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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 9
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Federmann, Arnold: Johann Heinrich Füssli und Edgar Allan Poe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0386

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JOH. HEINR. FÜSSLI, SCHERASMIN UND HÜON FLIEHEN
VOR OBERON

JOH. HEINR. FÜSSLI, DANTE UND UGOLINO

KUNSTIIAUS ZÜRICH

JOHANN HEINRICH FUSSLI UND EDGAR ALLAN POE

VON

ARNOLD FEDERMANN

Als Füßli 1763 im Alter von zweiundzwanzig Jahren
seine Vaterstadt Zürich verließ, wählte er sich mit dem
untrüglichen Instinkt des jungen Genies die Stadt zum Aufent-
halt, die ihm zur zweiten Heimat und zum Sprungbrett seines
Ruhmes werden sollte: London! Dort lebte er zunächst sechs
Jahre lang, mit dichterischen und literaturgeschichtlichen
Arbeiten beschäftigt und sich als Zeichner und Maler weiter-
bildend. Als er dann 1770 auf das begeisterte Lob hin, das
Reynolds dem jungen Künstler für seine Kompositionen
spendete, und auf dessen Rat London verließ und zu weite-
ren Studien nach Rom ging, war er auf beiden Gebieten
seines Schaltens schon in eine gewisse Meisterstellung ein-
gerückt. Füßli betrat Rom, im Herzen tief begeistert für
Shakespeare, Milton, Pindar, Aeschylos, Homer und Dante,
entschlossen die Antike in ihrem Heimatland zu studieren.
Sofort gewann er Einfluß auf skandinavische Künstler wie
Sergell und den etwas später in Rom eintreffenden Abild-
gaard und schließlich auch auf den Franzosen David. Selbst
ein Gelehrter wie der Schwede Björnstahl wurde in seinen

geistigen Bannkreis gezogen und schloß Freundschaft mit
ihm. So legten Füßlis Arbeiten schon damals den Grund
zu dem Einfluß, den er später durch die Werke seiner zwei-
ten Londoner Periode 1779—1825 über ganz Europa hin
gewann.

Doch der Wirkungskreis von Füßlis Kunst ist mit dem
Wort, er sei „ein Meister von europäischer Geltung" gewe-
sen, nicht genügend bezeichnet, wie sich neuerdings heraus-
stellt. Uber die Grenzen des Kontinents hinaus drang sein
Werk bis auf die andere Seite des Atlantischen Ozeans.
Auch dort setzte, noch zu seinen Lebzeiten, sein Werk die
jungen Geister in stürmische Bewegung. Man kann in der
Autobiographie des amerikanischen Malers Leslie, wo er von
der Zeit vor seiner Übersiedlung nach London spricht, nach-
lesen, daß er schon vor 1811 in den Schaufenstern der Kunst-
handlungen in Philadelphia Stiche nach Füßlis Werken sah
und bei ihrem Anblick in Feuer geriet.

Mehr noch als von dieser Wirkung auf Leslie interessiert
es zu hören, daß kein Geringerer als der große Amerikaner

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