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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 18.1920

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Heft 7
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Scheffler, Karl: Glosse zur Luxussteuer
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4750#0351

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Gesetz gewaltsam auch zu Heimlichkeiten zwischen Käufer
und Künstler, zu Steuerhinterziehungen, zur Unehrlichkeit.
Auch wird der Künstler in Zukunft öffentliche Ausstellungen
scheuen, damit ihm von Steuerschnüfflern nicht seine
Produktion nachgerechnet werden kann. Er wird auch
in Zeitschriften die Öffentlichkeit scheuen. Und das in
einer Zeit, wo der Künstler mit der Masse gehen soll, wo
die Redensart gilt: die Kunst dem ganzen Volke!

Die Steuer ist um so unsinniger, als der Ertrag ver-
hältnismäßig klein ist. Der Ertrag reicht nicht entfernt aus,
nur die Kosten zu decken, die anderseits für Staatsschulen
aufgewandt werden, wo unglückliche junge Leute zu Künst-
lern ausgebildet werden. Es wäre also ertragreicher und
auch konsequenter, die Kosten für die Akademien zu sparen
und diese Brutstätten für Unbegabte eingehen zu lassen.
Das zu tun sind die Gesetzgeber aber zu feig; sie wollen
doch nicht unsozial und kulturfeindlich erscheinen. Sie
sind es aber, weil sie gar nicht wissen, was gute Kunst ist,
was sie im sozialen Haushalt bedeutet oder doch bedeuten
kann. Gerade jetzt ist die Kunst, ist das rein Geistige das
einzige, was uns noch bleibt, was der Nation noch Selbst-
gefühl gibt. Die Künstler aber, die mehr als alle anderen
unsere Zeit einst rechtfertigen werden, behandelt der Gesetz-
geber, als seien sie Schmarotzer. Denn es richtet sich

CHR.

E. L. KIRCHNER BERICHTET

Die von E. L. Kirchner erwartete „Berichtigung" ist prompt
eingetroffen. Der Künstler läßt sie uns vom seinem
Justizrat übersenden. Wir bringen sie, obwohl sie eigent-
lich nur im Punkt 2 eine ist. Den Druckfehler (3: statt
Kirchner, Klinger) wird jeder Leser von selbst berichtigt
haben. Der unter 2 berichtigte Fehler ist durch die sehr
unleserliche Schrift des Künstlers hervorgerufen worden.
Kirchner legt also Wert auf die folgenden Feststellungen:

1. Der auf Seite 216 links zitierte Satz ist dem Katalog
über die Bilderausstellung bei Ludwig Schames, Frank-
furt a. M., entnommen und lautet folgendermaßen:

„Immer mehr sehe ich, daß es darauf ankommt, im
Bilde auf die Formen und Farben zu kommen, die
die erste Vision gestalteten. Die ganze mühsame
Arbeit des Malers läuft darauf hinaus, diese Punkte
wiederzugewinnen auf der Fläche. So entstanden
sicher die geheimnisvollen Dunkelheiten Rembrandts
bei diesem Suchen. Erst wenn das Unterbewußtsein
instinktiv mit den technischen Mitteln arbeitet, kommt
die reine Empfindung auf die Tafeln und die tech-
nischen Beschränkungen werden zu Helfern, nicht
zu Hemmungen. Dann folgt nach dem Schaffen die
hohe Ruhe und im Erschöpfungsrausch die eigentliche
Vollendung."

2. Der auf Seite 226 angeführte Satz Kirchners ist ver-
druckt, er lautet im Original folgendermaßen: „Von
frühester Kindheit an bis ungefähr in das Jahr 1899
versuchte ich aus dem Gedächtnis Gefühl und Gesichte
in Zeichnungen und Malerei umzusetzen."

dieses Gesetz feindlich gegen den Adel einer zweckfreien
und geistigen Arbeitsweise. Die Herstellung und der Er-
werb von Kunstwerken wird sozusagen bestraft, das Edelste
was überhaupt produziert werden kann, wird mit einem
Makel behaftet: das ist die neue Kulturpolitik.

Es ist nur eine Verkehrtheit mehr, innerhalb eines ver-
kehrten Gedankenganges, daß Kunstverkäufe ins Ausland
von der Steuer befreit bleiben. Natürlich aus Gründen der
„Valutaverbesserung". Man erwartet also, daß die Aus-
länder eben die deutsche Kunst kaufen, der in der Heimat
ein Schimpf angetan wird, indem man sie als etwas Un-
nützes, Überflüssiges, indem man sie als Objekt des Schieber-
luxus hinstellt. Die einzig ehrliche Kulturpolitik wäre doch,
die Ausfuhr deutscher Kunstwerke aufs äußerste zu er-
schweren. Entweder die exportierten Kunstwerke sind gut,
dann bedeutet ihre Ausfuhr einen unersetzlichen Verlust
für uns, oder sie sind schlecht, dann ruinieren sie im Aus-
land noch mehr unser Ansehen. Auch in diesem Fall
sieht der Gesetzgeber das Kunstwerk wie eine Ware an,
er hat keine Achtung davor, er weiß nicht einmal von fern,
was Kunst eigentlich ist.

Die Künstler erheben mit allen Kräften Einspruch gegen
eine solche Behandlung. Es bleibt abzuwarten, ob sie Erfolg
haben werden.

ONIK

3. Auf Seite 228 links muß es heißen: „Kirchner" statt
„Klinger".

4. Der angeführte Ausspruch Kirchners heißt wörtlich so:
„Der Formenreichtum vergrößert sich durch das Erringen
der geistigen Schönheit. Nicht die Form an sich als
Einzelkomplex ist schön, sondern jede Form, jede Be-
wegung des Lebens, die durch seelischen Vollwillen
hervorgebracht wird, ist schön. Die Straße, die Szene
des täglichen Lebens kommen wieder in die Bilder."
Diese etwas .selbstverliebte Feststellung vervollständigt

nicht übel die Charakteristik, die im Februarheft versucht
worden ist. Sie ist, sozusagen, das Tüpfelchen über dem „i".

LEIPZIG

J^ie Kunsthandlung C. G. Börner bereitet für den Mai die
Auktion der Kupferstichsammlung Paul Davidsohn,
Berlin, vor, die als eine der bedeutendsten Sammlungen
alter Graphik in deutschem Privatbesitz bekannt ist. Die
Sammlung umfaßt etwa zehntausend Kupferstiche, Radie
rungen und Holzschnitte vom fünfzehnten bis zum Anfang
des achtzehnten Jahrhunderts. Es werden drei Versteigerungen
abgehalten werden, von denen die erste Auktion für den
3. bis 8. Mai festgesetzt ist und die Buchstaben A bis F des
Alphabetes der Stecher in etwa 2200 Nummern enthält.
Somit bringt die erste Versteigerung vor allem das Dürer-
Werk. Dazu kommen Werke deutscher Kleinmeister, hol-
ländischer Radierer, französischer und italienischer Stecher,
und besonders auch der Porträtstecher aller Zeiten. Die wich-
tigsten Teile der Sammlung werden vor der Auktion in
Berlin, in Leipzig und an anderen Orten ausgestellt werden,

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