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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Juli bis Dezember)

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Nr. 282 - 307 (1. Dezember 1904 - 31. Dezember 1904)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14241#1237

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4L. Jahrgang. — Rr. 2M,

Samstag, 10. Dezember 1S04.

Grstes Blatt.

Erscheint t a n l i ä,, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familteniblättern monatlich 60 Pfg. tn's HauS gebracht, bei der Expedition unld den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg.

Durch die Post bezogen vierteljührlich 1,35 Mk. ausschlietzltch Zustellgsbühr.

Ä n zc i g c n p r I- i - - 20 Pfg. für die rspaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts. u. Pripotanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von ArVeige»
an bcftimmten Tagen wird kein« Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den städt. Anfchlagstellen. Fernspr. 8L.


Deutscher Reichstag.

Brrlin, 9. Dez.

» Bor Eindritt in die Tagedondnnng ei'greift d-ns Wort
^ichEanKter Graf Bülow:

, Die v«rbündeten RegiernnMi hatten die Absicht, die
RuUand, Rmnänien, Belgien, I-talien, der Schweiz
Serbien vereinbarten HandelSperträg-e die-
hoh-en Hause n-acls Schlusz der ersten- Lesung des' Etats
^Mtegen. Die Verhandlungen niit Oefterreich-Ungarn
^ven, wie den Herren- betännt ist, auf einen toten
Uiift gelangt u. mnfzten wegen srh-eblickien Bleinungs-
.stschiedenheiten abjMrachen wer-den. Jnsolg-e vo-n Mitt-
^wigen, die uns jetzt von ö st e r r e i ch i f ch-u n g a -
' > cher Seite gemacht w-orden sind, ist Aussicht
, ^handen, auch- init dies-en unferen Nach!barn zn dein ge-
s Unfcjfl-M Einverständnis zu kommen. Sel'bftverstänlich
'ulten wir daran feft, datz entsprech-end der von mir in
^.chein ho-hen Hmrfe nLgegehenen Erklärung wir nur
.sueni Handelsvertrag unsere Ziisümm-ung. geben und
^ Ihrige imchfnchcn kömien, der uns eine ge-
'ug-ende Gnrc.nlie gewährt. dasz das dentsche
^ h vor S e u ch e n g -e s a l) r g eschützt bIeibt.
s.^ch häben wir hinsichtlich- der österreichischen Eiiifuhr-
>olle Minfche, die im Jntercsse unserer Exportindnstrie
" rrfüllen sind, wenn ein Handelsvertrag znstande kom-
soll. Da das Einibringen der -bereits feiüiggestellten
,,ch» -tzandelsverti-äge die Berhandluiig-en ni.it Oesterveich-
ch'starn stören würlE, währ-end andererfeits na-ch der Ge-
waftKlage des Haufes die volle Diirchib-eratung der Ver-
uge nicht sicher -erscheüit, so werden die verLündetm- Rc-
^^uu-nMii Jhn-en die neuen HandelSverträge gleich
. u ch W e i h n a ch t s f e r i-e n vorleg-en. Wir

Zllden -bestrebt sein, dahin zu wirken, das; das Jnkraft-
^'^en der neuen Handelsverträgie imd des neuen Zoll-
.uuifs dadnrch keine Verzögernng erleidet. Unt-er diescn
^^^tztänden darf ich an das hohe Haus die Bitte ricksteii,
btne Befprechung 'der lmndelsfwlitisllieii Sitnation znr
nicht einzntretcn.

. ^ DaA.tzans trat in die Tägesordnnng ein uird setzt die
t s b e r a t u ii g fort.

fe, ^chatzsekrctär Stengel wendct )ich gegcn cinzclnc t>l ns-
H^fungen -des Abgeorbneteii Storz und bedauert, datz das im
hcrabfchiedete FiuaiMefetz nicht schon 20 Jahre früher
q^Rlchsen worden sei. Das Reich hätte dami vicle Millionen
ij. Mnfen gespart. Die Matrikularbciträge würdcn wohl oder
kcü, Ucibehalten -wcrden^müffen. Wer sage, im Reich kömäen
^iibi ueuen indirektcn Stcucrn cingeführt werden, der sollc sa
vom Schutz der wirtschaftlichen 'Schwachen rcden.

Stolberg lkons.) wendet fich gegen Bebels
jvj^hchrungen über Rutzland. Diefes fei noch lange nicht so,
^ Bebcl es annehme, ani Endc seiner Kräfte. Dies zeige die
Känipfe um Port Arthur. Uebcrhaupt sollten wir
vici vcrlassen auf die Schwächc unserer Nachbarn, sondern
viehr ftlr unsere Wehrkraft sorgen. Redner vcrbreitet sich
aussührlich über die Notweudigkeit, die Kavallerie zu ver-
k>cr w dic Sweijährige Dicnstzeit betrifft, so müssc, um

dyz -^rvosität des Ausbtldungs-Personals entgegen zu wirken,
llnteroffizier-Pcrsonal vermehrt werden und in- der Be°
erhöht werden. Namens seiner Fraktion habc cr zu
dieselbc hcge noch ein wenig Zweisel, ob dic in- dicscr
aiehung in der Vorlagc geforderten Kompensationen auch
icichcnd seicn.

v. Vollmar (Soz.) will sich auf ciuige Ivenige
llaslpif bcschräirken. Der Schatzsekretär habe stch eincr rück-
inZ Offenheit in Bczug auf dic Finanzlage beflcitzigt,.aber
vin' kömie und fehen tvolle, könne längst erkemien, wohin
^iirk^ E-nkwicklung uns mit uuserer Finnnzlage bringen

lstcn f Eöcr bie Rede des Schatzsckvetärs hörte, konntc fast
Zsfstwcik. stc käme von einem Kritiker auf der äutzersten Linkcn.

Wort des L-chatzsekretärs von der schonenden Rücksicht-
Nkc, ^ uuf die wirtschaftlich Schlvachen glaube im Landc kein
dcs-llch mehr. Seine Pariei aber Ivcrde bei Beratung der Han-
cx^.rvvträgc das Volk wieder an dieses Wort crimiern. Weitcr
stri"^ Rodner sich gegen die Militär-Vorlage. Nic sei cs dem
tcZ^^rmnister schwcrcr geworden, cine solck)e Vorlage zu ver-
als diesmal, denn von dcn Nachbarn drohe uns kcine
'-chiwvn' Ruhland sei beschäfti-gt und über die Mahen ge-
Frankrcich bcstehe cine Friedc-nsbewegung wie
dicz "w. Also: wolle man nicht abrüsten, so hätte nmn doch
öum allermindestcn aus eine Heeresvermehrung ver-
urüffen. Es könne sast scheinen, als betrachtc der Reichs-
als Parlainentarische Aufgal>e, dah die Scharf-
cx ini Lande und hier Taten schcn wollten. Gbenso wissc
tst, >?R' datz diese Art des Vorgehcns gegcn dic Sozialdcmokra-
Acil^vr gefährlich ist und im gegebencn Falle würden dem
t>en ,^"öler die Zügcl enkgleiten, dc-nn die Scharsmacher woll-
Bcj/'"en starken Mvnn mit Ivcnig Hirn. (Lachen rcchts,
^ri, i .^ttks.) Wer bis zum äuhersten eine grohc Bewegung
Z,to der möge ein getvandter Diplomat sein, aber ein

ÜpAUAuann sei er nicht. Dic Sozialdemokraten hätten gc-gcn-
kein "ttttiliand nicht dic gepanzerte Faust verlangt. Er kcnne
zisi^tt Sogialdcnwkraten, der einen Krieg wünschc. Dic spc-

>n eff preuhische Vorliebe für Ruhland habe den Jntercsscn

^ p«r ".2--- .

^.handle

Würdi- Deutschlands schcm schr viel gcschadet. Offen-
s sich dabei für die Regierung nur um eine Rück-
gegen die T-emokratic. Man wolle das russische

Bollwert des Absoluiisinus aufrccht crhaltcn. Der Reichskanz-
lcr habe Recht, wenn cr sagc, datz -dic Sogialdemokratic dcn Um-
sturg dcr Vcrhältniffc in Ruhland wünschc. Dabei hätte sic das
ganze gcbildct- Europa auf ihrer Seite. (Lebhafter Bcifall bei
den Sogialdcnwkraten.) Redner kritisiert dann den Königsber-
ger Prozeß, der sich ausschüetzlich gerichtet habe gegen eine rcin
literarische Propaganda und bei dem 'seitens der beteiligten Be-
hörden die gröhkcn Fchlcr gcmacht worden scicn. Aus dcm De-
peschen-Wechsel mit dem nordamerikanischcn Präsidenten kön-
nen wir politisch auch- etwas lernen, nämlich, datz unser Volk
auf mehr Frcihcit, auf mehr politische Selbstbestiinmung hin-
arbeiten solle. (Lcbhafter Bcifall.)

Reichskanzler Graf Bülow -bestreitet, die Sozialdeino-
kraten hcrausgesordert zu haben. Das Heraussordern sei Sache
der SozialdemoLratic, sie fordere die Minister, dic Regicrung,
Gott und allc Welt heraus. (Hciterkeit.) Der ReichSkanzler
zitiert dann, mn den Ton der sozialdemokratischcn Pressc zu
illirstricrcn, unter Heiterkeit des Hauses den üekanntcn ncuer-
lichcn Artikel in der „Leipziger Volkszeitung" und die, welche
solchc Artikel billigtcn, wollten ihm, dcm Reichskanzlcr, Vor-
haltungen inach-cn wcgen scines Tones. Und wie sei von der
offiziellcn Sozialdcmokrntie in Dresden der Rc-Visiouismus bc-
handelt worden. Solange sich dcr gemätzigtc Teil, der Re-
visionismus, noch immer auf einen- Boden stellte mit dem, den
Vollmar selbst in Drcsden vergkichcn habe m-it Crouuvell-, so-
lange können auch diese Gemätzigten nicht verlangen, dah ihrer
Mätzigung mehr als ein nur akademischcr Wert -zugesprochen
werde. Wir beobachten gegcnüber Raßland das Matz von wohl-
wollcnder Neutralität, das unseren traditionellen Bezichimgen
entspricht, ohnc indessen den andcrcn Mächtcn, mit denen wir
in Alliang ste'hcn, Grimd zu Mitztrauen- zu geben. Es sei wün-
schenswert, datz allc Parteien diese Linie imiehalten. Wäh-
rend dcs ostasiatischen Krieges hatv sich auch die grotze Prcsse
dcmentsprechend verhalten und sich in anerkennenslvcrter Weise
der Ruhe und Besoimeuheit befleitzigt im Gegensatz zu uuserer
Witzpressc. Herr von Vollmar habc auch angedeutet, wir hät-
tcn uns gegcnü-bcr Rutzland gebimdcn unid das offiziclle Organ
seincr Partci stellt dieselbe Behauptung auf und spreä)« dabe!
von eineni Geheimvcrtragc mit Rutzland in dieser Richtung.
Der grotzcn Mehrheit Licses Hauses brauchc cr, der Reichs-
kanzler, wohl nicht crst zu sagen, datz cin solcher Gehcimvertrag
nicht cxistiert. Hcrr von Vollinar sehe auch nicht ein, weshalb
wir imsere Wehrkrast stärken sollen. Alle Grotzmächte seien von
dem Wunschc nach Friedeii beseelt; auch die französis-ch-russische
Allianz habe sich als Friedens-Allianz bc-währt. Er würdc abcc
nicht scinc Pflicht als auswärtiger Minister iun, wcun er seine
Augen dagegen verschlietzcn würde, datz es in Europa Unter-
strömimgen gibt, die zu kriegerischen Verwickelungen drängen.
Wenn Deutschland bisher ein -Bollwerk des Friedens gewescn
sei, so könne es ein solches Bollwerk nur sein, Dank sciner
Slärkc. Ein schwaches Deutschland würde n-icht nur sür uns
selbst eine Gefahr sein, sondern auch sür deu europäischen
Weltfrieden. (Beifall.)

Abg. Dr. Spnhn (Ztr.) M bezüglich dcs Königsberger
Prozeffcs nicht mit allen Schlutzsolgcrungen des Reichskanzlers
eiiiperstanden, auch die Erklärungen -Lezüglich -dcr Diäten scien
nickt besriedigcn-d.

Abg. Stöcker -(-wirtschaftl. Ver.) tritt sür eine Reichserb-
scbaftssteuer ein. Die auswärtige Politik solle mehr mit Rutz-
lan-d als mit England gehen. Die Sozialdenrokratie solle durch
Vereinigung der Sozialgesimiten mit dem Fürstenkum über-
wundcn wcrden.

Abg. v. Gerlach (sr. Vcr.) -bcspricht dcn Dessauer un-d den
Königsberger Proze.tz.

Um 5A Uhr wurde die Weiterberatimg aus nwrge» 1 Uhr
vertagt.

Aus Stadt und Zand.

Heidelberg, 10. Dezeniber.

— Von dcr Universität. Deiu goldeues juristisches
D o t t o r j u b i l ä u m seierte vorgcstern der autzerordentliche
Professor Dr. phil. et iur. Hans Scherrcr, dcr seit Februar
1866 dem Lehrkörper der Rupcrto-Carola als Tozent der Ge-
schichte und Gesellschaftswissenschast angehört. Die juristischc
Fakultüt unserer Universität, die ihm vor n-umnehr einem hal-
ben Jahrhundert ihrc suimnos honorcs verlich, crneucrte dem
Jubilar glückwünschend das D-oktordiplom. Pros. Dr. Schcrrer
vollendet am 80. ds. Mts. sein 75. Lebeiisjahr. Jn den letztcn
Semcstcrii l,at er nichk mchr gclesen. — Jm lctztcn Studienjahr
1903 bis 1904 (vom 23. Novbr. vorigen bis zum 22. Novbr. die-
scs Jahr) haben an uuserer Univc-i-sität insgesanrt 307 Pro
moti o n e n -stattgefunden, üavon 4 honoris causa (3, anlätzlich
der Gustav ÜlLols-Vcreinstaguiig und Protestatiottskirchenein-
weihuiifl, in der theologischen und Geh. Rat Pros. Kuno
Fischer's Ehrcnpromotion in ücr naturwiffenschastlich-niiathe-
mvtischen Fakultäk). Von dcn 803 rite Promovierten wurden
1 (Stadtvikar Wielandt) Lic. thcol., 131 Dr. iur., 49 Dr. med.
45 Dr. phil. imü 77 Dr. phil. nat. 5 Damcn errangen sich bcn
Heidclbcrgcr Doktorhut und zwar 4 bci dcr philosophischcn und
1 bei der naturtviffenschaftlich-mathematischen Fakultät. Unter
den neuen Heidelberger Doktorcn befinden sich 21 Reichsaus-
länder: 2 Juristen, 10 (von insgcsamk 451) „Philosophen" und
9 Naturwissenschaftlcr. Unsere Stadt selbst ist mit 8 Promo-
tionen vertrctcn: 1 Lic. thc-ol., 4 Dr. iur., 2 Dr. med. und 1
Dr. phil. nat. — Prof. I). T r ö l t s ch beendete seinen dieswin-
ierlichcn Mannheimer Vortragscyklus über „die Eutwicklung
des Christeniums und seine Stellung in ücr «bendländischen
Kultur" am 7. ds. mit eincm Vortrag, worin er „dic Entstchung
der modernen Welt und die modeiwe Umbildung des Christen-
tums duvch sie" behandelte. — Pros. Dr. Wilbclin Salomon,
Direktor des Stratigraphtsch-Paläontologischen Jnstituts, wird
am nächsten Dienstag, den 13. ds., im „Verein für Ratur-
kunde" zu Mmmheim einen Vortrag (mit Lichtbtldern) halten
über das Thema: „Wic entstehen unsere Gebirge?" — Die
Festrcde des Prorektors Hosrats Pros. Dr. W. Braune am
Dies academicus „Ueber die Einigung der deutschen Aus«

sprache" ist nun auch (im Verlage von Max Nicmeyer in Halle
a. S.) für den Buchhandel erschienc.ii.

—" - Natimialliberalc Bersammlung. Nachidem die bisheri-
gen politischen Versammlimgen uns rcichlich Erörterungen über
die 'Prinzipien dcs Libcralismus in Gcgenwart nnd Zukunst
gebracht haben, ist es mit Dank zu begrützen, datz uns noch m
diesein Jahre Hcrr Oberbürgermeistcr Dr. Wilckens von
dcr praktischen Arbeit der Politik berichten will, die die liberale
Partei im Landtag gelcistet hat. Bekanntlich brachte die Se-ssion
einc grotze Reihe einschncidender Gesetze: .Wahtrechtsreform,
Reform in der Gemeindegesetzgehung u. a. Wir machen deshald
dringend ans die Bcrsainmlung ain Montag ausmcrksam, die
nur vcrschoben worden ist, um für jene allgemeinen Erörtenm-
gen Raum zu lassen.

(!) Drnhtseilftthre. Gestern wurde die zwischen dcr alten
imd der neuen Brücke erstellte Drahtseilfähre in Betrieb gcnom.--
men. Ein starkcs Drahffeil tst über den Neckar gespannt, von
dicsem herab hängt ein an-deres Drahtseil und an diesein ist
ein Boot besestigt, in Ivelchcm 30 Personen bequcm Platz haben.
Längs dem Hauptseil läufi das zweite, an dein -das Boot hängt,
auf ciner Rolle. Tie Drahtseilführe soll hauptsächlich bei Hoch-
waffer benützt wcrdcn.

-ff Der Waldorfer Rinaldo-Rinnldini, welcl)ci m lctztcr Zeit
durch seine Räubereien in unserer Gegend viel vou sich reden
machte, und jetzt im hiesigcn Anitsgefängnis gefangen sitzt,
versuchte 'heute Nacht, aus demselben auszubrechen. Mit
ciner Ofcntlaininer erbrach er -die innere Zcllentür; als er-sich
dann an dcr äutzcren zu schaffen machtc, wurde dc'r Gefangen-
wärtcr durch das Geränsch aufrnerksam und verhindcrte dnrch
energischcs Eingrcifcn dic geplante Flucht.

Knrlsruhe, 9. Dez. (L a n d c s f e i e r.) Der Stadtrat
beabsichtigt, anlätzlich dcs 80. Gcburtstages des G ro tz-
herzogs im. September 1906 eine Landesseier dahier zu ver-
anstalten. Der Oberbürgermeister -wurüe bevollmüchtigt, hier-
wegen init -er Regierung rnS Benehmen zu treteiu Zur Bil-
dung cines Fonds für die Feier wcrden in den nächstsähi-igen
Voranschlag 50 000 Mark eingestellt.

Hebbel-Verein.

H, Heidel-berg, 10. Dcz.

Der Hebbel-Verein gab uns gestern Gelegenheit, eine lie-
Lenswnrdige Rezitatorin ans Norddeutschland, Frl. Bier-
hake, kcnncn zu lcrnen, wofür wir ihm zn Dank verpftichtet
sind. Frl. Bicrhake verfügt iiber cin angcnehmes Iveiches Or-
gan nnd jene klare und sicherc Lautbildung, dic man den Han-
noveranern nachrühmt. Fhr Feld ist das. schlichte Wort nnd
die zarte Empfindung, in welche sie warme Hcrzlichkeit zu legen
versteht. Mit gutcin Grund hatte dic Dame Falt'sche Ge-
dichtc für den crsten Teil chrer Rezitationen gewählt; die Art
ihres norddeuff'chen Landsmannes ist ihr augensckxinlich be-
sondcrs adäguat und so brachtc sic deffen Gedichte. wie der
Gang durchs Fischerdors, am Himmelstor, die llnschuld u. A..
die durch klare Anschaulichkeit dcr Schilderung ausgezmchnet
sind und cbenso jene wie: Mitlcidigc Mädchen, ein Tagebnch rc.,
in denen ein kcuschcr, leiser Empfindnngsakkord das poetische
Präludiuin krönt, hübsch imd timstvoll zur Geltung. Der ker-
ntge, imt sich sortreihcnde Konrad Ferdinand Meyer
entspricht im Allgcmeinen der Natur dcr Rczitatorin weniger,
aber in seinem „Fingerhut", der ausnahmsweise zart und liebe-
voll angefaht sein will, feiei-te sie doch den Haupttriumph des
Abends. Hervorgehoben seien dcrnn noch „Die gezeichnete Stirn"
und „Der Pilger und die Sarazenen"; sie gaben der Rezita-
torin gleickffalls Gclegenheit, sich in ihrcr speziellcn Begabung
zu bcwähren. Jn den andern erfreute sie durch sichere ver-
sländige Anffaffung, die jedcs der kleinen Kunstwerke wohlgc-
gliedert und abgcrundet nen vor uns cntstehen lietz.^

Die Zuhörerschaft gab ihrer Nnerkennung durch freundliche
Beifallsbezeugungen Ansdruck.

Theatee- und Kunstnachrichten.

-j- KarlSruhe, 10. Dez. (P r i v a t t e l e g r a m m d c r
„He idelb. Ztg.") Die angekundigten Gastspiele von Eleo-
nore Duse könncn nach soeben eingetroffencm Telegramm
wegen Uebernnidung von Frau Duse nicht stattfinden.

Neueste Nachrichten

)—( Ziegclhausen. D e r LiLer a I e Vei -
e i ii ZiegellMism veranstaltet in-orgen Sonntag Mittag
3 Mr im Gasthmis „zur Pfcttz" hicr eine öfsenttiche
Verfanmittmg, zu welcher der L-andtagsadHeordiiete Herr
Professor R o h r h u r st ans Heidelberg eiiien Bortrag
icher die „neue Verfasfimg" unid damit zusammenhängeiid
über d-as künstige Laiidta-gsnicch-ltzecht zugesagt hat. Bei
dein gÄvahlteii- TlMiia, das für Jederman-n Jnteresse
bietet, -darf auf eiuen zcchlreichne B-ssuch der Beiffamnttuiig
gerechuet werden.

Hannover, 9. Dez. Das S y m p a t h i e - T e l e -
gra m m, das die s t u d c n t e u der technischen Hoch-
schule in Haiinover an die deutschen Stüdenten in
JnnsLruck anlätzlich der dortigen Vorgän-ge ttchtete, hat
eine Beschwerde der ö st e r r e i >h ischen Regie-
r u n g zur Folge gehabt. Der Rektor der Hockffchule und
der Borsitzenide des derzeitigeu und derjenige des bisheri.
gen Sttidenten.AuZschusfes wurden nach Berlin berustn,
wo chnen im .chultusmimstenum wegen der Mfendung
des Telegramms eniste Vorhaltungen gemacht wurden.

Die heulige Nrrmmer «mfaht süns BlLtter, zusamme« 22 Seiten.
 
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