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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 9
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Reiners, Heribert: Bilder von Eugene Delacroix in Freiburg (Schweiz)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0381

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EUGENE DELACROIX, HERKULES MIT DEM NEMEISCHEN LÖWEN

BILDER VON EUGENE DELACROIX IN FREIBURG (SCHWEIZ)

VON

HERIBERT REINERS

Die staatlichen Sammlungen in Freiburg (Schweiz) bewahren
in einer Sonderabteilung, dem Musee Marcello, den
reichen Nachlaß einer Fürstin Colonna, aus dem alten Frei-
burger Geschlechte der d'Affry, die sich nach dem frühen Tode
ihres Gatten, Don Carlo Colonna, Herzogs von Castiglione,
der Kunst zuwandte. Unter dem Pseudonym des Marcello,
eines Venezianer Komponisten des achtzehnten Jahrhunderts,
hat sie sich mit ihren Werken rasch einen Namen gemacht,
nicht nur in der Westschweiz, mehr noch in Paris, wo sie
im Salon seit 1863 mehrmals mit Erfolg ausstellte. Sie war
keine Künstlerin ersten Ranges, aber wir bewundern heute
noch die erstaunliche Vollendung, die diese Frau so schnell
erreichte und ihre starke zwiefache Begabung als Bildhauerin
und Malerin. Stilistisch ist sie der französischen Kunst aus
dem siebenten bis achten Jahrzehnt des vorigen Jahrhun-
derts zu verbinden, mit deren meisten Vertretern sie sich
durchaus messen kann. 1879 starb sie, erst dreiundvierzig
Jahre alt.

Ihr reicher Nachlaß hat über die eigenhändigen Werke
der Künstlerin hinaus Interesse wegen zahlreicher Arbeiten
französischer Meister des neunzehnten Jahrhunderts. Sie stand
mit diesen in persönlichem Verkehr, und die Skizzen sind
größtenteils deren Geschenke an die Fürstin. Man findet
einige Namen dabei, die im Frankreich jener Zeit einen
guten Klang hatten, teilweise zu den Koryphäen zählten. So

II. Regnault, der achtundzwanzigjährig im Kriege 1871 fiel,
sodann dessen Freund und Studiengenossen Th. Blanchard,
der 1876 ein großes Bildnis der Fürstin malte, ferner den
Historienmaler G. Boulanger, einen Schüler von Delaroche,
weiter den Maler und Illustrator G. Ciairin, den Bildhauer
A. Clesinger, den Spanier Fortuny y Carbö, außerdem Protais,
Schneetz, de Rudder und Hebert, dem die Künstlerin beson-
ders nahe stand. Aber auch ein Waldbild von Courbet sieht
man und dann vor allem vier Bilder von Delacroix.

In seinem sorgfältigen Kataloge hat Robaut diese zwar
verzeichnet, gleichwohl scheinen sie bisher kaum bekannt
geworden. Die Fürstin, welche zwar zu Delacroix in per-
sönlicher Beziehung stand, hat jene aber nicht von ihm selbst
erworben, sondern, mit einer Ausnahme vielleicht, von dem
Schüler und zeitweiligen Mitarbeiter des Meisters, Andrieu.
Keines der Bilder ist signiert. Aber auch ohne die sicheren
Belege der Herkunft wäre nach dem bloßen Stil die Autor-
schaft des großen Franzosen einwandfrei.

Die Bilder stammen aus seiner reifen Zeit mit dem voll
entwickelten malerischen Stile. Als Skizzen und Studien
bringen sie diesen unmittelbarer noch zum Ausdruck als viele
der ausgeführten Bilder. Dreizehn Jahre liegen zwischen
dem ersten und letzten Bild dieser kleinen Reihe, genug,
um auch hier einen Fortschritt und eine leichte Wandlung
testzustellen.

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