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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 17.1903

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Freund, Leopold: Lichtstrahlen und Röntgenstrahlen als Heilmittel
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232 Lichtstrahlen und Röntgen strahlen als Heilmittel.
Lichtstrahlen und Röntgenstrahlen als Heilmittel.
Von Dr. Leopold Freund in Wien.
Weder die Literatur über die Behandlung mit Licht, noch
jene über die Röntgentherapie brachten im vergangenen Jahre
Berichte über Erweiterungen der Anwendungsgebiete dieser
Heilmethoden. Hingegen haben mehrere theoretische Unter-
suchungen Klärungen mancher unbekannter Umstände, striktere
Präzisierungen der Methodik und auch sonst manche Anregung
gebracht.
Während man anfänglich der vernichtenden Wirkung des
Lichtes auf Bakterien den Hauptanteil an dem Zustande-
kommen der Heilung des Lupus zuschrieb, neigt man heute
mehr und mehr der Ansicht zu, daß die Abtötung der
Tuberkelbacillen eher der reaktiven Entzündung der Gewebe, der
verstärkten Blutzufuhr oder gewissen auftretenden chemischen
Veränderungen zuzuschreiben ist als der direkten Einwirkung
des Lichtes auf die Bacillen.
Um zu entscheiden, ob Bacillen innerhalb der Gewebe
vom Licht überhaupt getötet werden können, machte Nagel-
schmidt einige Versuche1):
Nagelschmidt machte die Haut von Meerschweinchen,
welche zur Erkrankung an Tuberkulose besonders disponieren,
an zwei Stellen durch zahlreiche seichte Einschnitte wund
und verrieb in dieselben Kulturen von vegetationsfähigen
Tuberkelbacillen. Nun wurde von jedem Tiere die eine ge-
impfte Stelle mit dem konzentrierten Lichte einer 80 Ampere-
Bogenlampe eine Stunde lang bestrahlt. Danach wurden
sowohl aus der belichteten als auch aus der nicht belichteten
Impfstelle Hautstückchen ausgeschnitten und in das Bauchfell
verschiedener Tiere eingenäht. Nach einiger Zeit erkrankten
letztere ohne Unterschied an Bauchfell- und allgemeiner
Tuberkulose, der beste Beweis, daß die Schädlichkeit der
Krankheitserreger auf diese Weise durch die Belichtung nicht
vernichtet worden war. Ein anderes Resultat ergab eine zweite
Versuchsreihe. Nach der Verimpfung der Tuberkelbacillen
(in analoger Weise wie im früheren Versuche) überließ Nagel-
schmidt die Tiere sich selbst. Die Wunden heilten, und nach
einiger Zeit entwickelten sich daselbst die Erscheinungen
typischer lokaler Hauttuberkulose. Nun wurde die eine tuber-
kulöse Stelle eine Stunde lang belichtet, danach aus der-
selben ein Hautstückchen excidiert und in das Bauchfell eines

1) Berliner dermatologische Gesellschaft, 1. Juli 1902.
 
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