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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 8
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Scheffler, Karl: Deutsche Romantik 1931
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Eckstein, Hans: Die Sammlung M. von Nemes
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0364

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dem, was sie bekämpft. Oder umgekehrt: es ist die grund-
sätzliche Übereinstimmung vieler von denen, die Schultze-
Naumburg heftig ablehnen, mit ihrem Gegner. Das Amü-
sante ist, wie sehr sich die Melodie hier und dort oft ähnelt,
wenn auch die politisch-weltanschaulichen Vorzeichen und
infolgedessen die Vokabeln sehr verschieden sind. Ausschlag-
gebend ist auf beiden Seiten das Verlangen nach Seele, Gehalt
und Gemüt. Ob dort mit Max Klinger und Böcklin exem-
plifiziert wird und hier etwa mit Nolde, das ist im Grunde
Jacke wie Hose. Die heftig Streitenden sitzen in demselben
Boot; sie sind alle Vertreter einer Romantik, die mit den
Generationen nur das äußere Kleid wechselt, die aber im-
mer gleich kunstfremd bleibt. Was Schultze-Naumburg tut,
wenn er den Bamberger Reiter benutzt, um seinen primaner-
haften Wallungen eine Folie zu schaffen, ist nichts anderes,
als wenn ein ganz moderner Kunstdoktor die Zeichnungen
des jungen Kokoschka oder die Bilder des späten Corinth

den Werken des alten Rembrandt gleichsetzt, oder wenn
Klee als ein Messias neuer Malerei gepriesen wird. Hier und
dort herrscht dieselbe geistige Besoffenheit, derselbe Hurrah-
Radikalismus, der in Kunstwerken nicht die ihnen eigentüm-
liche Bedeutung sucht, sondern gewaltsam eine weltanschaulich
gefärbte Bedeutung hineinlegt.

Seit bald dreißig Jahren bekämpft „Kunst und Künstler"
die geistige Fäulnis, die in aller ideologischen Romantik
dieser Art enthalten ist. Darum hat man uns früher undeutsch
genannt und nennt uns heute rückständig. Rückständig und
undeutsch in der Kunst ist aber immer nur das Schlechte —
alles Schlechte, welcher Tendenz es auch immer diene. Fort-
schrittlich aber, im lebendigen Sinne des Wortes, ist ohne
weiteres alles Gute und Begabte — alles, ohne Ausnahme,
ob alt oder neu. Es kommt darauf an, das Begabte zu er-
kennen. Aber da liegt eben der Haken!

Karl Scheffler

AGNOI.O GADDI, VERKÜNDIGUNG. HOLZ
44 Cm HOCH

MARIA MIT KIND

SITZENDER PETRUS. ITALIENISCH

HOLZ. ERSTE HÄLFTE DES 13. JAHRH. 44 Cm HOCH KÖLNISCH UM 1300

138 cm HOCH HOLZ. 76 cm HOCH

SAMMLUNG MARCZELL VON NEM ES. VERSTEIGERUNG IN MÜNCHEN VOM l6.— ig. JUNI

UKTION S

DIE SAMMLUNG
M. VON NEMES

VON

HANS ECKSTEIN

Die auf den 16. Juni und die folgenden Tage angesetzte
Auktion der Sammlung Nemes begegnet schon der Per-
sönlichkeit des Sammlers wegen, die Hans Wendland
in Heft III von „Kunst und Künstler" geschildert hat,
lebhaftem Interesse. Kaum wieder hat früher oder später ein
Sammler auf die deutsche Kunstwelt eine so große Wir-
kung ausgeübt wie Nemes mit den Ausstellungen seiner
ersten Sammlung in München und Düsseldorf, wo die Grecos
und Tizians neben Manet, Cezanne und den Impressionisten

NACHRICHTEN

erschienen. Einer derart erregenden Aktualität entbehrt der
jetzige Bestand der Nemes'schen Sammlung aus zwei Gründen:
einmal liegt heute ein gleicherweise erregendes Problem in
der Kunst kaum vor, dann aber war Nemes nach der Ver-
äußerung seiner Sammlung, zu der er sich schweren Herzens
entschließen mußte, nie mehr so frei in der Wahl wie da-
mals. Die nun durch die Häuser Paul Cassirer, Hugo Helbing
und Mensing & Sohn (Frederic Muller) in München zur
Auktion gelangende Sammlung ist wesentlich in den Nach-
kriegsjahren entstanden. Die Nemes-Auktion in Amsterdam
1928 umfaßte nur einen kleinen Teil dessen, was Nemes
seinerzeit besaß, und seitdem ist seine Sammlung ständig
gewachsen. So hat Nemes das Madonnenbild, das zuetst dem
Verrocchio, heute dem Filippo Lippi zugeschrieben wird,
vor zwei Jahren auf der Auktion Spiridon, den einzigen

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