46. Jahrgang. — Rr. 288
orrrrerstag, 8. Dezember 1W4.
' rstes Blatt.
"lchrtnt täglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 80 Pfg. in'S HauS geLracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 4V Pftz.
^ Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,38 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.
Sic i gc n p r e i s: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeil« 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- u. Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von AnAeige»
^ ststinimtcn Tnge» wird lcinc Verantwortlichleit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den ftädt. Anschlagstellen. Fernspr. 88.
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Liberalismus und Katholizismus.
^ie koimnt es eigentlich, daß srüher rn Badni
? th o l is che Gegenden liberal iv-äihlten, die
der letzten Jahrzchnte zu Hochbnrgen des Z e n-
geworden' srird? Bei der großen Bedentnng
^stlfeinnng füv das' politische Lebeir in Baden hat es
Dersuchen geschlt, sie zu erklaren. Meist mutz man
^ dieser Wandlung ist der Nationalliber.rlis-
hjj ichnld, er hat den Knltiirkampf geführt, er hat da-
^ Geister ausgestachelt nnd dvs kachvlische Volk
sich nm seine Geistlichen zu sckM-en, um die
b Kirche —- oder wie andere sich noch schärser ans-
die ReLgron zn schützen. Der Nationaüibe^
-i loüte Meraler sein; er sollte tolvranter' sisin,
Z'esigröse Sachen mcht einnsischen und nur dv', wo
-si' llebergrifse ins bürgerliche Leben vorkomnren,
^ttz^Esgewalt zur Wwchr nrobil machen. Solche
^hn^ugsversuckie. srnd ja sehr beqnem; es ist zndenr so
^.?^d dein LiLeralrsmns eins zu versetzen, wvhltuend
sür Solche, die dabei rn dein Gefühl schwelgen.
"st^ü^heren, wahrlmft liberalen, volksfreundlrchen Li-
zn vertreten.
die Sache wirklich so, jdann' iväre vs ja außer-
ibicht, dre fricheren besseren Znstände wiedovher-
slgd- Die Nationalliberalen branchten nnr das Lishc-
^ oder das demokratisckie, oder wenn man will, das
>>>?,, .^nokratische trrchenpolitsische Programm' anzrrneh-
v^iick H>en begnenren rein' formalen Sta'irdpunkt
uud SchmeiMir wären gessillt, sützer
kii^ in jedc Brnst. Für so töricht soll man doch
si ^vtionEiberalismris nicht halten, daß man meint,
nnr ans Knrzsichtigkeit, aus Versrocktheit, ans
.sijrkel oder errrenr ähnlrchen Gnurd arrs seiNem' kir-
^si'chen Prograrnm,' er wolle kssiren kirchen.politi-
der Nr.cheirpolitische Kamps sei sein Le-
^ r Ev''ent, in dem er sich riN'geirrein wohl snhl-e, oder
! ^ Rederrsarten heisWr. Nein, der Natioiml-
känipst, weil er kämpseii nrnß, nnd die
, »r ^8eu und Denrokraten, die bisher glaubten, rrach
^li gescksilderten Rezept erner formalistischen Be-
religiös-politischer Frageu zv ernem leidlichen
komnren, 'der Scharerr von Zeirtrnmsanhängern
Prf die libevale Seite he.'rüLersühren> wrirde, bc-
letzterZeit selbst andereSaiten arffW-,reheu. Die
v und insbesondere anch die Sozialdemokra-
, ücha ' Herrte esiren geränschvolleren Knlturkampf als
^hltzd^'nalliberalen. Es geht eben nicht den Pelz zu
k °^ue i'hu. uaß zu machen.
» - ir^ kÄher in Bvden in ganz tatholischen Gegen-
.'stjx^entlich <mch im Oberland, der LiberalismNs so
daß liberal sein sür Bürger rnrd Bauer als
^^sildlich gaü, so hatte dies sernen Hauptgrurid
, ßci ^ ^ort iwchl Traditionen vorhanden waren ans
s ^'b stE' ^ die kath olis che Geistlichkeit
i > b e r a l wa r. Hätten wir heute dieselbe
die wir vor 30 und 60 Jahren >besaßen, dann
^ std«r Liberalis>inns all die sckMen Ratschläge nicht,
o^zert vom Heidelberger Liederkranz in
der Stadthalle.
P>, Hci -dclbcrg, 8. Dcz.
"^lsiiähktcs Progrmmn sür das gcstrigc Licdcrkranz-
hn >>üd ^sisilictt inanchc intcrcssan-te Chorlvcrkc und Lieder
sjE°h"c Orchcstcrbcglcitung. Eirr zahtreichcs Publrkurn
si^mcntk l»r grotzcn Saale ciugcfunden, das andackstsvoll dcn
gut gclungcncn Vorträgcn zuhörtc. Hcrr Musik-
Wcidt hatke die Wcrkc flcißig cinstndicrt, sodatz
Hj^stj-Aj Rcsultate nicht ausblicbcn. Ein Chorwerk mit
b jg ^"cüeitnng von dcm rühmlichst bckanntcn Komponistcn
Is,sist. B katn zucrst an dic Rcihc untcr Dircktion von Hrn.
si>> '' Wcrk, betitclt: „Auf dic bci Thcrmopylac Gcfal-
si^Mcn Aufban, klarc, saubcre Arbcit, und fessclt durch
b^ ^rr ^/il Zng nnt mcistcrhaftcr Durchsühruny. Die Sängcr
stii Z^lchAufführung durchaus gut bci Stimrnc und ganz
^ ^ Sache. DaS Glcichc gilt sür dcn Vortrag dcr in
^btcilung vorkomnrcndcn Chörc L Capella: Avc
stj'llik I- Schmölzcr nnd Vorfrühling von
E>> CgT " hlgemuth , wclchc Kompositioncn eincn gün-
machtcn wcgcn ihrcr Anmnt und ücr überlcge-
^?»tc dcr Lcitnng. Frl. H cdwi g K ansmann , cinc
,, r>Nzcrtsängcrin ans Bcrlin, crfrcnte uns mit dcm
>§>cr>Z sts». ctnigcn dcr schönsten Licdcr. Jhrc Stinrnrc hat
Est, rp, Pfigcir Timbrc in höhcrcr Lage, ist ctwas matt in dcr
^ zv^rc Gcsangs-Mcthodc zcigt sic als vorznglichc Schn-
>t^l>NoZ' Balladc nnd Aria aus „Margarethc" von
k ' wwie Licdcr von Schubert und Schnmann,
gcsiurgcn. Anch tritt dic sängcrin mit
iitz^ stnhz^ lUnstlcrischcnr Bcrständnis crn ihre Nufgabc hcran.
Si, Z«n «H'Z'.spcndetcn viclcn rurd vcrdicnten Bcifall. Jn dcr
^hör "sisil'llg wurdcn noch zwei Chorwcrkc mit Orchcstcr
Ol>bracht: „K c> i s e r Rotbart" von Podbrrts -
so wic man cs von Max Bruch gcwöhnt ist
die ihm voir berufener und uiiberrsieirer Seste erteilk wer-
üen. Danri' wäre cruch >das katholifche DoW drrrchweg
libercil rmd bem Libemlrsmus wärerr die Kärrstsie, die er
jetzt zu führeu hat, erspart geblieberr. Iü der Zeit Wejsen-
bergs waren dre kakholrschen Geistlichen selbst Krrlkikvkänr-
Pfer iw Ssirne des' Esirkrekens strr Missige Frerheit und
geiskigen Fortschr'itt, für Aufklär-ung, für Versöhnung
von> Wissenschast nnd Religion, für weikherzige Toleranz.
Wessenbergs' Schrrle hat lange nnck)gewirkt; vrelleicht lebt
da nnd dort n-och esir alter geistlicher Herr, üer in ihrenr
Gerst aufgezvgen' lvorden ist. Heute aber ist sie vollstän-
dig verdrängt. Allit Besriedigung wrrrde knrzlich im
Hauptorgan des Zentrnms festgestellk, daß der ivessen-
bergisckx nnd josephinische Geist unter der Geissiichkeit
endlich auch in sÄnen l'etzteu Zusstrchtsstätten str der Bo-
denseegegend überwunden worden sei. Hcrrte treiben die
gvistlichen polisischen! Redner die Verachkuirg der rnoderncn
Jdeen, der nwdernen Knltirr förmlich ckls einen Sport.
Wenn man die Zensilren liest, welche der damaligen
Geistlichkert heute nachkräglich si« Zentrrmrsblästern' er-
teist werden, dann rnuß man sich verwundert fragen:
Waren denn die damaligen kaGölrschen GeisMchen keine
Kvkholiken? War das Dolk schleäsier als herste? War
es ininder froimn? Hatte der einzelne lvenigier Aussicht
nach seinenr Glauben in den.Himmel zu komrnen, wie
hente? Diese Fragen auswerstn, heißt zugleich sie bc-
antworten. Es ist dansit zugleich auch die Frage bsant-
wortet, ob 'der LiberaliKmrrs der Religion Innderlich sei.
Der Lib>eralisiirus hindert iriernandvn stomnr und grst zu
sein: er hindert niemanden in die Kirche zu gehen, zu bc-
ten, zu beichten, sich- absolvieren zn lassen, knrz alles das
zu krin, was er zn stinern Seestnheil für ersorderlich hält.
Werrn jenrand sagcn lvollie, dre böstn Libercklen hästen ihn
verlllsirdert, irr den Himmel zu kormnen, so würde man ihn
aus'lacheir rmd ihm elwrdern: Frennd, deine eigenen
Sünden sind desit Verderben, nichks anderes.
Zurn Gliick rst döch krotz allem noch in viestn badi-
sckMn LbathoVken dststr Gedarrke lebendig. Er erleichtert
es ihnen, das religiöst u. das politische Gebiet ausernan-
derzrchalten nnch Lem Spruch: Gebet dem Kaijer was des
Kaisers ist und Gott was Gostes ist. So wählen auch
heute noch viest Kathöliken in Baden, in den Städten,
wie mrf dem Lande, liberal; sie sind sich irn AnLeirkeii' an
ihr'e Väter belvnßt, dabei ihrenr Glan'ben nichtS zri ver--
geben. Derlangt der Gedanke mr das Jenseits stine
Recksie, so ist do-ch stcherlich däs Jenseits nrcht dazu da.
urn die Fortschritte im Diesseits aufMhalstn. sieder soll
nvch! sviner -Faxon stlig werden; aber andererstits soll jeder
mikwirkerr, dah dst geissigen und moralischen Kräste,
welche rn diese Welt gestgt ssird, sich rimner stärker rrnd
s-chönei' enkfalstn, daß der Mensch zu> inrmer höherer und
reinerer -Auffassung seirrei' selbst rrnd der West gelangt,
daß ein jeder nach seinem Teil als freie selbständige Per-
sönlichkert an der Erhöhnng der Kultur der Ge.sa>mkhest
misivirkt. Das sirrd die diesstitigen Fdeale des Liberalis-
mus. Sie steben mit keiner Religion in Wrderspruch.
Für sie arbeistt der Liberalismus, sür jie kämpjt er, wenn
t y nnd „i m Lagcr dc r Bauern" von Hutter, dic uus
nur urätzig gcfallen haLcn. Das Wcrt ift zu rcichlich mätzig
gchaltcn und wird fortwährend in Ik gesungcn. Mit dicscn
und zwci stimmungsvoll klcincn Chörcn a capclla von Cnrt >
und Sprangcnbcrg war dic lobcuswcrtc Tätigkctt dcr
Sängcr, dcs Orchestcrs und des Dirtgcnten- für diesmak zu
Ertdc. Ehrc dcm Ehrc gcbührt. So auch dcn tvackcrcn Sängcrn
vom Liedcrkrang, wclche grohcn Ersolg crziclten. Frl. Kauf-
nra n-n crfrcutc uns noch mit 3 willkommenen Liedern von
Laurischkus, Humpcrdinck nnd Brahms, Ivckchc
ausgczcichnct vorMtragcn und schr bcifällig aufgcnommc»
wurdcn. Dic Sängcrin gab noch cin ctwas altbackcnes Hollän-
dischcs Licdchcn zu. Viclc Anwcscndcn frcuten- ftch üarüber,
dicsmal dic Sängrr, das Orchcster nn-d scinen Dirigcntcn in
hcllcnr Lichtc vor sich zu sehcn.
M. v. G.
Kleirre Zeitunq.
— Hochschulnlichrichten. Marbnrg. Dcr Privatdo-
zcnt I). Martin Radc ist zum a. o. Proscssor in dcr thcolo-
gischcn Fakultät dcr hresigcn 'Univcpsität crnannt wordcn.
—- Jena. Tcr Prorcktor am an-atonsischcrr Jnstitnt dcr hic-
sigen Unrvcrsität, Privatdozcnt Dr. tzcirrrich Eggeling, ist
zum a. o. Profcssor crnannt woödcn; cs wurüc thm zuglctch cin
Lchrauftrag^ für Skclctt- und Bärtdcrlchre crtcilt.
— Marnz, 4. Drz. Der unstr dem Protestorat des
Großherzvgs von Hesstn stchenden K n i s e r r n F r r e d-
rich - Stistung der Mcsiirjzer „Liedertafe l",
beststn-mt, Händelsche Werke alljahrlich musstrgülkrg miif-
zuführen, ist der K a iser mst esirem Betraige von 1000
Mark dergetreten. Jn eineru Handschreiben an den
Großherzog gibt der Kaistr seme-r Freude Wer den -Zweck
es stin irurß. Jhre werbende M-ast ist unzerstörlich, demr
sie liegt stn Jnnersten des Gemüsts, zumcrl des- deutschen
Gemüsts, begkündet.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 7. De.z.
Das Haus fft sch4vach> besrrcht, dst E t a t s b e r a t u n g
wivd fortgesetzi.
?lbg. Schrader (frcis. Ber.): Prcntzen solltc zur Ent-
lastung dcr klcincn Staaten. mchr MatriknlarLciträgc stber-
nehmen, da cs dic sicinen Staatcrr durch das Lottcricgeseh aus
scincm Gcbictc gcdrängt hat. An> cinc Erhöhung dcr Bier- und
Branntwcinsstucr könnc nicht gcdacht -wcrdcn, zumal schou
das Zentrum sich dagcgcrr ausgesprochcrr habc. Das cinzige,
was übrig blcrbt, sci einc Reichsvcrmögenssstucr. Nur dircttc
Stcncrn kännten hclfcrr. Das Heer braucht mit Rücksicht anf
Rutzland und Frankreich rsicht vcrmrhrt zn wckdcn; doch mntz
in str Bclvasfnring das Hccr anf dcr Höhc gchalten wcrden.
Abg. Czarlinski (Polc) spricht sich gcgen- die rndirctten
Sstucrn ans n-nd bcmertt, rnan bchandlc dic Polcn nsit verfas-
snngswidrigcn Ausnahmcgcsctzcn. Die preutzischc Rcgierung.
habe mtt vcrgistestn Waffcn gckänrpst. Abcr sclbst dcr Mini-
ster Frhr. v. Haimnersstin könne das Nattonalbeüvutzffcin dcr
Polcn nicht totschlagen. Die Wsichtcn, dic dcr Kaiscr in seinc:
Poscner Redc kundgcgcbcn habe, würdcn von dcr prcutzischerr
- Rogicrung ins Gcgcnstil vcrsthrt. Leidcr boykotticre jctzt auch
dic Militärvcpwaltung üie Polen. Dic Polen lchnen die Er-
höhmrg ücr Fricdenspräscngstärst dcs Hccres ab. Wcnn man
sich mit Strcitkrästen gcgcnscitig überbiest, so crstickc mcm
schlretzlich in-setncr cigcncn Rüstnng.
Abg. Hilpcrt (Baucrichund): Der Etat ücrücksichff-ge die
Wünschc dcr hilssbcdürftigcn Vctcranen noch langc nichl ge-
nngend. Dcr hart bclastete Mitstlstand mützte durch die Gc-
sctzgcbung mchr llnstrstützung erfahren. Die Süddeuffchen
würdcn anf dem Gcbict dcr Eisenbahncn schwcr geschädigt.
Hoffcntlich bringe dcr Zolltarif crhöhte Einnahmcn. Scinc
Frcrmde stimmten dcn bcidcn Milrtärgcsetzen zu, trotzdem dic
Erhöhung dcr Friedcn-präscnzstärst geradc der Landwirffchasr
Arbcitskräftc cntzichc.
?lbg. S t o ck m a n n (Rp.) polcmisicrt gcgcn Bcbel und be-
tont ihin gcgcnüber, dic cvangelische Kirchc vcrdankc der Tätig-
keit ücs Frhrn. v. Mirbach uncndlich viel. Der Vorwurf der
Hcuchelei, den Bcbcl der christlichcn Kirchc niachc, trefse gerade
ans dic Sozialdcmokratic zu. Währcnd dic Kirche für die Not-
lcidcnden viele Millioncn hingebe, tne dic Sozialdcmokratie
nichts fiir sie und bcnützc ihrc Gcldmittel, nm Stnekuren sür
dst Parstihanpter zn schaffen.
Slbg. Zimmermann (Reformp.): Dic Art, wie Frhr.
v. Mirbach Gcld gesammclt hat, war nicht christlich. Bcbcl
wies nsit Recht daraus hin, datz, wcnn man dic vielcn offizstl-
lcn Fcicrn bctrachst, Dcutschland fast wic cin Freudcnhaus er-
schcinc. Die Ministcr sind mit dcr Tcilnahmc an den Fest-
lichkeistn so schr beschäftigt, datz sie sür dic Klagcn dcr Hand-
wcrstr und dcs -Mittelstawdcs stine Zeit habcn. Nöttg sei einc
progrcffivc Rcichscinkommenstcner. Ünter dcn lciterrden Män-
nern seicn gcwih einige tüchttge Lcnte, aber man vermisse
dcn grotzcn Zug in dcr in-nercn Politik. Wir jind durch Bis-
marck vcrwöhni nnd danir- mit kaltcm Wasscr übcrgosscn wor-
dcn durch üic Caprivi'sche Politik; einc Folge jener -Vcrhäffche-
lungspolitik sci jctzt dic Anmatzung Oesstrreichs. Es ist jetzt
Zcit, nrchr anf dic Erhaltung dcs Mittclstandcs bcdacht zn setn;
sonft konrmt die goldcne und die rote Jnstrnationale.
'Abg. Storz (d. Bp.): Der Schatzsckrctär sagtc nichl, wic
wir künftighin das Dcfizit dcs Rcichcs bcscitigcn sollcn. Für
cinr Wchrsstucr sind wir nicht zn habcn, auch nicht für crnc
Erhöhung ücr Braristcucr. Wrc kann dic Rcgieruirg fiir die
Hecrcsvcrmchrung cinc so gcwaltigc Mchransgabe fovdern,
ohnc von ihrer Dcckung cine Ahnnng zu 'habcn? Die Frcurrd-
schaft nsit Rntzland sci gut, doch sollte sie wcni-ger vcrtraulich
dor Strstuirg Airsdruck rmd erteilt die erbeteue (öeuckbini-
gung zu der Beneumrug der Stistuug.
— Lohr a. M., 4. Dez. Hi st o r ische A usgr a -
b u rr g e u. Bei Stockstadt -a. M., wo einst erue bedeuteudc!
Römerstätte auf gerinanischeur Boden gestauden, werden
gegeuwärttg durch Herru Borumt Jatobi aus Honrburg
v. d. H. wie-dev Arrsgrabungen vorgenomineu, bei deuen
zahlreiche, höchft ruteress-cmte Fuudcj zntag-e gefördert
werderr.
— Cannstatt, 7. Dez. Die 24jäbrüge Enipfaiigsdaine
Eugeuie Ni a st bei Plhotograph Kl-aiber, Köuigsstraße 63,
wurde heutv Ilbend kurz nach 6 Nhr siu Empsaugssalvu
ermordet aufgefmr-deu. Der Mörder schlug ihr zu-
erst nsit errrem Prüge-I aus deu Kopf uud durchschuitt chr
danu deu Hals; er raubte die Kasse ruit 12 'Mk. Mn
Datorte ließ er eiueu Prügel zurück uud schloß dre Tür
vou außen a-b. Voru Tätsr hvt uria-u biKher keiue Spur.
— Embirnch mit Orchestennnstk. Aus eirre merkwür-
drge Weise umrden in Berlsir Diebe bei esireru Eiubruch
gestö-rt. Die Herreu Gauuer Uxrreu in der Nacht iu
cstre Gassivrrtschast iu dcr Boffha-geiwr Straße eiuge-
drrrug>eu. Währeud das Geschästslvkal sich iiu Parterre-
geschoß des Hauses befinder, wo-hut der Gastwrrt iru
ersten Stockwerk. Die Estrdriuglmge, die drc Wechsel-
ckasse beraubi hatteu, entweudeteu die Elfeu'beiu-BiÜard-
bälle irnd errreu größereu Posten Zrgarren. Dann ver-
srrchten sie dre Koffse des Orckiestrions zu erbrecheu, was
ihneu jedoch nicht gelaug. Daher zertrüumrerten sie die
orrrrerstag, 8. Dezember 1W4.
' rstes Blatt.
"lchrtnt täglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 80 Pfg. in'S HauS geLracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 4V Pftz.
^ Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,38 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.
Sic i gc n p r e i s: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeil« 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- u. Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von AnAeige»
^ ststinimtcn Tnge» wird lcinc Verantwortlichleit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den ftädt. Anschlagstellen. Fernspr. 88.
».»^,..»>».. .m»»»»,«»»»»,^»»»^^—»-»»»,»»»»»»^»,-»»»^,^»r^»M^M»,»»»^»»,^^^»»MWM^M,«^»»WW
Liberalismus und Katholizismus.
^ie koimnt es eigentlich, daß srüher rn Badni
? th o l is che Gegenden liberal iv-äihlten, die
der letzten Jahrzchnte zu Hochbnrgen des Z e n-
geworden' srird? Bei der großen Bedentnng
^stlfeinnng füv das' politische Lebeir in Baden hat es
Dersuchen geschlt, sie zu erklaren. Meist mutz man
^ dieser Wandlung ist der Nationalliber.rlis-
hjj ichnld, er hat den Knltiirkampf geführt, er hat da-
^ Geister ausgestachelt nnd dvs kachvlische Volk
sich nm seine Geistlichen zu sckM-en, um die
b Kirche —- oder wie andere sich noch schärser ans-
die ReLgron zn schützen. Der Nationaüibe^
-i loüte Meraler sein; er sollte tolvranter' sisin,
Z'esigröse Sachen mcht einnsischen und nur dv', wo
-si' llebergrifse ins bürgerliche Leben vorkomnren,
^ttz^Esgewalt zur Wwchr nrobil machen. Solche
^hn^ugsversuckie. srnd ja sehr beqnem; es ist zndenr so
^.?^d dein LiLeralrsmns eins zu versetzen, wvhltuend
sür Solche, die dabei rn dein Gefühl schwelgen.
"st^ü^heren, wahrlmft liberalen, volksfreundlrchen Li-
zn vertreten.
die Sache wirklich so, jdann' iväre vs ja außer-
ibicht, dre fricheren besseren Znstände wiedovher-
slgd- Die Nationalliberalen branchten nnr das Lishc-
^ oder das demokratisckie, oder wenn man will, das
>>>?,, .^nokratische trrchenpolitsische Programm' anzrrneh-
v^iick H>en begnenren rein' formalen Sta'irdpunkt
uud SchmeiMir wären gessillt, sützer
kii^ in jedc Brnst. Für so töricht soll man doch
si ^vtionEiberalismris nicht halten, daß man meint,
nnr ans Knrzsichtigkeit, aus Versrocktheit, ans
.sijrkel oder errrenr ähnlrchen Gnurd arrs seiNem' kir-
^si'chen Prograrnm,' er wolle kssiren kirchen.politi-
der Nr.cheirpolitische Kamps sei sein Le-
^ r Ev''ent, in dem er sich riN'geirrein wohl snhl-e, oder
! ^ Rederrsarten heisWr. Nein, der Natioiml-
känipst, weil er kämpseii nrnß, nnd die
, »r ^8eu und Denrokraten, die bisher glaubten, rrach
^li gescksilderten Rezept erner formalistischen Be-
religiös-politischer Frageu zv ernem leidlichen
komnren, 'der Scharerr von Zeirtrnmsanhängern
Prf die libevale Seite he.'rüLersühren> wrirde, bc-
letzterZeit selbst andereSaiten arffW-,reheu. Die
v und insbesondere anch die Sozialdemokra-
, ücha ' Herrte esiren geränschvolleren Knlturkampf als
^hltzd^'nalliberalen. Es geht eben nicht den Pelz zu
k °^ue i'hu. uaß zu machen.
» - ir^ kÄher in Bvden in ganz tatholischen Gegen-
.'stjx^entlich <mch im Oberland, der LiberalismNs so
daß liberal sein sür Bürger rnrd Bauer als
^^sildlich gaü, so hatte dies sernen Hauptgrurid
, ßci ^ ^ort iwchl Traditionen vorhanden waren ans
s ^'b stE' ^ die kath olis che Geistlichkeit
i > b e r a l wa r. Hätten wir heute dieselbe
die wir vor 30 und 60 Jahren >besaßen, dann
^ std«r Liberalis>inns all die sckMen Ratschläge nicht,
o^zert vom Heidelberger Liederkranz in
der Stadthalle.
P>, Hci -dclbcrg, 8. Dcz.
"^lsiiähktcs Progrmmn sür das gcstrigc Licdcrkranz-
hn >>üd ^sisilictt inanchc intcrcssan-te Chorlvcrkc und Lieder
sjE°h"c Orchcstcrbcglcitung. Eirr zahtreichcs Publrkurn
si^mcntk l»r grotzcn Saale ciugcfunden, das andackstsvoll dcn
gut gclungcncn Vorträgcn zuhörtc. Hcrr Musik-
Wcidt hatke die Wcrkc flcißig cinstndicrt, sodatz
Hj^stj-Aj Rcsultate nicht ausblicbcn. Ein Chorwerk mit
b jg ^"cüeitnng von dcm rühmlichst bckanntcn Komponistcn
Is,sist. B katn zucrst an dic Rcihc untcr Dircktion von Hrn.
si>> '' Wcrk, betitclt: „Auf dic bci Thcrmopylac Gcfal-
si^Mcn Aufban, klarc, saubcre Arbcit, und fessclt durch
b^ ^rr ^/il Zng nnt mcistcrhaftcr Durchsühruny. Die Sängcr
stii Z^lchAufführung durchaus gut bci Stimrnc und ganz
^ ^ Sache. DaS Glcichc gilt sür dcn Vortrag dcr in
^btcilung vorkomnrcndcn Chörc L Capella: Avc
stj'llik I- Schmölzcr nnd Vorfrühling von
E>> CgT " hlgemuth , wclchc Kompositioncn eincn gün-
machtcn wcgcn ihrcr Anmnt und ücr überlcge-
^?»tc dcr Lcitnng. Frl. H cdwi g K ansmann , cinc
,, r>Nzcrtsängcrin ans Bcrlin, crfrcnte uns mit dcm
>§>cr>Z sts». ctnigcn dcr schönsten Licdcr. Jhrc Stinrnrc hat
Est, rp, Pfigcir Timbrc in höhcrcr Lage, ist ctwas matt in dcr
^ zv^rc Gcsangs-Mcthodc zcigt sic als vorznglichc Schn-
>t^l>NoZ' Balladc nnd Aria aus „Margarethc" von
k ' wwie Licdcr von Schubert und Schnmann,
gcsiurgcn. Anch tritt dic sängcrin mit
iitz^ stnhz^ lUnstlcrischcnr Bcrständnis crn ihre Nufgabc hcran.
Si, Z«n «H'Z'.spcndetcn viclcn rurd vcrdicnten Bcifall. Jn dcr
^hör "sisil'llg wurdcn noch zwei Chorwcrkc mit Orchcstcr
Ol>bracht: „K c> i s e r Rotbart" von Podbrrts -
so wic man cs von Max Bruch gcwöhnt ist
die ihm voir berufener und uiiberrsieirer Seste erteilk wer-
üen. Danri' wäre cruch >das katholifche DoW drrrchweg
libercil rmd bem Libemlrsmus wärerr die Kärrstsie, die er
jetzt zu führeu hat, erspart geblieberr. Iü der Zeit Wejsen-
bergs waren dre kakholrschen Geistlichen selbst Krrlkikvkänr-
Pfer iw Ssirne des' Esirkrekens strr Missige Frerheit und
geiskigen Fortschr'itt, für Aufklär-ung, für Versöhnung
von> Wissenschast nnd Religion, für weikherzige Toleranz.
Wessenbergs' Schrrle hat lange nnck)gewirkt; vrelleicht lebt
da nnd dort n-och esir alter geistlicher Herr, üer in ihrenr
Gerst aufgezvgen' lvorden ist. Heute aber ist sie vollstän-
dig verdrängt. Allit Besriedigung wrrrde knrzlich im
Hauptorgan des Zentrnms festgestellk, daß der ivessen-
bergisckx nnd josephinische Geist unter der Geissiichkeit
endlich auch in sÄnen l'etzteu Zusstrchtsstätten str der Bo-
denseegegend überwunden worden sei. Hcrrte treiben die
gvistlichen polisischen! Redner die Verachkuirg der rnoderncn
Jdeen, der nwdernen Knltirr förmlich ckls einen Sport.
Wenn man die Zensilren liest, welche der damaligen
Geistlichkert heute nachkräglich si« Zentrrmrsblästern' er-
teist werden, dann rnuß man sich verwundert fragen:
Waren denn die damaligen kaGölrschen GeisMchen keine
Kvkholiken? War das Dolk schleäsier als herste? War
es ininder froimn? Hatte der einzelne lvenigier Aussicht
nach seinenr Glauben in den.Himmel zu komrnen, wie
hente? Diese Fragen auswerstn, heißt zugleich sie bc-
antworten. Es ist dansit zugleich auch die Frage bsant-
wortet, ob 'der LiberaliKmrrs der Religion Innderlich sei.
Der Lib>eralisiirus hindert iriernandvn stomnr und grst zu
sein: er hindert niemanden in die Kirche zu gehen, zu bc-
ten, zu beichten, sich- absolvieren zn lassen, knrz alles das
zu krin, was er zn stinern Seestnheil für ersorderlich hält.
Werrn jenrand sagcn lvollie, dre böstn Libercklen hästen ihn
verlllsirdert, irr den Himmel zu kormnen, so würde man ihn
aus'lacheir rmd ihm elwrdern: Frennd, deine eigenen
Sünden sind desit Verderben, nichks anderes.
Zurn Gliick rst döch krotz allem noch in viestn badi-
sckMn LbathoVken dststr Gedarrke lebendig. Er erleichtert
es ihnen, das religiöst u. das politische Gebiet ausernan-
derzrchalten nnch Lem Spruch: Gebet dem Kaijer was des
Kaisers ist und Gott was Gostes ist. So wählen auch
heute noch viest Kathöliken in Baden, in den Städten,
wie mrf dem Lande, liberal; sie sind sich irn AnLeirkeii' an
ihr'e Väter belvnßt, dabei ihrenr Glan'ben nichtS zri ver--
geben. Derlangt der Gedanke mr das Jenseits stine
Recksie, so ist do-ch stcherlich däs Jenseits nrcht dazu da.
urn die Fortschritte im Diesseits aufMhalstn. sieder soll
nvch! sviner -Faxon stlig werden; aber andererstits soll jeder
mikwirkerr, dah dst geissigen und moralischen Kräste,
welche rn diese Welt gestgt ssird, sich rimner stärker rrnd
s-chönei' enkfalstn, daß der Mensch zu> inrmer höherer und
reinerer -Auffassung seirrei' selbst rrnd der West gelangt,
daß ein jeder nach seinem Teil als freie selbständige Per-
sönlichkert an der Erhöhnng der Kultur der Ge.sa>mkhest
misivirkt. Das sirrd die diesstitigen Fdeale des Liberalis-
mus. Sie steben mit keiner Religion in Wrderspruch.
Für sie arbeistt der Liberalismus, sür jie kämpjt er, wenn
t y nnd „i m Lagcr dc r Bauern" von Hutter, dic uus
nur urätzig gcfallen haLcn. Das Wcrt ift zu rcichlich mätzig
gchaltcn und wird fortwährend in Ik gesungcn. Mit dicscn
und zwci stimmungsvoll klcincn Chörcn a capclla von Cnrt >
und Sprangcnbcrg war dic lobcuswcrtc Tätigkctt dcr
Sängcr, dcs Orchestcrs und des Dirtgcnten- für diesmak zu
Ertdc. Ehrc dcm Ehrc gcbührt. So auch dcn tvackcrcn Sängcrn
vom Liedcrkrang, wclche grohcn Ersolg crziclten. Frl. Kauf-
nra n-n crfrcutc uns noch mit 3 willkommenen Liedern von
Laurischkus, Humpcrdinck nnd Brahms, Ivckchc
ausgczcichnct vorMtragcn und schr bcifällig aufgcnommc»
wurdcn. Dic Sängcrin gab noch cin ctwas altbackcnes Hollän-
dischcs Licdchcn zu. Viclc Anwcscndcn frcuten- ftch üarüber,
dicsmal dic Sängrr, das Orchcster nn-d scinen Dirigcntcn in
hcllcnr Lichtc vor sich zu sehcn.
M. v. G.
Kleirre Zeitunq.
— Hochschulnlichrichten. Marbnrg. Dcr Privatdo-
zcnt I). Martin Radc ist zum a. o. Proscssor in dcr thcolo-
gischcn Fakultät dcr hresigcn 'Univcpsität crnannt wordcn.
—- Jena. Tcr Prorcktor am an-atonsischcrr Jnstitnt dcr hic-
sigen Unrvcrsität, Privatdozcnt Dr. tzcirrrich Eggeling, ist
zum a. o. Profcssor crnannt woödcn; cs wurüc thm zuglctch cin
Lchrauftrag^ für Skclctt- und Bärtdcrlchre crtcilt.
— Marnz, 4. Drz. Der unstr dem Protestorat des
Großherzvgs von Hesstn stchenden K n i s e r r n F r r e d-
rich - Stistung der Mcsiirjzer „Liedertafe l",
beststn-mt, Händelsche Werke alljahrlich musstrgülkrg miif-
zuführen, ist der K a iser mst esirem Betraige von 1000
Mark dergetreten. Jn eineru Handschreiben an den
Großherzog gibt der Kaistr seme-r Freude Wer den -Zweck
es stin irurß. Jhre werbende M-ast ist unzerstörlich, demr
sie liegt stn Jnnersten des Gemüsts, zumcrl des- deutschen
Gemüsts, begkündet.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 7. De.z.
Das Haus fft sch4vach> besrrcht, dst E t a t s b e r a t u n g
wivd fortgesetzi.
?lbg. Schrader (frcis. Ber.): Prcntzen solltc zur Ent-
lastung dcr klcincn Staaten. mchr MatriknlarLciträgc stber-
nehmen, da cs dic sicinen Staatcrr durch das Lottcricgeseh aus
scincm Gcbictc gcdrängt hat. An> cinc Erhöhung dcr Bier- und
Branntwcinsstucr könnc nicht gcdacht -wcrdcn, zumal schou
das Zentrum sich dagcgcrr ausgesprochcrr habc. Das cinzige,
was übrig blcrbt, sci einc Reichsvcrmögenssstucr. Nur dircttc
Stcncrn kännten hclfcrr. Das Heer braucht mit Rücksicht anf
Rutzland und Frankreich rsicht vcrmrhrt zn wckdcn; doch mntz
in str Bclvasfnring das Hccr anf dcr Höhc gchalten wcrden.
Abg. Czarlinski (Polc) spricht sich gcgen- die rndirctten
Sstucrn ans n-nd bcmertt, rnan bchandlc dic Polcn nsit verfas-
snngswidrigcn Ausnahmcgcsctzcn. Die preutzischc Rcgierung.
habe mtt vcrgistestn Waffcn gckänrpst. Abcr sclbst dcr Mini-
ster Frhr. v. Haimnersstin könne das Nattonalbeüvutzffcin dcr
Polcn nicht totschlagen. Die Wsichtcn, dic dcr Kaiscr in seinc:
Poscner Redc kundgcgcbcn habe, würdcn von dcr prcutzischerr
- Rogicrung ins Gcgcnstil vcrsthrt. Leidcr boykotticre jctzt auch
dic Militärvcpwaltung üie Polen. Dic Polen lchnen die Er-
höhmrg ücr Fricdenspräscngstärst dcs Hccres ab. Wcnn man
sich mit Strcitkrästen gcgcnscitig überbiest, so crstickc mcm
schlretzlich in-setncr cigcncn Rüstnng.
Abg. Hilpcrt (Baucrichund): Der Etat ücrücksichff-ge die
Wünschc dcr hilssbcdürftigcn Vctcranen noch langc nichl ge-
nngend. Dcr hart bclastete Mitstlstand mützte durch die Gc-
sctzgcbung mchr llnstrstützung erfahren. Die Süddeuffchen
würdcn anf dem Gcbict dcr Eisenbahncn schwcr geschädigt.
Hoffcntlich bringe dcr Zolltarif crhöhte Einnahmcn. Scinc
Frcrmde stimmten dcn bcidcn Milrtärgcsetzen zu, trotzdem dic
Erhöhung dcr Friedcn-präscnzstärst geradc der Landwirffchasr
Arbcitskräftc cntzichc.
?lbg. S t o ck m a n n (Rp.) polcmisicrt gcgcn Bcbel und be-
tont ihin gcgcnüber, dic cvangelische Kirchc vcrdankc der Tätig-
keit ücs Frhrn. v. Mirbach uncndlich viel. Der Vorwurf der
Hcuchelei, den Bcbcl der christlichcn Kirchc niachc, trefse gerade
ans dic Sozialdcmokratic zu. Währcnd dic Kirche für die Not-
lcidcnden viele Millioncn hingebe, tne dic Sozialdcmokratie
nichts fiir sie und bcnützc ihrc Gcldmittel, nm Stnekuren sür
dst Parstihanpter zn schaffen.
Slbg. Zimmermann (Reformp.): Dic Art, wie Frhr.
v. Mirbach Gcld gesammclt hat, war nicht christlich. Bcbcl
wies nsit Recht daraus hin, datz, wcnn man dic vielcn offizstl-
lcn Fcicrn bctrachst, Dcutschland fast wic cin Freudcnhaus er-
schcinc. Die Ministcr sind mit dcr Tcilnahmc an den Fest-
lichkeistn so schr beschäftigt, datz sie sür dic Klagcn dcr Hand-
wcrstr und dcs -Mittelstawdcs stine Zeit habcn. Nöttg sei einc
progrcffivc Rcichscinkommenstcner. Ünter dcn lciterrden Män-
nern seicn gcwih einige tüchttge Lcnte, aber man vermisse
dcn grotzcn Zug in dcr in-nercn Politik. Wir jind durch Bis-
marck vcrwöhni nnd danir- mit kaltcm Wasscr übcrgosscn wor-
dcn durch üic Caprivi'sche Politik; einc Folge jener -Vcrhäffche-
lungspolitik sci jctzt dic Anmatzung Oesstrreichs. Es ist jetzt
Zcit, nrchr anf dic Erhaltung dcs Mittclstandcs bcdacht zn setn;
sonft konrmt die goldcne und die rote Jnstrnationale.
'Abg. Storz (d. Bp.): Der Schatzsckrctär sagtc nichl, wic
wir künftighin das Dcfizit dcs Rcichcs bcscitigcn sollcn. Für
cinr Wchrsstucr sind wir nicht zn habcn, auch nicht für crnc
Erhöhung ücr Braristcucr. Wrc kann dic Rcgieruirg fiir die
Hecrcsvcrmchrung cinc so gcwaltigc Mchransgabe fovdern,
ohnc von ihrer Dcckung cine Ahnnng zu 'habcn? Die Frcurrd-
schaft nsit Rntzland sci gut, doch sollte sie wcni-ger vcrtraulich
dor Strstuirg Airsdruck rmd erteilt die erbeteue (öeuckbini-
gung zu der Beneumrug der Stistuug.
— Lohr a. M., 4. Dez. Hi st o r ische A usgr a -
b u rr g e u. Bei Stockstadt -a. M., wo einst erue bedeuteudc!
Römerstätte auf gerinanischeur Boden gestauden, werden
gegeuwärttg durch Herru Borumt Jatobi aus Honrburg
v. d. H. wie-dev Arrsgrabungen vorgenomineu, bei deuen
zahlreiche, höchft ruteress-cmte Fuudcj zntag-e gefördert
werderr.
— Cannstatt, 7. Dez. Die 24jäbrüge Enipfaiigsdaine
Eugeuie Ni a st bei Plhotograph Kl-aiber, Köuigsstraße 63,
wurde heutv Ilbend kurz nach 6 Nhr siu Empsaugssalvu
ermordet aufgefmr-deu. Der Mörder schlug ihr zu-
erst nsit errrem Prüge-I aus deu Kopf uud durchschuitt chr
danu deu Hals; er raubte die Kasse ruit 12 'Mk. Mn
Datorte ließ er eiueu Prügel zurück uud schloß dre Tür
vou außen a-b. Voru Tätsr hvt uria-u biKher keiue Spur.
— Embirnch mit Orchestennnstk. Aus eirre merkwür-
drge Weise umrden in Berlsir Diebe bei esireru Eiubruch
gestö-rt. Die Herreu Gauuer Uxrreu in der Nacht iu
cstre Gassivrrtschast iu dcr Boffha-geiwr Straße eiuge-
drrrug>eu. Währeud das Geschästslvkal sich iiu Parterre-
geschoß des Hauses befinder, wo-hut der Gastwrrt iru
ersten Stockwerk. Die Estrdriuglmge, die drc Wechsel-
ckasse beraubi hatteu, entweudeteu die Elfeu'beiu-BiÜard-
bälle irnd errreu größereu Posten Zrgarren. Dann ver-
srrchten sie dre Koffse des Orckiestrions zu erbrecheu, was
ihneu jedoch nicht gelaug. Daher zertrüumrerten sie die