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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 18.1920

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Heft 9
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4750#0442

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STELLUNGEN

ausgestellt worden sind; jenes ist falsch, weil Leibi, Trübner,
Liebermann, Corinth, Sievogt und andere Künstler fehlen.
Nun berichtigt den Titel freilich das Vorwort des Katalogs
(ihn zu kaufen — für fünf Mark — ist also zum Verständnis
notwendig) insofern als es mitteilt, Werke lebender Künstler
seien grundsätzlich nicht aufgenommen worden, dieses sei
die nach oben gezogene Grenze. Warum fehlen dann aber
Leibi und Trübner, die beide doch tot sind? Und warum
fehlen in der Ausstellung in Berliner Besitz befindliche
Bilder großer fremder Maler? oder warum fehlt, wenn auch
sie grundsätzlich nicht gezeigt werden sollten, der Hinweis,
daß es sich nur um deutsche Kunst handelt?

Es ist nicht Nörgelei, daß am Namen der Ausstellung
und am Vorwort diese Kritik geübt wird. Die Ungenauig-
keit, womit in diesem Punkte gearbeitet worden ist, charak-
terisiert die ganze Ausstellung. Sie ist gemacht ohne Sinn
für Wesentliches. Es hätte sich aus Berliner Privatbesitz
eine reizende Bildnissammlung zusammenbringen lassen,
von Graff etwa bis Menzel und Leibi, wenn die Lebenden
schon ausgeschlossen werden sollten. Aber dann hätte sehr
sorgfältig gesucht und gewählt werden müssen. Im Katalog
wird geklagt, daß ein weiter reichender Plan der Ungunst
der Zeit wegen hätte aufgegeben werden müssen. Nun,
in Berlin war man nicht behindert. Man hat aber wieder
einmal den bequemsten Weg gewählt. Es werden ungefähr

ERNST WÜRTENBERGER, ILLUSTRATION ZUM „ARMEN MANN IN TOCKENBURG"

U N S T A U S

D'

BERLIN

iie Akademie der Künste hat
im Revolutionswinter 1918—19
einen Reiorniversuch unternommen,
der sogar Pessimisten hoffnungsvoll gestimmt hat. Es wurden
Künstler aus den Sezessionsverbänden, die vorher im Kreise
der Akademiker nur Entsetzen erregt hatten, als Mitglieder
aulgenommen. Und auch dem Ausstellungswcsen schien
ein neuer Morgen zu tagen. Heute schon wissen wir, daß
die Reform nicht ernstlich gemeint war. Die Zuwahl der
Mitglieder von links ist sozusagen nur unter der Drohung
der Maschinengewehre erfolgt. Die Liste der in diesem
Jahre Neugewählten beweist, daß die Akademie wieder in
ausgefahrene Gleise hineinlenkt; und die jetzt eröffnete
Bildnisausstellung tut es auch.

Die Ausstellung heißt: „Bildnisausstellung. Werke vom
Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts bis zur Jetztzeit aus
Berliner Privatbesitz." Richtig in diesem Titel ist, daß Bild-
nisse ausgestellt sind, und daß als untere Grenze das Ende
des achtzehnten Jahrhunderts bestimmt worden ist. Falsch
ist das Versprechen „bis zur Jetztzeit" (ein schreckliches
Wort!); und falsch ist, daß es sich nur um Werke aus Ber-
liner Privatbesitz handelt. Dieses ist falsch, weil auch
Werke von Vereinen, Staatsinstituten, sogar von Museen

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