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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 10
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Lamm, Albert: "Ausserhalb von Heute": zu Döblins Ansprache
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0405

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HENRI DU TOULOUSE-LAUTREC, ZEICHNUNG

MIT ERLAUBNIS DER D. I). A.

„AUSSERHALB VON HEUTE"

ZU DÖBLINS ANSPRACHE
VON

ALBERT LAMM

Es ist fast hoffnungslos!
Unsere Zeit ist in ihren Materialismus so
abergläubisch verrannt, daß man nur noch ge-
wohnt ist, jedes öffentlich gesprochene Wort auf
seine Opportunität anzusehen, wobei dann der eine
sich immer für einen größeren Diplomaten hält als
der andere. An die Macht der Wahrheit wird kaum
noch geglaubt.

Aus dieser Einstellung ist es zu verstehen, daß
Döblins Worte bei der Eröffnung der Secessions-
Ausstellung so schnell verhallt sind. Als inopportun
— das waren sie ja wirklich — lösten sie einen
schnellen Arger aus; als Konstatierung einer folgen-
schweren Wahrheit haben sie kaum einen Men-
schen beschäftigt.

Und wir hätten so viel Grund, jeder noch so
unbequemen Wahrheit nachzugehen! Die Lage ist
danach. Sie ist keine fünf Jahre mehr zu ertragen.
Dann wäre die derzeitige Malergeneration erledigt.
An Nachwuchs ist überhaupt nicht mehr zu denken.

Die Lage der heutigen Malerschaft immer wieder
nur aus der Wirtschaftskrise zu erklären geht nicht
an. Ein Interesse, wie es das neunzehnte Jahrhundert
noch an der Malerei nahm und das bis lange über
1900 hinaus wirkte, schlägt nicht durch eine Wirt-
schaftskrise einfach in das Gegenteil um. Denn auf
die allgemeine Interesselosigkeit ist vor allem hin-
zuweisen, nicht nur auf die ausbleibenden Bilder-
käufer. Niemand beschäftigt sich mehr freiwillig
mit der Produktion der modernen Malerei. Wäh-
rend das Markttor von Milet beinahe fatale Men-
schenmassen nach dem Museum zieht.

Es mag opportun sein, in solcher Zeit von der
Kunst geheimnisvoll zu reden, Staatsstellen und
Private, Kunsthandel und Presse zu haranguieren,
daß mehr für Kunst geschehen müsse. Es wäre
aber auch gut, Döblins schwerem Worte einmal
nachzugehen, die Malerei unserer Tage stehe
„außerhalb von heute". Damit werden die Maler
allerdings daran erinnert, wieviel Schuld sie selbst

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