^reitag, 9. Dezember 1994.
GrsteS Blatt.
4V. Jahrgaug. — Nr. 289.
^lscheint täglich, Sonntags ausgenommen. Prcis mit Familienlblättern monatlich 60 Pfg. in's Hans geLracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 PfU.
Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,36 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.
^»zcigcnvr-i - 20 Psg. für die Ispaltige Petitzeile oder Leren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Gefchäfts- u. Privatangeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeige»
bestimmten i? agen rvird kein« Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 88.
Ein Heer unter der Erde.
V ^-«s japanische Heer, so jchrerbt nmn de'l
Neueft. Iiachr." aus Lond-on, hat setne Winter-
ii^^ere vom Hunho bis zum Sutsiho bezogen, --
ij„^ ^rderErde bezogen. Mehr als 250 000 M«nn
if, äu Höhlenbewohnern geworden. Eme fast hundert
-^„^eter lcmge schmale, unterirdssche Lftidt von zwennal
bj^krtsünfz-igtausend Einwohnern. Luige Straßen ver-
die einzelnen Stad-tteile. Aber auch diese Straßen
unter der Erd-e hin und her. Sie sind nicht breit,
» ^einen Fahrdamin und keine beiouderen Fußwege.
Schutz gegen die Witternng, Kugelregen, Shrapnel-
' und Jnsanterie-Stürme lvusen d-ie Straßenfront
bj^ug S-chu'tzdämme, hinter Äenen der tiese, die Straße
^>i Graben völlig unsichth-ar ist. Diese Dänrme brö-
six. ^utlisaden, Verhaue, Schanzkörbe, und ost wahre
-Saud- uud Ebdsäcken, vor deuen sich wie ein
yrinth von V-orstadtsgärten mit chren Hecken und
weites Gewirr vvn Drcchten und Psosten
Uschen Spalieren, durch Gräben irnterbrochen hinzicht.
Äugänge zur unterirdiscksen Stadt sekbft sind durch
i-itz 3^ Ltadstore geschützt und vers'chlossen. Breite Grä-
1,1^ vut Brustwchven davor, dahtnter wleder Drahtzäune
!ij,ja^vhe Wälle von Säcken, hter noch verstärkt und ge-
ist. ^^wch schwere Panzerplatten Nichren Eindringlingen
.^NMN'g-.
l Uch giegen die ailltägliche Witterung sind die Straßen
kj„ utiLrgrundstadt geschützt: Quer über sie, nur aus dcr
'isitz!' ^uiiercn Seite ein wenig vechtivinkelig. gehoben nnd
st^^ Wweit osscn, daß das Tageslicht eiuzudringen ver-
^r^.^dhen sich Dächer aus acht Fuß langem Kaoling hin.
^inks uieist aber nur auf einer, der wetterge-
!e Seite befinden sich die Wohnungen. Sie sinb
und da auch 14—16 Auß tief in die Erde
''>>»o " und haben eine schnmle Tür- bezw. Fensteröff-
ist die - . - .
P, die Betten ausgeschtchtet mit warmen Wolldecken.
^>if R Wänden 'hängen die -Schlaspelze der Mannschasten.
>ich ^estern liegen die Vorräte. Jn etner Ecke befindet
Devkocher, dandben- d<
Eud warm hier unten, selbst e
^ - wiederuni dn-rch ein Kaolinggeflecht geschlossen
"'er Boden ist mit Spreu b-edeckt, längs den Wän-
das Geschirr. Es ist
. .—>- airf den „Straßen".
dkrhGsu sichf man vicke Röhren hinlaufen, die die Wärnie
^>»sten, und -von den Kreuzuugsplätzen der Straßen
^^>eizt werden. Hinter dieser nnterirdischen Stadt,
fthG^utltchen Wintercsnartier des japanischen H-eeres,
istcg stch dte Obere Stadt, die üiberirdische, die sich wie
^ihf ^Uröhnstche Stadt aus ebener Erde zeigt. Auch sie
'ich /s». wunderlsches -Btld. Die Mittelpnnkte der endlos
^yf^^eckenden Hüüenrethen, errlchtet aus Brettern,
iich .» Unü Kaol-inggeflecht, bilden alte chinefische Dörfer
>>ep -^n zahlreichm Gehöften, Lagerräiimen nnd Scheu-
^nen die Vorräte der Arinee jetzt aufgespetchert
Dort liegen die Regtmentsstäbe, die Art-illerie,
^allerie, der ges-amte Verpfleguugsd-ienst, die Wa-
^spsi^r Noch weiter zurück befinden sich die Feld-
fast alle vorzüglich und bequem einlgertchtet-
Aber trotzdem macht alles den Eindrnck, als sei es auf
sof-orstgen Ab- nnd Anfbruch eingerichtet, als sei stetS
alles nnd jed-ermann -bereit, beftu ersten Zeichen auszu-
rüicken. Nichts, wvs auf ein Niederlassen auf unb-estiMmte
Zeit deutete. Die mitgeführten Trupp-enzelte sind fast
ntrgends in- Gebr-cmch: sie bi-eten' nicht genüg-enden Schntz
gegen die Kälte nnd Schneelvände, wie es fonst geschieht,
kann nian nicht um ste herum znr Erhöhnng der Wärme
Sch-nee aii-fwerf-eii, weil fast kein Schnee gefallen ist.
Deutfches Reich.
D e s s a u, 6. Dez. Jn erner vom Liberalen Veretn
„Ääiser Friedri-ch" gestern einbernfenen VoWoevsamm-
lung wurde nach einem eingehenden Reserate des Reichs-
tagsabgeordneten v. Gerlach über das Dessa u e r
K r i e g s ge r i ch t s u r t e i l und dte polistsche Lage
folgende R-esolution einstiimntg angen'omnien: Die heu-
tige von- über 700 Biürgern besuchte Volksverfammlung
drückt ihr-e Entr ü st n n g ans über das entsetzliche
Urteil des> Dessauer striegsgerichts, dnrch das zwei
jnnge Soldaten, di-e ihre Pflicht getan, dem Zuchthaus
überliefert sind, und verlangt die Abändernng des unzeit-
gemäßen, gegenüber den militärischen Ilntergckbenen viel
zu harten Militäilstafrechts in volksfreundlichem Sinne
sowie die Einführung nnabhängiger Mlitärgertchte.
Aus der KarLsruher Zeitung.
— Poststtretär Hcrmarm Mohr in Konstanz wurdc mit
Wirkung vom 1. Januar 1805 <tb in cincr Sckretärstcllc Lci dem
Postamtc dasctbst ctatmätzlg angcstellt,
K a r I s- r u h e, 8. Dez. Der Großherzog ncihm hente
Vormitt-ag in Schloß Baden den Bortrag des Gäheime-
rats Becker, Präsidenten des Finanzminst'terinms, ent-
gegen. Ge'gen Abenü empfängt Sein-e Königltche Hoheit
den Major bon Mutius.
Aus SLadt uird Land.
Heidelberg, 9. Dezember.
'—' Bo» der Nniversität. Das -durch dic hochhevzige Schen-
tung cincr Bicrtclmillion scitcns cines Privatmanncs, cincs
Paticntcn dcs Hcrrn Gch. Rat Czerny, fuirdierte Jnstitut
für K r e b sf o r s ch u n g wird in unmistclbarer Nähe dcs
Akadcmischcn Krankcnhaufcs «rrichtct. Die Grotzh. Regicrung
hat dcn Baupkah hcrgcgcbcn, die BaupILne gcnchmigt und dic
Mittcl zu-r Untcrhaktung -es- Jnstituts zugcfichert. — Gch.
Rat Prof. Dr. Gcorg Hcrmann- Quinckc, tvelchcr scüren
70. 'Geburtstag feicrtc, wurdc von dcr Royal Jnstitution von
Grotzbritamstcn in London zum Ehrcrrmitglied, von dcr dcut-
schcn physikalischcn Gcscllschaft in- Bcrlin zum Ehrenpräsidcntcn
und von dc-r Hcidclbergcr Chcnstschcn Gcscllschast zum Ehren-
nmtglicd crnannt.
—Rezitation Anna Bicrhake. Frcundc dc-r Musc K o n-
rad Fcrdinand Mcycrs und Gnstav Falkcs scicn
noch cinmal auf dic hcutc in dcr Stadthallc stattfindcnde Rczi-
tntion van Frl. Anna Mcrhakc hingciwiescn. Frl. Anna Bicr-
hakc. cine jungc Damc -von angcnchmcn Aeutzcrn, -hat sich die
Rczitation zu ihrcm- Bcrufc auscrkoren unL sich bcsondcrs die
ucuci. Fdcc, dic Aussprache mit Hilfc dcr Thcorctik zu crlcrncn,
zu Nutzc gcmacht. Ein genuhrcichcr Abcnd stcht auf allc Fällc
bcvor. Allcs Nähcre sichc Jnscrat.
-tz Der Rrichßtagsabgeordnctc Eduard Bernstein wird, wie
man uns mittcilt, auf Vcranlassung des hiesigen Gewerkschasts-
Kartclls am Sonntag, den 18. Dezembcr, abcnds 8 Uhr, im
grohen Saale dcr hicsigcn Stadthalle cinen össentlichen Vor -
trag lialtcn. Scin Thema lautct: „Dic kultnrelle und wirt-
schaftlichc Bcdcutung der modcrncu Arbciterbclvcgung". Zu.
dcm Vortragc hat jedcrmann Zutritt. Eintrittskartcii
sind für 20 Pfg. von morgcn, Samstag, Abcnd ab u. a. auch
in dcr Buchhan-dlung dcs Hcrrn A. Wolff (Hauptstr. 8) im
Vorvertaus zu ha'ben: an dcr glcichcn Stellc sind auch Karten
sür numeriertc Plätzc für 50 Pfg. crhältlich.
Fcrnsprcchvcrkehr. Dic obcrstc Postbchördc hat cine
ncue Bcstimmung übcr die Daucr mehrfachcr Ferngcspräche
crlasscn. Währcnd bis jctzt die Ausdehnung eines Ferngesprä-
chcs nur bis zu 6 Minntcn zulässig und einc Gcsprächsdaucr
übcr 6 Minutcn hinaus nur ganz ausnahmswcise gestattct gc-
wesen ist, sollcn jetzt an Wcrktagen in üer Zcit vor 9 Uhr Vor-
inittags und nach 7 Uhr Nachnstttags, ferncr an Sonn- und
Feicrtagen gewähnlichc nnd dringcnde Gespräche im Fcrnver-
kchr, wenn nicht Anmcldungen dringen-dcr Gcspräche vorliegen
bis zu 30 Minutcn fortgcsctzt Ivcrdcn dürfcn, dagcgen an Werk-
tagcn zwischcn 9 Uhr Vormittags nnd 7 Uhr Nachmittags die
Fortsetzung dcr Gcspräch« über 6 Minutcn nur untcr -den für
dringendc Gesprächc gcltcnden Bcdingungcn -- also für die
drcifache Gcbühr — zulässig scin.
X „Von der Ncuenheimer Schiffer- und Fischersprache -
'handclt Prof. Dr. Lu-dwig Sütterlin in der „Zeitschrift
fiir dcutsche Wortsührung" (6. Banid, 1. Heft). Nciben man-
chen -lbweichungen im Geschlecht bcsitzt dicse Standcssprache
einc Anzähl cigenartiger odcr wcnigstcnH eigen-tüinlich gc
brauchter Wörtcr zur Bcncnnüng von -L-chisfstcilcn, bcsiimmtcn
Fischcn oider einzclncn Geräten- des Nschsangs.
X Mnnnheim, 8. Dez. (V o r dc r Strafkammci
wurdc gcstcrn cin Prozctz zu Ende gcfiihrt, dcr ein gelöstes
Eheversprcchen zum Gcgcnstandc hat. Die Frau des Maklers
Scitz in Plankstadt vcrlobte sich im Frühjahr 1901 mit dcm in
dcr Siähc ihres Wohnortcs, in Marttbreit, bcdicnstct gcwcscncn
frühercn Postücamtcn Karl Müllcr von Luüwigshafen. Die
Ausführung des jungen Manncs war nicht dic bcstc und di«
sützcn Honiginonde, welchc sic in Heidcl-bcrg verlcbtcn, nahmcn
cin bittercs 'Endc . . . zum, Schlutz kam das Auscinandcrgchcn.
Dic Monctcn der Bcrlobtcn wutztc dcr jungc Man-n in grotzen
Mcngcn zu Alkohol zu vcrflüssigen und so gab sic ihm schlicßlich
die Summe von 19 500 Mark in Hypothekenpfandbriefen, nur
um ihu los zu wcrdcu. Das Ehcvcrsprechcn war somit gclöst.
Mit dicscm Handcl war jcdoch der jetzigc Ehentann Kläger Seitz
nicht cinvcrstandcu ; durch seiiicn Vertrckcr Hcrrn Rcchtsanwalt
Jordan ktagtc cr aus Rückzahtung dcr Älbfindungssumnic und
Müller wurdc auch dazu vcrurtcilt. Die Hypothckcnpsand-
bricfe warcn indcs bcrcits vcrsilbcrt und nichts mchr zu ha-
Lcn, dic wcitcr-c Klage richtcte sich dann- gcgcn dic Mnttcr dcs
Bctlagtcn Müllcr, vcrtrctcn durch Rcchtsanwalt Dr. Trant
hicr, da sic im Verdachtc siaud, das Gcld von ihrcm Sohne cr-
haltcn zu haben. Dic Zivilkaimncr crlictz mur gcstcrn Urteil
dahin, datz dic Rechtshandlung für anfcchtbar erklärt nnd datz
dic Bcklagte 7500 Mart an dcn Klägcr zu zahlcn hat. Mt den
wcitcr gchcndcn Airsprüchcu wnrdc dcr Klägcr abgcwicscu.
/r Karlsruhe, 8. Dcz. (Eutgle ist.) Gestcrn Zlbcnd 9
Uhr cntglciste bci dcr Aussahrt dcs Zugcs 318 Heilbronu—-
Karlsruhc im Bahnhofc Grötzingen dcr vorlctztc Wagcn (Gc-
päckwagen) rnfolgc versrühtcr Umstcllung ciner Wciche. Ver-
letzt wurdc nicniand. Jnfolge dcr Entglcisung war dic Ein-
und Ausfahrt in Grötzingcn von und uach Durlach bis 12 Ubr
nachtS gespcrrt.
Baden-Baden, 7. Dez. (Der B ü rg e r a u ssch u tz)
genehmigtL die Auftrahme eines A n lehens von 3j4 Mil-
lioncn Mart.
Theater- rrnd KnnstnachrichLeR.
Heidelbrrg, 9. Dcz. (-Sta-tthe a t c r.) Nächsten Somi-
tag gclangt ncri cinstudiert dic komisch-phantastischc Opcr „D i c
Drittes Kammermusik-Konzert.
i. .Prx-rc Hcidelbcrg, 8. Dcz.
HfsstistNvcns Cismoll-Quartctt ist Las Lied dcs Trostcs. Für
jjRtv^ und höchstcs Lcid, das cin Lcbcn knickt odcr sich als
starkes Lc-bcn vcrlci-bt: das Purgatorio, -das Wic-
^ ^..bedcutct.
Waßstch^x Eiusamkcit scufzt cinc Stimmc und aus allcn
Z'idcii wicdcr. Ja, das ist das Jnferno, das durchlcbt
, wuß nach dcm Allcrärgstcn, und wollüstigcr Zwang
bigr j>s>ch solchcm Bohren, datz das vcrgistcte Wlut in schwc-
Tropfcn nicdcrsintt . . . Abcr, das ist kein un-
z»t'ch ^st^Schmcrz. Nicht umsonst glcitct das Fugcnsubjctt
„ » ^ ^„^timmen: das Wcbcschiffchen flicgt durch die Fä-
gstd z„>t»cüairkcii und Phantasicn, dcr inr Schmcrz so rcichcn
»»stgcstaltcndcn, und wcbt das seidcnc Gcivand dcr
lr^»Na - . Und am Ende des Satzcs, wo in mixolydischcr
».'>«« >^>v cigenstcr Akkord so frcnrd und seltsam gcmutct,
» ha„^»"?.nde Cis-Drir mit dcr Oktavc iir Gcige un'd Bratsche,
h- Uch das Bckcnntnis: ich bin cin andcrer gcwordcnl
L^t ^»t uird schüchtcrn naht eine licbcvollc Scclc und
(s!>»r' Gclcit sich dar ins Rcich dcr frohcn, stillcn Rcrgerr.
!>i^Ur- >>»» Balsam ist das Elcment gcworden, doch das
hf- dxx >/> chnc tdec frxc, stcllt sich auch hicr zunr Grutze. Wohl
schönc Fricdc zu ewigcm Verwerlen: cin Fröstcln
iu »>c c - dic licbc vcrstchendc Hand, dic in dicsc sonnen-
i>i ^sUu-kcit geführt — cin Abstreifen und Abschüttcln,
»i dj-c gjjUEkcit vcrirrt, stöhnt ein Ratloscr: Was nun?
^'»sasscnhcit soll ihm- Frcnndin wcrden. Lascia mi
jZuiiv^^sOudct plötzlich dre Wirrnis dcr Wirklichtcit und einc
l«, sU'ht vor dcm träncndcn Angc. Das Kindcrland
Z.""6sglanze, zart wic in dcn Farbcn dcr Prärafaclitcn,
lerauf lichtsrohcn Linicn dcr A-dur-Variastoncn.
Wirklichtcitsscrnc und Flucht ins Erinncrungsidyll sollcn dcn
Trost spcndcn. Doch wie langc auch- dcr Traum hinarrsgc-
träu-mt wcrdeu- will, cs ist cin Traum, schon fallcn die Strah-
lcn des Tagcs hcrcin, vcrdrängcn Trost rmd Tränmc.
Dann abcr voll hincin in seinen ärgsten Wirbcl. Was
tann er bieten? Kosten wirs cinmal. Itnd sinnbctörcnd 'braust
dcr Trubcl dcs E-dur-Schcrzos, dcr Sturm fcgt Vcrgeffcn hcr-
an. Jmi potcngicrtestcn- LcbenKgcnutz, übcr 'totc Punktc gc-
waltsanr hinwcg, liegt dic Rcttung. Da isi keine SünLc nichr,
und das monumcntalc: je m'cn siclre lacht sich zum, Gott hiu-
auf.
Troft im- Bcwuhtlosscin? Sci das dic Frucht dcs Schmcr-
zcs? Jm unaussprcchlich tiefcn Gis-mvll-Adagio tommt es zur
Sclbstbcsinnung. „War ich dcs grohen- Schmerzcs wcrt, so soll
cr fruchtbar wcrdcn". Kcinc Episode ist zn Ende, dic Pflicht
pocht zum Erivachcn.
Zum „höchsten Augcnblick". Fausts Ersüllung bringt sie:
sich crlobcn in- Arbeit. Und auch dcr grohc Schnrerz kann nicht
in Aeoncn untcrgchn. Nicht Vcrträumcn, nicht Vcrgcssen, nicht
Hinwcglachcn ift das Zicl. Jn neucr Kräst aus hcrbcr Kläruug
aufcrstchcn, ja auferstchen als Hcld — die Erfüllung des
Schmerzes und höchstcr Trost.--
So cmpfindci ich dieses Quartett; dcnn ich licbc cs vor den
andcrn. Und so spiclen cs dic Böh m c n. Jch hattc das Werk
zwcimal von ihnen- gchört, dazwischcn cinmal vom- J-oachinr-
guartctt. Slbcr dic Äuffassrmg dcs Altmcistcrs ging nstr nicht
so nahc. Dort ist allcs in Abgcklärthcit, Sichcrhcit, Selbstvcr-
ständlichkcit. Hicr äbcr Icbt sich das Wert ncu, und dieser ge-
nctischc Vortrng gchört so ganz in unscr Zeitaltcr dcs gcläu-
tcrtcn Naturatismus, da Jacobscn und Hostnannsthal, Gcorge
und Puvis dc Chavamic ncuc Göttcr hcihen.
Doch mmr will vom gcstrigcn Konzcrtc lescn. Und so jagc
ich dcnn, wic dcr schluchzcndc Ton dcs Primgeigcrs alle Sätze
in dic grohe Einhcit goh, wic zwcite Gcige und Ccllo das I)
im Fugcnthcma wic imi Weintramps, unsagbar crschüttcrnd.
hlnsctzten-, wie das Ccllo, als wär' es das Schicksal sclbst, das
verlängcrtc Thcma hcranbrauscn lictz, wic uncndlich zart dcr
crste Geigcr deir D-dur-Satz sührtc, wic hcrrlich gcschloffcn daS
Variationcnthcma crklang mit dcm fcincn Pizzicato dcs Cel-
los. Was hat dicses Tippcn auf dic bcsonüercir Schönheitcu
vicl Sinn? Schan üin ich in dcn Einzclhcitcn, rmd da ich am
Jdcale mcffcn darf, so sage ich auch, datz ich das Presio von -dcn
Böhmcn einst noch orgiastischer, bacchischcr gchört habe, datz jic
im Finalc ein werstg crmüüct ivarcn, und dic Unisonos nicht
vollkommcn konzcntriert, das lctzte Ritardando nicht ganz cin-
hcitlich und dic Schluhschlägc nicht in vollcr Wucht mchr gcbcrr
kmmtcn. Was wrll das allcs hicr ücdcutcn l Sic sind jctzt das
Quartctt dcs zwanzigstcn Jahrhun-dcrts.
Nun möchtc ich so gcrne ichlietzcn; dcnn ich tuc dcm Klavicr-
quintett Anton- Dovorak's in A gcwitz Unrccht. Es rsi
nämlich cin prächtiges Wcrk, nur hätte rch cine Kritit darüber
schreibcn sollcn, bcvor ich den- Bccthovcn hörtc. Jck erinnere
mich cines gutcn crstcn Satzcs, dcr sich crst allmählich in- die
eigcne Tonart findc'i, mit zwar lcichtcm Thema, abcr intcrcs-
santer Ar'bcit rmd wuchtigcnr Schluh. Jch dcntc an -dcn sla-
vischen E-nroll-Satz (Duncka), dcr einmal cinc grohc, wnnder-
volle Modulation nach D-dur in herzwcitcndcm Crcszcndo hat,
an das frischc A-dur-Schcrzo, an dcn fcincn- Einsall, das Finalc,
nstt der Dominantc zu -bcginnen (um dic Farbcn dcs dritteir
uird vicrtcu Sahcs zu trcnncn). Und rch gedcntc mit Frcudcn
dcr trcsflickicn Aussührung, auch von Seitcn dcs Herrn Dirck-
tvr Scelig von hier, dcr am> Klavrer sah. Dic Ivärmsten
Nuanccn hattc er im Andantc, wo er auch «m meistcn hcrvor-
tritt. Lcidcr machtc er das Martclato uud üic -schlutzvcrve iin
1. Sah, wo der crste Geiger irr chrlichcr Lcidcnschaft dic E-
Saite buchstäblich zcrhacktc, nicht nrit. Andcrcrseits tann ich
nicht vcrschwcigcn, dah mir das Klavier mcrtwürdig übcrflüssig
vorkam. Enstvcdcr cs licgt <un Satz odcr am Flügcl odcr an
der Musstk. (Uebcr dic zur Zcit -bclicbte Vcrwcnduug dcs
Saalcs gäb' cs auch vicl zu sagcn; dic Form des ausgcspanntcrr
GrsteS Blatt.
4V. Jahrgaug. — Nr. 289.
^lscheint täglich, Sonntags ausgenommen. Prcis mit Familienlblättern monatlich 60 Pfg. in's Hans geLracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 PfU.
Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,36 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.
^»zcigcnvr-i - 20 Psg. für die Ispaltige Petitzeile oder Leren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Gefchäfts- u. Privatangeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeige»
bestimmten i? agen rvird kein« Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 88.
Ein Heer unter der Erde.
V ^-«s japanische Heer, so jchrerbt nmn de'l
Neueft. Iiachr." aus Lond-on, hat setne Winter-
ii^^ere vom Hunho bis zum Sutsiho bezogen, --
ij„^ ^rderErde bezogen. Mehr als 250 000 M«nn
if, äu Höhlenbewohnern geworden. Eme fast hundert
-^„^eter lcmge schmale, unterirdssche Lftidt von zwennal
bj^krtsünfz-igtausend Einwohnern. Luige Straßen ver-
die einzelnen Stad-tteile. Aber auch diese Straßen
unter der Erd-e hin und her. Sie sind nicht breit,
» ^einen Fahrdamin und keine beiouderen Fußwege.
Schutz gegen die Witternng, Kugelregen, Shrapnel-
' und Jnsanterie-Stürme lvusen d-ie Straßenfront
bj^ug S-chu'tzdämme, hinter Äenen der tiese, die Straße
^>i Graben völlig unsichth-ar ist. Diese Dänrme brö-
six. ^utlisaden, Verhaue, Schanzkörbe, und ost wahre
-Saud- uud Ebdsäcken, vor deuen sich wie ein
yrinth von V-orstadtsgärten mit chren Hecken und
weites Gewirr vvn Drcchten und Psosten
Uschen Spalieren, durch Gräben irnterbrochen hinzicht.
Äugänge zur unterirdiscksen Stadt sekbft sind durch
i-itz 3^ Ltadstore geschützt und vers'chlossen. Breite Grä-
1,1^ vut Brustwchven davor, dahtnter wleder Drahtzäune
!ij,ja^vhe Wälle von Säcken, hter noch verstärkt und ge-
ist. ^^wch schwere Panzerplatten Nichren Eindringlingen
.^NMN'g-.
l Uch giegen die ailltägliche Witterung sind die Straßen
kj„ utiLrgrundstadt geschützt: Quer über sie, nur aus dcr
'isitz!' ^uiiercn Seite ein wenig vechtivinkelig. gehoben nnd
st^^ Wweit osscn, daß das Tageslicht eiuzudringen ver-
^r^.^dhen sich Dächer aus acht Fuß langem Kaoling hin.
^inks uieist aber nur auf einer, der wetterge-
!e Seite befinden sich die Wohnungen. Sie sinb
und da auch 14—16 Auß tief in die Erde
''>>»o " und haben eine schnmle Tür- bezw. Fensteröff-
ist die - . - .
P, die Betten ausgeschtchtet mit warmen Wolldecken.
^>if R Wänden 'hängen die -Schlaspelze der Mannschasten.
>ich ^estern liegen die Vorräte. Jn etner Ecke befindet
Devkocher, dandben- d<
Eud warm hier unten, selbst e
^ - wiederuni dn-rch ein Kaolinggeflecht geschlossen
"'er Boden ist mit Spreu b-edeckt, längs den Wän-
das Geschirr. Es ist
. .—>- airf den „Straßen".
dkrhGsu sichf man vicke Röhren hinlaufen, die die Wärnie
^>»sten, und -von den Kreuzuugsplätzen der Straßen
^^>eizt werden. Hinter dieser nnterirdischen Stadt,
fthG^utltchen Wintercsnartier des japanischen H-eeres,
istcg stch dte Obere Stadt, die üiberirdische, die sich wie
^ihf ^Uröhnstche Stadt aus ebener Erde zeigt. Auch sie
'ich /s». wunderlsches -Btld. Die Mittelpnnkte der endlos
^yf^^eckenden Hüüenrethen, errlchtet aus Brettern,
iich .» Unü Kaol-inggeflecht, bilden alte chinefische Dörfer
>>ep -^n zahlreichm Gehöften, Lagerräiimen nnd Scheu-
^nen die Vorräte der Arinee jetzt aufgespetchert
Dort liegen die Regtmentsstäbe, die Art-illerie,
^allerie, der ges-amte Verpfleguugsd-ienst, die Wa-
^spsi^r Noch weiter zurück befinden sich die Feld-
fast alle vorzüglich und bequem einlgertchtet-
Aber trotzdem macht alles den Eindrnck, als sei es auf
sof-orstgen Ab- nnd Anfbruch eingerichtet, als sei stetS
alles nnd jed-ermann -bereit, beftu ersten Zeichen auszu-
rüicken. Nichts, wvs auf ein Niederlassen auf unb-estiMmte
Zeit deutete. Die mitgeführten Trupp-enzelte sind fast
ntrgends in- Gebr-cmch: sie bi-eten' nicht genüg-enden Schntz
gegen die Kälte nnd Schneelvände, wie es fonst geschieht,
kann nian nicht um ste herum znr Erhöhnng der Wärme
Sch-nee aii-fwerf-eii, weil fast kein Schnee gefallen ist.
Deutfches Reich.
D e s s a u, 6. Dez. Jn erner vom Liberalen Veretn
„Ääiser Friedri-ch" gestern einbernfenen VoWoevsamm-
lung wurde nach einem eingehenden Reserate des Reichs-
tagsabgeordneten v. Gerlach über das Dessa u e r
K r i e g s ge r i ch t s u r t e i l und dte polistsche Lage
folgende R-esolution einstiimntg angen'omnien: Die heu-
tige von- über 700 Biürgern besuchte Volksverfammlung
drückt ihr-e Entr ü st n n g ans über das entsetzliche
Urteil des> Dessauer striegsgerichts, dnrch das zwei
jnnge Soldaten, di-e ihre Pflicht getan, dem Zuchthaus
überliefert sind, und verlangt die Abändernng des unzeit-
gemäßen, gegenüber den militärischen Ilntergckbenen viel
zu harten Militäilstafrechts in volksfreundlichem Sinne
sowie die Einführung nnabhängiger Mlitärgertchte.
Aus der KarLsruher Zeitung.
— Poststtretär Hcrmarm Mohr in Konstanz wurdc mit
Wirkung vom 1. Januar 1805 <tb in cincr Sckretärstcllc Lci dem
Postamtc dasctbst ctatmätzlg angcstellt,
K a r I s- r u h e, 8. Dez. Der Großherzog ncihm hente
Vormitt-ag in Schloß Baden den Bortrag des Gäheime-
rats Becker, Präsidenten des Finanzminst'terinms, ent-
gegen. Ge'gen Abenü empfängt Sein-e Königltche Hoheit
den Major bon Mutius.
Aus SLadt uird Land.
Heidelberg, 9. Dezember.
'—' Bo» der Nniversität. Das -durch dic hochhevzige Schen-
tung cincr Bicrtclmillion scitcns cines Privatmanncs, cincs
Paticntcn dcs Hcrrn Gch. Rat Czerny, fuirdierte Jnstitut
für K r e b sf o r s ch u n g wird in unmistclbarer Nähe dcs
Akadcmischcn Krankcnhaufcs «rrichtct. Die Grotzh. Regicrung
hat dcn Baupkah hcrgcgcbcn, die BaupILne gcnchmigt und dic
Mittcl zu-r Untcrhaktung -es- Jnstituts zugcfichert. — Gch.
Rat Prof. Dr. Gcorg Hcrmann- Quinckc, tvelchcr scüren
70. 'Geburtstag feicrtc, wurdc von dcr Royal Jnstitution von
Grotzbritamstcn in London zum Ehrcrrmitglied, von dcr dcut-
schcn physikalischcn Gcscllschaft in- Bcrlin zum Ehrenpräsidcntcn
und von dc-r Hcidclbergcr Chcnstschcn Gcscllschast zum Ehren-
nmtglicd crnannt.
—Rezitation Anna Bicrhake. Frcundc dc-r Musc K o n-
rad Fcrdinand Mcycrs und Gnstav Falkcs scicn
noch cinmal auf dic hcutc in dcr Stadthallc stattfindcnde Rczi-
tntion van Frl. Anna Mcrhakc hingciwiescn. Frl. Anna Bicr-
hakc. cine jungc Damc -von angcnchmcn Aeutzcrn, -hat sich die
Rczitation zu ihrcm- Bcrufc auscrkoren unL sich bcsondcrs die
ucuci. Fdcc, dic Aussprache mit Hilfc dcr Thcorctik zu crlcrncn,
zu Nutzc gcmacht. Ein genuhrcichcr Abcnd stcht auf allc Fällc
bcvor. Allcs Nähcre sichc Jnscrat.
-tz Der Rrichßtagsabgeordnctc Eduard Bernstein wird, wie
man uns mittcilt, auf Vcranlassung des hiesigen Gewerkschasts-
Kartclls am Sonntag, den 18. Dezembcr, abcnds 8 Uhr, im
grohen Saale dcr hicsigcn Stadthalle cinen össentlichen Vor -
trag lialtcn. Scin Thema lautct: „Dic kultnrelle und wirt-
schaftlichc Bcdcutung der modcrncu Arbciterbclvcgung". Zu.
dcm Vortragc hat jedcrmann Zutritt. Eintrittskartcii
sind für 20 Pfg. von morgcn, Samstag, Abcnd ab u. a. auch
in dcr Buchhan-dlung dcs Hcrrn A. Wolff (Hauptstr. 8) im
Vorvertaus zu ha'ben: an dcr glcichcn Stellc sind auch Karten
sür numeriertc Plätzc für 50 Pfg. crhältlich.
Fcrnsprcchvcrkehr. Dic obcrstc Postbchördc hat cine
ncue Bcstimmung übcr die Daucr mehrfachcr Ferngcspräche
crlasscn. Währcnd bis jctzt die Ausdehnung eines Ferngesprä-
chcs nur bis zu 6 Minntcn zulässig und einc Gcsprächsdaucr
übcr 6 Minutcn hinaus nur ganz ausnahmswcise gestattct gc-
wesen ist, sollcn jetzt an Wcrktagen in üer Zcit vor 9 Uhr Vor-
inittags und nach 7 Uhr Nachnstttags, ferncr an Sonn- und
Feicrtagen gewähnlichc nnd dringcnde Gespräche im Fcrnver-
kchr, wenn nicht Anmcldungen dringen-dcr Gcspräche vorliegen
bis zu 30 Minutcn fortgcsctzt Ivcrdcn dürfcn, dagcgen an Werk-
tagcn zwischcn 9 Uhr Vormittags nnd 7 Uhr Nachmittags die
Fortsetzung dcr Gcspräch« über 6 Minutcn nur untcr -den für
dringendc Gesprächc gcltcnden Bcdingungcn -- also für die
drcifache Gcbühr — zulässig scin.
X „Von der Ncuenheimer Schiffer- und Fischersprache -
'handclt Prof. Dr. Lu-dwig Sütterlin in der „Zeitschrift
fiir dcutsche Wortsührung" (6. Banid, 1. Heft). Nciben man-
chen -lbweichungen im Geschlecht bcsitzt dicse Standcssprache
einc Anzähl cigenartiger odcr wcnigstcnH eigen-tüinlich gc
brauchter Wörtcr zur Bcncnnüng von -L-chisfstcilcn, bcsiimmtcn
Fischcn oider einzclncn Geräten- des Nschsangs.
X Mnnnheim, 8. Dez. (V o r dc r Strafkammci
wurdc gcstcrn cin Prozctz zu Ende gcfiihrt, dcr ein gelöstes
Eheversprcchen zum Gcgcnstandc hat. Die Frau des Maklers
Scitz in Plankstadt vcrlobte sich im Frühjahr 1901 mit dcm in
dcr Siähc ihres Wohnortcs, in Marttbreit, bcdicnstct gcwcscncn
frühercn Postücamtcn Karl Müllcr von Luüwigshafen. Die
Ausführung des jungen Manncs war nicht dic bcstc und di«
sützcn Honiginonde, welchc sic in Heidcl-bcrg verlcbtcn, nahmcn
cin bittercs 'Endc . . . zum, Schlutz kam das Auscinandcrgchcn.
Dic Monctcn der Bcrlobtcn wutztc dcr jungc Man-n in grotzen
Mcngcn zu Alkohol zu vcrflüssigen und so gab sic ihm schlicßlich
die Summe von 19 500 Mark in Hypothekenpfandbriefen, nur
um ihu los zu wcrdcu. Das Ehcvcrsprechcn war somit gclöst.
Mit dicscm Handcl war jcdoch der jetzigc Ehentann Kläger Seitz
nicht cinvcrstandcu ; durch seiiicn Vertrckcr Hcrrn Rcchtsanwalt
Jordan ktagtc cr aus Rückzahtung dcr Älbfindungssumnic und
Müller wurdc auch dazu vcrurtcilt. Die Hypothckcnpsand-
bricfe warcn indcs bcrcits vcrsilbcrt und nichts mchr zu ha-
Lcn, dic wcitcr-c Klage richtcte sich dann- gcgcn dic Mnttcr dcs
Bctlagtcn Müllcr, vcrtrctcn durch Rcchtsanwalt Dr. Trant
hicr, da sic im Verdachtc siaud, das Gcld von ihrcm Sohne cr-
haltcn zu haben. Dic Zivilkaimncr crlictz mur gcstcrn Urteil
dahin, datz dic Rechtshandlung für anfcchtbar erklärt nnd datz
dic Bcklagte 7500 Mart an dcn Klägcr zu zahlcn hat. Mt den
wcitcr gchcndcn Airsprüchcu wnrdc dcr Klägcr abgcwicscu.
/r Karlsruhe, 8. Dcz. (Eutgle ist.) Gestcrn Zlbcnd 9
Uhr cntglciste bci dcr Aussahrt dcs Zugcs 318 Heilbronu—-
Karlsruhc im Bahnhofc Grötzingen dcr vorlctztc Wagcn (Gc-
päckwagen) rnfolgc versrühtcr Umstcllung ciner Wciche. Ver-
letzt wurdc nicniand. Jnfolge dcr Entglcisung war dic Ein-
und Ausfahrt in Grötzingcn von und uach Durlach bis 12 Ubr
nachtS gespcrrt.
Baden-Baden, 7. Dez. (Der B ü rg e r a u ssch u tz)
genehmigtL die Auftrahme eines A n lehens von 3j4 Mil-
lioncn Mart.
Theater- rrnd KnnstnachrichLeR.
Heidelbrrg, 9. Dcz. (-Sta-tthe a t c r.) Nächsten Somi-
tag gclangt ncri cinstudiert dic komisch-phantastischc Opcr „D i c
Drittes Kammermusik-Konzert.
i. .Prx-rc Hcidelbcrg, 8. Dcz.
HfsstistNvcns Cismoll-Quartctt ist Las Lied dcs Trostcs. Für
jjRtv^ und höchstcs Lcid, das cin Lcbcn knickt odcr sich als
starkes Lc-bcn vcrlci-bt: das Purgatorio, -das Wic-
^ ^..bedcutct.
Waßstch^x Eiusamkcit scufzt cinc Stimmc und aus allcn
Z'idcii wicdcr. Ja, das ist das Jnferno, das durchlcbt
, wuß nach dcm Allcrärgstcn, und wollüstigcr Zwang
bigr j>s>ch solchcm Bohren, datz das vcrgistcte Wlut in schwc-
Tropfcn nicdcrsintt . . . Abcr, das ist kein un-
z»t'ch ^st^Schmcrz. Nicht umsonst glcitct das Fugcnsubjctt
„ » ^ ^„^timmen: das Wcbcschiffchen flicgt durch die Fä-
gstd z„>t»cüairkcii und Phantasicn, dcr inr Schmcrz so rcichcn
»»stgcstaltcndcn, und wcbt das seidcnc Gcivand dcr
lr^»Na - . Und am Ende des Satzcs, wo in mixolydischcr
».'>«« >^>v cigenstcr Akkord so frcnrd und seltsam gcmutct,
» ha„^»"?.nde Cis-Drir mit dcr Oktavc iir Gcige un'd Bratsche,
h- Uch das Bckcnntnis: ich bin cin andcrer gcwordcnl
L^t ^»t uird schüchtcrn naht eine licbcvollc Scclc und
(s!>»r' Gclcit sich dar ins Rcich dcr frohcn, stillcn Rcrgerr.
!>i^Ur- >>»» Balsam ist das Elcment gcworden, doch das
hf- dxx >/> chnc tdec frxc, stcllt sich auch hicr zunr Grutze. Wohl
schönc Fricdc zu ewigcm Verwerlen: cin Fröstcln
iu »>c c - dic licbc vcrstchendc Hand, dic in dicsc sonnen-
i>i ^sUu-kcit geführt — cin Abstreifen und Abschüttcln,
»i dj-c gjjUEkcit vcrirrt, stöhnt ein Ratloscr: Was nun?
^'»sasscnhcit soll ihm- Frcnndin wcrden. Lascia mi
jZuiiv^^sOudct plötzlich dre Wirrnis dcr Wirklichtcit und einc
l«, sU'ht vor dcm träncndcn Angc. Das Kindcrland
Z.""6sglanze, zart wic in dcn Farbcn dcr Prärafaclitcn,
lerauf lichtsrohcn Linicn dcr A-dur-Variastoncn.
Wirklichtcitsscrnc und Flucht ins Erinncrungsidyll sollcn dcn
Trost spcndcn. Doch wie langc auch- dcr Traum hinarrsgc-
träu-mt wcrdeu- will, cs ist cin Traum, schon fallcn die Strah-
lcn des Tagcs hcrcin, vcrdrängcn Trost rmd Tränmc.
Dann abcr voll hincin in seinen ärgsten Wirbcl. Was
tann er bieten? Kosten wirs cinmal. Itnd sinnbctörcnd 'braust
dcr Trubcl dcs E-dur-Schcrzos, dcr Sturm fcgt Vcrgeffcn hcr-
an. Jmi potcngicrtestcn- LcbenKgcnutz, übcr 'totc Punktc gc-
waltsanr hinwcg, liegt dic Rcttung. Da isi keine SünLc nichr,
und das monumcntalc: je m'cn siclre lacht sich zum, Gott hiu-
auf.
Troft im- Bcwuhtlosscin? Sci das dic Frucht dcs Schmcr-
zcs? Jm unaussprcchlich tiefcn Gis-mvll-Adagio tommt es zur
Sclbstbcsinnung. „War ich dcs grohen- Schmerzcs wcrt, so soll
cr fruchtbar wcrdcn". Kcinc Episode ist zn Ende, dic Pflicht
pocht zum Erivachcn.
Zum „höchsten Augcnblick". Fausts Ersüllung bringt sie:
sich crlobcn in- Arbeit. Und auch dcr grohc Schnrerz kann nicht
in Aeoncn untcrgchn. Nicht Vcrträumcn, nicht Vcrgcssen, nicht
Hinwcglachcn ift das Zicl. Jn neucr Kräst aus hcrbcr Kläruug
aufcrstchcn, ja auferstchen als Hcld — die Erfüllung des
Schmerzes und höchstcr Trost.--
So cmpfindci ich dieses Quartett; dcnn ich licbc cs vor den
andcrn. Und so spiclen cs dic Böh m c n. Jch hattc das Werk
zwcimal von ihnen- gchört, dazwischcn cinmal vom- J-oachinr-
guartctt. Slbcr dic Äuffassrmg dcs Altmcistcrs ging nstr nicht
so nahc. Dort ist allcs in Abgcklärthcit, Sichcrhcit, Selbstvcr-
ständlichkcit. Hicr äbcr Icbt sich das Wert ncu, und dieser ge-
nctischc Vortrng gchört so ganz in unscr Zeitaltcr dcs gcläu-
tcrtcn Naturatismus, da Jacobscn und Hostnannsthal, Gcorge
und Puvis dc Chavamic ncuc Göttcr hcihen.
Doch mmr will vom gcstrigcn Konzcrtc lescn. Und so jagc
ich dcnn, wic dcr schluchzcndc Ton dcs Primgeigcrs alle Sätze
in dic grohe Einhcit goh, wic zwcite Gcige und Ccllo das I)
im Fugcnthcma wic imi Weintramps, unsagbar crschüttcrnd.
hlnsctzten-, wie das Ccllo, als wär' es das Schicksal sclbst, das
verlängcrtc Thcma hcranbrauscn lictz, wic uncndlich zart dcr
crste Geigcr deir D-dur-Satz sührtc, wic hcrrlich gcschloffcn daS
Variationcnthcma crklang mit dcm fcincn Pizzicato dcs Cel-
los. Was hat dicses Tippcn auf dic bcsonüercir Schönheitcu
vicl Sinn? Schan üin ich in dcn Einzclhcitcn, rmd da ich am
Jdcale mcffcn darf, so sage ich auch, datz ich das Presio von -dcn
Böhmcn einst noch orgiastischer, bacchischcr gchört habe, datz jic
im Finalc ein werstg crmüüct ivarcn, und dic Unisonos nicht
vollkommcn konzcntriert, das lctzte Ritardando nicht ganz cin-
hcitlich und dic Schluhschlägc nicht in vollcr Wucht mchr gcbcrr
kmmtcn. Was wrll das allcs hicr ücdcutcn l Sic sind jctzt das
Quartctt dcs zwanzigstcn Jahrhun-dcrts.
Nun möchtc ich so gcrne ichlietzcn; dcnn ich tuc dcm Klavicr-
quintett Anton- Dovorak's in A gcwitz Unrccht. Es rsi
nämlich cin prächtiges Wcrk, nur hätte rch cine Kritit darüber
schreibcn sollcn, bcvor ich den- Bccthovcn hörtc. Jck erinnere
mich cines gutcn crstcn Satzcs, dcr sich crst allmählich in- die
eigcne Tonart findc'i, mit zwar lcichtcm Thema, abcr intcrcs-
santer Ar'bcit rmd wuchtigcnr Schluh. Jch dcntc an -dcn sla-
vischen E-nroll-Satz (Duncka), dcr einmal cinc grohc, wnnder-
volle Modulation nach D-dur in herzwcitcndcm Crcszcndo hat,
an das frischc A-dur-Schcrzo, an dcn fcincn- Einsall, das Finalc,
nstt der Dominantc zu -bcginnen (um dic Farbcn dcs dritteir
uird vicrtcu Sahcs zu trcnncn). Und rch gedcntc mit Frcudcn
dcr trcsflickicn Aussührung, auch von Seitcn dcs Herrn Dirck-
tvr Scelig von hier, dcr am> Klavrer sah. Dic Ivärmsten
Nuanccn hattc er im Andantc, wo er auch «m meistcn hcrvor-
tritt. Lcidcr machtc er das Martclato uud üic -schlutzvcrve iin
1. Sah, wo der crste Geiger irr chrlichcr Lcidcnschaft dic E-
Saite buchstäblich zcrhacktc, nicht nrit. Andcrcrseits tann ich
nicht vcrschwcigcn, dah mir das Klavier mcrtwürdig übcrflüssig
vorkam. Enstvcdcr cs licgt <un Satz odcr am Flügcl odcr an
der Musstk. (Uebcr dic zur Zcit -bclicbte Vcrwcnduug dcs
Saalcs gäb' cs auch vicl zu sagcn; dic Form des ausgcspanntcrr