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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 11
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Burchard, Ludwig: Werke alter Kunst aus Berliner Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0555

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Beschreibung unnötig. Was aber keine
Reproduktion verraten kann, das ist
der feine blasse Reiz der Farben, die
dieses Stück Malerei unvergesslich
machen. Wie hingehaucht sind die
matten Gesichter, die bleichen vollen
Lippen, die dunklen, etwas müden
Augen. Wunderbar das vielerlei Braun
und Weiss der Kleider und das Gefüge
all dieser zarten breiten Farbflächen,
die keinerlei Zwiespalt zwischen
Kunst und Objekt enthalten.

Es ist hier den deutschen Bildern
etwas mehr Raum gegönnt worden.
Deutsche Bilder sind wie gesagt in
Museen, Kunstausstellungen und
Privatsammlungen selten. Und die
Vorführung der hier erwähnten Bilder
konnte der deutschen Kunst nur zum
Ruhme gereichen. Wir müssen uns
bei dem Rest der Ausstellung kürzer
fassen. Vielleicht aber ist die Aufgabe
nicht undankbar, einmal mit der oben
schon mehrfach berührten Frage der
Restauration an die noch verbleiben-
den Werke heranzutreten. Da ist
gleich der von München her be-
kannte Greco, der Tod des Laokoon
(Abb. S. 525). Ich glaube, dass Greco
zu seinem Ruhme weiter keiner Worte
bedarf; der Laokoon scheint mir auch
ein gutes und reifes Werk des Meisters
zu sein. Wie steht es mit der Er-
haltung des Bildes? Tadellos ist sie
nicht. Die Leinwand war offenbar
früher auf dem Keilrahmen locker geworden; da-
durch sind Risse entstanden und einzelne Stellen der
Farbschicht herausgebrochen; auch ist die Farbe im
allgemeinen etwas verwittert und abgerieben. Aber
soweit ich sehen konnte, hat sich der Restaurator
darauf beschränkt, die Leinwand fest, so stramm
wie das Fell einer Trommel, zu spannen, damit die
Farbe nicht weiter blättert. Die ausgesprungenen
Stücke, zum Beispiel die Partie am Schlüsselbein
des links mit der Schlange kämpfenden Sohnes
und die Partie am rechten Unterschenkel des zu
Boden gestürzten Laokoon, hat der Restaurator,
so weit sie fehlten, ergänzt, aber, und das ist die
Hauptsache: auch nur so weit und weiter nicht.
Die übrige Malerei hat er unberührt gelassen.
Nebenbei bemerkt sind dies Eigentümlichkeiten,

LUCAS CRANACH D. Ä., GEFANGENNAHME CHRISTI
BECITZKR: KARL V. D. HEYDT

die mit einiger Sicherheit darauf schliessen lassen,
dass dieser Greco in Paris restauriert wurde. Man
klagt bei uns viel darüber, dass Frankreich an
der Erhaltung der Kunstwerke zu wenig arbeitet.
Das mag richtig sein. Richtig ist aber auch, dass
einzelne unserer deutschen Restauratoren an Kunst-
werken, die ihnen anvertraut werden, zu viel
thun. Die Ausstellung bei Cassirer enthielt dafür
mehr als ein Beispiel. Gleich gegenüber dem
Laokoon hing eine lebensgrosse männliche Knie-
figur von Antonis Mor. Diese Tafel mag, als sie
zum Restaurator kam, gut oder schlecht erhalten
gewesen sein. Das lässt sich aber jetzt kaum noch
nachprüfen. Denn so wie das Bild vor uns steht,
ist es von oben bis unten aufgefrischt. Alter und
neuer Pinselstrich sind so wenig mehr zu unter-

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