Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Waldmann, Emil: Max Slevogts Bilder aus Ägypten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0422

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i%:

**4wr*.:

eigentlich nichts Neues; wir dürf-
ten auf Degas' „Balletpausen" und
Liebermanns „Polospiel" hinweisen
und Slevogt als Variation empfinden.
Aber dass dieses vielleicht nur heim-
lich wirkende Raumgefühl sich nun
verbündet und den letzten Forde-
rungen des Impressionismus eben
mit der restlosen Ausdeutung der
Wunder des strahlendsten Lichtes
und der leuchtendsten Farbe, dies
ist das Entscheidende und auch
kunsthistorisch Wichtige.

Aber wir wollen über diesen
analysierenden Feststellungen die
Natur nicht vergessen und versuchen,
eine Vorstellung von dem Zauber
dieser Bilder zu vermitteln. Nur
versuchen; denn nie empfindet man
stärker die Unzulänglichkeit der
Photographie, als gegenüber Land-
schaften, deren Schönheit ja in Licht,
Luft und Farbe bestehen; und wenn
wir dieser Anzeige einige Repro-
duktionen beigeben, so sind wir uns
derThatsache voll bewusst, dass dies
nur ganz schattenhafte Abbilder sein
können, die uns das Eigentliche not-
gedrungen schuldig bleiben müssen.
Die Maler, die in den Süden
gekommen und über Italien hinaus
gewandert sind, waren dieser neuen
Natur gegenüber meist ratlos. Schon
in Griechenland wissen sie mit der
so, dass man das Gefühl nicht los wird, als habe Landschaft nicht viel anzufangen und pflegen unter
der Künstler geduldig still gehalten und abgewartet, der strahlenden Helle des Lichts und der Atmosphäre
bis sein allerdings ungeheuer sensibles Auge die zu leiden. Das Licht zerstört ihnen die Form und

MAX SLEVOGT, BAB ZUWELE, KAIRO

Reize der Licht- und Farbstrahlen alle wie in einem
Spiegel aufgefangen hätte, wenn, kurz gesagt, der
schöpferische Wille des Individuums ein wenig
ausgeschaltet blieb, so giebt Slevogt gerade das,
was hier fehlt: den schöpferischen Griff und den
baumeisterlichen Willen. Er hat dem Impressionis-
mus die grosse Raumwirkung gerettet. Nicht kon-
struktiv, wie Cezanne, der eine ganz neue Welt
geschaffen hat, nicht mit abstrakter Theorie, wie
die Nachfahren Cezannes, die mühsame Hohlräume
bauen, sondern rein anschaulich, rein gefühlsmässig,
mit einem so sicheren Rauminstinkt, wie ihn sonst
nur Liebermann und Degas haben.

Wäre dies aber die Hauptsache, so wäre es ja

unter den blendenden Strahlen der Sonne wollen die
Farben nicht mehr leuchten, sobald man sich ein
wenig von den Gegenständen entfernt. Ein heller,
ganz durchsichtiger Dunst liegt über der Landschaft,
der Maler muss beim Umsetzen der Töne von einer
Skala ausgehen, die heller ist, als die Natur, und
demgegenüber fehlen dann die dunklen Farben, die
das Gleichgewicht bringen würden. Im Orient ist
auch an sonnigen Tagen der Himmel meistens das
dunkelste Stück der Landschaft und alle gewohnten
Verhältnisse sind auf den Kopf gestellt; daher pflegen
die Maler aufzuatmen, wenn einmal schlechtes
Wetter eintritt, und das bisschen Grün, das die
waldlose, ausgesengte Orientlandschaft noch hie

3 94
 
Annotationen