Dierrstag, 22. Novembev 1904.
46. Jahrßang. — Nr. 274.
Erscheint tüglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienibtätterlr monatlich 86 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expebition urrd den Zweigstationen abgeholr 4V Pfg.
Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,32 Mk. ausschliehlich Zustellgebühr.
A n z e i g e n p r e i s: 2N Psg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts» u. Privatanzeigen ernsätzigt. — Für die Aufnahme von NnzeigeN
an bestimmten Tagen wird keinc Verantwortlichkeit übernomnren. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den städt. Anfchlagstellen. Fernspr. 8L.
Deutfches Reich.
Baden.
^ K a r l s r u h e, 21. Nov. Dre „Kcrrlsr. Ztg." schreibt:
^ beg letzten Tü'gen ging eine Mttteilung durch die öf-
^ntltchbn Blütter, uach welcher sich der b a d i s ch e K u l-
, ^ ursnister über die A n ste l l u n g von Frauen,
^ öas philologische Staatsexamen bestan-
^ hcchen, auch an Knadengymnalsien in zustimmender
ausgesprochen haben soll. Nach Jnformation aus
cher Quelle, dürfte diese Mtteilung aber eine irrtüm-
sein. Zwar ist es richtig, daß durch ministerielle
^tschlteßung auch drei Kandidaten weiblichen Geschlechts
ber im nächften Frühjcchr stattfindenden Staatsprü-
für das Lchramt cyr häheren Schulen zugelassen
^irden. Dieselben wurden aber hiebbei im Auftrag des
^rinistarinms ausdrücklich darauf hiugewiesen, daß sie mit
i^^chen l>er Prüfung keine Anwartschaft auf Verwendung
^ ^adischm Mittelschuldieust erlangen' undl chre Auf-
Ehine unter die Lchramtspraktikanten nicht erfolgeu
.^-de. Die Frage der Berwcnduug woiblicher Philo-
^6en tm. hdhMn üadischen Schüldienft ist fonach noch
burchaus offene und wirü — wie dies ja auch bei
lQ ll^ringen Verwendbarkeit derartiger Lchrkräfte an
^arn höheren Lchranftalten' Mnz natürlich ist — für
uächste Zeit lediglich je nach den Verhältnissen des
^i^blnen Falles zn löferi sein. Jm Jnteresse der betei-
weiblichen Studierenden und Kandidaten dürfte
. ^ür Bermeidung irriger Erwartungen wünfchenswert
. Icheinen, datz diese Mchtigstellung der Stellung des
s. llchen UnterrÄftsministers zur Frage auch in weiteren
^sen bekannt wird.
Äu s d e m K r a i ch g a u, 18. Nov. Z-ur Zeit bereist
verr Müller aus dem Hessenlande die Gegend, um im
mit Rechtsanwalt Schmidt von Brptten durch
y^.^äge sür >den Bauernibundi zu werben. Der Bundes-
,-^ior ,hielt gcstern in Gochsheim im Gaschause zum
p^f^vnen" eiuen nahezu zweistündigeu Vortrag vor etwa
"Aörern, vou deueu uicht einmal alle dem Bauernbund
f^Elörten. Mit seinen Seitenhieben auf die national-
, »> Partei hat er hier keine Anhänger für den
gemorben .
Koburg-Gotha.
tzj. ^or h a, 21. Nov. Ueber den> Verlauf der gestrtgen
l^"ftenz des Bureaus des Gothaer Land-
2 iu, Koburger Schlotz wird nach der „Frankf. Ztg."
datz der Regent den Standpunkt, der in dem
s^v^ben des Gesamtministerinms an den Landtagsaus-
?^nn 11. ds. zum Ausdruck komnft, in läugerer Rede
hejc "evte, ferner zusagte, die Bemühungen der Angelegen-
epxr-^ne günstige Wendnng zu geben, fortzusetzen, und
hjd daß während der Regentschaft eine Vorlage, die
z^ftnr ig Upi.-il 'befchlassenen Gesetze abzuändern be-
nicht werde eingebrackft werden. Er erkenne
Grnnd, feinen Min-ifter und sich selbft zu des-
d. halte n-och heute den Dertrag vom 18. April
^nr etnen gerechten Ausglerch zwischen den Betei-
" Während dev über erne Stunde währenden frei-
mütigen Aussprache über die politische Lage rm Herzog-
tum Gotha uahm der Regent mehrsach Gelegenheit, deu
„Rücktritt des, hochverdienten Herrn Staatsmrnisters" zu
bedauern, mähnte aber wiederholt, die Lage nicht zu
pessimistisch anzusehen. Er finde die gegenwärtige Erre-
gung durchaus begreiflich, hoffe aber zuversichtlich, datz
wenn ber Herzog zur Regierung gelangt, unter dem Ge-
wicht der Vercmtwortlichkeit eine andere Beurteilung
Platz greifen werde.
Lippe-Dctmold.
— Zu der am Samstag Morgen 10 Uhr vorgenom-
menen Vereidigung des lippeschen Trup-
p enk o n t i n g eu t s im Sennelager aus den Regenten
Grafen Leopold hatte dieser an die Truppen
folgendes Telegramm gesandt:
Jn dem Augenblick, wo ich in ein persöMches Verhält-
nis zu den Truppen des Kontingents trete, ist es mir
Bedürfnis, die Offiziere, Sanitätsoffiziere, Militär-
beamte und Mcmnschaften herzlichft zu begrüßen. Aus
treuem deutschen Soldatenherz,en rufe ich mit Jhnen: Es
tebe Ler oberfte 'Kriegshei'r, Seiue Majestät der Kaiser
— Hurrah! Leopold.
Uusland.
Amerika.
Newyork, 21. Nov. Die Blätter widmen üer Ent-
hüllung des D e n k m a I s F r i e d r i ch d e s G r o ß c n
ausführliche Besprechungen. Die „Evening Post" sagt:
„Die Ferer war ein internafiionales Ereignis von wirk-
licher Bsdeutung. Des Kaisers Gabe ist glei-ch, wie seine
Stiftung für das germanische Museum der Harvard-
Universität, ein Beweis freundfchaftlicher Erin-nerung.
Wir hoffen, daß Presse und Pub-Iikum alles tun werden,
um dem Kaifer und dbm deutschen Doüke zu zeigeu, daß
die der Feier zugrundeliegende Auregung allen guten
Ilmerikanern willkommen ift." Die demokratische „Ti-
mos" gedenkt mit anerkennenden Worten der von- Roose-
velt gehaltenen Rede; er habe sich einmal einen Hiftoriker
genannt; kemü -anderer äMrikanifcher Hiftorlker hätt-e
fich der hier geftellten Aufgabe besser zu eutledigen ver-
mocht.
Universttätsfeier.
Vo. Heidelberg, 22. Nov.
Die Universität begeht heute den Geburtstag rhrcs Neube-
gründers -des Grotzherzogs Karl Friedrich. Die atademrsche
Feier fcrnd heute Vormittag statt und zwar dresrnal rn denr
grohen Saale des ehemaligen Musumsgebäudes. Jn serner
Festrede „über dic Ernigung üer deutschen Aus-
sprachc" wies der derzcitige Prorektor, Hofrat Braune,
nicht ohne Wehmut darauf -hrn, datz man die ehrwürdig-schönc
Aula sür -diefe Feier verlafsen mutzte, weil sre dem gesteigerten
Raumbedürfnrs schon längst nicht mehr ausrerchen wollte. Der
Herr Prorektor ging dann auf sein hochinteressantes Therna
cin, indem- er ausführte:
Wenn wir jetzt aus dem Bollbcsitz der unter entfcheidender
Mrtwirkung nnseres crhabenen Grotzhergogs errungenen deut-
schen Reichseinhcrt znrückblicken auf die Epoche Karl Fried-
richs, so stellt sich uns -das Brld trostloser Zerrisienhert uirseres
Baterlandes -dar. Geradc vor er-nem Jahrhrurbert, rm Jahre
1804, zerbrach auch die Schale >des alten römischen Reichs deut-
scher Nativn, nachidem der Kern schon lange morsch und faul
geworden war. Aber bei allem äutzcren Elend war in jerrer
Zert doch schon die innerc Einigung Deutschlands geschaffen,
Seit zwei Menschcnaltern war in aufsteigender Entwicklnng
-von Klopstock brs auf Goethe und Schiller eine grotze -deutsche
Dichtung entstanden nnd Mit Jmmanucl Kant, dessen hundert-
jährigcn Todestag wir in diesem Jahre feierlich begangcn ha-
-ben, hatte die dcutschc Philosophie den höchsten Gipfel crstiegen.
Und rn Kants Todesjahre wurde zum erften Male dic Erorca
aufgeführt. Mit diesem Werke hatte Ludwig van Beethoven
seine volle Merfterschaft erreicht nnd errang für Deutschlan-d
die scitdenr unbeftrrttene Vorherrfchast auf dem Gebiet« der
musikalrfchen Kunft. Ganz anders sah es dagegen vor 176
Jahren aus, als Karl Fviedrich geboren wurde. Jn der ersten
Hälfte ües 18. Jahrhunderts war die gerftige Kultur Deutsch-
lands noch in voller Abhängigkeit vom Auslande. Einc deutsche
Literatur von eigenem Werte gab es noch nicht. Zwei geistige
Gröhen -waren allerdings rm damaligen Deutschland schon er-
standen, cs war der Philosoph Lerbniz und der Mnsiker Joh.
Seb. Bach. Jm erstcn Drittel des 18. Jahrhunderts aber war
der Einftuh beider Männer nrcht breit nnd tief genug, sie
konnten noch nicht zum allgcmein geschätzten Besitz der Natroir
gevcchnet werden. Das alle gebildeten Deutschin einigende
gcistige Band bcstand -damals hauptsächlich in Ler gemernsamew
Schriftsprache. Die neuhochdeutsche Schriftsprache hatte, vorw
östlichen Mitteldeutschland ausgehend, im Verlaufe des 16. und
17. Jahrhunderts ganz Nord- nnd Mitteldeutschland nnterwor-
fen und auch rn Obcrdeutschland soweit Len Sreg gelvonnen»
daß um üie Mitte des 18. Jahrhundcrts auch die lctzten wider-
strebcnden Randgebiete des katholischen Süddeutfchlands rhre
Herrschaft anerkennen mußten. Damit war für die nationale
Einigung Deutschlands die Grurrdlagc vorhanden, auf der die
folgcnden Generationen weitcrbanen konnten. Auf dem Ge-
biete üer Sprache gehcn die Stämme trotzdem noch ausernan-
-der, nur datz cs sich hier nicht um die Schristsprache im eigen-i-
lrcherr Sinne handelt. Nicht die geschricbene Sprache, sondern
die gesprochene zeigt wesentliche Unterschicde. Hicrmit sins
aber nicht die Volksdralekte, sondern die mündliche Anwen-dung
im höheren Berkehr gemeint. An jeden Gcbildetcn tritt die
Frage der rrchtigen Aussprache hcran, der über die Grengen
seines Stammes hrnaus nnd mit Angehörrgcn anderer deut-
schen Provinzcn verkehrt. Sie wurüe dcm Germanisten ost zur
Entscheidung vorgelegt, welchcr abcr im allgemeincn geneigt
war, sich eincr positiven Antwort zu cntziehen. ^ Das praktische
Leben beruhigte sich jedoch nicht und das Wedürfnis der Schule
und besonders auch des Untcrrichts der Ausländer lietz die
orthoepische Frage nicht zur Ruhe kommcn. Noch mehr aber
war es die de.utsche Bühne, welche ber dcm Wechsel der Schau-
spieler übcr ganz Dentschland dringend erner crnheitlicheren
Aussprache des Deutschen Lednrfte. Hier griff regelnd eine
Komnrrssion ein, bestchend ans Bühnenvorständen und Ger-
man-isten, die rm Jahre 1898 rn Berlin übcr alle Zwerfelsfälle
entschiied. Jhre Verhandlungcn sind untcr dem Titel „Deui-
sche Bühnenaussprache" von Theodor Siebs herausgegeben. Da
>man früher gewöhnt war, dre Ausfprache der Bühne als daS
rdeale Deutsch zu -betrachten, so mutzte man sich nun stagen,
ob die nnn fasi geregeltc Bühnensprache auch für die üfsentlrche
Rede, den höheren Verkehr und besonders für die Schule alS
>mahgebend anznnchmen scr. Diese Frage gab abcr in letzwr
>Zeit zu lebhaften Erörterungen von Germanisten und Schul-
männern Anlatz und dic Befchlüsie der Berliner Konserenz ha.
Len mehr Widerspruch als Zustimmung gefunden. Man warf
ihr willkürliche Feftfetzungen vor, mari hat nicht genügende
Rücksichtnahme auf landschaftliche, besonders süddeutfche., Eigen-
art gerügt und henvorgehobcn, datz die unter cigenartigen Be-
dingungen lebende Knnsisprache der Bühne nicht ohne weiteres
auf andere Lebensgebietc übcrtragen werden üürfe. Aber im
Grvtzen und Ganzen lxrt die Konferenz doch nur diejenige
Musieraussprache legalisiert, welche auf dcn -deutscherr Bühnen
tatsächlich schon vorher geübt oder angestrebt wurde. Lattd-
schastlich gefärbte Schulfprachcn werden vorläufig in der Pra.
xis bestehcn bleiben, auch wenn man keine befonder« theoreti-
Eine Dummheit.
Nachklang zum Fest des Luifenbazars.
Rasch vcrslogen sind die Stunüen
jwanglos heitcrn Sichvergnügens
»nter'm Zauberstab der Frend«,
der gesellig schien zu einen,
was sonst Modc strcng geteilct.
Nicht will jetzo ich entscheiden,
wem dcr Schönhcitspreis gebühre,
«usgeteilt vor allem Volke.
Das sind subjektivc Fragen.
Reigend schienen mir die Jäckchen
»us den alten Reichsposttagen,
bie Trompete auf dem Rückcn,
^rüber Hut und Puderköpfchen.
Warm weich war jenes Rot von
^ngadin's Patriziertrachten,
edel auch die klaffisch treuen
*riechischcn „Reformkostüme".
Vder wemi aus Frankreichs Zeiten
Alrtes Blau mit Weitz fich einte,
Russinnen mit roten Bändern
Feuer ins Gewimmcl brachten,
ichlankc, urgerman'sche Art sich
mrkischem Gewand vermählte;
bas n>ar wirklich Angenweide,
reich ersetzend eignes Tanzen,
das oft sihwierig im Gedränge.
Doch wie kommt es, dah wenn heut' i-m
"unstverein das Geishaköpfchen
7^r an des Neckars Ufcrn
sch betrocht' die Spätjahrsfarben,
w'mcr nur Ein- Bild ich sehe?
->uf den Haarcn leicht bcpudert,
dcs muntercn Gcsichtes !
wohlproportioniert Oval', auf
fre-i- und anmutvoller Stirne
Postamt kündend sitzt -das Hütchen.
Nichts von Ziercrei zu sehen,
nichts von fränk'schem Kokettieren,
einfach, fchlicht und Geist mit Gute
schön vereint: ein dentsches Mädchen.
Keine Angst jedoch, datz jetzo
bartgelockt nnd schwarz Geringel
unter'm Künstlerschlapphut bergend,
nächtens wer zur Man-doline
seine Stimme schwärmend sende
anf znm Fcnster, zum Balkone.
Nein, ich trag' nicht Künstlerlocken,
trage auch nicht Künstlerfchlapphut,
und zum Hausbedarf nur reichft,
was der Kchlc mag gelingen;
mich hat schon des Lebens Kämpfen
meinen Sinn in ruh'ge Bahncn,
auf der Pflichten fchliD Geleise
mir gclenkt. Es mag so bleiben.
Doch gcrad' für dieses Streben
wie erfrischend solch' Erlebnis!
Schreibe drum kein rosa Brieflcin,
sprech' vsil lieber hier den Dank aus,
sage meiner Seele Fühlen
ungekünstelt wie ich's denkc.
Bin> gewih, datz, wenn's „i h r" zuko-mmt,
sie nicht tvcitz, wen sie beglückte.
Ja, Jhr ahnt nicht, edle Frauen,
welche Krästc in Euch schlummern,
wie. dcs starken Mannes Herze,
der zum Guten aufwärts strebet,
bildsam ist in Euren Händen.
Nicht ein Dlitz ist's, der dies wirket,
«uS der Kaminer Eures Geistcs;
nein, es ist nur Eures Wefens
brünnleingleiches, sanstes Flietzen.
Dorum dank dem schönen Feste,
dänk dem freundlichcn Gefichtcherg
das ob Büchern und Papieren
in die „Bude" mir herc-infcheint.
Mög' daS Jdeal nie schwinden!
Aber, licber, junger? — alter?
Dichter, den ich ja nicht kcnne,
warum schrirbst du „Dummheit"
-Den Ergutz zum Lob der Fraucn?
Nennst du Dummheit, also unwahr,
was du sprichst? Doch nein, jetzt weitz
Datz im Dichten üich versuchbest,
hältst für dejnen Teil du töricht,
wcil ja „unsres Herzens Dichten"
— wie die Theologen sagen —
„schon von Jugend auf ist böse."
Und dann finde ich schr unklug,
datz du dich als Jdealiftcn —
üenk' an's zwanzigste Jahrhundert! —
lsier z>um Spott der Welt bekundest.
Dumm auch ist, datz du den Namen
jener Dame uns verschweigest.
über
ich'S.
Hc
Geb' dir Recht, mein licber Leser,
mag mit dir darum nicht streiten;
abcr meines Jdealismus
schäm' ich mich vor keinem Menfchen.
Einc Dummheit freckich macht' ich,
dies die Ueberschrist bxdeutet,
denke dir, am ganzen Feste
wrscht ich nicht nach ihrem Namen!
: delüerg, 20. Ichv. -804.
-E i n e r.
46. Jahrßang. — Nr. 274.
Erscheint tüglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienibtätterlr monatlich 86 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expebition urrd den Zweigstationen abgeholr 4V Pfg.
Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,32 Mk. ausschliehlich Zustellgebühr.
A n z e i g e n p r e i s: 2N Psg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts» u. Privatanzeigen ernsätzigt. — Für die Aufnahme von NnzeigeN
an bestimmten Tagen wird keinc Verantwortlichkeit übernomnren. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den städt. Anfchlagstellen. Fernspr. 8L.
Deutfches Reich.
Baden.
^ K a r l s r u h e, 21. Nov. Dre „Kcrrlsr. Ztg." schreibt:
^ beg letzten Tü'gen ging eine Mttteilung durch die öf-
^ntltchbn Blütter, uach welcher sich der b a d i s ch e K u l-
, ^ ursnister über die A n ste l l u n g von Frauen,
^ öas philologische Staatsexamen bestan-
^ hcchen, auch an Knadengymnalsien in zustimmender
ausgesprochen haben soll. Nach Jnformation aus
cher Quelle, dürfte diese Mtteilung aber eine irrtüm-
sein. Zwar ist es richtig, daß durch ministerielle
^tschlteßung auch drei Kandidaten weiblichen Geschlechts
ber im nächften Frühjcchr stattfindenden Staatsprü-
für das Lchramt cyr häheren Schulen zugelassen
^irden. Dieselben wurden aber hiebbei im Auftrag des
^rinistarinms ausdrücklich darauf hiugewiesen, daß sie mit
i^^chen l>er Prüfung keine Anwartschaft auf Verwendung
^ ^adischm Mittelschuldieust erlangen' undl chre Auf-
Ehine unter die Lchramtspraktikanten nicht erfolgeu
.^-de. Die Frage der Berwcnduug woiblicher Philo-
^6en tm. hdhMn üadischen Schüldienft ist fonach noch
burchaus offene und wirü — wie dies ja auch bei
lQ ll^ringen Verwendbarkeit derartiger Lchrkräfte an
^arn höheren Lchranftalten' Mnz natürlich ist — für
uächste Zeit lediglich je nach den Verhältnissen des
^i^blnen Falles zn löferi sein. Jm Jnteresse der betei-
weiblichen Studierenden und Kandidaten dürfte
. ^ür Bermeidung irriger Erwartungen wünfchenswert
. Icheinen, datz diese Mchtigstellung der Stellung des
s. llchen UnterrÄftsministers zur Frage auch in weiteren
^sen bekannt wird.
Äu s d e m K r a i ch g a u, 18. Nov. Z-ur Zeit bereist
verr Müller aus dem Hessenlande die Gegend, um im
mit Rechtsanwalt Schmidt von Brptten durch
y^.^äge sür >den Bauernibundi zu werben. Der Bundes-
,-^ior ,hielt gcstern in Gochsheim im Gaschause zum
p^f^vnen" eiuen nahezu zweistündigeu Vortrag vor etwa
"Aörern, vou deueu uicht einmal alle dem Bauernbund
f^Elörten. Mit seinen Seitenhieben auf die national-
, »> Partei hat er hier keine Anhänger für den
gemorben .
Koburg-Gotha.
tzj. ^or h a, 21. Nov. Ueber den> Verlauf der gestrtgen
l^"ftenz des Bureaus des Gothaer Land-
2 iu, Koburger Schlotz wird nach der „Frankf. Ztg."
datz der Regent den Standpunkt, der in dem
s^v^ben des Gesamtministerinms an den Landtagsaus-
?^nn 11. ds. zum Ausdruck komnft, in läugerer Rede
hejc "evte, ferner zusagte, die Bemühungen der Angelegen-
epxr-^ne günstige Wendnng zu geben, fortzusetzen, und
hjd daß während der Regentschaft eine Vorlage, die
z^ftnr ig Upi.-il 'befchlassenen Gesetze abzuändern be-
nicht werde eingebrackft werden. Er erkenne
Grnnd, feinen Min-ifter und sich selbft zu des-
d. halte n-och heute den Dertrag vom 18. April
^nr etnen gerechten Ausglerch zwischen den Betei-
" Während dev über erne Stunde währenden frei-
mütigen Aussprache über die politische Lage rm Herzog-
tum Gotha uahm der Regent mehrsach Gelegenheit, deu
„Rücktritt des, hochverdienten Herrn Staatsmrnisters" zu
bedauern, mähnte aber wiederholt, die Lage nicht zu
pessimistisch anzusehen. Er finde die gegenwärtige Erre-
gung durchaus begreiflich, hoffe aber zuversichtlich, datz
wenn ber Herzog zur Regierung gelangt, unter dem Ge-
wicht der Vercmtwortlichkeit eine andere Beurteilung
Platz greifen werde.
Lippe-Dctmold.
— Zu der am Samstag Morgen 10 Uhr vorgenom-
menen Vereidigung des lippeschen Trup-
p enk o n t i n g eu t s im Sennelager aus den Regenten
Grafen Leopold hatte dieser an die Truppen
folgendes Telegramm gesandt:
Jn dem Augenblick, wo ich in ein persöMches Verhält-
nis zu den Truppen des Kontingents trete, ist es mir
Bedürfnis, die Offiziere, Sanitätsoffiziere, Militär-
beamte und Mcmnschaften herzlichft zu begrüßen. Aus
treuem deutschen Soldatenherz,en rufe ich mit Jhnen: Es
tebe Ler oberfte 'Kriegshei'r, Seiue Majestät der Kaiser
— Hurrah! Leopold.
Uusland.
Amerika.
Newyork, 21. Nov. Die Blätter widmen üer Ent-
hüllung des D e n k m a I s F r i e d r i ch d e s G r o ß c n
ausführliche Besprechungen. Die „Evening Post" sagt:
„Die Ferer war ein internafiionales Ereignis von wirk-
licher Bsdeutung. Des Kaisers Gabe ist glei-ch, wie seine
Stiftung für das germanische Museum der Harvard-
Universität, ein Beweis freundfchaftlicher Erin-nerung.
Wir hoffen, daß Presse und Pub-Iikum alles tun werden,
um dem Kaifer und dbm deutschen Doüke zu zeigeu, daß
die der Feier zugrundeliegende Auregung allen guten
Ilmerikanern willkommen ift." Die demokratische „Ti-
mos" gedenkt mit anerkennenden Worten der von- Roose-
velt gehaltenen Rede; er habe sich einmal einen Hiftoriker
genannt; kemü -anderer äMrikanifcher Hiftorlker hätt-e
fich der hier geftellten Aufgabe besser zu eutledigen ver-
mocht.
Universttätsfeier.
Vo. Heidelberg, 22. Nov.
Die Universität begeht heute den Geburtstag rhrcs Neube-
gründers -des Grotzherzogs Karl Friedrich. Die atademrsche
Feier fcrnd heute Vormittag statt und zwar dresrnal rn denr
grohen Saale des ehemaligen Musumsgebäudes. Jn serner
Festrede „über dic Ernigung üer deutschen Aus-
sprachc" wies der derzcitige Prorektor, Hofrat Braune,
nicht ohne Wehmut darauf -hrn, datz man die ehrwürdig-schönc
Aula sür -diefe Feier verlafsen mutzte, weil sre dem gesteigerten
Raumbedürfnrs schon längst nicht mehr ausrerchen wollte. Der
Herr Prorektor ging dann auf sein hochinteressantes Therna
cin, indem- er ausführte:
Wenn wir jetzt aus dem Bollbcsitz der unter entfcheidender
Mrtwirkung nnseres crhabenen Grotzhergogs errungenen deut-
schen Reichseinhcrt znrückblicken auf die Epoche Karl Fried-
richs, so stellt sich uns -das Brld trostloser Zerrisienhert uirseres
Baterlandes -dar. Geradc vor er-nem Jahrhrurbert, rm Jahre
1804, zerbrach auch die Schale >des alten römischen Reichs deut-
scher Nativn, nachidem der Kern schon lange morsch und faul
geworden war. Aber bei allem äutzcren Elend war in jerrer
Zert doch schon die innerc Einigung Deutschlands geschaffen,
Seit zwei Menschcnaltern war in aufsteigender Entwicklnng
-von Klopstock brs auf Goethe und Schiller eine grotze -deutsche
Dichtung entstanden nnd Mit Jmmanucl Kant, dessen hundert-
jährigcn Todestag wir in diesem Jahre feierlich begangcn ha-
-ben, hatte die dcutschc Philosophie den höchsten Gipfel crstiegen.
Und rn Kants Todesjahre wurde zum erften Male dic Erorca
aufgeführt. Mit diesem Werke hatte Ludwig van Beethoven
seine volle Merfterschaft erreicht nnd errang für Deutschlan-d
die scitdenr unbeftrrttene Vorherrfchast auf dem Gebiet« der
musikalrfchen Kunft. Ganz anders sah es dagegen vor 176
Jahren aus, als Karl Fviedrich geboren wurde. Jn der ersten
Hälfte ües 18. Jahrhunderts war die gerftige Kultur Deutsch-
lands noch in voller Abhängigkeit vom Auslande. Einc deutsche
Literatur von eigenem Werte gab es noch nicht. Zwei geistige
Gröhen -waren allerdings rm damaligen Deutschland schon er-
standen, cs war der Philosoph Lerbniz und der Mnsiker Joh.
Seb. Bach. Jm erstcn Drittel des 18. Jahrhunderts aber war
der Einftuh beider Männer nrcht breit nnd tief genug, sie
konnten noch nicht zum allgcmein geschätzten Besitz der Natroir
gevcchnet werden. Das alle gebildeten Deutschin einigende
gcistige Band bcstand -damals hauptsächlich in Ler gemernsamew
Schriftsprache. Die neuhochdeutsche Schriftsprache hatte, vorw
östlichen Mitteldeutschland ausgehend, im Verlaufe des 16. und
17. Jahrhunderts ganz Nord- nnd Mitteldeutschland nnterwor-
fen und auch rn Obcrdeutschland soweit Len Sreg gelvonnen»
daß um üie Mitte des 18. Jahrhundcrts auch die lctzten wider-
strebcnden Randgebiete des katholischen Süddeutfchlands rhre
Herrschaft anerkennen mußten. Damit war für die nationale
Einigung Deutschlands die Grurrdlagc vorhanden, auf der die
folgcnden Generationen weitcrbanen konnten. Auf dem Ge-
biete üer Sprache gehcn die Stämme trotzdem noch ausernan-
-der, nur datz cs sich hier nicht um die Schristsprache im eigen-i-
lrcherr Sinne handelt. Nicht die geschricbene Sprache, sondern
die gesprochene zeigt wesentliche Unterschicde. Hicrmit sins
aber nicht die Volksdralekte, sondern die mündliche Anwen-dung
im höheren Berkehr gemeint. An jeden Gcbildetcn tritt die
Frage der rrchtigen Aussprache hcran, der über die Grengen
seines Stammes hrnaus nnd mit Angehörrgcn anderer deut-
schen Provinzcn verkehrt. Sie wurüe dcm Germanisten ost zur
Entscheidung vorgelegt, welchcr abcr im allgemeincn geneigt
war, sich eincr positiven Antwort zu cntziehen. ^ Das praktische
Leben beruhigte sich jedoch nicht und das Wedürfnis der Schule
und besonders auch des Untcrrichts der Ausländer lietz die
orthoepische Frage nicht zur Ruhe kommcn. Noch mehr aber
war es die de.utsche Bühne, welche ber dcm Wechsel der Schau-
spieler übcr ganz Dentschland dringend erner crnheitlicheren
Aussprache des Deutschen Lednrfte. Hier griff regelnd eine
Komnrrssion ein, bestchend ans Bühnenvorständen und Ger-
man-isten, die rm Jahre 1898 rn Berlin übcr alle Zwerfelsfälle
entschiied. Jhre Verhandlungcn sind untcr dem Titel „Deui-
sche Bühnenaussprache" von Theodor Siebs herausgegeben. Da
>man früher gewöhnt war, dre Ausfprache der Bühne als daS
rdeale Deutsch zu -betrachten, so mutzte man sich nun stagen,
ob die nnn fasi geregeltc Bühnensprache auch für die üfsentlrche
Rede, den höheren Verkehr und besonders für die Schule alS
>mahgebend anznnchmen scr. Diese Frage gab abcr in letzwr
>Zeit zu lebhaften Erörterungen von Germanisten und Schul-
männern Anlatz und dic Befchlüsie der Berliner Konserenz ha.
Len mehr Widerspruch als Zustimmung gefunden. Man warf
ihr willkürliche Feftfetzungen vor, mari hat nicht genügende
Rücksichtnahme auf landschaftliche, besonders süddeutfche., Eigen-
art gerügt und henvorgehobcn, datz die unter cigenartigen Be-
dingungen lebende Knnsisprache der Bühne nicht ohne weiteres
auf andere Lebensgebietc übcrtragen werden üürfe. Aber im
Grvtzen und Ganzen lxrt die Konferenz doch nur diejenige
Musieraussprache legalisiert, welche auf dcn -deutscherr Bühnen
tatsächlich schon vorher geübt oder angestrebt wurde. Lattd-
schastlich gefärbte Schulfprachcn werden vorläufig in der Pra.
xis bestehcn bleiben, auch wenn man keine befonder« theoreti-
Eine Dummheit.
Nachklang zum Fest des Luifenbazars.
Rasch vcrslogen sind die Stunüen
jwanglos heitcrn Sichvergnügens
»nter'm Zauberstab der Frend«,
der gesellig schien zu einen,
was sonst Modc strcng geteilct.
Nicht will jetzo ich entscheiden,
wem dcr Schönhcitspreis gebühre,
«usgeteilt vor allem Volke.
Das sind subjektivc Fragen.
Reigend schienen mir die Jäckchen
»us den alten Reichsposttagen,
bie Trompete auf dem Rückcn,
^rüber Hut und Puderköpfchen.
Warm weich war jenes Rot von
^ngadin's Patriziertrachten,
edel auch die klaffisch treuen
*riechischcn „Reformkostüme".
Vder wemi aus Frankreichs Zeiten
Alrtes Blau mit Weitz fich einte,
Russinnen mit roten Bändern
Feuer ins Gewimmcl brachten,
ichlankc, urgerman'sche Art sich
mrkischem Gewand vermählte;
bas n>ar wirklich Angenweide,
reich ersetzend eignes Tanzen,
das oft sihwierig im Gedränge.
Doch wie kommt es, dah wenn heut' i-m
"unstverein das Geishaköpfchen
7^r an des Neckars Ufcrn
sch betrocht' die Spätjahrsfarben,
w'mcr nur Ein- Bild ich sehe?
->uf den Haarcn leicht bcpudert,
dcs muntercn Gcsichtes !
wohlproportioniert Oval', auf
fre-i- und anmutvoller Stirne
Postamt kündend sitzt -das Hütchen.
Nichts von Ziercrei zu sehen,
nichts von fränk'schem Kokettieren,
einfach, fchlicht und Geist mit Gute
schön vereint: ein dentsches Mädchen.
Keine Angst jedoch, datz jetzo
bartgelockt nnd schwarz Geringel
unter'm Künstlerschlapphut bergend,
nächtens wer zur Man-doline
seine Stimme schwärmend sende
anf znm Fcnster, zum Balkone.
Nein, ich trag' nicht Künstlerlocken,
trage auch nicht Künstlerfchlapphut,
und zum Hausbedarf nur reichft,
was der Kchlc mag gelingen;
mich hat schon des Lebens Kämpfen
meinen Sinn in ruh'ge Bahncn,
auf der Pflichten fchliD Geleise
mir gclenkt. Es mag so bleiben.
Doch gcrad' für dieses Streben
wie erfrischend solch' Erlebnis!
Schreibe drum kein rosa Brieflcin,
sprech' vsil lieber hier den Dank aus,
sage meiner Seele Fühlen
ungekünstelt wie ich's denkc.
Bin> gewih, datz, wenn's „i h r" zuko-mmt,
sie nicht tvcitz, wen sie beglückte.
Ja, Jhr ahnt nicht, edle Frauen,
welche Krästc in Euch schlummern,
wie. dcs starken Mannes Herze,
der zum Guten aufwärts strebet,
bildsam ist in Euren Händen.
Nicht ein Dlitz ist's, der dies wirket,
«uS der Kaminer Eures Geistcs;
nein, es ist nur Eures Wefens
brünnleingleiches, sanstes Flietzen.
Dorum dank dem schönen Feste,
dänk dem freundlichcn Gefichtcherg
das ob Büchern und Papieren
in die „Bude" mir herc-infcheint.
Mög' daS Jdeal nie schwinden!
Aber, licber, junger? — alter?
Dichter, den ich ja nicht kcnne,
warum schrirbst du „Dummheit"
-Den Ergutz zum Lob der Fraucn?
Nennst du Dummheit, also unwahr,
was du sprichst? Doch nein, jetzt weitz
Datz im Dichten üich versuchbest,
hältst für dejnen Teil du töricht,
wcil ja „unsres Herzens Dichten"
— wie die Theologen sagen —
„schon von Jugend auf ist böse."
Und dann finde ich schr unklug,
datz du dich als Jdealiftcn —
üenk' an's zwanzigste Jahrhundert! —
lsier z>um Spott der Welt bekundest.
Dumm auch ist, datz du den Namen
jener Dame uns verschweigest.
über
ich'S.
Hc
Geb' dir Recht, mein licber Leser,
mag mit dir darum nicht streiten;
abcr meines Jdealismus
schäm' ich mich vor keinem Menfchen.
Einc Dummheit freckich macht' ich,
dies die Ueberschrist bxdeutet,
denke dir, am ganzen Feste
wrscht ich nicht nach ihrem Namen!
: delüerg, 20. Ichv. -804.
-E i n e r.