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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 4
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Die Kunstauktion
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0165

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ERNST BARLACH, FIGURENFRIES. ENTWURF FÜR HOLZPLASTIKEN IN EINEM MUSIKZIMMER

AUSGESTELLT IN DER GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN

DIE KUNSTAUKTION

l^\ie Polizei hat die Sonntagsbesichtigung von
Auktions-Ausstellungen verboten, weil sich
der Einzelhandel über dieses Vorrecht beschwert
hat. Der Handel ist leider mit seinen Argumenten
durchgedrungen, obwohl kaum wahrscheinlich ist,
daß er davon profitieren wird. Es ist im Gegenteil zu
fürchten, daß mit dem so unterbundenen Interesse
an den Kunstversteigerungen auch die Kauflust
im freien Handel noch mehr verringert wird.

Es gibt andere Schäden im Auktionswesen, um
deren Abstellung sich die Beteiligten ernstlich be-
mühen sollten. Wir haben schon auf sie hinge-
wiesen, als die steigende Konjunktur noch viele
Mißstände verdeckte; wir müssen den Hinweis nun
wiederholen, wenngleich die wirtschaftliche Krise
den Kunsthandel in einem Maße niederdrückt, daß
man ihm jede Erleichterung wünschen möchte.
Gerade in Zeiten sinkender Konjunktur aber machen
sich solche Mißstände besonders deutlich bemerk-
bar. Und dann hilft keine Vogel-Strauß-Politik.
Der durch eine solche Politik geschaffenen Ver-
trauenskrise auf dem Kunstmarkt begegnet man
durch ein offenes Wort besser als durch vorsich-
tige Verschleierung.

Jahrelang hat man den Käufern eingeredet, Kunst-
werke würden immer seltener und damit zugleich
immer teurer. Man soll es offen eingestehen, was

längst kein Geheimnis mehr ist: daß auch auf dem
Kunstmarkte — wie auf dem Warenmarkte der
ganzen Welt — das Angebot heute die Nachfrage
bei weitem übersteigt, und daß — trotz einzelner
Rekordpreise, die noch immer erzielt werden, — das
Preisniveau im ganzen erheblich gesunken ist. Es
gibt Auktionen, in denen diese Tatsache offenbar
wird, wie in. den letzten Graphik-Versteigerungen
und beim Verkauf der Restbestände der Sammlung
Castiglioni, die unlimitiert und dadurch zum Teil
erstaunlich billig abgegeben wurden. Aber es gibt
andere Auktionen — und sie sind in der Mehr-
zahl —, die diesen Tatbestand verhüllen, indem sie
das wahre Ergebnis durch allerlei schwer zu durch-
schauende Manipulationen verschleiern.

Der Laie, der von den Auktionspreisen mit Recht
Maßstäbe der Bewertung erwartet, weiß nicht mehr,
woran er sich halten soll — er weiß nicht, ob die
Preise, die genannt werden, reell und wirklich ge-
zahlt sind, und auch der Eingeweihte kann es oft
nur vermuten. Nach jeder Auktion spricht es sich
herum, dieses oder jenes Stück sei gar nicht ver-
kauft, und in manchen Fällen heißt es, es sei wohl
überhaupt fast alles zurückgegangen. Mißtrauen
breitet sich aus, und schließlich wird nichts mehr
geglaubt.

Bei der vielberedeten Auktion Kappel ist endlich

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