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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 8
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WALTER KLEMM, SCHLACHTFELD. RADIERUNG

folger von Dillis. (cP. Höhn, „Studien zur Entwicklung
der Landschaftsmalerei" und Stieler: „Die Münchner
Akademie", Bd. I, S. 56, wo allein das richtige Datum
steht.)

Ferner: Ignaz Stern wurde nicht 1698 in Ingolstadt
geboren, sondern 1680 in Passau. — Die Lebensdaten
seines Sohnes Ludwig Stern, die in dem Katalog als un-
bekannt angegeben sind, lauten: geboren 1709 in Rom,
gestorben 1777 in Rom. — Der Maler Spiegier hiess
nicht Johann, sondern Franz Joseph. Die Daten sind
nicht unbekannt, sondern: geboren 1691 in Wangen,
gestorben 17 j 7 in Konstanz. Die Malereien in Zwie-
falten sind nicht 1720, sondern 1747-49 entstanden.
Sein Kirchenfresko befindet sich in Säckingen. Wenn
man sich mit solchen Meistern einlässt, sollte man doch
wenigstens die vorhandenen Handbücher genau ab-
schreiben.

Wieweit aber die Unkenntnis des Verfassers geht,
zeigt eine Notiz unter dem Namen Johann Heinrich
Fuesslis. Dort heisst es: „1770 ging er nach Rom, wo
er viel mit Winckelmann .... verkehrte." Ein Kunst-
historiker, der auf die Würde seines Metiers hält, darf
dies nicht schreiben. Winckelmann ist 1768 gestorben.
Wer nicht einmal diese primitiven Thatsachen im Kopfe
hat, oder, wenn er sie zufällig nicht im Kopfe hat,
im Augenblick des Niederschreibens nicht instinktiv
wittert, dass er Nonsens schreibt, eignet sich nicht für
eine Behandlung dieses Themas. Winckelmann muss
man kennen, wenn man über das achtzehnte Jahr-
hundert arbeitet. Natürlich ist es fatal für den Ver-
fasser, dass Thieme-Becker noch nicht bis Fuessli reicht.

Die historischen Kenntnisse des Verfassers sind eben-
so schwach wie die kunsthistorischen: dass Maria The-

resia beim österreichischen Erb-
folgekrieg 1740—48 als Siegerin
nach München geführt wurde, ist
einfach nicht wahr. Zu solchen Be-
hauptungen möchte man doch auch
gerne die Quelle wissen.

Von einem Historiker, der die
einfachsten historischenThatsachen
so vollkommen ignoriert, kann man
dann nicht viel erwarten, wenn es
sich um die Aufklärung kultur-
historischer Zusammenhänge han-
delt. Was der Verfasser über das
Wesen des Barock sagt (Barock
und Rokoko künstlerisch genau
gegeneinander ahzugrenzen hat
der Verfasser nicht einmal ver-
sucht), ist mehr als oberflächlich.
„Eine neue Mystik hält ihren Ein-
zug in die Länder des deutschen
Südens, aber diese ist nicht mehr
kontemplativ wie ehemals, sondern
innerlich entzündet von Kampf
und dem Verlangen, schon auf Erden sich dem Geiste
des Unendlichen zu nähern. Daher die reichbewegte,
leidenschaftlich betonte Formensprache im architekto-
nischen . . . ., daher auch das neue Verhältnis von
Masse und Kraft, in dem die erstere weit überwiegt..."
usw. Das ist nicht einmal Muther, und das dürfte einem
heute eigentlich nicht mehr geboten werden. Das Buch
von Horst, „Barockprobleme", hätte der Verfasser min-
destens vorher studieren müssen.

Solchen inhaltlosen Phrasen begegnet man sehr oft
in dem Buche: „Voltaire und Rousseau — Friedrich
der Grosse und Goethe — höfisches Porträt und deut-
sche Landschaft, in diesen Begriffen prägt sich von un-
gefähr das Gegensätzliche der künstlerischen Weltan-
schauung und die innere Wandlung einer Zeitepoche
aus, die uns die Grundlagen unserer modernen Kultur
geschenkt hat." Was soll das?

Doch ich komme zum Künstlerischen und Kunst-
historischen. Auch hier herrscht das schlimmste Chaos
und die absolute Kritiklosigkeit. Wenn man sich in
der Ausstellung schon fragte, wie es denn nur möglich
sei, dass neben sehr guten Bildern tüchtigen Niveaus
plötzlich der ödeste Kitsch sich breit machen durfte,
wenn man also gern etwas erfahren hätte über die
Prinzipien, die bei der Sichtung des Materials walteten,
so weiss man nach dem Durchstudieren des Buches erst
recht nicht mehr, woran man ist. Oder will der Ver-
fasser uns etwa im Ernst einreden, ein Schmierer wie
Dismar Dägen sei eine „sehr merkwürdige Persönlich-
keit", die sogar mit einer Abbildung in Heliogravüre
geehrt werden musste? Und Rauscher, dieser unbe-
trächtliche Maler, musste, gleichfalls an Hand einer
Heliogravüre, zu einem Vorläufer von Blechen und

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