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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 17.1903

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Rheden, Josef: Der Stereokomparator und seine Bedeutung für die moderne Meßkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.41327#0136

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Der Stereokomparator u. s. w.

Ortsveränderung der Erde in ihrer Bahn und jene der Sonne
im Weltraum benutzen; der größte Wert der ersteren für sich
wird in einem halben Jahr erreicht und beträgt zwei Sonnen-
weiten, also rund 300 Millionen Kilometer; letztere ist nach
den bisherigen Ergebnissen mit ungefähr sechs Sonnenweiten,
also mit 900 Millionen Kilometern jährlich anzusetzen. Bei
einer derartigen Basis hat aber das räumliche Sehvermögen
schon eine Distanz von mehreren Lichtjahren erreicht, und
die näheren Fixsterne liegen sonach bereits im stereoskopischen
Bezirk. Und wenn wir nun zwischen den einzelnen Aufnahmen
nicht nur ein Jahr, sondern deren mehrere verstreichen lassen,
so vergrößert sich die Basis in demselben Maße, und in dem
gleichen Verhältnis wird auch die Grenze des räumlichen
Sehvermögens hinausgerückt. Welche Wichtigkeit diese Art
stereoskopischen Sehens für die Astronomie besitzt, wollen wir
noch später erwägen.
Die Idee, das stereoskopische Sehvermögen durch künst-
liche Vergrößerung der Basis zu erhöhen, ist nun allerdings
nicht neu; es sei nur an die Stereoskopbilder des Mondes
von Warren de la Rue erinnert, welche bereits vor 40 Jahren
Aufsehen erregten. Bei diesen wurde die Verschiebung der
Erde relativ zum Mond, die sogen. Libration, als Basis benutzt
und dadurch eine sehr ausgiebige Plastik der Bilder erzeugt.
Die bloße Möglichkeit, das stereoskopische Sehen auch
auf kosmische Distanzen ausdehnen zu können, wäre aber für
die Astronomie nicht von so großer Bedeutung, wenn es nicht
gelingen würde, die dem Auge sich darstellenden Entfernungs-
unterschiede auch zu messen, und da schienen sich nun aller-
dings erhebliche Schwierigkeiten zu bieten. Es ist wiederum
ein Verdienst der Firma Zeiß, ein Verfahren gefunden zu
haben, welches Messungen von Tiefenunterschieden im stereo-
skopischen Bild gestattet. Genauer auf diese Meßmethode
einzugehen, gestattet hier der Raum nicht; es sei nur erwähnt,
daß sie auf einer in den Gegenstand hineinprojizierten, eben-
falls stereoskopischen Marke oder Skala beruht. Das erste
mit einer derartigen Meßvorrichtung ausgerüstete Instrument
ist der Zeißsche Distanzmesser, im Wesen nichts anderes als
ein mit einer Meßskala versehenes Relief-Fernrohr, welches
naturgemäß nur Messungen auf wenige Kilometer Distanz
zuläßt, daher besonders für militärische Zwecke von großer
Bedeutung ist. Auf dem gleichen Prinzip beruht auch der
von derselben Firma konstruierte Stereokomparator, welcher
besonders für die Astronomie wichtig zu werden verspricht,
und mit diesem Instrument wollen wir uns in den folgenden
Zeilen eingehender beschäftigen.
 
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