Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Chronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0399

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
CHRONIK

NOCH EINMAL
DER BRAUNSCHWEIGER VERMEER

Die herzogliche Seite versucht noch immer, ihr altes
Projekt in irgendeiner Form zu verwirklichen: durch
Verkauf des „Mädchens mit dem Weinglas" einen Stiftungs-
fonds zu schaffen. Sie sieht sich außerstande, ihren jähr-
lichen Beitrag in voller Höhe weiterhin zu zahlen und hat
dementsprechend die Zuschüsse schon gekürzt. Da der be-
absichtigte Verkauf des Vermeer an der geschlossenen Geg-
nerschaft der öffentlichen Meinung — von wenigen inspirier-
ten Presseäußerungen abgesehen — und der berufenen Ver-
treter von Wissenschaft und Kunst gescheitert ist, soll er
nunmehr mit dem Erwerb einiger Stücke aus dem Weifen-
schatz verkuppelt werden. Man hofft dabei, einen Teilbetrag
des Erlöses zur Einrichtung eines Stiftungsfonds abzweigen
zu können. Der Vorschlag rechnet mit der Undurchsichtigkeit
der Verhältnisse beim Weifenschatz, oder seine Befürworter
sind tatsächlich so mangelhaft orientiert wie seinerzeit, als
sie bereit waren, den Vermeer für ein Viertel des später
gebotenen Preises herzugeben. Tatsache ist, daß aus dem
Schatz bisher wenig verkauft ist und daß seine Bewertung
äußerst schwankend ist. Der ehemalige Herzog benutzt also
nicht etwa den Erlös aus dem Verkauf des Welfenschatzes,
um seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen,
sondern er mutet dem Staate Braunschweig zu, Stücke daraus
zu kaufen, nachdem er ihn an einen Konzern statt an den
Staat veräußert hat.

Noch schlimmer wird die Sache, wenn sich bewahrheitet
— was das Allerwahrscheinlichste ist —, daß nämlich der
Herzog in irgendeiner Form mit am Verkauf des Schatzes
beteiligt ist. Sei dem wie ihm sei, kein Kenner der Ver-
hältnisse könnte im Augenblick — nach wiederholten Preis-
herabsetzungen des Weifenschatzes, nach dem Fiasko in Ame-
rika — befürworten, daß für ein paar Stücke (keineswegs die
Hauptsachen!) fast zwei Millionen verausgabt werden. Und so
wird hoffentlich auch der neue Versuch, den Vermeer zu ver-
äußern, scheitern.

Die scharfen persönlichen Angriffe, die ich wegen des
Verkaufs des Vermeer gegen die verantwortlichen Stellen
richtete, sind ohne Antwort geblieben. Wie sollte es auch
anders sein, da dieser Verkauf unbegreifliche Yerkennung
der Museumsaufgaben und katastrophale Unkenntnis des
Kunstmarktes offenbarte. Die Sachverständigen sind ohne
Einfluß gewesen; mit ihnen zu streiten, wäre zweifellos er-
quicklicher gewesen. (Ob es freilich Sachverständige gibt, die
den Verkauf emsthaft diskutieren?). Um so mehr bedauere
ich, daß die Angaben über die Stellung des Vertreters der
Regierung ungenau waren. Der einstimmige Beschluß des
St iftungsVorstandes, dem Verkauf zuzustimmen, ist in Ab-
wesenheit des Vertreters der Regierung zusrandegekommen.
Sein Ersatzmann hatte entgegen seinem Auftrag zugestimmt.
Den scharfen Tadel, daß der Kunstreferent der Regierung
der Hauptschuldige sei, habe ich demnach zu Unrecht aus-
gesprochen.

Friedrich Winkler

MARIA SLAVONAt

Mit Maria Slavona ist die jüngste der drei Malerinnen
dahingegangen, die in einer heroischen Zeit der deut-
schen Malerei eine höchst ehrenvolle Rolle gespielt haben.
Käthe Kollwitz lebt uns noch, Dora Hitz ist schon vor eini-
gen Jahren gestorben. Maria Slavona war als Künstlerin ihrem
Temperament und ihrer Begabung nach die glücklichste.
Nicht die stärkste, aber die empfindungsvollste und am
feinsten kultivierte. Was sie den Franzosen verdankt, war
ihr ganz ein eigener Besitz geworden. Ihr Geschmack erhob
sich stets zur Höhe einer Erkenntnis. Wie ihr neulich ins
Kronprinzenpalais gekommenes Pariser Straßenbild eine der
besten Neuerwerbungen ist, so hat der Arbeitsernst und die
reife Kunstgesinnung dieser Frau immer viele ihrer männ-
lichen Kollegen beschämt. In ihrer Malerei ist eine eigene
Süße, jedoch niemals Süßlichkeit; etwas Strahlendes ist darin
und etwas von dem Leuchtenden, das der Persönlichkeit
eigen blieb, trotz aller körperlichen Leiden. Goethe würde
diese Frau eine schöne Seele genannt haben. Dieses alles
blieb aber nicht nur im Menschlichen, sondern es drang voll
und beglückend in die Malerei. Menschentum wurde Künstler-
tum. Maria Slavona füllt einen Platz in der Geschichte der
neueren deutschen Malerei. K. Sch.

EINE CASPAR-DAVID-
FRIEDRICH-AUSSTELLUNG

Der Frankfurter Kunstverein plant als Hauptveranstaltung
für das Goethejahr 1932 eine umfassende Ausstellung
des Lebenswerks von Caspar David Friedrich in den Monaten
August - September des nächsten Jahres. Museen, Galerien,
Kunsthandlungen und Private, die im Besitz von Werken
Friedrichs (Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle und Graphik)
sind, werden gebeten, den Frankfurter Kunstverein (Frank-
furt a. M., Junghofstr. 8) zu benachrichtigen und sich zur
Herleihung ihres Besitzes bereit zu erklären.

KUNSTVERSTEIGERUNGEN

Die Versteigerung einer Wiener Sammlung, des Kunst-
nachlasses des Grafen Rantzau und einiger Beiträge
aus anderem Privatbesitz, welche am 15. und 16. Mai von
Ball und Graupe in den Räumen der Sezession veranstaltet
wurde und die im wesentlichen Kunstgewerbe vom vier-
zehnten bis zum achtzehnten Jahrhundert enthielt, hatte
mit etwa 580 Nummern, deren Preise die Höhe der Taxen
durchweg erreichten und zum Teil wesentlich überschritten,
ein beachtliches Ergebnis zu verzeichnen. Den lebhaften
Antrieb gaben der Auktion vor allem die zahlreich er-
schienenen Wiener Händler, die Aufträge österreichischer
Sammler mitgebracht hatten.

*

Am 10. und 11. Juni versteigert Matth. Lempertz in Köln
die Gemälde- und Skulpturensammlung des Kommerzienrats
Albert Schwarz, Stuttgart. Vertreten sind besonders Früh-
werke deutscher und niederländischer Malerei und altdeutsche
Holzplastiken.

369
 
Annotationen