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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 10
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Kunstausstellungen
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Bier, Justus: Riemenschneider-Ausstellung in Hannover
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Glaser, Curt: Künstlerbund-Ausstellung in Essen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0433

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FRANZISKA ZACH, SELBSTBILDNIS

AUSGESTELLT IM HAGENBUND, WIEN

schild und dem Louvre? Wo konnte bisher eine Vorstellung
von Riemenschneiders monumentalen Madonnen gewonnen
werden, wie sie die Reihe der Madonnen aus den Samm-
lungen Cumberland, Weinberg und Henckell gibt":

Zudem hat die Ausstellung das Auftauchen völlig unbe-
kannter Werke ermöglicht, wie des bedeutenden Fragmentes
eines Annenkopfes aus der Sammlung Reinicke und einer
Reihe nur der engsten Forschung bekannter Werke aus deut-
schen und ausländischen Privatsammlungen. Auseinanderge-
rissene Werke sind neu vereinigt, wie die Flügelreliefs mit
dem „Noli me tangere" und dem „Gastmahl bei Simon", die
schönsten Stücke des Münnerstädter Altars, oder die in der
Sammlung Woelfüin und von Kühlmann befindlichen Altar-
flügel oder die Hoflilacher Gruppe mit dem zugehörigen
Flügel der Sammlung Drey.

Man könnte so fortfahren, könnte auf die Möglichkeit
hinweisen, die Entwicklung Riemenschneiders in dem Weg
von dem Kitzinger Erasmus, der Münchener Verkündigungs-
maria bis zu den großen strengen Hannoverschen Figuren
und der Nürnberger Elisabeth zu verfolgen, auf die außer-
ordentlich klare und eindrucksvolle Überschau von Gesamt-
und Detailaufnahmen der an ihren Standort gebundenen
Riemenschneiderschen Hauptwerke, auf die interessante
Gegenüberstellung verwandter niedersächsischer Skulpturen,
die die merkwürdige Rückwirkung Riemenschneiders in seine
Heimat deutlich macht. Es ist selten so gut wie hier ge-
lungen, Erfordernissen der Forschung gerecht zu werden
und zugleich durch würdige und eindrucksvolle Ordnung
und Aufstellung in intimen Räumen, die den Skulpturen ein

ausgezeichnetes Licht gewähren, auch dem Laien einen
Eindruck zu geben, der seinen Begriff von Riemen-
schneider auf eine intensive und lebendige Art neu
herseellt und festigt. Justus Bier

KÜNSTLERBUND-AUSSTELLUNG
IN ESSEN

In den guten Zeiten der Berliner Secession gegründet,
war der deutsche Künstlerbund in seinen Anfängen
nicht viel mehr als deren Außenposten im Reich. Alle
starken Talente strebten zu den Berliner Ausstellungen,
und der Künstlerbund gab ihnen Gelegenheit, auch
außerhalb der Reichshauptstadt ihre Werke zu zeigen.
Seit die Berliner Secession gleich anderen lokalen Künstler-
vereinen im wesentlichen sich auf die Vertretung der In-
teressen ihrer Mitglieder zurückgezogen hat, konnte der
Künstlerbund einen Vorsprung gewinnen, der seinen Ver-
anstaltungen mehr als provinzielle Bedeutung sichert. Es
war der Nutzen der Künstlerbundausstellungen, daß sie die
Grundlagen des Interesses und Verständnisses für die le-
bendige Kunst im Reiche zu verbreitern halfen. Darüber
hinaus werden sie heute zu einem Forum, das an anderer
Stelle nicht mehr im gleichen Maße existiert. Die durch
Krieg und Not hintangehaltene Umschichtung der Kräfte,
die sich allenthalben anzukündigen beginnt, kann im gro-
ßen und in den Ausstellungen des Künstlerbundes sicht-
bar gemacht werden, dessen Leitung heute eine stärkere
Verantwortung trägt als jemals zuvor.

Die Ausstellung in Essen ist gewiß von dem idealen Ziele
einer für die deutsche Künstlerschaft in ihrer Gesamt-
heit repräsentativen Ausstellung noch weit genug entfernt.
Auch sie ist nicht frei von örtlichen Einflüssen und persön-
lichen Interessen, aber es ist doch die Bemühung erkenn-
bar, darüber hinaus zu objektiver Wertung zu gelangen und
der nachdrängenden Jugend Raum zu geben. Örtliche Bin-
dungen werden fühlbar, die mehr auf dem Einfluß starker
Lehrerpersönlichkeiten als etwa auf der Auswirkung stammes-
mäßiger Zusammengehörigkeit beruhen. Es scheint, als bliebe
die Auswahl auf bestimmte Kreise beschränkt, und es wird
hier die Gefahr schulmäßig akademischer Wertung erkenn-
bar, die unbedingt vermieden werden müßte, da nur eine
Politik elastischen Nachgebens in einer Zeit beginnender
Umschichtung der Ausstellung die unbedingt erforderliche
Bewegungsfreiheit erhalten kann.

Nachdem in einer Reihe von kleineren Veranstaltungen
des letzten Winters, über die auch an dieser Stelle zusammen-
fassend berichtet wurde, in Berlin der künstlerischen Jugend
Raum gegeben war, darf man in Essen nicht mehr bedeu-
tende Überraschungen im einzelnen erwarten. Aber es ist
ein Zeichen gesunden Lebenswillens, daß der Künstlerbund
den jungen Kräften freigebig Einlaß gewährt hat, und es
ist aufschlußreich, ihre Arbeiten, auch wenn manche von
ihnen schon bekannt sind, nun im größeren Zusammenhang
zu sehen. Mancher alterworbene Ruhm beginnt zu verblassen,
und manche neue Namen prägen sich um so fester ein. Die
Berliner Laves undNay, Roesch undTeuber, Bode und Wiesche-
brink sind der Ausstellung stärkere Stützen als manche be-
kannten Namen. Aus München, wo neuerdings in der Gefolg-
schaft Caspars ein deutlicher Elinfluß Münchs sich geltend

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