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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1904 - 31. August 1904)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14241#0389

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M> . .— .m—— .—.. .

Rittwch Z. AM IM.

Erstes Blatt.

46. Mqai. — ^ 197.

Reichsverband der Vereine der national-
liberalen Jugend.

Währenö öer Taguns der Vertreteroersanrmlung öes
NeichSoerbandes der Vereine der uationaltrberalen Ju-
gend sinden ain 3. September zuLeipzig zwei n i ch t
öffentliche Versammlungen statt, die sich zumeist mit
Satzungsabänderungen, geschäftlichen und Organisations-
Fragen zn beschäftigen haben werden; hierzu liegen eine
Reihe von Anträgen vor. Zur öffentIichen Sitzung
am 4. Deptember steht als erster Punkt das Thema
„Richtlinien für ein Iib e r ales S ch u I7p r o-
gramm" auf der Tagesordnung (Referenten: Herr
Lehrer Bühler-Zweibrücken und Rechtsanwalt Falk-Köln).
Zuc Besprechung übec dieses Thema liegt ein Antrag
Aachen vor: „Der nationalliberale Jugendverein zu
Aachen hält die Festlegung eines junglÄeralen Schul-
Pro-gramms sür verfehlt und beantragt, davon Abstand
zu nehmen." — Zweiter Punkt der Tagesorbnnng:
Arbeitskammern; Reserent: Ratsassessor Dr.
H a u b e r - Augsburg; zu diesem Puntt der Tagesord-
nung liegt ein Antrag M a n n heim vor: „Der Reichs-
verband der nationallibemlen Jjugend anerkennt -und
unterstützt das Verlangen der Handlungsgehilsen nach
Errichtung von Handlungsgehilfenkammern".

Zur öffentlichen Sitzung liegen dann noch fol-
gende Anträge oor. Drei Anträge Köln: 1. Der Ver-
tretertag ersucht die nationalliberale Fraktion des Reichs-
tages, sich öer vom I u g e n d s ü r s o r g e - V e r b a n d
der Berliner Lehrerschaft ausgehenden Pe-
tition zur Abänderung der Geburtsurkunden vorehelich
geborener Kinder aufs wärmste anzunehmen; 2. Der
Vertretertag beschließt, die nationalliberalen Fraktionen
sämtlicher deutschen Bundesstaaten zu ersuchen, für eine
Aenderung des bishecigen umständlichen Vers-ahrens bei
'der Erwerbung der S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t
seitens Angehöriger eines anderen deutschen Bundes-
staates einzulreten; 3. Der Vertretertag hält eine Laldige
Regelung der P e n s i o n s v -e r s i tche rung der P r i-
vatbeamten für dringend notwendig. Er ersucht die
nationalliberalen Abgeordneten, sur die Voranstellung
dieser Frage vor andere soziale Versicherungsfmgen ein-
zutreten.

Ein Antrag dRünchen: Der Reichsverband HLlt
'die Bestrebungen der P r i v a t b ea m t e n auf Ein-
führrmg einer P e n s i o n s v e r s i ch e r n n g sür voll-
auf gerechtfertigt und ersucht die nationallÄerale Reichs'-
tagsfraktion in dankender Anerkennung Hrer in dieser
Frage. bereits vorgenommenen schritte, au-ch sernerhin
wit allen Kräften auf die endliche Berwirklichung dieser
Bestrebungen hinzuwirken. — Zwei Anträge Berlin:
1. Die nationalliberalen Jugendvereine mögen in eine
vcrstärkte Agitation sür eine weitere erhebliche Vermeh-
rung der deutschen Kriegsslotte im Sinne des' Düssel-
dorfer Beschlusses vom Jahre 1902 eintreten; 2. Der De-
legiertentag hält es für wünschenswert, daß sich Lie jung-
siberalen Vereine im Laufe des Geschäftsjahres mit der
Frauenfrage befassen, damit die Frage auf der nächsten

Delegiertenversammlung zum Gegenstand der Beratung
geniacht werden kann. —

Ein Antrag F r a n k furt a. M.: Der ordentliche
'Vertretertag beschließt, ein Resemt über die Wehr-
steuerfrage für Deutschland auf die Tagesordnung
des Vertretertages für 1905 zu setzen. -— Der Vorstand
'behält sich vor, diese Anträge Köln, Berlin und Fmnk-
fnrt a. M. auch schon für den 3. Septsmber -auf die Tages-
ordnung einer öffentlichen -Sitzung zu stellen. — Der
öfsentlichen Sitzung am. 4. Septem'ber solgt eine vertrau-
liche Sch'luß'sitzung zur Vorna-Hme von Nenwa h I e n.

Deutsches Reich.

— Der Berichtsrstatter der „Frankf. Ztg." in Ä m -
sterdam meint, daß die Vertreter der deutjchen
S o z i a I d e m o k r a t i e sich dessen bewußt geworden
sind, daß die Kritik des> Franzosen Jaurös die Achilles-
ferse der deutschen Sozialdemokratie getroffen habe. Und
er fügt hinzu: Die Ueberzeugung, daß die deutsche
Partei gerade dadurch, daß 'sie so mächtig geworden
ist und doch mit ihrer Macht so w e n i g a n s a n g e n
kann, in eine taktisch schwierige La-ge geraten sei, wird
mancher deutsche Delegierte aus Holland mit uach Hause
uehmen. Besonders iu der jüngeren Genemtion der
Partei scheint sich die Ueberzeugung durchzuarbeiten, daß
man das politische Feld brsher zn -einseitig bebaut habe,
und daß man stärker als bisher künftig auch nach öko-
nomischer Macht streben müsse, nicht nur nach immer um-
sangreicherer nnd festerer Ansgestaliun-g der Gewerk-
schaften, sondern -ganz besonders auch nach einer groß-
zügigen Entwicklung des Arbeitevgenossenschastswesens.
Uns dünkt, auch Bebel müsse in Amsterdam begriffen ha-
ben, daß es sür die Arbeiterschaft nicht gleichgültig- sein
dar.f, ob -der' Staat eine demokratische oder eine milita-
risch-polizistische Struktur hat.

Berlin, 23. August. Der Kaiser hat den
Eltern d-es in Südwöstafrika gefallensn Leutnants Graseu
Wolf Werner von A r n i m - M u s kau folgendes Bei-
leidstelegramm zugehen lassen: „Jch eile, Jhnen aus
schmerzbewegtem Herzen meine innigste Teilnahme aus-
zudrücken. Jhr 'Sohn ist in den siegrelchen G-efechten am
Waterberg den Heldentbd gestorben. Voll glühender Be-
-geisterung, für die Jnteressen seines Vaterkandes zu
kämpsen, ein leuchtendes Beispiel aller soldatischen Tu-
genden, zn den besten feines Land-es -gehörig, hat er für
Kaiser und Reich sein Leben gelassen. Jch bekla-ge seinen
Verlust unaussprechlich. Jch schätzte ihn persönlich hoch
und werde ihm iinmer ein treues Andenken bewahren.
Der Allmächtige tröste Sie und -ihren Gemahl. Wil-
helm. I. R.

Aiis der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den technischen Assistentcn Oswald Frey, den Zeichner Her-
mann Felder und den technischen Assistenten Ferdinand
Gutting bei der Oberdircktion des Wasser- und Strahen-
-baues, sowie die technischen Assistenten Anton Frey bei der

Wasser- und Strahenbauinspektion Heidelberg und Josef
Amann bei der Rheinbauinspektioii Mannhcim zu Zeichnern
der Gehaltsklasse I ernannt.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzhcrzog haben
die Amtsregistratoren Heinrich Z -chringer beim Bezirksamt
Staufen, Georg Ganzenmüller beim Bezirksamt Ett-
lingen, Valcntin Kaiser beim Bezirksamt Bruchsal, Karl
Mathos beim Bezirksamt Karlsruhe zu Kanzleisekretären
ernannt.

— Gewerbelehrer Max Schmid an der Gewerbeschule in
Karlsruhe wurde in gleichcr Eigcnschaft an jene in Pforzhcim
verscht nnd ihm die Stellc des crsten Lehrers (Vorstands-
übertragen.

Karlsruhe, 23. Angnst.. Der Großherzog
und die Großherzogi n begaben sich gestern Mittag
von Schloß Mainan mit Extraboot na-ch Friedrichsha-fen
zum Besuch des Königs nnd der Königin von Württem-
berg. Die Rückkehr nach Schloß Mainau erfolgte gegen
Abend. Heute empsingen die Großherzoglichen Herr-
schasten 'den Besuch der Königin-Witwe von Sachsen und
des Fürsten von Hohenzollern. Die hohen Gäste kamen
-gegen 1 Uhr oon Si-gmaringen in Konstanz an, wurden
von dem Großherzog un-d der Großherzogin am Bahnhof
erwartet nnd nach Schloß Mainau geleitet. Der Fürst
von Hohenzollern reiste um 4 Uhr nach Sigmaringen zu-
rück, währen-d die Königin Witwe von Sachsen etwas
später die Neise nach Zürich fortsetzte.

Ausland.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 23. August. Die „Wiener Allg. Zeitung"
erzähll, General S t ö s s e l, der Verteidiger von Port
Arthur, sei der Abstammnng nach ein Oesterreicher
nnd in Brünn geboren. Die Familie Stössels bekennt
sich zum' mosaischen Glauben und lebt in Nikols'üurg
in Mähren. Stössel trat in jungen Jahren in Rußland
zum orthodoxen Glauben über.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 24- August.

Von der Universität. Der Privatdozent bei der mcdizinischcn
Fakultät der hicsigcn Universität, Dr. Otto S i m o n, ein Solm
dcs bekannten Chirurgen Gustav Simon und seit einer Reihe
t>on Jahren als Assistent an der chirurgischen Universitäts-
klinik tätig, wird in nächster Zeit Heidelberg verlassen, um die
Leitung eines katholischen Krantcnhauses in Karlsruhe zu
übernehmcn.

Die Universitnt Cambridge ernanntc am 22. d. M. in Ge-
genwart des Premierministers Balfour zu Ehrtn -
doktoren: die deutschcn Professorcn Julius Wilhelm
Brühl, Chemiker in Heidelberg; Adolf Engler, Botaniker in
Berlin; Paul Hcinrich von Groth, Mineraloge in München;
Albrecht Kossel, Physiologe in Heidelberg; autzerdem Prof.
Schuster, Physiker in Manchester.

-tz Unfall. Jm Hause Römerstraße 23 stürzte gestern ein

3 Jahrc altes Kind von einer Veranda des zweiten Stockes in
den Hof. Dasselbe trug einc schwere Gehirncrschütterung da-
von. Ob das bedauernswerte Kind dem Lcben erhalten bleibt,
ist sehr fraglich.

— Polizeibericht. Verhaftet wurdcn ein Taglöhner
und ein Buchbinder wegcn Bettclns und ein Schlosser wegen
Vergehens gegen K 170 R.-St.-G.-B. Zur Anzeige kamcii

4 Personen wegen Ruhestörung.

Kleine Zeitung.

— Hochschulnachrichten. Amtlich wird bekannt gemacht:
Ter a. o. Professor für romanische Philologie Dr. O. Schultz-
^iora in Berlin und der Privatdozent Dr. H. Batter-
bi a n n in Bcrlin, Observator der Kgl. Universitätsstern-
kwrte, sind zu o. Professoren in der philosophischen Fakultät
oer Universität Königsberg ernannt worden. — Ober-
stabsarzt Dr. Salzwedel, Leiter der Krankenwartschule
der Charitce und Vorstand der sanitätsstatistischen Abteilung
^i der Kaiscr Wilhelms-Akademic sür das militärärztliche
Aldungswesen in Bcrlin, ist, der „Voss. Ztg." zufolge, zum
professor ernannt worden. — Der Privatdozent an der medi-
Knischen Fakultät der Universität Tübingen Dr. K. Bür-
Eer wurde zum a. o. Professor ernannt. — Der Professor an
?er Technischen Hochschule in Drcsden Dr. Karl Rohn
wurde zum o. Professor für Mathematik an der Universität
- ^ipzig, der a. o. Professor an der Technischen Hochschule
^Dresdcn W. Kübler wurde znm o. Professor sür Elek-
iroinaschincnbau an dieser Hochschule ernannt, serner der a. o.
Professor an der Technischen Hochschulc in Dresden Max
"Onhle zum o. Profcssor für Maschincnelemente und Hebe-
an der genannten Hochschule.

— Bayreuth, 21. August. Die g r o ß e F e st s p i e I-
' chlacht ist geschlagen und endete mit einem Sieg anf
ganzen Lime, bas wuröe nicht nur von der Presie an-
^rkannt, sondern auch, und das will noch mahr öedeuten,
Publikmn. Gestern schon, nach Ler letzten (Parsi-
^l-) Aussührung, reisten zahlreiche Fremde ab; aber erst
, Er h-eutige Sonntag war der eigentliche Tag des allge-
"reinen Aufbruchs. Vor dem Abgang der Züge herrschte
dem Bahnhofe ein großes „Gewimmel" und ein ge-
x^ezn babylonisches Sprachengewirr. Die zahlreichen
Äemden und einheimischen Fiaker und die 60—70 siaat- I

lich angestellten Kofferträger, deren Zahl sich morgen
wieder auf 3 oder 4 reduziert haben wird, sind vollauf
beschäftigt, die Gäste und ihr Gepäck zur Bahn zu
bringen, von denen die meisten in südlicher Richtung
nach Nürnberg und München zu sahren.

— Ein badischer Lehrer berichtet in der „Würzburger
Neuen bayrischen Landeszeitung" däs fotgende Schul-
Erlebnis:

Vom Sündenfall hab ich erzählt!

Wie dort die Menschen schwer gesehlt!

Was Adam und sein Weib verbrochen,

Ward lange nnd genug besprochen.

Zum Schluß erzählt es schön und wahr
Klein Else in dem Lockenhaar.

Schon steht Frau Eva -an dem 'Baum
llnd gibt der Sünd im Herzen Raum.

Vom Ans-chan'n isi nicht weit zur Tat —

Dies Else so geschildert hat:

„Die Schlange hat das Weib versucht,

Das „e ß t e" die verbotene Frucht."

„„Hatt ein, mein Kind, man sagt boch a ß!""
Nicht recht gefäLt der Else das!

Nichts half mein Mahnen un-d mein Dräuen;

Das „e ß t e" sagt sie stets von neuem.

,,„So folg' doch jetzt, sag' „aß" gMwind!""

Errötend läßt das liebe Kind

Nun zögernd dann das Wort vvm Stapel:

„llnd Eva, das A a s, das „e ß t e" den App-el."

— Adelbodcn, 23. August. Jm Berner Ober-
Iand fiet Neuschnee bis auf 1600 Meter h-erab. Das
Vieh wird an den Matten heruntergetrieben. Die Rlor-
gentempemtur in Adelboden beträgt 4 Grad Celsius.

— Saarbrücken, 22. August. Den Liebesbrief
des früheren Reichstagsabgeordneten Pfarrer Colbus
an eine Arbeiterfrau in Neunkirchen bei Saargemünd,
der in der Schöfsengerichtssttzung in Saargemünd ver-
lesen wurde, verkauste ein Buchhändler in St. Johann
seit 14 Tagen als Ansichtskarte. Heute Idachmitta-g ließ
die Staatsanwaltschaft den ganzen Vorrat beschlag-
n a h m e n.

— Königsberg i. Pr., 23. August. Der „Hartungschen
Zeitnng" zufolge wurde Hente Nacht vor einem südli-chen
Fort der Wachtposten von Strolck)en -überfalIen
und mit dem eigenen Dienstg-ewehr tötlich verletzt.
Nach zwei Stunden wurde er mit einem Knebel im Munde
ini Graben aufgesun-den.

— Wien, 23. August. Der 27jährige Landwirt
Sentic aus dem dalmatinischen Dorfe Vicouje, der
als Matrose au A ussatz erckrankte, floh, als er in s'einer
Heimat im Epidemiespital intenriert werden sollte,
nach W i e n. Auf der Reise und in Wieu verkchrte er
ungekannt mchrere Tage mit der Bevölkerung nnd wurde
nach langem Suchen gestern von der Bchörde in einer
Abteilung für Hantkranke untergchracht Jn der Wiener
Bevölkernng herrscht große Aufregung.

Das ältcstc Schiff Eiiropas, vielleicht der ganzen
Welt, besitzt nach einer englischen Zeitschrift Schweden in
dem Schooner „Einanuel", dsr 1749 gebaut wurde. Cr
 
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