Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0209
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Heft 5
DOI Artikel:Ring, Grete: Der junge Künstler und sein Händler in Paris und Berlin
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OSKAR KOKOSCHKA, ZWEI AFRIKANERINNEN. 1928. 89:130 cm
MIT ERLAUBNIS VON PAUL CASSIRER, BERLIN
DER JUNGE KUNSTLER UND SEIN HÄNDLER
IN PARIS UND BERLIN
V O N
GRETE RING
T^\er treue Besucher der Biennale von Venedig
sieht sich im Herbst 1930 im französischen
Pavillon überrascht von der Gleichgültigkeit der ge-
zeigten Produktion. Er liest die Signaturen: D'Es-
pagnat, Laprade, Roussel, Marcjuet, Manguin, Vla-
minck, selbst Bonnard und Utrillo sind zur Stelle.
Die Namenreihe kündet dem Orientierten: wenn
diese Bilder, gleichviel wie schwach oder gleich-
gültig sie uns erscheinen mögen, irgendwo öffent-
lich zum Verkauf feilgeboten werden, finden sie,
nahezu unabhängig von der Konjunktur, zu be-
stimmten Normalpreisen ihre Käufer. Der Besucher
trifft in den anderen Länderpavillons, etwa im
deutschen, im belgischen, im holländischen, im
tschechoslowakischen, auf Erscheinungen, die ihn
weit eher zu bewegen, ja zu erregen vermögen. Er
muß sich darüber klar sein, daß diese Erzeugnisse,
mögen die Namen ihrer Autoren in den Grenzen
der Heimatländer, selbst darüber hinaus, einen noch
so guten Klang haben, keine „Marktwerte" be-
deuten. Sie sind unter glücklichen Umständen ein-
mal zu realisieren, dann sogar meist vergleichs-
weise günstig, sie sind ohne besondere Glücks-
kombinationen verdammt, geschäftlich Nonvaleurs
zu bleiben.
Woran liegt das? Paris, so lautet die gewohnte
Antwortformel, ist seit dem achtzehnten Jahrhun-
dert internationale Zentrale bildender Kunst, nur
179
MIT ERLAUBNIS VON PAUL CASSIRER, BERLIN
DER JUNGE KUNSTLER UND SEIN HÄNDLER
IN PARIS UND BERLIN
V O N
GRETE RING
T^\er treue Besucher der Biennale von Venedig
sieht sich im Herbst 1930 im französischen
Pavillon überrascht von der Gleichgültigkeit der ge-
zeigten Produktion. Er liest die Signaturen: D'Es-
pagnat, Laprade, Roussel, Marcjuet, Manguin, Vla-
minck, selbst Bonnard und Utrillo sind zur Stelle.
Die Namenreihe kündet dem Orientierten: wenn
diese Bilder, gleichviel wie schwach oder gleich-
gültig sie uns erscheinen mögen, irgendwo öffent-
lich zum Verkauf feilgeboten werden, finden sie,
nahezu unabhängig von der Konjunktur, zu be-
stimmten Normalpreisen ihre Käufer. Der Besucher
trifft in den anderen Länderpavillons, etwa im
deutschen, im belgischen, im holländischen, im
tschechoslowakischen, auf Erscheinungen, die ihn
weit eher zu bewegen, ja zu erregen vermögen. Er
muß sich darüber klar sein, daß diese Erzeugnisse,
mögen die Namen ihrer Autoren in den Grenzen
der Heimatländer, selbst darüber hinaus, einen noch
so guten Klang haben, keine „Marktwerte" be-
deuten. Sie sind unter glücklichen Umständen ein-
mal zu realisieren, dann sogar meist vergleichs-
weise günstig, sie sind ohne besondere Glücks-
kombinationen verdammt, geschäftlich Nonvaleurs
zu bleiben.
Woran liegt das? Paris, so lautet die gewohnte
Antwortformel, ist seit dem achtzehnten Jahrhun-
dert internationale Zentrale bildender Kunst, nur
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