FRIEDRIQH AHLERS-HESTERMANN
VON
KARL SCHEFFLER
Uberblickt man die Werke der Hamburger Maler
des neunzehnten Jahrhunderts — in der Ham-
burger Kunsthalle ist ja bequem Gelegenheit —
so fällt es auf, daß allen diesen Künstlern ein Cha-
rakterzug gemeinsam ist: sie alle sind, mögen sie
sonst geartet sein wie sie wollen, mehr zarte und
feine als starke und kühne Naturen, sie alle sind
empfindsam und infolgedessen mehr oder weniger
Heimatskünstler. Dieser Zug einer fast weiblichen,
zuweilen etwas trockenen Zartheit ist ebensowohl
in den Werken des in Hamburg ansässigen Runge,
wie in denen des ausgewanderten Wasmann, er ist
in den Landschaften und Bildnissen von Oldach,
Kauffmann, Morgenstern und Speckter, von Ruths,
Lutteroth und Herbst, in den impressionistisch
beeinflußten Arbeiten von Eitner, Illies, Siebelist
und von Ehren und auch in der Kunstform von
Friedrichs, Nölken und Ahlers-Hestermann. Man
möchte sagen: alle Hamburger Maler haben einen
Runge-Zug. Innig aber empfindlich gegen Stör-
ungen ; neugierig in die Welt hinausblickend, da-
bei aber sehr hamburgisch. Sie lieben ihre Heimat-
stadt mit schöner, selten nur voll belohnter Aus-
dauer, aber sie kleben auch etwas am Heimats-
boden. Sie sind schwer fortzubringen; und wenn
sie wandern, kehren sie schnell und gern zurück.
Dadurch kommt in ihre Kunst Bodenständigkeit,
aber auch ein Ingrediens von Selbstgenügsamkeit.
Etwas schönes Menschliches ist in der Malerei der
Hamburger, doch ist sie immer auch mitbestimmt
worden durch Rücksichten auf die vom Familien-
sinn und von der Frau regierten Gesellschaft:
Die Kunst Ahlers-Hestermanns reizt zu solchen
allgemeinen Betrachtungen. Dieser Künstler ge-
hört durchaus in die Reihe der Hamburger Maler
seit hundert Jahren; er wirkt wie ein Enkel. Trotz-
dem er zu der Generation gehört, die aus dem
beengend Heimatlichen heraus will, die nach Paris
'45
VON
KARL SCHEFFLER
Uberblickt man die Werke der Hamburger Maler
des neunzehnten Jahrhunderts — in der Ham-
burger Kunsthalle ist ja bequem Gelegenheit —
so fällt es auf, daß allen diesen Künstlern ein Cha-
rakterzug gemeinsam ist: sie alle sind, mögen sie
sonst geartet sein wie sie wollen, mehr zarte und
feine als starke und kühne Naturen, sie alle sind
empfindsam und infolgedessen mehr oder weniger
Heimatskünstler. Dieser Zug einer fast weiblichen,
zuweilen etwas trockenen Zartheit ist ebensowohl
in den Werken des in Hamburg ansässigen Runge,
wie in denen des ausgewanderten Wasmann, er ist
in den Landschaften und Bildnissen von Oldach,
Kauffmann, Morgenstern und Speckter, von Ruths,
Lutteroth und Herbst, in den impressionistisch
beeinflußten Arbeiten von Eitner, Illies, Siebelist
und von Ehren und auch in der Kunstform von
Friedrichs, Nölken und Ahlers-Hestermann. Man
möchte sagen: alle Hamburger Maler haben einen
Runge-Zug. Innig aber empfindlich gegen Stör-
ungen ; neugierig in die Welt hinausblickend, da-
bei aber sehr hamburgisch. Sie lieben ihre Heimat-
stadt mit schöner, selten nur voll belohnter Aus-
dauer, aber sie kleben auch etwas am Heimats-
boden. Sie sind schwer fortzubringen; und wenn
sie wandern, kehren sie schnell und gern zurück.
Dadurch kommt in ihre Kunst Bodenständigkeit,
aber auch ein Ingrediens von Selbstgenügsamkeit.
Etwas schönes Menschliches ist in der Malerei der
Hamburger, doch ist sie immer auch mitbestimmt
worden durch Rücksichten auf die vom Familien-
sinn und von der Frau regierten Gesellschaft:
Die Kunst Ahlers-Hestermanns reizt zu solchen
allgemeinen Betrachtungen. Dieser Künstler ge-
hört durchaus in die Reihe der Hamburger Maler
seit hundert Jahren; er wirkt wie ein Enkel. Trotz-
dem er zu der Generation gehört, die aus dem
beengend Heimatlichen heraus will, die nach Paris
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