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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 17.1903

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Krone, Hermann: Die Nachwirkung des Lichts in der Schicht und sein Nachklingen im Auge
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https://doi.org/10.11588/diglit.41327#0116

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102

Die Nachwirkung des Lichts in der Schicht u. s. w.

des Auges. Man nennt sie darum „Retina“, weil sie das Licht
im Auge „zurückhält“. Das ist immerhin eine Analogie mit
dem photographischen Vorgänge. Es wird uns aber schon
vor dem Anstellen jeder weiteren vergleichenden Reflexion
klar sein, daß wir es hier mit einer in allen Fällen als gleich
anzunehmenden Kapazität der Retina zu tun haben; temporäre
oder individuelle Unterschiede der Augen bleiben hierbei mit
Recht ganz außer Betracht, was die Arbeit des Auges an sich
betrifft. Die Lichtenergie, die wir bei unserer Betrachtung
und Vergleichung voraussetzen, wird also in allen Fällen in
Quantität, Qualität und Kapazität als identisch anzunehmen
sein, weil sie durch die iti allen Fällen als gleichbleibend an-
zunehmende Kapazität der Netzhaut nicht beeinflußt wird.
Alle temporären oder individuellen Abweichungen von dieser
Identität müssen außer Betracht bleiben, weil sie nichts mit
der Beantwortung unserer Frage zu tun haben, insoweit es
den Verlauf des in jedem einzelnen Falle sich abspielenden
Vorgangs an sich betrifft.
Somit ist die Frage nach einer Analogie beider Er-
scheinungen schon a priori verneint. Ein Nachklingen des
Lichts im Auge findet aber doch statt. Worin beruht dieses
Nachklingen? Es muß also auf einem ganz anderen Grunde
beruhen, als die Nachwirkung des Lichts in der Schicht.
In der Tat. Dieses Nachklingen im Auge beruht nicht
in Veränderungen, die die Schicht, die Retina, erleidet, sondern
in der Wahrnehmung des Individuums, dem die be-
strahlte Netzhaut angehört. Diese Wahrnehmung ist indivi-
duell, subjektiv für das Individuum, w'ährend die oben
besprochene Nachwirkung in der Schicht eine durchaus ob-
jektive in allen Fällen ist. Es tritt also hier bei dem Nach-
klingen des Sehens etwas Neues hinzu, welches bei der Nach-
wirkung des Lichts in der Schicht nicht vorhanden war:
Die individuelle, psychische Wahrnehmung des
Beobachters. Jener oben besprochene Vorgang ist rein
physikalischer Natur; dieser, den wir mit demselben ver-
gleichen, gehört in das Gebiet der Psychophysiologie, jener
ist objektiv, dieser subjektiv und rein individuell; und weil
jedes Individuum von jedem andern etwas verschieden ist,
wird auch solch individueller Eindruck von jedem etwas
verschieden wahrgenommen werden. Der Astronom nennt
dies, bei der Vergleichung der Beobachtungseigentümlichkeiten
der Beobachter, die persönliche Gleichung. Einer be-
obachtet schneller, einer langsamer als der andere; aber bei
jedem verfließt immer die ihm allein eigentümliche gleiche
Zeit zwischen dem Sehen, dem Wahrnehmen und der
 
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