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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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dieses Gebet nicht verstand, für den blieben sie form-
lose nutzlose Klümpchen. Wie es mir scheinen will,
haben die meisten Ägyptologen dieses Kapitel zu wenig
studiert. — Sie wandern zwischen Ruinen und Resten,
ohne den magischen Spruch zu kennen, der dies alles
zu neuem Leben erweckt. Frau Hedwig Fechheimer
ist weiser. Sie hat das Wort gefunden, die Puppen
wurden munter. Nun dienen sie uns bei dem, was wir
am meisten brauchen, bei der Erweiterung unserer
eigenen Kunst.

Zum Schlüsse möchte ich der Verfasserin, die so
belesen ist in den Aussprüchen der jüngsten Zeitgenossen,
für die zweite Auflage ihres Buches, die hoffentlich
bald erfolgen wird, ein vergessenes Zitat zu Gemüte
führen. Sie kann es zwischen Nietzsche, Renoir, den
Kubisten und Cezanne einflechten. Es stammt aus einer
Zeit, die im allgemeinen noch nicht weit genug war,
die Ägypter zu verstehen, und ein Mönch, den nur
wenige kennen, hat es gesprochen:

„Um noch ägyptische Plastik zu erwähnen, ihre geo-
metrische Erscheinung, beherrschende und zugleich de-
mütige Ruhe, so ist mir nicht möglich, jenen beizustim-
men, die da behaupten, beschränkter Technik und man-
gelnden Wissens wegen hätten sie es so gemacht. Es
ist gewiss immer noch leichter, einen Naturabguss zu
kopieren als die Maasse und Winkel für eine ägyptische
Statue zu geben. Dort ist Auge und Hand, hier aber
noch etwas anderes dabei. Der jenes macht, kann ein
Laffe sein, der dieses machte, musste ein männlicher,
ernst denkender Geist sein."

Also sprach der Gründer der Beuroner Schule, Pater
Desiderius O. S. B. im Jahre des Herrn iS6$.

Andrejolles.

Johann C. Wilck. Ein Maler des deutschen Em-
pire von Alfred Gold. Verlegt bei Paul Cassirer in
Berlin 1912.

Bis zum Jahre iqoj wussten auch sehr gebildete
Kunsthistoriker nicht, dass einstens zu Schwerin der
Maler Wilck gelebt hat. Dann jedoch lernten wir,
dank der Jahrhundert-Ausstellung deutscher Kunst, drei
seiner Werke kennen, von denen eines, das Porträt des
sächsischen Barons Rohrscheidt, zu den grossen Schlagern
dieser Kunstschau zählte. Die Pracht seiner leuchten-
den, unverschmolzen nebeneinander stehenden Lokal-
farben, die von Callot stammende Art, wo sich die Figur
mit ihrem als Prospekt gedachten und in perspektivi-
scher Verkleinerung gegebenen Hintergrunde verband
- alles gemahnte irgendwie an Goya, und darum
interessierten wir uns sehr lebhaft für den Spanier aus
Mecklenburg, über den man in keiner Kunstgeschichte
eine Zeile fand.

Nun hat ihm Alfred Gold eine Monographie gewid-
met, aber seine Hoffnung, das Werk des Johann Wilck
zubereichern, verschollene Gemälde zu entdecken, diese
Sehnsucht aller Künstlerbiographen ist ihm leider nicht

in Erfüllung gegangen. Es bleibt bei den drei Bildern.
Trotzdem wird niemand dieses Buch als überflüssig ab-
lehnen, unbefriedigt aus der Hand legen. Im Gegen-
teil, wir danken ihm vielfältige Anregungen; denn es
macht uns mit künstlerischen Tendenzen vertraut, die
uns heute fremder sind als etwa die italienische Plastik
des Trecento, mit den akademischen Theorien nämlich,
wie sie um die Wende des achtzehnten Jahrhunderts in
Wien und besonders in Dresden doziert wurden. Dort,
an den Akademien beider Residenzen hatte Wilck als
Stipendiat seines Landesherrn studiert; heimgekehrt,
petitionierte er um das Amt eines Hofmalers. Er war
das stärkste Maltalent Mecklenburgs. Infolgedessen — ist
das unter dem Kaiserreich viel anders als während des
Empire? - geruhten Serenissimus, den Posten „ander-
weitig" zu vergeben. In seinen Hoffnungen getrogen,
wandte sich Wilck nach Frankfurt, wo ein Panorama
der Mainstadt, das er gemeinsam mit Johann Friedrich
Morgenstern schuf, viel von sich reden machte. Das
geschah anno 1811 und nun lesen wir nichts mehr von
Bildern des Künstlers, nichts über seine Schicksale. Nur
der letzte Satz der Tragödie „Johann Wilck" ist uns er-
halten geblieben. Gold fand ihn zu Nürnberg, in den
Matrikeln der Pfarrkirche von Sankt Leonhard. Er
lautet: „Johann C. Wilk. Dosenmaler, gestorben am
2. October 1819. Alter 45 Jahre. Todesursache Ab-
zehrung." Das Unglück, das dem Lebenden nie von
der Seite gewichen war, verfolgte noch den Toten. Das
Panorama verbrannte, und Wilcks gesamter Nachlass,
Skizzen und Bilder, alles ging im Jahre 1846 durch eine
Überschwemmung zugrunde.

Emil Schaeffer.

Theodor von Frimmel: Lexikon der Wiener Ge-
mäldesammlungen. Buchstabe A-F. (Mit zweiundacht-
zig Abbildungen.) 1913. Georg Müller Verlag, Mün-
chen.

Durchblättert man dieses Lexikon, dessen 446 Seiten
ein Verzeichnis der Wiener Gemäldesammlungen und
zwar nur der kleineren Privatgalerien von den Tagen
des Prinzen Eugen bis zur Gegenwart enthalten, das
eine Fülle von Inventaren und Katalogen birgt und aus
den verborgensten Quellen die Mitteilungen über Bil-
der und deren Besitzer schöpft, so gerät man in ein ehr-
fürchtig-dumpfes Staunen: welch' ungeheures, um nicht
zu sagen, ungeheuerliches Wissen, was für ein unglaub-
licher Fleiss steckt in diesem Buche — und doch fühlt
man sich an jenen Engländer gemahnt, der ausrechnete,
wie oft der Buchstabe „L" in der Bibel vorkomme. Denn
Frimmels Werk, die Arbeit von Jahrzehnten, wem
frommt es, wem ist damit gedient? Meisterschöpfungen
gehen selten verloren; man weiß, wo sie heute sind, wo
sie einstens waren, und ist die eine oder andere wirklich
verschollen — was hilft es zu lesen, wem sie anno 1800
gehörte? Und die gleichgültigen Gemälde: wem nützt
es zu erfahren, dass Herr Heinrich Ahrens im Jahre 1860
das Bild von Dittenberger „Ein Slowak in einer Schenke"

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