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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 1
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Wichert, Fritz: Max Beckmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0044

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wesen wäre. Im Gegenteil: es sind durchweg Ge-
staltungen von großer Beherrschtheit und Strenge.
Mit überraschenden Mitteln sind diese Bilder räum-
lich und farbig zu geschlossenen Einheiten gefügt.

In der Basler Ausstellung war verhältnismäßig we-
nig Platz. Die Bilder hingen eng nebeneinander, oft
Rahmen an Rahmen. Das gab eine andere große
Überraschung: Beckmann als Meister der Farbe.
Anstatt sich gegenseitig zu stoßen, schlössen sich
die Bilder bei der engen Hängung aneinander, gin-
gen fast ineinander über und bildeten neue Wände;
blühende Wände von teppichhafter, rauschender
Pracht. Wie gewisse Grundzüge der Erlebnisanlage
des Künstlers schon von Anfang an da sind, so bleibt
eigentlich auch seine Farbenskala immer dieselbe. In
den frühen Werken noch in ein allgemeines Dunkel
eingehüllt, treten die Töne später immer ungebroche-
ner und heller hervor. Das bunte, lebensbejahende
Leuchten wird immer intensiver. Schließlich erlebt
man Einzeltöne, Akkorde, Kontraste, farbliche Be-
ziehungen, die an nichts Vorhandenes mehr er-
innern. „Fest der Augen"; und doch wieder nicht
nur Farbenspiel. Es sind die Töne wirklicher —
allerdings sehr groß gesehener Gegenstände — stoff-

bezeichnende Angaben von größter realisierender
Kraft. In den Bildern der Nachkriegszeit, trotz des
Reichtums der Fläche, — auch der kleinsten Fläche
— noch ein gewisser Kolorismus. (Übrigens von
größtem Reiz. Er erzeugt ja das Spielschachtelhafte,
das, wie ich glaube, als eine Art Befreiung von un-
erträglichen Ubergewichten betrachtet werden muß;
als Entrückung ins Nicht-mehr-Gefährliche, Un-
schuldige.) Im weiteren Verlauf wird die Farbe
immer mehr Funktion des Gegenstandes, zuletzt
alleiniger Schöpfer des Raumes und der Dinge. Das
malerische Prinzip, das in den frühen Werken schon
angenommen war, wird nun in reinster Form er-
füllt. Die Farbgebung der letzten Arbeiten ist so
stark, so leuchtend, von einer so unbeschreiblichen
Schönheit des Klanges, daß man sich fragt, ob hier
Steigerung überhaupt noch möglich ist. Die Wir-
kungszone scheint die äußerste Grenze erreicht zu
haben. Trotzdem geht es noch weiter. Ein eben im
Auttrag der Stadt Frankfurt für eine Maysche Schule
geschaffenes Wandgemälde tönt noch gewaltiger.
Ganz bewußt ist da im Hinblick auf den Zweck die
Fernwirkung dem Charakter einer Posaunenmusik
angenähert, die von Türmen herab zu allen spricht.

MAX BECKMANN, SELBSTBILDNIS

MIT ERLAUBNIS VON J. B. NEUMANN, NEW YORK UND A. FLECHTHEIM, BERLIN

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