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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 17.1903

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Urban, Wilhelm: Aus der Praxis der forensischen Photographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.41327#0297

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Aus der Praxis der forensischen Photographie. 283
Festlegung ephemerer Indizien oder bei der anthropome-
trischen Aufnahme von Personen zwecks Identifizierung zu-
trifft, ist die Praxis der forensischen Photographie oft mit
großen Schwierigkeiten verbunden. Sie verlangt von dem
sie Ausübenden nicht nur volles Vertrautsein mit allen Ver-
fahren und Finessen der photographischen Technik, sie setzt
auch ein umfangreiches Maß von Kenntnissen in der an-
gewandten Chemie und Physik voraus, da diese Gebiete häufig
subsidiär eintreten müssen. Nicht selten ergeben sich schon
bei anscheinend leichten Aufgaben, wie der photographischen
Fixierung von subjektiven Beobachtungen (z. B. am Mikro-
skop) Schwierigkeiten, ja selbst die Ergebnisse einer ein-
fachen Beobachtung mit dem Auge sind nicht ohne weiteres
festzuhalten.
So war dem Referenten kürzlich die Aufgabe gestellt,
den Nachweis für die widerrechtliche Eröffnung eines Briefes
zu erbringen. Auf dem Kuverte desselben zeigten sich Spuren
des Klebstoffes, und zwar im Poststempel des Ankunftsortes.
Konnte gezeigt werden, daß diese Klebstoffspuren der Stempel-
farbe aüfgelagert waren, so war nach dem gegebenen und
gerichtlich festgestellten Tatbestände der Beweis für eine
widerrechtliche Oeffnung einwandsfrei erbracht. Der frag-
liche Briefumschlag war von starkem, gelbem Papier, wie
solche von Behörden häufig benutzt werden, die Stempelfarbe
zeigte eine grünlich schwarze Nuance und war in ganz dünner,
durchsichtiger Schicht aufgetragen. In Erwägung der be-
kannten Tatsache, dass es kaum Stoffe gibt, welche längere
Zeit im Kontakt mit Bromsilbergelatine nicht entwickelbare
Spuren ihrer Einwirkung hinterlassen, überzeichnete ich zur
Erprobung dieser Methode vorerst einige Typen vom Stempel
eines beliebigen Briefumschlages teils mit Dextrin-, teils mit
Gummilösung, ließ antrocknen, brachte die so behandelten
Stellen im Schraubenkopierrahmen in entsprechenden Kontakt
mit einer Trockenplatte und erhielt bei völligem Lichtaus-
schluß bereits nach 1U Stunde eine positive Reproduktion des
Stempels, wobei diejenigen Stellen seiner Typen, welche mit
den oben erwähnten Klebemitteln überstrichen waren, als
nahezu glasklare Lücken auftraten. Leider konnte ich bei
Wiederholung des Versuches mit dem in Frage stehenden
Briefumschlag selbst nach mehrstündiger Einwirkung aus
vorerst nicht näher untersuchten Gründen kaum spurenweise
ein Bild erhalten, so daß ich, da die Sache sehr eilig war,
von dieser einfachen, „katalytischen“ Methode zunächst
Abstand nehmen mußte. Da die Klebstoffspuren infolge
ihrer glänzenden Oberfläche schon mit bloßem Auge ziemlich
 
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