^ » scheint täglich, Sonntogs ansgenommen. Preis mit FamilienMättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expodition und den Zlveigstatiorlen abgeholr 40 Pstz.
Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschlietzlich Zustellgeibüchr.
^»zergenprcis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Staum. Reklamezcile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts. u. Prii?atanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeige«
bestimmten Tagen mird keine Verantwortlichkeit übernommcn. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelbevger Zeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 8L.
Die Aussprache über die Naumann-
Vorträfte.
^ /^Heidelberg,17. Nov.
der Aussprache über die Naumann-Vorträge fanden sich
Abend auf Einladung des national-sozialen Vereins
,0 dis 400 Personen, darunter eine Anzahl Damen, im
w .^^häuser" ein.
^dizinalrat Kürz eroffnete die Versammlung mit der
tqZ ^kstng, datz die National-Sozialen nicht gewillt seien, in
derf rftchts zurückzugchen, sondern ihre Existenzberechtigung
^ wollen. Doch liege ihnen das Streben nach kleinen
fern; so sei es auch nicht richtig, wenn die „Volksst."
Kandidatur Deitzmann's spreche. Vor allem liege
«m Herzen der Gedanken Ler Einigung aller Liberalen.
' ^eitzmann dankte Allen, üie zum Gelingen Ler
fte »f^sM-Abende beigetragen, auch der Presse. Er leitete dann
Ikechi ein, in dem er insbesonüere vier Punkte zur Äe-
tio -e""g stellte: 1. den äußeren Charakter der Vorträge, 2.
der Gedanken Naumanns und 4. die poli-
^ch^^vagweite seiner Vorträge. Zu 1. konstatierte er, datz üie
chöh^.?s>w-Abende nicht ctwa drci Parteiabenüe oder drei ge-
Vortragsabende gewesen seien, sondern ein wissen-
fte ftch°Politischer Lehrgang. Er zitierte hierfür u. a. auch
^lgf^>nelberger Zeitung". Am Samstag beim Festmahl habe
3uso,,^^ dann noch ausdrücklich gesagt, er wolle den alten
i d, ^nhang zwischen Politik und Wissenschaft wiederherstel-
^ ^5 ^üher bestanden habe, wobei er die Namen Bennig-
dgtz Vamberger nannte. Zu 2. führtc Pros. Dcitzmann aus,
^Pnnmnn ein Dkeister der Form sei; er sehe mit dem Auge
Sv rg„7 nkers unü Dichters und darum vermöge er so plastisch
Riih .^n. Hoffentlich werdc er überall verstanden worden sein,
den Arbeitern, die in erheblichcr Zahl anwesend wa-
-'ter ftemder Herr aus dem Osten habe zwar keinen Ar-
Iche demerkt; der wisse wahrscheinlich nicht mehr, wie deut-
E>?r i^"Eer, jnsbesondere süddeutsche, aussehen. Der cinzige,
Arbeiter erschien, sei vicllcicht ein Professor ge
Ngch d ^aumanns Polemik sei vornehm und sachlich gewesen;
dressc habe das anerkannt, mit einer Ausnahme des
^ir^^ ^ . Boten", der sich übrigens selbst rcktifiziert habe, und
Rz °des Beobachtcr, der sehr daneben gegriffcn habe,
veir ?»nmann als politischen Hctzredner bezeichnetc. Aus
?ery^^vnchken Naumanns griff Prof. Deitzmann üie folgenden
!che ' ftt es in der Tat unmöglich, eine protestantisch-politi-
vtei, oin protestantisches Zcntrum, zu schasfen? Und
nicht erwürrscht? Sodann: befindet sich dic sozialde-
>.-?>che Partei rn einem Entwicklnnasvro»:tz? Drittens:
Partei in einem Entwicklungsprogetz? Drittens:
*>it »on dep engcn Vcrbindung der politrsch-lrberalen Jdeen
?6vf veligiösen zu halten? Zu 4 wies Prof. Deitzmann da-
äatz die Vorträge Naumanns tatsächlich cinen starken
, Emdrnck gemacht habcn, datz sie ein wesentlicher
? M,s >ür die Einigung der verschiedenen lrberalen Parteicn
Stadt gewesen sind. Er zog dabei u. a. auch
bvch »Sestrigcu Leitartikel der „Heidelberger Zeitung" an.
Aiej^ ' dem Festmahl am Samstag seien Angehörige der ver-
^_^>> liberalen Parteien friedlich und gemütlich beieinan-
; ? Die Not der Zeit habe uns für diesen Eindruck
> ^ s^^^wunschen Vorträgc präparrert. Naumann anderer-
l ^chied Clsatz-Lothringen gckommen, wo die Einigung der
(v, ?>»» Schattierungen des Liberalismus zn eincr libera-
^fser, °^^partei schon erfolgt sei. Rcüner schlietzt: auch wir
°>vtor.^Mander kommen. Wir müssen dazu vergessen, was
f>^rkwf, liegt, und das ist ja auch nicht schwer, denn es war
d dh Hader und Ohnmacht. Lassen wir den Augcnblick,
^rssst,. ^müter von den Klernen zum Grotzen gclenkt hat, nicht
Dr^chehe»,
Z>d fo^A^Irat Kürz kündigt eine Parrse von 5 Minuten an
Eintritt in den national-sozialen Verein auf.
^ros^Ä^ seien auf den Tischen ausgelgt.
>cht s^ ' etzgex hofft, 'datz nmn von der heutigen Diskussion
Dis, l»'-rde, wie vor ernigen Tagen über dic Karls-
^'Mussion über welche cin dortiges Blatt erklärtc, den
Mantel christlicher Barmherzigkeit breiten zu wollen. Nau-
manns Vorträge hätten die Vertiefung des politischen Lebens
und seine Erfüllung mit grotzen Gedanken gebracht, Das habe
besonders auf die herantvachsende Jugend grotzcn Eindruck ge-
macht, Die Jungliberalen hätten sehr weit hineingeblickt in
die Naumannschen Jdecn und fühlten sich angeregt, dazu mitzu-
helfen, datz diese Jdeen fruchtbar gemacht werden, Auch er,
Redner, müffe die Polemik Naumanns als hochstehend bezeich-
nen. Die Bildung eines protestantischen Zentrums halte er
mit Naumann für unmöglich und unerwünscht. Richtig seien
auch die Ansichten Naumanns über die Entwicklung der Sozial-
demokratie. Es habe ern Urn'wandlungsprozetz eingesetzt, wenn
derselüe vielleicht auch nicht in dem von Naumann gcwünschten
Tempo fortschreiten werde. Nun sei es die Hauptsache, datz
dieser Prozetz nicht gestört werde. Srcherlich haben Naurnanns
Vorträge den Einrgnngsgedanken wesentlrch gefördert. Jn Ba-
den habe dcrselbc ja glücklicherwcise schon feste Form angenom-
mcn. Es sei sehr erfreulich, Latz Prof. Deitzmann ebensalls
den Einigungsgedanken rn so warmer Werse besürwortet habe.
Wir müffen zusammenkommen, daß sage auch er, Redner. Wir
müssen die klcinen Diffcrenzcn bei Serte lassen und uns ge-
meinsam gegen unsern Gegner rrchten. Dieser Gegner aber
ist das Zentrum als politische Partei. Er hofse, datz auch die
Aufforderung zum Beitritt zur national-sozialcn Partei, der
heute hier erfolgt sei, den Einigüngsgedanken nicht stören werde,
Prof. Kindermann crklärt, datz er zwischen Lem Je-
suitenpater, der eine geschloffene Weltanschauung der Vergan-
genheit repräsentiere und Dr. Naumann, der die Zukunft deS
nächsten Jahrtausends vertrete, rn der Mitte stehe, närnlrch in
der Gegenwart. Er weist üann auf die grotze Bedeutung der
Wahl einer politischen Richtung für den Menschen hin, denn mit
dcr politischen Anschauung hänge auch diejenige über Kunst, Re-
ligion, Wisscnschaft usw. zusammen. Eine Persönlichkeit sei
eben etwas einheitliches. Redner führt dann folgenden Gedan-
kengang aus: Die National-Sozialen fördern in gewiffem Um-
fang das Volls- unü Parteileben durch energische BetonuNg
Les freiheitlichen Momentes; besonders sördern sie die Jndu-
striearbeiter, die Weltwirtschast, dann auch die Mittelparteien
durch Hindrängen derselben zu volksfreundlichen Bestrebungen
und besserem Verständnis des Sozialismus. Die Bildung einer
ftarken linken Partei mit ihrem Programm ncben der Sozial-
demokratie würde die Gesamtentwicklung überhitzen, speziell
die Landwirtschast, das Handwerk und weitere Gruppen einsei-
tig zurückbilden, ferner die breiten Schrchten im Volksleben ge-
genüber den führenden Elemerrten zu stark betorren und die
Mittelparteien aufteiben, Nur eine irnmer mehr abgewogenc
Kombination von fester Ordnung nnd Freiheit, von Qualität
und Quantität, von Aristokratifchem (in weiterem Sinne) und
Demokratischem, von Schutzzoll und Freihandel, von Jdealis-
mus und Realismus in der Kunst, von Gottesidee und Selbst-
ständigkeit dcr Einzelnen in der Relrgion, welche den — in
gewissem Umfang ixrechtigtcn — extrem strengen und extrem
fortschrittlichen Nebenströmungen die Wage hält, garanticrt
einen stetigen Ausbau unscres hochkomplizierten Entwicklungs-
stadiums und einc verhältnismätzige Berücksichtigung seiner
mannigfaltigen Untergruppen, Not tut eine energische Durckr-
dringung der mittleren Gruppen im Wirtschaftsleben, in Staat,
Religion, Kunst und Wiffenschast, wclche jene kombinrerendeGe-
samttendenz vcrtreten, rnit einem feineren Takt und Verständ-
nis für ihre schwierigen Ausgaben und eine starke tzlesamtorga-
nisafton unter Wahrung ihrer Untergruppen gegenüber ein-
seitig strengen und einseitig fterheitlichen Richtungen, Bünd-
niffe mit den extremen Gruppen sind nur von Fall zu Fall und
jeht wohl vorwiegend mit den linken Gruppen zu schlietzen,
Pfarrer Wangernann «us Rustschuck spricht über das
Verhältnis von Politik und Religion und kommt dabei unter
der Mißbilligung der Zuhörerschaft stark ins Konfessionelle, so-
datz der Vorsitzende ihn unterbricht und er seine Anssührungen
abkürzt,
Prof, Elsenhans behandelt das Verhältnis von Welt-
anschauung und Politik und findet, datz Naumann in seinen
hrcftgen Vorträgen dre-realpolitischen Machtfäktoren zu sehr in
dem Vordergruird gestcllt habe, Regierungs - Bau-
meistcr Blum meint im Gegenteil, Naumann hätte
üie Verbindungen von Polrtik und Religion zrr
stark betont, Für ihn, den Redner, sei die Haupisachc ge-
wesen, was Naumann über den Bevölkerungszuwachs, die da-
raus hcrvorgehende Verschiebung in der Struktur des Volkes
gesagt und die Folgcrungen, üie er hieraus für die Politik ge-
zogen. Pfarrer Schmitthenner tveist die Bernerkung dcs
Herrn Wangemann zurück, als sei eine konsessionelle Minder-
heit in der hiesigen protestantischen Bevölkerung in ihrem Rccht
gekürzt worden und schließt sich im übrrgen den Ausfüh-
rungen des Herrn Elsenhans an. Herr Lic. Wielandt hevt
aus den Darlcgungen Naumanrrs besonders das Zauberwort
„sozial" heraus. Er sagt, datz die jüngeren Leute, die nach der
Aushebung des Sozialistengesctzes groß gcworden seien, dic
Sozraldemokratie anders ansehen, wre die älteren, Sre sähen
lächelnd auf die thcatralischen Wilder, welche die Sozialdemo-
kratie vorführt, und sie kächeltcn, wenn viellercht andere zit-
tern, Was Naumann gesagt habe, müffe erst in die Herzen und
die Köpfe der Gebildeten hinein, Dann werde auch die Zeit
kommen, wo die Arbeiter so reif und so weit sein Würden, wie
Naumann es wünscht, Auch Redner spricht das Wort aus:
„wir müssen zusammen" und er fügt hinzu: wir wollen keinen
Graben ziehen zwischen Büvger nnd Arberter, Auch Hert
Lotz spricht für die Einigung dcr liberalen Parteien und
meint, ein taktisches Zusammengehen mit der Sozialdemokratie
sei eventuell nicht zurückzuweisen.
Medizinalrat Kürz fragt: was trennt dic National-So-
zialen von den Nationalliberalen? Wenn alle so sprächen wie
Wiclandt und Lotz, dann müsse er sagen: nichts rnehr. Uns bc-
wegc dcr Gedanke, datz einst Liberalisnrus und Sozialdemokra--
tie zusamrnenkomme, aber dann rnüsse der alte Lrberalismus
liberaler werdcn. Die Politik der Kombination, die Pros. Kin-
dermann vertrcten habe, sei einer Partei nicht zu empfehlen.
Die Kombination besorge der Staat, die Parteien dagegen
mützten ihren bestimmten Weg gehen. Redner fordert nochmals
zum Eintritt in den national-sozialen Verein auf.
Das Schlutzwort hat Prof. Dcitzmann. Er findet, daß
Wielandt aus der Chamade Kinderrnanns eine Fanfare ge-
macht habe. Sachlich hält er mehr zu Wiclandt. So schön d«r
Gedanke der kombinierten Politik sei, so mache cr doch das
SÄvert einer Partei stumpf. Redner berührt dann noch ein-
zelne Punkte, die in der Diskusston vorgekommen sinü. Unter
arrdern meint cr, daß Naumann seine religiöse Gesinnung aus
eineni gewissen Gefühk der Keuschhcit zurückgehaltcn habe.
Srchcrkich glaube auch Naumann, datz eine ideale Weltanschau-
ung-nötig sei; er sehe die Menschen nrcht als einc Maffe, son-
dern als einen Komplex von Seelcn und Persönlrchkeiten arr.
Redner verteidigt dann das Austeilen von BeitriUszetteln,
das auf die anwesendcn Angehörigen anderer Partcien einen
peinlichen Eindruck gemacht hat. Er meint, die National-So-
zralen könnten mit den anderen nur zusammenwirkeu, wcnn
sie eine Macht bedeuteten, wenn sie etwas in dic Vercinigung
mitbräckten. Dahcr ihr Werbcn um Mitglieder. Redner
schlietzt, indem er nochmals sagt, wir wollen zusammen kommen
zu der grotzen liberalen Landespartei.
'Damit schlotz dre Aussprache. Es war fast Mttcrnacht ge-
worden.
Deutfches Reich.
— Zur neuen M i I i t ä r vo rl a g c wird iu ser-
schieden-en auswärtigen Blättern angedeutet, daß die Zahk
der EAkadrouen zu Pferde von 17 auf 33, also um> 16,
vermehrt werden soll. Diese Vermehrung wird dcmnit
'begründet, daß die I ä g e r z u P f e r d e als Meldeveiter
bestimmt seien, zur Aufklärung und zur ErleichterunT
der Verbindung zwifchen verschiedenen Truppenteilen.
Ein hochkonfervativer ülbgeordneter aber, der nichts we-
Stadttheater.
umulu
Heidelberg, 17. November.
>o L,.v"'urus . Tragische Kümödie in 5 Aktcn von
und Oskar Ierschk e.
^ ^ las -ich zum erstenMcrl etwas von Arno Holz,
^6teich aöstieA ^777^ <>117^777
7r°w^.Hinterhaus .O
und feffelte, eine Studic aus einem
„Olle Kopelke", verüffentlicht in der
Das war
» Jm?uhne, dic Lamals Otto Brahm redigierte.
n unismus in der Litcratur: ein einfacher Vorgang
r»h>gc ,, kleinen Leutc, zerlegt in unendlich gering-
Ast")' -UUerrdlich ftine Einzelheiten. Wer Verse („Buch der
^»ibcl konnte, tönend^ schwungvoll und grotzartig, wie
überdies solch ein Wirklichkeitsschilderer war, mutzte
^loss-I, -. "sten Ranges sein. Jn dcn 14 Jahrcn, die nurr
-h,stnd, hat dann Holz das Vcrschiederrartigste versucht;
.> w ftrumgeschlagen mit Juden und Germanen; er, der
g.-von Verses, machte reimlose, ametrische Gedichte.
^?ur> 2 Bändchen vor, Phantasus benannt, errtzückende
^tviffc- Geist, Schärfe, Phantasic, Anschauung, nur ein
. Tein rin Letztes schlt. —
TAener ^»>n Sozialaristokraten, in 'dem cr die Friedrrchs-
,, »rer, - "dcmekolonisten arg mrtgenommen hat, enthält Kari-
^ dern dtanislaw Prczybysczewskr, John Henry Mackay
ei«!'„ .^rnno Wille. Bei der Ausführung in Berlin
del nber mächtige Partei das Stück zu Falle.
s^kl ^ttc, »nglerch wertvoller als die Jugend von Heute
^kst;tzen kon,a ' ^ Arrro Holz sich noch immer nicht ent-
dcrn
konnte
etwas zu machcn, üas minderwertig war und
SN .'sc^^^dnblikum gefiel, hattc er eincs Tages nicksts
. men. Man
erzählt, er habe in Liescr Zeit kleines
----viv-crzeug herqestellt, Las zu Werhnachten aus den
^^.verkarrst wu^>e, däs Stück 'n Groschen Damals war
^r>ric> ^ Ninständig, erne Sarwmlung zu veranssalten. st^a
Behauptung austauchte, Holz schrrebe drese
Gedichte in Prosa, weil er mit dern Reim und Vers auf schlcch-
tem Futz stände, cntschlotz cr sich, eine lyrische Revue zu publi-
ziercn, ein Stilfärbenspiel, in dcm alle bekannten Töne mo-
dernster Lyrik armeschlagcn sind: ein Rcnüezvous aller Dichtcr
und Dichterlinge 'der Gegenwart. Freunde wirü er sich damit
wieder nicht gemächt haben. Da sind pavodiert Dauthendey und
Stephan George, Julius Wolss und Alfred Mombert, „die Am-
brosins und die Nitter, die Hermine auch nicht bitter", beson-
ders abcr Dehmels Zwei Mcnschen. Da geht es Schlag anf
Schlag, und jeder Hieb sitzt. Das Ganze ist garnicht sür junge
Mädchen Aristophanische Frcchhcit und eisiger Hohn sind in
üiesem Buch. Es trägt den Titel „Blechschrniede" rrnd ist das
Amüsanteste, was seit Jahren erschienen ist. Schlietzlich ver-
legte sich Holz darauf, für seinen Privatgebrauch, den Stil und
die Sprache des siebzehnten Jahrhunderts zn erobern.. Eine
Frucht dicser Bemühung ist dcr DaphniS. Wieder cinc gcwifse
Frechheit, sabelhafte Beherrschung aller Nuancen und Kraft.
Das ift Arno Holz. Jetzt, mit dem Traumulus, ist auf einmal
der Erfolg da. Für den Theaterbesucher erscheint ein neuer
Mann auf der Bühne. Die Gyrnnasialdirektorcn, unter dencn
es, wie natürlich, gerechte und ungerechte gibt, sinü ein durch
seine Avancerncntsvcrhältnisse besondcrs intercssariter Stand.
Wann wird ein Lehrer Dircktor? Jn Preuhen galt lange wis-
senschastliche Forscherarbeit als cntscheidend qualiftzierender
Faktor: der gelehrte Philolog oder Historiker von Ruf stand
auf solchem Posten. Oder man stcllte cinen hervorragenden Pä-
dagogen und pädagogischen Theoretiker an diese Stellc oder cin-
fach cinen Mann, der sich durch wektmännrsche Sicherheit, na-
tionale Zuverlässigkeit und stramnre Führung der Zügel >en
Bchörden in empfehlende Erinnerung zu bringen inutzte. Cnt-
schieden gehört Prof. Niemcyer, der Held ^raumulus der Her-
ren Holz und Jerschke, am ehestcn zu der ersten Kategorre von
Anstaltsleitern, unter Lercn Regime es sich angenehrn leben
lätzt nnd dcnen ein echter Mensch von einem Schüler n.emals
den Respeckt versagen wird. Es geht in so erner Anstalt unter
solchern Direktor manchmal ern bischen bunt her. Aber unter
ihren Amtsgenosscn sind sie immer noch die genietzbarste Sorte
von Menschen, und ihre stille Einwirknng auf die feineren und
Legabtcren unter dcrr Schülern bleibt sichcrlrch nicht aus. Nie-
meyer hat eincn Lieblingsschülcr v. Zedlitz. Der hat nun eineS
Nachts in Begleitung eincs Offiziers in Zivil ein übles Lokak
aufgesucht, wo er mit einer Darne vom Theater Sekt trank.
Schlietzlich hat dre junge Dame den hübschcn Jungcn zu sich mit-
genommen. Dämlichc Weibcrkiste, um mit dem Landrat zu
reden. Der Besuch des Lokals durch den Schüler kommt hcr--
aus. Als Niemcyer ihm ins Gewiffen redet, übt Zedlitz gegen
dre Schauspielerin Diskretion und vcrspricht sich zu beffcrn. So
wäre üie Sache erledigt. Die Schülcr kneipen nach wie vor,
redcrr von Zwangsanstalt, singen das Traumuluslied und ge--
nietzen in der Antityrannia harmlos-albern ihrc Lürnmeljahre.
Solangc Schülcrverbindungen verboten sind, solange im öffcnt-
lichen Bewutztsein das ganze akadernische Lebcn, wie es jetzt ist,
von ciner Glorie umgeben ist, werden die Pennäler der höhercr»
Klaffcn mehr oder irrindcr echt dic Burschenherrlichkcit imitie-
ren. Da lätzt sich nun nichts weiter tun. Hcrbart fagt: Jüng-
lingc müffen gcwagt werden, urn Männer zu werden. Der
preutzische Larrdrat und persönlichc Gcgner des Direktors ist
anderer Ansicht. Er hat, ohnc datz der Direktor davon KenntnrS
hat, ein Spionagesystem organisicrt, die Vergehungen der Schü-
ler finü von Polizisten fefigestellt und gebucht, glcich als sollten
sie in der Santa Casa heiligcn Registern aufbewahrt werdcn.
So hat man 'denn auch erspäht, datz Zedlitz jenes rrwrgens halb
ftrnf das Haus des Bäckermeisters verlaffen hat, rn dem die
Darne vom Theater wohnt. Henkersdienste sind kein Vevgnügen,
auch für einen preutzischen Landrat nrcht, meint dieser selbst.
Abcr, wenn das sein Ernst ist, was gehcn ihn dann um Him-
melswillen die Jugendeseleien der Schüler an? Bevorrnundung,
Reglementierung möglichst aller Verhältniffe Äcs Lebens, da»
gilt noch imrner als Panacee. Hier stohen zwei Shsteme zu-
sammen, Niemeyer mit seincm Glarrben: wenn meine Echile»
Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschlietzlich Zustellgeibüchr.
^»zergenprcis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Staum. Reklamezcile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts. u. Prii?atanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeige«
bestimmten Tagen mird keine Verantwortlichkeit übernommcn. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelbevger Zeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 8L.
Die Aussprache über die Naumann-
Vorträfte.
^ /^Heidelberg,17. Nov.
der Aussprache über die Naumann-Vorträge fanden sich
Abend auf Einladung des national-sozialen Vereins
,0 dis 400 Personen, darunter eine Anzahl Damen, im
w .^^häuser" ein.
^dizinalrat Kürz eroffnete die Versammlung mit der
tqZ ^kstng, datz die National-Sozialen nicht gewillt seien, in
derf rftchts zurückzugchen, sondern ihre Existenzberechtigung
^ wollen. Doch liege ihnen das Streben nach kleinen
fern; so sei es auch nicht richtig, wenn die „Volksst."
Kandidatur Deitzmann's spreche. Vor allem liege
«m Herzen der Gedanken Ler Einigung aller Liberalen.
' ^eitzmann dankte Allen, üie zum Gelingen Ler
fte »f^sM-Abende beigetragen, auch der Presse. Er leitete dann
Ikechi ein, in dem er insbesonüere vier Punkte zur Äe-
tio -e""g stellte: 1. den äußeren Charakter der Vorträge, 2.
der Gedanken Naumanns und 4. die poli-
^ch^^vagweite seiner Vorträge. Zu 1. konstatierte er, datz üie
chöh^.?s>w-Abende nicht ctwa drci Parteiabenüe oder drei ge-
Vortragsabende gewesen seien, sondern ein wissen-
fte ftch°Politischer Lehrgang. Er zitierte hierfür u. a. auch
^lgf^>nelberger Zeitung". Am Samstag beim Festmahl habe
3uso,,^^ dann noch ausdrücklich gesagt, er wolle den alten
i d, ^nhang zwischen Politik und Wissenschaft wiederherstel-
^ ^5 ^üher bestanden habe, wobei er die Namen Bennig-
dgtz Vamberger nannte. Zu 2. führtc Pros. Dcitzmann aus,
^Pnnmnn ein Dkeister der Form sei; er sehe mit dem Auge
Sv rg„7 nkers unü Dichters und darum vermöge er so plastisch
Riih .^n. Hoffentlich werdc er überall verstanden worden sein,
den Arbeitern, die in erheblichcr Zahl anwesend wa-
-'ter ftemder Herr aus dem Osten habe zwar keinen Ar-
Iche demerkt; der wisse wahrscheinlich nicht mehr, wie deut-
E>?r i^"Eer, jnsbesondere süddeutsche, aussehen. Der cinzige,
Arbeiter erschien, sei vicllcicht ein Professor ge
Ngch d ^aumanns Polemik sei vornehm und sachlich gewesen;
dressc habe das anerkannt, mit einer Ausnahme des
^ir^^ ^ . Boten", der sich übrigens selbst rcktifiziert habe, und
Rz °des Beobachtcr, der sehr daneben gegriffcn habe,
veir ?»nmann als politischen Hctzredner bezeichnetc. Aus
?ery^^vnchken Naumanns griff Prof. Deitzmann üie folgenden
!che ' ftt es in der Tat unmöglich, eine protestantisch-politi-
vtei, oin protestantisches Zcntrum, zu schasfen? Und
nicht erwürrscht? Sodann: befindet sich dic sozialde-
>.-?>che Partei rn einem Entwicklnnasvro»:tz? Drittens:
Partei in einem Entwicklungsprogetz? Drittens:
*>it »on dep engcn Vcrbindung der politrsch-lrberalen Jdeen
?6vf veligiösen zu halten? Zu 4 wies Prof. Deitzmann da-
äatz die Vorträge Naumanns tatsächlich cinen starken
, Emdrnck gemacht habcn, datz sie ein wesentlicher
? M,s >ür die Einigung der verschiedenen lrberalen Parteicn
Stadt gewesen sind. Er zog dabei u. a. auch
bvch »Sestrigcu Leitartikel der „Heidelberger Zeitung" an.
Aiej^ ' dem Festmahl am Samstag seien Angehörige der ver-
^_^>> liberalen Parteien friedlich und gemütlich beieinan-
; ? Die Not der Zeit habe uns für diesen Eindruck
> ^ s^^^wunschen Vorträgc präparrert. Naumann anderer-
l ^chied Clsatz-Lothringen gckommen, wo die Einigung der
(v, ?>»» Schattierungen des Liberalismus zn eincr libera-
^fser, °^^partei schon erfolgt sei. Rcüner schlietzt: auch wir
°>vtor.^Mander kommen. Wir müssen dazu vergessen, was
f>^rkwf, liegt, und das ist ja auch nicht schwer, denn es war
d dh Hader und Ohnmacht. Lassen wir den Augcnblick,
^rssst,. ^müter von den Klernen zum Grotzen gclenkt hat, nicht
Dr^chehe»,
Z>d fo^A^Irat Kürz kündigt eine Parrse von 5 Minuten an
Eintritt in den national-sozialen Verein auf.
^ros^Ä^ seien auf den Tischen ausgelgt.
>cht s^ ' etzgex hofft, 'datz nmn von der heutigen Diskussion
Dis, l»'-rde, wie vor ernigen Tagen über dic Karls-
^'Mussion über welche cin dortiges Blatt erklärtc, den
Mantel christlicher Barmherzigkeit breiten zu wollen. Nau-
manns Vorträge hätten die Vertiefung des politischen Lebens
und seine Erfüllung mit grotzen Gedanken gebracht, Das habe
besonders auf die herantvachsende Jugend grotzcn Eindruck ge-
macht, Die Jungliberalen hätten sehr weit hineingeblickt in
die Naumannschen Jdecn und fühlten sich angeregt, dazu mitzu-
helfen, datz diese Jdeen fruchtbar gemacht werden, Auch er,
Redner, müffe die Polemik Naumanns als hochstehend bezeich-
nen. Die Bildung eines protestantischen Zentrums halte er
mit Naumann für unmöglich und unerwünscht. Richtig seien
auch die Ansichten Naumanns über die Entwicklung der Sozial-
demokratie. Es habe ern Urn'wandlungsprozetz eingesetzt, wenn
derselüe vielleicht auch nicht in dem von Naumann gcwünschten
Tempo fortschreiten werde. Nun sei es die Hauptsache, datz
dieser Prozetz nicht gestört werde. Srcherlich haben Naurnanns
Vorträge den Einrgnngsgedanken wesentlrch gefördert. Jn Ba-
den habe dcrselbc ja glücklicherwcise schon feste Form angenom-
mcn. Es sei sehr erfreulich, Latz Prof. Deitzmann ebensalls
den Einigungsgedanken rn so warmer Werse besürwortet habe.
Wir müffen zusammenkommen, daß sage auch er, Redner. Wir
müssen die klcinen Diffcrenzcn bei Serte lassen und uns ge-
meinsam gegen unsern Gegner rrchten. Dieser Gegner aber
ist das Zentrum als politische Partei. Er hofse, datz auch die
Aufforderung zum Beitritt zur national-sozialcn Partei, der
heute hier erfolgt sei, den Einigüngsgedanken nicht stören werde,
Prof. Kindermann crklärt, datz er zwischen Lem Je-
suitenpater, der eine geschloffene Weltanschauung der Vergan-
genheit repräsentiere und Dr. Naumann, der die Zukunft deS
nächsten Jahrtausends vertrete, rn der Mitte stehe, närnlrch in
der Gegenwart. Er weist üann auf die grotze Bedeutung der
Wahl einer politischen Richtung für den Menschen hin, denn mit
dcr politischen Anschauung hänge auch diejenige über Kunst, Re-
ligion, Wisscnschaft usw. zusammen. Eine Persönlichkeit sei
eben etwas einheitliches. Redner führt dann folgenden Gedan-
kengang aus: Die National-Sozialen fördern in gewiffem Um-
fang das Volls- unü Parteileben durch energische BetonuNg
Les freiheitlichen Momentes; besonders sördern sie die Jndu-
striearbeiter, die Weltwirtschast, dann auch die Mittelparteien
durch Hindrängen derselben zu volksfreundlichen Bestrebungen
und besserem Verständnis des Sozialismus. Die Bildung einer
ftarken linken Partei mit ihrem Programm ncben der Sozial-
demokratie würde die Gesamtentwicklung überhitzen, speziell
die Landwirtschast, das Handwerk und weitere Gruppen einsei-
tig zurückbilden, ferner die breiten Schrchten im Volksleben ge-
genüber den führenden Elemerrten zu stark betorren und die
Mittelparteien aufteiben, Nur eine irnmer mehr abgewogenc
Kombination von fester Ordnung nnd Freiheit, von Qualität
und Quantität, von Aristokratifchem (in weiterem Sinne) und
Demokratischem, von Schutzzoll und Freihandel, von Jdealis-
mus und Realismus in der Kunst, von Gottesidee und Selbst-
ständigkeit dcr Einzelnen in der Relrgion, welche den — in
gewissem Umfang ixrechtigtcn — extrem strengen und extrem
fortschrittlichen Nebenströmungen die Wage hält, garanticrt
einen stetigen Ausbau unscres hochkomplizierten Entwicklungs-
stadiums und einc verhältnismätzige Berücksichtigung seiner
mannigfaltigen Untergruppen, Not tut eine energische Durckr-
dringung der mittleren Gruppen im Wirtschaftsleben, in Staat,
Religion, Kunst und Wiffenschast, wclche jene kombinrerendeGe-
samttendenz vcrtreten, rnit einem feineren Takt und Verständ-
nis für ihre schwierigen Ausgaben und eine starke tzlesamtorga-
nisafton unter Wahrung ihrer Untergruppen gegenüber ein-
seitig strengen und einseitig fterheitlichen Richtungen, Bünd-
niffe mit den extremen Gruppen sind nur von Fall zu Fall und
jeht wohl vorwiegend mit den linken Gruppen zu schlietzen,
Pfarrer Wangernann «us Rustschuck spricht über das
Verhältnis von Politik und Religion und kommt dabei unter
der Mißbilligung der Zuhörerschaft stark ins Konfessionelle, so-
datz der Vorsitzende ihn unterbricht und er seine Anssührungen
abkürzt,
Prof, Elsenhans behandelt das Verhältnis von Welt-
anschauung und Politik und findet, datz Naumann in seinen
hrcftgen Vorträgen dre-realpolitischen Machtfäktoren zu sehr in
dem Vordergruird gestcllt habe, Regierungs - Bau-
meistcr Blum meint im Gegenteil, Naumann hätte
üie Verbindungen von Polrtik und Religion zrr
stark betont, Für ihn, den Redner, sei die Haupisachc ge-
wesen, was Naumann über den Bevölkerungszuwachs, die da-
raus hcrvorgehende Verschiebung in der Struktur des Volkes
gesagt und die Folgcrungen, üie er hieraus für die Politik ge-
zogen. Pfarrer Schmitthenner tveist die Bernerkung dcs
Herrn Wangemann zurück, als sei eine konsessionelle Minder-
heit in der hiesigen protestantischen Bevölkerung in ihrem Rccht
gekürzt worden und schließt sich im übrrgen den Ausfüh-
rungen des Herrn Elsenhans an. Herr Lic. Wielandt hevt
aus den Darlcgungen Naumanrrs besonders das Zauberwort
„sozial" heraus. Er sagt, datz die jüngeren Leute, die nach der
Aushebung des Sozialistengesctzes groß gcworden seien, dic
Sozraldemokratie anders ansehen, wre die älteren, Sre sähen
lächelnd auf die thcatralischen Wilder, welche die Sozialdemo-
kratie vorführt, und sie kächeltcn, wenn viellercht andere zit-
tern, Was Naumann gesagt habe, müffe erst in die Herzen und
die Köpfe der Gebildeten hinein, Dann werde auch die Zeit
kommen, wo die Arbeiter so reif und so weit sein Würden, wie
Naumann es wünscht, Auch Redner spricht das Wort aus:
„wir müssen zusammen" und er fügt hinzu: wir wollen keinen
Graben ziehen zwischen Büvger nnd Arberter, Auch Hert
Lotz spricht für die Einigung dcr liberalen Parteien und
meint, ein taktisches Zusammengehen mit der Sozialdemokratie
sei eventuell nicht zurückzuweisen.
Medizinalrat Kürz fragt: was trennt dic National-So-
zialen von den Nationalliberalen? Wenn alle so sprächen wie
Wiclandt und Lotz, dann müsse er sagen: nichts rnehr. Uns bc-
wegc dcr Gedanke, datz einst Liberalisnrus und Sozialdemokra--
tie zusamrnenkomme, aber dann rnüsse der alte Lrberalismus
liberaler werdcn. Die Politik der Kombination, die Pros. Kin-
dermann vertrcten habe, sei einer Partei nicht zu empfehlen.
Die Kombination besorge der Staat, die Parteien dagegen
mützten ihren bestimmten Weg gehen. Redner fordert nochmals
zum Eintritt in den national-sozialen Verein auf.
Das Schlutzwort hat Prof. Dcitzmann. Er findet, daß
Wielandt aus der Chamade Kinderrnanns eine Fanfare ge-
macht habe. Sachlich hält er mehr zu Wiclandt. So schön d«r
Gedanke der kombinierten Politik sei, so mache cr doch das
SÄvert einer Partei stumpf. Redner berührt dann noch ein-
zelne Punkte, die in der Diskusston vorgekommen sinü. Unter
arrdern meint cr, daß Naumann seine religiöse Gesinnung aus
eineni gewissen Gefühk der Keuschhcit zurückgehaltcn habe.
Srchcrkich glaube auch Naumann, datz eine ideale Weltanschau-
ung-nötig sei; er sehe die Menschen nrcht als einc Maffe, son-
dern als einen Komplex von Seelcn und Persönlrchkeiten arr.
Redner verteidigt dann das Austeilen von BeitriUszetteln,
das auf die anwesendcn Angehörigen anderer Partcien einen
peinlichen Eindruck gemacht hat. Er meint, die National-So-
zralen könnten mit den anderen nur zusammenwirkeu, wcnn
sie eine Macht bedeuteten, wenn sie etwas in dic Vercinigung
mitbräckten. Dahcr ihr Werbcn um Mitglieder. Redner
schlietzt, indem er nochmals sagt, wir wollen zusammen kommen
zu der grotzen liberalen Landespartei.
'Damit schlotz dre Aussprache. Es war fast Mttcrnacht ge-
worden.
Deutfches Reich.
— Zur neuen M i I i t ä r vo rl a g c wird iu ser-
schieden-en auswärtigen Blättern angedeutet, daß die Zahk
der EAkadrouen zu Pferde von 17 auf 33, also um> 16,
vermehrt werden soll. Diese Vermehrung wird dcmnit
'begründet, daß die I ä g e r z u P f e r d e als Meldeveiter
bestimmt seien, zur Aufklärung und zur ErleichterunT
der Verbindung zwifchen verschiedenen Truppenteilen.
Ein hochkonfervativer ülbgeordneter aber, der nichts we-
Stadttheater.
umulu
Heidelberg, 17. November.
>o L,.v"'urus . Tragische Kümödie in 5 Aktcn von
und Oskar Ierschk e.
^ ^ las -ich zum erstenMcrl etwas von Arno Holz,
^6teich aöstieA ^777^ <>117^777
7r°w^.Hinterhaus .O
und feffelte, eine Studic aus einem
„Olle Kopelke", verüffentlicht in der
Das war
» Jm?uhne, dic Lamals Otto Brahm redigierte.
n unismus in der Litcratur: ein einfacher Vorgang
r»h>gc ,, kleinen Leutc, zerlegt in unendlich gering-
Ast")' -UUerrdlich ftine Einzelheiten. Wer Verse („Buch der
^»ibcl konnte, tönend^ schwungvoll und grotzartig, wie
überdies solch ein Wirklichkeitsschilderer war, mutzte
^loss-I, -. "sten Ranges sein. Jn dcn 14 Jahrcn, die nurr
-h,stnd, hat dann Holz das Vcrschiederrartigste versucht;
.> w ftrumgeschlagen mit Juden und Germanen; er, der
g.-von Verses, machte reimlose, ametrische Gedichte.
^?ur> 2 Bändchen vor, Phantasus benannt, errtzückende
^tviffc- Geist, Schärfe, Phantasic, Anschauung, nur ein
. Tein rin Letztes schlt. —
TAener ^»>n Sozialaristokraten, in 'dem cr die Friedrrchs-
,, »rer, - "dcmekolonisten arg mrtgenommen hat, enthält Kari-
^ dern dtanislaw Prczybysczewskr, John Henry Mackay
ei«!'„ .^rnno Wille. Bei der Ausführung in Berlin
del nber mächtige Partei das Stück zu Falle.
s^kl ^ttc, »nglerch wertvoller als die Jugend von Heute
^kst;tzen kon,a ' ^ Arrro Holz sich noch immer nicht ent-
dcrn
konnte
etwas zu machcn, üas minderwertig war und
SN .'sc^^^dnblikum gefiel, hattc er eincs Tages nicksts
. men. Man
erzählt, er habe in Liescr Zeit kleines
----viv-crzeug herqestellt, Las zu Werhnachten aus den
^^.verkarrst wu^>e, däs Stück 'n Groschen Damals war
^r>ric> ^ Ninständig, erne Sarwmlung zu veranssalten. st^a
Behauptung austauchte, Holz schrrebe drese
Gedichte in Prosa, weil er mit dern Reim und Vers auf schlcch-
tem Futz stände, cntschlotz cr sich, eine lyrische Revue zu publi-
ziercn, ein Stilfärbenspiel, in dcm alle bekannten Töne mo-
dernster Lyrik armeschlagcn sind: ein Rcnüezvous aller Dichtcr
und Dichterlinge 'der Gegenwart. Freunde wirü er sich damit
wieder nicht gemächt haben. Da sind pavodiert Dauthendey und
Stephan George, Julius Wolss und Alfred Mombert, „die Am-
brosins und die Nitter, die Hermine auch nicht bitter", beson-
ders abcr Dehmels Zwei Mcnschen. Da geht es Schlag anf
Schlag, und jeder Hieb sitzt. Das Ganze ist garnicht sür junge
Mädchen Aristophanische Frcchhcit und eisiger Hohn sind in
üiesem Buch. Es trägt den Titel „Blechschrniede" rrnd ist das
Amüsanteste, was seit Jahren erschienen ist. Schlietzlich ver-
legte sich Holz darauf, für seinen Privatgebrauch, den Stil und
die Sprache des siebzehnten Jahrhunderts zn erobern.. Eine
Frucht dicser Bemühung ist dcr DaphniS. Wieder cinc gcwifse
Frechheit, sabelhafte Beherrschung aller Nuancen und Kraft.
Das ift Arno Holz. Jetzt, mit dem Traumulus, ist auf einmal
der Erfolg da. Für den Theaterbesucher erscheint ein neuer
Mann auf der Bühne. Die Gyrnnasialdirektorcn, unter dencn
es, wie natürlich, gerechte und ungerechte gibt, sinü ein durch
seine Avancerncntsvcrhältnisse besondcrs intercssariter Stand.
Wann wird ein Lehrer Dircktor? Jn Preuhen galt lange wis-
senschastliche Forscherarbeit als cntscheidend qualiftzierender
Faktor: der gelehrte Philolog oder Historiker von Ruf stand
auf solchem Posten. Oder man stcllte cinen hervorragenden Pä-
dagogen und pädagogischen Theoretiker an diese Stellc oder cin-
fach cinen Mann, der sich durch wektmännrsche Sicherheit, na-
tionale Zuverlässigkeit und stramnre Führung der Zügel >en
Bchörden in empfehlende Erinnerung zu bringen inutzte. Cnt-
schieden gehört Prof. Niemcyer, der Held ^raumulus der Her-
ren Holz und Jerschke, am ehestcn zu der ersten Kategorre von
Anstaltsleitern, unter Lercn Regime es sich angenehrn leben
lätzt nnd dcnen ein echter Mensch von einem Schüler n.emals
den Respeckt versagen wird. Es geht in so erner Anstalt unter
solchern Direktor manchmal ern bischen bunt her. Aber unter
ihren Amtsgenosscn sind sie immer noch die genietzbarste Sorte
von Menschen, und ihre stille Einwirknng auf die feineren und
Legabtcren unter dcrr Schülern bleibt sichcrlrch nicht aus. Nie-
meyer hat eincn Lieblingsschülcr v. Zedlitz. Der hat nun eineS
Nachts in Begleitung eincs Offiziers in Zivil ein übles Lokak
aufgesucht, wo er mit einer Darne vom Theater Sekt trank.
Schlietzlich hat dre junge Dame den hübschcn Jungcn zu sich mit-
genommen. Dämlichc Weibcrkiste, um mit dem Landrat zu
reden. Der Besuch des Lokals durch den Schüler kommt hcr--
aus. Als Niemcyer ihm ins Gewiffen redet, übt Zedlitz gegen
dre Schauspielerin Diskretion und vcrspricht sich zu beffcrn. So
wäre üie Sache erledigt. Die Schülcr kneipen nach wie vor,
redcrr von Zwangsanstalt, singen das Traumuluslied und ge--
nietzen in der Antityrannia harmlos-albern ihrc Lürnmeljahre.
Solangc Schülcrverbindungen verboten sind, solange im öffcnt-
lichen Bewutztsein das ganze akadernische Lebcn, wie es jetzt ist,
von ciner Glorie umgeben ist, werden die Pennäler der höhercr»
Klaffcn mehr oder irrindcr echt dic Burschenherrlichkcit imitie-
ren. Da lätzt sich nun nichts weiter tun. Hcrbart fagt: Jüng-
lingc müffen gcwagt werden, urn Männer zu werden. Der
preutzische Larrdrat und persönlichc Gcgner des Direktors ist
anderer Ansicht. Er hat, ohnc datz der Direktor davon KenntnrS
hat, ein Spionagesystem organisicrt, die Vergehungen der Schü-
ler finü von Polizisten fefigestellt und gebucht, glcich als sollten
sie in der Santa Casa heiligcn Registern aufbewahrt werdcn.
So hat man 'denn auch erspäht, datz Zedlitz jenes rrwrgens halb
ftrnf das Haus des Bäckermeisters verlaffen hat, rn dem die
Darne vom Theater wohnt. Henkersdienste sind kein Vevgnügen,
auch für einen preutzischen Landrat nrcht, meint dieser selbst.
Abcr, wenn das sein Ernst ist, was gehcn ihn dann um Him-
melswillen die Jugendeseleien der Schüler an? Bevorrnundung,
Reglementierung möglichst aller Verhältniffe Äcs Lebens, da»
gilt noch imrner als Panacee. Hier stohen zwei Shsteme zu-
sammen, Niemeyer mit seincm Glarrben: wenn meine Echile»