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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 18.1920

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Heft 6
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4750#0296

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Wahrscheinlich wäre Westermayr ein guter Illustrator und
Zeichner geworden. Er war auf dem Wege, mit Hülfe
seiner zeichnerischen und malerischen Gewandtheit das
Lebendige zu gewinnen. Seine Nachlaßausstellung läßt ein
herzliches Bedauern zurück; sie wird in der Erinnerung
bleiben. Es werden die Arbeiten Westermayrs in einer be-
scheidenen Weise historisch.

Eine umfangreiche Ausstellung neuer Arbeiten veran-
staltete Wolf Röhricht bei Fritz Gurlitt. Die Arbeiten —
Ölbilder im Oberlichtsaal, Aquarelle und Holzschnitte im
Vorderraum — sind noch immer ungleich; doch ist es un-
verkennbar, daß der Künstler ernsthaft an sich arbeitet und
daß er damit Erfolg hat. Wie es scheint überwindet
er die Gefahren einer schnellen Produktion und eines
gefälligen Naturells. Zwar ist das leicht Parfümierte der
Farbe aus den Bildern noch nicht verschwunden, zwar ist
die Komposition immer noch mehr Ergebnis einer glück-
lichen Stunde als eines konsequenten Bildaufbaues, doch
werden im Weiterarbeiten die Instinkte offenbar sicherer, so
daß intuitiv immer öfter das Richtige getan und das Falsche
gelassen wird. Ein Bild wie das Sonnenblumenstillbeben
ist ein durchaus gutes Werk, einschmeichelnd in der Pracht
seiner gelb-grünen Farbigkeit und in der Geschmeidigkeit

seiner Technik, und doch formal und farbig gut organisiert
und streng aufgebaut. Unversehens wird die Natur hier zur
Melodie. Dasselbe läßt sich von dem kleinen Waldinterieur,
von dem Calla Stilleben und von der großen Landschaft sagen,
obwohl in diesem letzten Bild eine dominierende Haupt-
masse, ein Zentrupi eigentlich vermißt wird. Schön Ge-
lungenes ist unter den Aquarellen. Doch gibt es auch Blätter,
wo die Geschicklichkeit dem Künstler einen Streich gespielt
hat, wo die Wirkung des vollen Pinsels mit zu wohlfeilen
Mitteln erreicht ist. Wie überhaupt zu sagen ist, daß in
jedem Bild fast gute, 'ja vorzügliche Partien sind, daß da-
neben aber auch „Löcher" bleiben, die nicht mit empfundenen
Formen und Farben gefüllt werden konnten und darum
obenhin zugestrichen wurden. In einem Bild wie dem
Sonnenblumenstilleben ist diese Schwäche überwunden.
Es gibt diese Arbeit darum gute Hoffnung auf einen weiteren
Aufstieg des Talents. Was umso lebhafter zu begrüßen ist,
als Röhricht zu den ansprechendsten und glücklichsten Be-
gabungen der Zeit gehört. Seine Ausstellung hinterließ einen
Eindruck von Festlichkeit und Freude und eine Stimmung
von Salon und Gesellschaft. Diese Mischung von Natur
und Eleganz ist selten bei uns, selten vor allem verbunden
mit echtem Talent. K. Sch.

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