches äußerüen. Die Wünsche wnrden in der Presse,
är verschiedenen Versammlungen und äuch, dem Gesetz
üüvider, in Sitzungen der Stadträie und Senrstwos be-
lprochen, unter deni Einsluß von Personen, die Äen
Ttaat umzu st ürze n wünschten und sich besonders die
^rrsMng der Iugend zu Nutze rnachen wollten. Es
^wrden stl' den verschiedenen Städten stürniisch Verlaufene
^ersanmrlungen statt, in welchen die Notwendigkeit er-
Äärt wurde, an die Regierung Forderungen zu stellen,
öie angäsichts unserer Grundsätze unzulässig sind. Diese
Tegen die- bestehende Ordnung gertchtete B-ewe-
Sung tst dem rnsstschen Volke fremd, das den htstorischen
HrunÄlagen der Staatsorganisation treu bleibt. Per-
Iwien, die an den Bewegnngen teilnchmen, vergessen die
schweren Verhältnisse, in welchen sich das Reich auglenblick.
lich besindet und arbeiten undewntzt zum besten nicht des
Vaterlandes, sondern seiner Feinde. Da ist es Pflicht der
Regierung, die S t a a t s o r d n u n g und die öfsen t-
Iiche Sicherheit zn beschützen gegen alle Versuche,
den regelmäßigen Gvng des inneren Lebens zu unter-
brechen. Es müssen und werden alle Versuche, die Ord-
nung nmzukehren, nnd alle regierungsfeindlichen An-
sanimlungen mit allen gesetzlichen Akstteln unterdrückt
werden, während die Schuldigen, hauptsächlrch dte Be-
arnten, gerichtlich belängt werden. Die Semstlwos, kom-
munale Jnstitutioilen, sowie Jirstituttonen und Gesell-
schaften anderer Art dürfen die gesetzlichen Grenzen nicht
ü'bertreten. Dte Leiter öffentlicher Versammlungen, die
die B-esPrechung von Fragen betreffend die Organisaston
-des Staates zulassen, verfallen der Verantworttichkeit
gegenüber den 'bestehenden Gesetzen. Den Zeitungen
ko-inmt es zu, chrerseits zur Beruhiguug des öfsentlichen
Lebeus beizutragen, das voni programmätzigen Lanfe aö-
gewichen ist.
Ta die Semftw-os in letzter Zeit stark her-
vo-rgjetreteil sind, so galt es znnächst ihnen den Mund zu
schlietzen, denn ihre Verlautbarungen haben do-ch eine
ganz andere Bedeutung als die einer Studentenver-
sammlung. Man darf gespannt daraus sein, o-ö die
Semsüvos sich werden einschüchtern lassen. Die nachfol-
genden Aeußerungen von Selöstverwaltnngst'örpern stnd
noch erfolgt, ehe der Regierungserlatz ergangen war.
M oska n, 26. Dez. Die -S e mstwove r f a m m-
l n n g des Mkoskaner Gonvernements wurde heute eröff-
net. Der Vorsitzende Fürst T r n ö e tz k o i, htelt hieröet
eine Ansprache, in d-er er aus die schwere Lage Rußlaitds,
auf den bedanerlichen ärieg mit Iapan, dessen Ende in
ilächster Zukunst nicht abzusehen sei, sowie aus die schwere
ötonomische Krisis nnd auf die innere Desorganisation
hinwies. Alles dies laste -wie ein schweres Joch auf dem
rusfischen Volke und ruse eine statke nervöse Erregung
dessälöen hervor. Der Fürst schlug dann vor, dem Kaiser
eine Resolutiön zu unterbreiten, nach wetcher zur Feier
des glücklichen Ereig-msses der Geburt des Zesarewitsch
ein besonderes Kapital von 300 000 Rnöel zur Unter-
stützung von Schukbauten gesstftet wird und der Katser
gebeten werden soll, der Stistung den Namen Zesare-
witsch Alexei zu gebeu. Wester führte der VovsiHeüde
aus, das Wort des Minifters Äes Jnuern über das Ver-
trauen zum Volke verleihe deu Semstwos ueue Krast
deni Staat zu dienen. Dte Senistwos hätten das feste
Vertrauen zum Kaiser, daß der glückliche Tag nahe sei, an
welchem durch den Willen des Katsers die gegenwärtige
bureaukratische Staatsordnung, welche die Hetrschermacht
dem Volke entfrernde, umgeändert würde und an wetckiem
der Kaiser srei erwählte Vo-lksvertreter zur Teilnahme an
der Gesetzgebuug berufe, durch deren Mithilfe die Kaiser-
macht und die Größe des Dhrones gestärkt und das Auf-
blühen des Vaterlandes herbeigeführt werde,' welches auf
den unerschütterlichen Grundlagen der Gesetzlichkeit, der
persönlichen Unverletzlichkeit, der Gleichöerechstgung aller
zur Erneueruug des engen und festm Bandes zwischen
Thron und Volk zu gemeinschaftlichev Arbeit für däS
Wohl des Vaterlandes beruhe. Auf Grund der Aus-
führungen des Vorsttzenden Mrrde die von demselöen vor-
geschlag-ene Adresse an den Katser mit Stimmenmehrheit
angenommen.
Or e l, 26. Dez. Dte S ta d t--D u m a sucht die
Erlauönis nach zur Einber-ustmg eines Kongresse»
der Vertreter d-er städtischen S e lb stver w a! -
t u n g in einer der Residenzen zur Beratung der ihr ge-
setzmäßig znstehenden Fragen.
DeutscheH Reich.
— Der „Reichsanzeiger" verössentstcht nachstehend-en
Erlaß des Ministers v. Budde:
Der K aise r hat nach nninem Antragr die nachsiehen»
anfzesührten Ahänderungen der Vorschriften über üie.
Dienstklcidung des Personals der «taats--
e i se n b a h n v e r w a l t u n g zu genehmigen geruht: 1. die
Galakleidung stir die Eiscnbahnstationsvorsteher 1. Klasse wird
abgeschafft, dagegen den StationSvorstehcrn 1. Klasse, Güter-
expeditionsvorstHern und StationÄaffenvendanten gestattet',
als Kopfbcdeckun-g den schwarzen Hut mit goldener Agraff«,
goldenen Kordons und der prcutzischen Kokarde bei feierlichen
Gelegenheiten und smistigen- wichtigen Anlässen zu tragen;
2. die mittleren Beamtcn deS Bahnhofs- nnd AbfertigungS-
dienstes erhalten an- Stelle der bisherigen Abzeichen an jeder
Seite dcs Kragens allgemein vierzackige vergoldete Sterne,
unü zwar die Stationsvorsteher 1. Klasse, Güterexpedlsto-ns-
vorsteher und 'stationstassenrendanten je drci Stcrne, Sta-
tionsvoifteher 2. Klasse, Güterexpcdienten un-d Stastonsein-
nehiner je zwei Sterne, Stationsvcrwaltcr un-d StationSassi-
stenten je einen Stern; 3. die Bahnmeister erhalten als Ab-
zeichen am Kragen ein Rad imt Zirkel und außcrdem Bahn--
nieister 1. Klasse je zwei vierzackige Sterne und Bahnmeister je
einen vierzackigen Stern mit der Matzgabe, datz den zur Zeit
angcstcllten Bahnmeistern die zwei Sterne belassen tverden;
4. die Aermelauffchläge aus Sammet an den Diensstöcken der
niistleren Beamten und der in gehobcncn Stellen befindlichen
unteren Beanitcn werden dnrch 20 Zenstmeter breite Äüfschlckge
aus dem Stoffe des Rockes mit orangefarbenem Vorstotz ersetzt;
5. von den Zugbegleitungsbeamten wird an Stelle der ein-
reihitzen Joppe (Litcwkenform-) einc zweireihitze Joppe in der
stir Bnivau- und Kassendiener genehmigten Form getragen,
jedoch für Zugführer ohne den orangefarbenen Vorstotz am
Krageii; 6. den vorgenannten Beamten wird erlaubt, die bis-
herigc Diensstlcidung bis Ende Septem-ber 1906 weiter zu
tragen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten v. Budde.
Dazu bemerkt die „dkarddeutfche Allgemeine Zeistmg":
Durch königliche Kabinettsorder sind in der Dten'stkleidung
der Staatseisenbahnbeamten einige, den Bediensteteir er-
wünschte Aenderungen genehnngt worden, die im wesent-
ltchen eine Vereinsachn n g und Verbillig u n z
der Kleidung bezwecken.
Badc».
Karlsruh e, 27. Dez. Ueber ö:e B e i s e tz u n g s-
f e i e r l i ch k e i t e n für die verstorbene Herzogin
Alexandrine von Sachsen-Koburg und
Gotha wivd aus Koburg noch des Näheren berichtet:
Anr 1. Wcihnachtsfciertagc wurde dic Leichc der verewigten
Fürstin von Schlotz Kallenberg nach der Moritzkirche in Kobnrz
unter'dem Geläute der Glocken überführt. Tem Leichcnwageii
folgten Herzog Karl Eduard, dcr Rcgent Erbprinz von Hohen-
Srscheint täglich, Tonntags «rustzenommen. Preis rnit Familieniblättern monatlich 60 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstastonen abgeholt 4V Pßg.
Durch die 'Post bezogen vierteljährlich 1,3S Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.
Anzeigcnvrc . : 20 Pfg. siir die Ifpaltige Petitzeile oder deren Raum. Rsklamezeile 40 Pfg. Für hiefige GeschästS» u. Privatangeigen ermatzigt. — Für die Aufnahme von ArqetzM
a-r bc-timmten sta.-- n wirt- keinc Verantwortlichkeit übernonnnen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln Ler Heidelbevger Aeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 88.
Bürger sowi-e der Freiheit des Wortes und des GlaubenK
Kleine ZeiLung.
— Hochschulnachrichten. Braunschweig, 27. Dez. Prof.
^r. Bodländer, Dogent für phhsikalische und Elcktro-Che-
ü-ie an der hiesigen- Hochschule, ist plöhlich an einem Lungen-
^bszetz gestorben.
— Koblenz, 24. Dez. Der Kauimnnn P. Kruft,
ksii hier sehr betännter und angeschener Mann, wurde
p«ute von der Straskammer Wegen verschiedener S i t t-
i t,Kk er t sv e rg ehe n mit Ktndern zu einer Gesamt-
llrafc von einem Ja-Hr GesänMis vLrurteisi.
— Trier, 27. Dez. SiebenSchul k naben sind
Oi Speicher beirn Schlittschuhlausen ertrunken.
— Nordhnuscn, 27. Dez. Eine entsetzliche Fami-
^ientragödie hat sich gestern Abend im Hanse
^chützenstraße 17 zugetragen. Wie dte „Nordhanser Zei-
tung" berichtet, hat der Kaufmann Otto Hertel seine
^ ra u und seine betden K i n d e r im Alter von 13 und
1l Jahren ermordet, irrdem er ihnen dte Kchle duvch-
Ichnitt, und sich dann selbst das Lsben genommen, indem
stck) die Pulsader öiffnete nnd gleickffalls die Guvgäl
'durchschnitt. Alle bier 'sind tot. Das Motiv der Dat ist
^nbekannt.
— Hannovcr, 27. Dez. Am crsten Weihnachtstage
?and sich abends in einem hiestgen Prrvathansc eine G e-
lellschaft zusammen. Em zu d?n Gcisten zä'hlender
^ulgare geriet bei einem Gespräck über den rnssisch-
luvanifchen .Krieg derart in Ansvegnng, daß er zum Re-
volver gttsf, auf den Gvstgeber einsn D ch u ß abfeuerte
und ihn am Halse derart oevwundtte, daß er in eine
Privalklinik geb-racht werden mußre. Ein zwerter Schuß
auf dre Frau des Gastgebers g-ing sehl. 'Der Bulgare
tötete sich selbst dann dnrch einen Stich in die Lnnge.
— Halifax (dkenschottland), 23. Dez. Der Dampser >
„P rinzeß I r e n e" des Irorddeutschen Lloyd, der am
8. Dezember die Reise von Genna nach Newyork arrge-
treten hatte und anr 21. dort fällrg war, ist nnterwegs
von sehr schwere'm Wetter hermgesucht worden. Das
schöne Schrsf hatte nach telegraphischen Zeitungsberickiiterr
unterwegs zwei Orkane zu überstehen. Dabei war-en drer
Reisende umgerissen worden und hatten Kopfwunden er-
litten; Dentilatoren srnd zertrüumrert und Bo-ote beschä-
drgt worden. Die Offizrere erklärten, daß sie seit der
Ilbifahrt von Mbraltar ain 13. Dezember erne der schwre-
rigsten Fahrten gehabt hätten, deren sre sich errnnern. Sre
hatten Mühe, dre tausend Zwlschendecksreffenden zu be-
rrrhigerr. Wegen Kahlenmangels lref das Scksiff — wel-
ches 1225 Reisende an Bord hatte — fchlietzlich am 23.
Halifax an, die Hauptstadt der Provinz« NenschottlaNd
der britischen Kolonre Dominron of Canada. 50 Rsrsende
der ersten Klasse landeten in Halrfax, um mrt der Bahn
rhre Reise fortzusetzen, die übrigen blieben dem Schiffs
tten.
— Kiel, 22. Dez. Ern Meeressegen, wie wrr ihir tat-
sächlich seit M-enschengedenken nicht gekannt haben, strömt
über den Reichskriegshasen herein. Ungehenre
SProtten- und Heringszüge stehen vor de»
Förde. Unsere Frschsr, die oft Nächte hrndurch rhrem
schweren Beruse vergebens oblagen, brauchen jetzt nuc
hinarisznfähren, flugs sind die Netze voll mrd dre Boote
bis zunr Rand mrt den schönsten Frschen Leladen. Dampfer
anf Dampfer brrrrgen die Ware an den Kreler Markt.
Wagenladungen ge'hen nach den großen Fischplätzen Ham-
burg, Allona, Lübeck, Eckernforde. Trotzdem können die
.Kieler Ränchereien, die ost sehnlich nach Ware aussck-aueu,.
die Fische nicht verar'berten. Me Abmhmer wrssen sich
des Segens nicht zn erwehren nnd fordern dre Fffcher
auf, den Fang ernzustellen. Nach einer Schätzrmg ffngen
dre Fischer allein in der Drenstagsnacht mehr denn 10
Mrllronen Fische. Dre Züge halten bei flauem Winde dre
Fffcherboote zeitweise in ihrer Fahrt arrs.
— Erne Liebesgeschichtc von ,,64", dre jetzt erst zum
Mschlutz gelangt rst, wird der „Voss. Ztg." aus Kopen-
hhgeir hsckchtet: Als im derrtfch-dänrschen Krrckge däs
dänrsche Heer am Danewerk kag, machte ein Jnfanterist
di-e Bekanntschast eines jungen Mädchens aus der Gegend,
der Tochter ernes Landrnannes. Das Paar verlobte stch,
rechnete aber nicht mit den deutschgesinnten Eltern der
gWcklichen jungen Braut, dte um kerneu Preis einen
Dänen z-nm Schwiegersohne hviben wollten. Das Vevdrotz
den jungen Krieger sehr, denn es war ein hübscheS
jrmges Mädchen, nnd sre besaß die sehr ansehnlrchs Mst-
Die heutige NsMMer rrMsaßt drei BlLtter, zAsamMr« 14 Seiteu.
(Krstes Blatt.
Mittwoch, 28. Dezember INi-4.
. 3S4.
Zum Neformerlaß des Zaren.
Der gestern mltgetetlte Reformerlatz des Zaren
wird wohl allgemein sehr kühl anfgmoinnien wevden,
üicht zum wenigsten in RutzlanÄ setöst. Der Zar macht
la wohl an sich ganz schöne Nersprechungen, allein was
'wollen solche Berfprechungen in Rutzland bsdeuten, zu-
"ral wenn ih-re Ausfnhruilgen- in die Hände der Bureau-
kratie gelegt werden. Jn dieser Hinsicht sagt der Zar
oin Schlusse seines Erlasses:
Jndein nür anf diesen Grundlagen eine Reihe in
Nachster Zukunft bevo-rstehender inrierer grotzer Umgestal-
lungen anordnen, von denen ein Teil nach früher von
Uns erlassenen Anweifungen 'öereits einer vorläufigen
stntersuchung unterliegt, halten wir es öei der Verschieden-
heit und Wichtigkeit dieser Umgestaltungen für gut, hier-
wit zu öestiinnien, daß die Otdnung der Geschäfte zur
Äeurtsilung der Mittel für die Möglichkeit ihrer schnellen
Und vollständigen Verwirklichung in einer Reihe unsecer
Itaatlichen Einrichtungen und in der Aufgabe der
engsten Einigung verschiedener Teile der Verwaltung dem
iölinisterkomitee oöliegt. Jttfolgcdessen ordnen wir
un: Das M i n i st e r k o m i t e e hat öezüglich jedes
«ben angefülirten Gegenstandes die Zrage zu p r ü f e n,
ö>ie unsere Msichten in der- besten Weise ins Leöen ge-
uufeir werden können urid hat uns in turzester Frist seine
^esckstüsse zugehen zu lassen. Ueber die sernere Tenden-z
^er bmbsichtigten Matznählnen und über den weiteren
Äang der Ausarö-eitung der genannten Arbeiten hat das
^kinisterkomitee uns in der vorgeschriebenen Ordnung zu
^erichten. Mkolaus.
Es wird also' erst noch geprüft. Jnr Prüfungs-
Uadium ist aber in Rußland schon sehr Vieles stecken ge-
^lieöen, und- wenn der Zar auch von nächster Zuknnst
Und von kürzsster Frist spricht, so ivill das nicht viel
^estzen, denn in Rußland hat die Zeit noch keinen rechten
^tzert.
Äuf dte ZukunstAversprechungen hin setzt die rnssische
^egierung nun gleich eine scharfe Abjäge gegen die nach
bolitischen Resormen nstenden Semswos, indem sie sol-
Sende Betänntmachung veröfsentlicht:
Jm Herbst fanden in Petersburg Versammluugen
don A'bgesandten der S e m st wos statt, die verschied'ene
^Üiinsche 'bezüglich Refornien der inneren Verwaltung
^es Reiches äußerüen. Die Wünsche wnrden in der Presse,
är verschiedenen Versammlungen und äuch, dem Gesetz
üüvider, in Sitzungen der Stadträie und Senrstwos be-
lprochen, unter deni Einsluß von Personen, die Äen
Ttaat umzu st ürze n wünschten und sich besonders die
^rrsMng der Iugend zu Nutze rnachen wollten. Es
^wrden stl' den verschiedenen Städten stürniisch Verlaufene
^ersanmrlungen statt, in welchen die Notwendigkeit er-
Äärt wurde, an die Regierung Forderungen zu stellen,
öie angäsichts unserer Grundsätze unzulässig sind. Diese
Tegen die- bestehende Ordnung gertchtete B-ewe-
Sung tst dem rnsstschen Volke fremd, das den htstorischen
HrunÄlagen der Staatsorganisation treu bleibt. Per-
Iwien, die an den Bewegnngen teilnchmen, vergessen die
schweren Verhältnisse, in welchen sich das Reich auglenblick.
lich besindet und arbeiten undewntzt zum besten nicht des
Vaterlandes, sondern seiner Feinde. Da ist es Pflicht der
Regierung, die S t a a t s o r d n u n g und die öfsen t-
Iiche Sicherheit zn beschützen gegen alle Versuche,
den regelmäßigen Gvng des inneren Lebens zu unter-
brechen. Es müssen und werden alle Versuche, die Ord-
nung nmzukehren, nnd alle regierungsfeindlichen An-
sanimlungen mit allen gesetzlichen Akstteln unterdrückt
werden, während die Schuldigen, hauptsächlrch dte Be-
arnten, gerichtlich belängt werden. Die Semstlwos, kom-
munale Jnstitutioilen, sowie Jirstituttonen und Gesell-
schaften anderer Art dürfen die gesetzlichen Grenzen nicht
ü'bertreten. Dte Leiter öffentlicher Versammlungen, die
die B-esPrechung von Fragen betreffend die Organisaston
-des Staates zulassen, verfallen der Verantworttichkeit
gegenüber den 'bestehenden Gesetzen. Den Zeitungen
ko-inmt es zu, chrerseits zur Beruhiguug des öfsentlichen
Lebeus beizutragen, das voni programmätzigen Lanfe aö-
gewichen ist.
Ta die Semftw-os in letzter Zeit stark her-
vo-rgjetreteil sind, so galt es znnächst ihnen den Mund zu
schlietzen, denn ihre Verlautbarungen haben do-ch eine
ganz andere Bedeutung als die einer Studentenver-
sammlung. Man darf gespannt daraus sein, o-ö die
Semsüvos sich werden einschüchtern lassen. Die nachfol-
genden Aeußerungen von Selöstverwaltnngst'örpern stnd
noch erfolgt, ehe der Regierungserlatz ergangen war.
M oska n, 26. Dez. Die -S e mstwove r f a m m-
l n n g des Mkoskaner Gonvernements wurde heute eröff-
net. Der Vorsitzende Fürst T r n ö e tz k o i, htelt hieröet
eine Ansprache, in d-er er aus die schwere Lage Rußlaitds,
auf den bedanerlichen ärieg mit Iapan, dessen Ende in
ilächster Zukunst nicht abzusehen sei, sowie aus die schwere
ötonomische Krisis nnd auf die innere Desorganisation
hinwies. Alles dies laste -wie ein schweres Joch auf dem
rusfischen Volke und ruse eine statke nervöse Erregung
dessälöen hervor. Der Fürst schlug dann vor, dem Kaiser
eine Resolutiön zu unterbreiten, nach wetcher zur Feier
des glücklichen Ereig-msses der Geburt des Zesarewitsch
ein besonderes Kapital von 300 000 Rnöel zur Unter-
stützung von Schukbauten gesstftet wird und der Katser
gebeten werden soll, der Stistung den Namen Zesare-
witsch Alexei zu gebeu. Wester führte der VovsiHeüde
aus, das Wort des Minifters Äes Jnuern über das Ver-
trauen zum Volke verleihe deu Semstwos ueue Krast
deni Staat zu dienen. Dte Senistwos hätten das feste
Vertrauen zum Kaiser, daß der glückliche Tag nahe sei, an
welchem durch den Willen des Katsers die gegenwärtige
bureaukratische Staatsordnung, welche die Hetrschermacht
dem Volke entfrernde, umgeändert würde und an wetckiem
der Kaiser srei erwählte Vo-lksvertreter zur Teilnahme an
der Gesetzgebuug berufe, durch deren Mithilfe die Kaiser-
macht und die Größe des Dhrones gestärkt und das Auf-
blühen des Vaterlandes herbeigeführt werde,' welches auf
den unerschütterlichen Grundlagen der Gesetzlichkeit, der
persönlichen Unverletzlichkeit, der Gleichöerechstgung aller
zur Erneueruug des engen und festm Bandes zwischen
Thron und Volk zu gemeinschaftlichev Arbeit für däS
Wohl des Vaterlandes beruhe. Auf Grund der Aus-
führungen des Vorsttzenden Mrrde die von demselöen vor-
geschlag-ene Adresse an den Katser mit Stimmenmehrheit
angenommen.
Or e l, 26. Dez. Dte S ta d t--D u m a sucht die
Erlauönis nach zur Einber-ustmg eines Kongresse»
der Vertreter d-er städtischen S e lb stver w a! -
t u n g in einer der Residenzen zur Beratung der ihr ge-
setzmäßig znstehenden Fragen.
DeutscheH Reich.
— Der „Reichsanzeiger" verössentstcht nachstehend-en
Erlaß des Ministers v. Budde:
Der K aise r hat nach nninem Antragr die nachsiehen»
anfzesührten Ahänderungen der Vorschriften über üie.
Dienstklcidung des Personals der «taats--
e i se n b a h n v e r w a l t u n g zu genehmigen geruht: 1. die
Galakleidung stir die Eiscnbahnstationsvorsteher 1. Klasse wird
abgeschafft, dagegen den StationSvorstehcrn 1. Klasse, Güter-
expeditionsvorstHern und StationÄaffenvendanten gestattet',
als Kopfbcdeckun-g den schwarzen Hut mit goldener Agraff«,
goldenen Kordons und der prcutzischen Kokarde bei feierlichen
Gelegenheiten und smistigen- wichtigen Anlässen zu tragen;
2. die mittleren Beamtcn deS Bahnhofs- nnd AbfertigungS-
dienstes erhalten an- Stelle der bisherigen Abzeichen an jeder
Seite dcs Kragens allgemein vierzackige vergoldete Sterne,
unü zwar die Stationsvorsteher 1. Klasse, Güterexpedlsto-ns-
vorsteher und 'stationstassenrendanten je drci Stcrne, Sta-
tionsvoifteher 2. Klasse, Güterexpcdienten un-d Stastonsein-
nehiner je zwei Sterne, Stationsvcrwaltcr un-d StationSassi-
stenten je einen Stern; 3. die Bahnmeister erhalten als Ab-
zeichen am Kragen ein Rad imt Zirkel und außcrdem Bahn--
nieister 1. Klasse je zwei vierzackige Sterne und Bahnmeister je
einen vierzackigen Stern mit der Matzgabe, datz den zur Zeit
angcstcllten Bahnmeistern die zwei Sterne belassen tverden;
4. die Aermelauffchläge aus Sammet an den Diensstöcken der
niistleren Beamten und der in gehobcncn Stellen befindlichen
unteren Beanitcn werden dnrch 20 Zenstmeter breite Äüfschlckge
aus dem Stoffe des Rockes mit orangefarbenem Vorstotz ersetzt;
5. von den Zugbegleitungsbeamten wird an Stelle der ein-
reihitzen Joppe (Litcwkenform-) einc zweireihitze Joppe in der
stir Bnivau- und Kassendiener genehmigten Form getragen,
jedoch für Zugführer ohne den orangefarbenen Vorstotz am
Krageii; 6. den vorgenannten Beamten wird erlaubt, die bis-
herigc Diensstlcidung bis Ende Septem-ber 1906 weiter zu
tragen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten v. Budde.
Dazu bemerkt die „dkarddeutfche Allgemeine Zeistmg":
Durch königliche Kabinettsorder sind in der Dten'stkleidung
der Staatseisenbahnbeamten einige, den Bediensteteir er-
wünschte Aenderungen genehnngt worden, die im wesent-
ltchen eine Vereinsachn n g und Verbillig u n z
der Kleidung bezwecken.
Badc».
Karlsruh e, 27. Dez. Ueber ö:e B e i s e tz u n g s-
f e i e r l i ch k e i t e n für die verstorbene Herzogin
Alexandrine von Sachsen-Koburg und
Gotha wivd aus Koburg noch des Näheren berichtet:
Anr 1. Wcihnachtsfciertagc wurde dic Leichc der verewigten
Fürstin von Schlotz Kallenberg nach der Moritzkirche in Kobnrz
unter'dem Geläute der Glocken überführt. Tem Leichcnwageii
folgten Herzog Karl Eduard, dcr Rcgent Erbprinz von Hohen-
Srscheint täglich, Tonntags «rustzenommen. Preis rnit Familieniblättern monatlich 60 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstastonen abgeholt 4V Pßg.
Durch die 'Post bezogen vierteljährlich 1,3S Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.
Anzeigcnvrc . : 20 Pfg. siir die Ifpaltige Petitzeile oder deren Raum. Rsklamezeile 40 Pfg. Für hiefige GeschästS» u. Privatangeigen ermatzigt. — Für die Aufnahme von ArqetzM
a-r bc-timmten sta.-- n wirt- keinc Verantwortlichkeit übernonnnen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln Ler Heidelbevger Aeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 88.
Bürger sowi-e der Freiheit des Wortes und des GlaubenK
Kleine ZeiLung.
— Hochschulnachrichten. Braunschweig, 27. Dez. Prof.
^r. Bodländer, Dogent für phhsikalische und Elcktro-Che-
ü-ie an der hiesigen- Hochschule, ist plöhlich an einem Lungen-
^bszetz gestorben.
— Koblenz, 24. Dez. Der Kauimnnn P. Kruft,
ksii hier sehr betännter und angeschener Mann, wurde
p«ute von der Straskammer Wegen verschiedener S i t t-
i t,Kk er t sv e rg ehe n mit Ktndern zu einer Gesamt-
llrafc von einem Ja-Hr GesänMis vLrurteisi.
— Trier, 27. Dez. SiebenSchul k naben sind
Oi Speicher beirn Schlittschuhlausen ertrunken.
— Nordhnuscn, 27. Dez. Eine entsetzliche Fami-
^ientragödie hat sich gestern Abend im Hanse
^chützenstraße 17 zugetragen. Wie dte „Nordhanser Zei-
tung" berichtet, hat der Kaufmann Otto Hertel seine
^ ra u und seine betden K i n d e r im Alter von 13 und
1l Jahren ermordet, irrdem er ihnen dte Kchle duvch-
Ichnitt, und sich dann selbst das Lsben genommen, indem
stck) die Pulsader öiffnete nnd gleickffalls die Guvgäl
'durchschnitt. Alle bier 'sind tot. Das Motiv der Dat ist
^nbekannt.
— Hannovcr, 27. Dez. Am crsten Weihnachtstage
?and sich abends in einem hiestgen Prrvathansc eine G e-
lellschaft zusammen. Em zu d?n Gcisten zä'hlender
^ulgare geriet bei einem Gespräck über den rnssisch-
luvanifchen .Krieg derart in Ansvegnng, daß er zum Re-
volver gttsf, auf den Gvstgeber einsn D ch u ß abfeuerte
und ihn am Halse derart oevwundtte, daß er in eine
Privalklinik geb-racht werden mußre. Ein zwerter Schuß
auf dre Frau des Gastgebers g-ing sehl. 'Der Bulgare
tötete sich selbst dann dnrch einen Stich in die Lnnge.
— Halifax (dkenschottland), 23. Dez. Der Dampser >
„P rinzeß I r e n e" des Irorddeutschen Lloyd, der am
8. Dezember die Reise von Genna nach Newyork arrge-
treten hatte und anr 21. dort fällrg war, ist nnterwegs
von sehr schwere'm Wetter hermgesucht worden. Das
schöne Schrsf hatte nach telegraphischen Zeitungsberickiiterr
unterwegs zwei Orkane zu überstehen. Dabei war-en drer
Reisende umgerissen worden und hatten Kopfwunden er-
litten; Dentilatoren srnd zertrüumrert und Bo-ote beschä-
drgt worden. Die Offizrere erklärten, daß sie seit der
Ilbifahrt von Mbraltar ain 13. Dezember erne der schwre-
rigsten Fahrten gehabt hätten, deren sre sich errnnern. Sre
hatten Mühe, dre tausend Zwlschendecksreffenden zu be-
rrrhigerr. Wegen Kahlenmangels lref das Scksiff — wel-
ches 1225 Reisende an Bord hatte — fchlietzlich am 23.
Halifax an, die Hauptstadt der Provinz« NenschottlaNd
der britischen Kolonre Dominron of Canada. 50 Rsrsende
der ersten Klasse landeten in Halrfax, um mrt der Bahn
rhre Reise fortzusetzen, die übrigen blieben dem Schiffs
tten.
— Kiel, 22. Dez. Ern Meeressegen, wie wrr ihir tat-
sächlich seit M-enschengedenken nicht gekannt haben, strömt
über den Reichskriegshasen herein. Ungehenre
SProtten- und Heringszüge stehen vor de»
Förde. Unsere Frschsr, die oft Nächte hrndurch rhrem
schweren Beruse vergebens oblagen, brauchen jetzt nuc
hinarisznfähren, flugs sind die Netze voll mrd dre Boote
bis zunr Rand mrt den schönsten Frschen Leladen. Dampfer
anf Dampfer brrrrgen die Ware an den Kreler Markt.
Wagenladungen ge'hen nach den großen Fischplätzen Ham-
burg, Allona, Lübeck, Eckernforde. Trotzdem können die
.Kieler Ränchereien, die ost sehnlich nach Ware aussck-aueu,.
die Fische nicht verar'berten. Me Abmhmer wrssen sich
des Segens nicht zn erwehren nnd fordern dre Fffcher
auf, den Fang ernzustellen. Nach einer Schätzrmg ffngen
dre Fischer allein in der Drenstagsnacht mehr denn 10
Mrllronen Fische. Dre Züge halten bei flauem Winde dre
Fffcherboote zeitweise in ihrer Fahrt arrs.
— Erne Liebesgeschichtc von ,,64", dre jetzt erst zum
Mschlutz gelangt rst, wird der „Voss. Ztg." aus Kopen-
hhgeir hsckchtet: Als im derrtfch-dänrschen Krrckge däs
dänrsche Heer am Danewerk kag, machte ein Jnfanterist
di-e Bekanntschast eines jungen Mädchens aus der Gegend,
der Tochter ernes Landrnannes. Das Paar verlobte stch,
rechnete aber nicht mit den deutschgesinnten Eltern der
gWcklichen jungen Braut, dte um kerneu Preis einen
Dänen z-nm Schwiegersohne hviben wollten. Das Vevdrotz
den jungen Krieger sehr, denn es war ein hübscheS
jrmges Mädchen, nnd sre besaß die sehr ansehnlrchs Mst-
Die heutige NsMMer rrMsaßt drei BlLtter, zAsamMr« 14 Seiteu.