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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 18.1920

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Heft 9
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Foerster, Karl: Neues Blühen in deutschen Gärten: aphoristische Betrachtungen über die neuen Dauerpflanzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4750#0406

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NEUES BLÜHEN IN DEUTSCHEN GÄRTEN

A P HORISTISGHE BETRACHTUNGEN ÜBER DIE N E Ü E N 1) A U E R PFLANZEN

VON

KARL F 0 ERST E R

Zeitgemäße Nachdenklichkeiten.

Angstliche Gemüter kommen wieder ab von ihren
Befürchtungen, daß wir in Zukunft nur noch
Kartoffeln, Kohl und Zwetschen, ziehen könnten.
(Wobei natürlich das ganze Heer der Luxusberufe
würde mitwirken müssen).

Die Proportionen der Dinge beginnen sich
zurechtzurücken.

Aber immer tiefer fühlen wir, daß der Mensch
kein Hund ist, der seine Knochen in der Ecke
verzehren mag.

Wir können nicht mehr in unseren alten Ge-
danken bleiben über berechtigte und zu weit-
gehende Verfeinerung unseres äußeren Lebens. Die
Pflege der höheren Gartendinge erscheint uns
immer mehr ein Sinnbild des Strebens nach geisti-
gerer Kultur der Gemeinschaft.

Das wunderbarste Gewächs, was aus dem
Abbildungen aus dem Perennium-Bornim bis auf zwei
bezeichnete.

Boden des Gartens je erwachsen wird, ist die Ver-
söhnung zwischen Individualismus und Sozialis-
mus. Wer diesen Gedanken nicht zu Ende denkt,
und ihn nur für eine Binsenwahrheit oder Phrase
hält, dem haben Blumen noch nicht wahrhaft in
die Seele geblüht und geduftet.

Hier soll nicht von Luxuspflanzen kostspieliger
Kultur und Erneuerung die Rede sein, sondern
nur von dauernden Gartengewächsen mit geringstem
Pflegebedürfnis und völliger Winterbeständigkeit.

Mit Blumen und Blumenfortschritten wahr-
haft leben, heißt mit Allen leben. Gartenblumen-
freude ist voll Mitteilungsd.rang.

Es summt ein Unterton des Verbundenseins
mit Heerschaaren lebender und kommender liebens-
werter Menschen in unserer Blumenfreude. Sie
ist untrennbar vom Glauben an den Aufstieg der
menschlichen Gesamtkultur.

Der Optimist hat genau so viel Skepsis in sich,
wie der Skeptiker, bleibt aber nicht dabei stehen.

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