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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 9
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Kusenberg, Kurt: Xaver Fuhr
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0369

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XAVER FUHR, PROZESSION

MIT ERLAUBNIS VON NEUMANN-NIERENDORF. BERLIN

XAVER FUHR

VON

KURT KUSENBERG

Es ist wenig Biographisches über diesen Maler
auszusagen, der seine Bilder nicht signiert
und nicht datiert, der Fragen über seine Person
und Entwicklung an sein Werk verweist und sich
in eine Anonymität zurückzieht, die ihm unbe-
hindertes Scharren sichern soll. Fuhr ist 1891 in
Neckarau geboren und lebt in Mannheim.

Man sucht nach Anknüpfungspunkten für seine
Kunst, findet keine, außer solchen, die allgemein
in der Malerei unserer Tage fruchtbar wirksam
sind, und sieht sich einem ganz und gar eigen-
artigen Schaffen gegenüber, das sich autodidaktisch
abseits der Tagesparolen entwickelt hat und soviel
Expressives mit Sachlichem und Konstruktivem
verbindet, als zu guten Bildern notwendig ist. Es
wäre falsch, der gemeinsamen Bildmotive wegen
eine Beziehung zu Utrillo zu suchen, und wir
möchten vermeiden, daß das Schlagwort eines Kunst-
schriftstellers Fuhr mit diesem Namen verknüpft.

Utrillo hält sich an die gegebene Erscheinung,
holt ihre tektonische Gliederung und ihre male-
rischen Reize heraus. Er gibt mehr als die Ober-
fläche des Gegenstandes und weniger als seine
Substanz. Man fühlt sich bei seinen Bildern er-
frischt, wohlig durchklärt und farbig ergötzt. Die
Schönheit der Erscheinung, ihre bloßgelegte, bau-
meisterliche Gesetzmäßigkeit und der pikante Zu-
sammenklang heiterer Lokalfarben sind in hohem
Maße eins mit dem kompositioneilen Aufbau und
der farbigen Gliederung der Bildfläche. Fuhr, der
sich schon von vornherein durch ein wesentlich
linear, „unmalcrisch" eingestelltes Sehen unter-
scheidet, steht der Erscheinung unabhängig gegen-
über, geht auf Perspektive bedingt und auf Ober-
flächenreize überhaupt nicht ein, sondern sucht
die Struktur der Dinge und ihre vielfach verfloch-
tenen Beziehungen mit sehr spröden Mitteln zu
erfassen. Der Ernst, mit dem er der Erscheinung

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