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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 12
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Dormoy, Marie: Berthe Morizot
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0499

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BERTHE MORIZOT, HAFEN IN FECAMP

PHOTO: BERNHEIM JEÜNE

BERTHE MORIZOT

VON

MARIE DORM OY

Wenn man eine Gesaratausstellung von Werken Berthe
Morizots sieht, so nimmt man vor allem den Eindruck
einer bezaubernden Weiblichkeit mit sich. Eine landläufige
Meinung wird wieder einmal korrigiert: daß nämlich jedes
Kunstwerk mit Schmerzen geboren werden müsse, Denn es
gab wohl kaum einen glücklicheren Menschen als Berthe
Morizot, niemandem war wohl ein leichteres und reicheres
Leben beschieden.

In dem behütenden Milieu des Pariser Bürgertums geboren,
verlief ihr Dasein ruhig und heiter wie ein schöner Sommer-
tag, ohne andere Stürme als die Leidenschaften, Zweifel und
Illusionen einer Künstlerlaufbahn

Von Familie und Gesellschaft sehr in Anspruch genommen,
übte sie die Malerei nur in ihren allerdings reichlich zuge-
wiesenen Mußestunden aus. „In Paris", so erzählt ihr Neffe*
Herr Rouart, „pflegte sie in ihrem Salon zu malen, und über-
raschte sie dabei ein Besucher, so räumte sie schnell Bild,

Palette und Pinsel in ihren Schrank. Auf dem Lande wählte
sie oft die Personen ihrer Umgebung zu ihren Modellen."

Berthe Morizot wurde am 14. Januar 1841 in Bourges ge-
boren, wo ihr Vater als Präfekt des Departement Cher lebte.
Im Jahre 1850 übersiedelte die Familie nach Paris. Dort er-
hielten die beiden Schwestern Berthe und Ednie, in denen
schon frühzeitig die Liebe zur Malerei erwacht war, ihren
ersten Zeichenunterricht bei einem unbedeutenden Maler
namens Chocarne. Nach einigen Monaten erklärten sie aber,
lieber auf alle künstlerischen Wünsche verzichten zu wollen,
als dreimal wöchentlich die Qual dieses vierstündigen Unter-
richts über sich ergehen zu lassen. Sie lernten dann einen
ausgezeichneten Lehrer, Herrn Guichard, den Schöpfer einer
„Grablegung" in der Kirche St. Germain L'Auxerrois kennen,
der, von dem Ernst ihrer künstlerischen Bestrebungen über-
zeugt, die weitere Ausbildung in der Malerei befürwortete.
Die Mutter gab ihre Einwilligung, obwohl dieser Schritt den

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