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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 17.1903

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Rheden, Josef: Der Stereokomparator und seine Bedeutung für die moderne Meßkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.41327#0135

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Der Stereokomparator u. s. w.

I2D

beiden etwas verschiedenen Wahrnehmungen im Gehirn bringt
dann die Raumvorstellung zu stände. Künstlich wird diese
Erscheinung dadurch hervorgerufen, daß die in einer Ebene,
aber auf zwei verschiedenen Bildern dargestellten Gegenstände
gegen zwei identische, im Unendlichen liegende Punkte in
demselben Maße verschoben werden, wie es beim Sehen mit
beiden Augen der Fall ist. Derartig aufgenommene und ent-
sprechend montierte Bilder nennt man Stereoskopbilder und
das Instrument, -welches die Betrachtung derselben ermöglicht,
das Stereoskop.
Das Vermögen des menschlichen Augenpaares, räumlich
zu sehen, reicht aber nur bis auf eine bestimmte Entfernung
und ist etwas verschieden nach dem Individuum; je empfind-
licher das Auge für die Auffassung kleiner Winkel ist, desto'
weiter geht seine Tiefenwahrnehmung. Im allgemeinen kann
man sagen, daß das menschliche Augenpaar bis auf eine Ent-
fernung von 450 bis 500 m räumlich zu sehen vermag; was
darüber hinaus liegt, projiziert sich in eine Ebene. In Wirk-
lichkeit vermag das Auge allerdings auch noch auf bedeutend
weitere Distanzen räumlich zu sehen, das geschieht dann aber
nicht mehr infolge der dem Augenabstand entsprechenden
Parallaxe, sondern beruht auf Gründen der Perspektive und
wiederholt gemachter Erfahrungen.
Da nun einem bestimmten Augenabstand auch ein be-
stimmtes räumliches Sehvermögen entspricht, ist es klar, daß-
man dieses erhöhen kann, wenn es gelingt, jenen künstlich zu
vergrößern. Dies kann aber leicht geschehen, wenn man zwischen
das Augenpaar und den Gegenstand ein optisches System ein-
schaltet, dessen Objektive um mehr als den Augenabstand
voneinander abstehen. Der Firma Zeiß in Jena gebührt das
Verdienst, das erste optische Instrument dieser Art konstruiert
zu haben; es sei des Zeiß sehen Feldstechers mit erhöhter
Plastik und des Relief-Fernrohres derselben Firma gedacht.
Beim ersteren ist der Augenabstand künstlich nahezu auf das
Doppelte, beim letzteren auf das 20 bis 30fache gebracht und
das räumliche Sehvermögen bei beiden in demselben Maßstab
erhöht. Theoretisch hindert nun nichts, den künstlichen
Augenabstand — die sogen, stereoskopische Basis — noch
weiter zu vergrößern. Beim Fernrohr, wo das Objekt selbst
betrachtet wird, würde man praktisch allerdings bald auf eine
Grenze stoßen. Diese Grenze besteht aber nicht, wenn man
sich entschließt, von den Endpunkten der Basis aus Bilder
des Objektes herzustellen und diese im Stereoskop zu be-
trachten. Dies ist besonders dann wichtig, wenn es sich um
kosmische Distanzen handelt. Als Basis können wir hier die
 
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