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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 18.1920

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Heft 3
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Künstler-Anekdoten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4750#0153

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ERINNERUNG AN „ONKEL OS"
Oskar Kruse stand mit einer Dame vor einem Schau-
fenster, in dem Holzschnitte von Dürer ausgelegt waren.
Wahrend beide auf eine „Beschneidung Christi" blick-
ten, sprach Kruse leise und eindringlich diese Worte:

Was das Leben würzt,

wird dir hier verkürzt,

weine nicht,

kleiner Wicht!

für der Liebe Glück

bleibt genug zurück.

Schwabb!

ab!

ZEITGEMÄSS
(Aus Flauberts „education sentimentale")
„Um die Mitte des Monats März sah Frederic eines
Tages, als er über den Pont d'Arcole ging . . . einen
Zug von Individuen mit seltsamen Hüten und langen
Barten heran rücken. An der Spitze marschierte, die
Trommel schlagend, ein Neger, ein altes Modell, und
der Mann, der die Fahne trug, auf der im Winde die
Inschrift „Kunstmaler" flatterte, war niemand anders
als Pellerin. Er machte Frederic ein Zeichen, ihn zu
erwarten, und kam fünf Minuten später zurück: er hatte
gerade noch Zeit, denn die Regierung empfing eben
die Steinmetzen. Er wollte mit seinen Kollegen die Er-

richtung eines Kunstforums beantragen, eine Art Börse,
auf der man über die Interessen der Ästhetik handeln
würde; sublime Werke würden entstehen, da die
Mitarbeiter ihre Genies vereinigen würden. Paris
würde binnen kurzem mit gigantischen Monumenten ge-
schmückt sein; er würde sie alle dekorieren, er hätte
schon mit einer Figur der „Republik" begonnen. Eben
kam ein Kollege, ihn abzuholen, denn hart auf ihren
Fersen folgte die Kommission der Geflügelhändler . . ."

BLOND UND SCHWARZ
Unter diesem Titel weist Valnay in „Libre Parole"
vom 31.5. daraufhin, dass zur Zeit Courajods imjardin
du Caroussel eine Statue zum Andenken an Pierre de
Montereau errichtet wurde, dem ein blondes deutsches
Mädchen in Stein eine gotische Kathedrale überreicht,
während die Frankreich darstellende weibliche Figur
nur ein Email in der Hand hält. Deutschland habe für
sich durch Lug und Trug die Erfindung des gotischen
Stiles in Anspruch genommen, den schwachen Courajod
für diesen Plan gewonnen, und der habe im Dienste
Deutschlands 1896 diese unverschämte Allegorie mitten
in Paris errichten lassen. Wann nun endlich dieses
schamlose Verbrechen gerächt werde? —

Vorschlag zur Güte: man nehme dem Mädchen mit
der Kathedrale ihre blonden Zöpfe und gebe ihr einen
schwarzen Schopf; alles wird dann in Ordnung sein.

ACHTZEHNTER JAHRGANG. DRITTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 14. NO VEMBER. AUSGABE AM I. DEZEMBER NEUNZEHNHUNDER1 NEUNZEHN
REDAKTION: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER IN BERLIN. GEDRUCKT IN DER OFFIZIN

VON W. DRUGULIN ZU LEIPZIG
 
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