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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 4
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Die Kunstauktion
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0166

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einmal mit gewissen Gewohnheiten gebrochen wor-
den. Klipp und klar ist erklärt worden, daß Stück
um Stück zurückging, weil die Limiten zu hoch
waren. Die Öffentlichkeit hat der versteigernden
Firma einmütig zugestimmt, befriedigt darüber, daß
einem oft empfundenen Mißbrauch nun ein Ende
gemacht werden solle. Denn man muß ja nun
wohl annehmen, daß es nicht bei diesem Einzel-
fall bleiben wird, daß dem einen recht sein soll,
was dem andern billig ist, und daß die Lex Kappel
fortan zum selbstgewählten Gesetz des deutschen
Auktionswesens erhoben werden soll.

Nicht, daß nun verlangt würde, es müsse — wie
es im Falle Kappel geschehen ist — der Limitpreis
ausgerufen werden. Das war eine Gewaltmaßnahme.
Es liegt vielmehr im Wesen der Auktion, daß mit
einem nicht zu hohen Ausrufpreise begonnen wird,
um durch Steigerung der Gebote Stimmung zu
wecken. Wird der vom Besitzer geforderte Preis
aber nicht erzielt, so ist die Rücknahme deutlich
zu erklären. Denn wenn dies nicht geschieht, so
kann, wie Erfahrungen lehren, mit noch viel
höheren Limiten eine völlig gescheiterte Auktion
durch geschickte Verschleierung der Rückkäufe in
einen Bombenerfolg umgefälscht werden. Keine
Frage, daß unter solchen Unaufrichtigkeiten die
Moral des Auktionswesens leidet, und kein Wunder,
daß das Vertrauen des Publikums schwindet. Wer
auf einer solchen Auktion gekauft hat, fühlt sich
nachträglich betrogen, wie der Käufer eines teuren
Parkettplatzes im Theater, der sich von lauter Frei-
billettlern umgeben sieht.

Um Machenschaften der bezeichneten Art zu
begegnen, verlangt ein Grundsatz alles Auktions-
wesens, der Versteigerer dürfe an der Ware nicht
interessiert sein. Nur aus diesem Grunde soll die
Behörde ein Auge darauf haben, daß ausschließ-
lich wirkliche Sammlungen zur Versteigerung kom-
men, daß nicht auf einem Umwege Händlerware
verkauft wird. In der Tat scheint es aber ver-
gleichsweise harmlos, wenn eine Kunsthandlung
ein paar Ladenhüter versteigern läßt, denn die Ob-
jekte werden nicht anders dadurch, daß sie ein
paar Jahre bei einem Sammler gestanden haben.
Dagegen ist es als äußerst bedenklich anzusehen,
wenn — wie es in zunehmendem Maße geschieht
— von den versteigernden Firmen oder von ihren
Hintermännern große Vorschüsse auf den Ertrag
der Auktion dem Besitzer geleistet werden, was in

Wahrheit einem Vorverkauf oft gleichkommt. So
manche Sammlungen, die auf den Markt kommen,
gehören im Augenblick der Versteigerung längst
nicht mehr dem ursprünglichen Eigentümer, ob-
wohl dessen Name noch auf dem Titelblatt des
Katalogs zu lesen ist: sie sind tatsächlich Händler-
ware, und zwar — was eben das Bedenkliche ist —
Eigentum der versteigernden Firma. Die Folge ist,
daß die Interessen anfangen, sich zu durchkreuzen.
So lange der Versteigerer nur Treuhänder ist, was
er in jedem Falle allein sein sollte, so lange er also
nicht selbst einen Teil des Risikos zu tragen hat,
braucht er auch nicht allzusehr um den Erfolg
der Auktion besorgt zu sein, und er wird nicht
verführt, sich jener Verschleierungsmanöver zu be-
dienen, die das Vertrauen untergraben.

Wir rufen nicht nach der Polizei. Wir möchten
im Gegenteil wünschen, daß eine Gesundung des
Auktionswesens aus sich selbst erfolge, und wir sind
überzeugt, daß niemand zufriedener wäre als die
Auktionshäuser, wenn die gerügten Mißbräuche,
unter denen sie selbst am meisten leiden, möglichst
bald und möglichst radikal beseitigt würden.

Wir zweifeln nicht, daß in diesem Punkte unter
allen Beteiligten Einmütigkeit herrschen wird, und
daß ein Gentleman-Abkommen unter Führung des
Verbandes der Kunsthändler genügen würde,
schnelle Abhilfe zu schaffen. Schwieriger und de-
likater ist eine andere Frage, die wir dennoch zur
Diskussion stellen möchten. Sie betrifft die Form
der Auktionskataloge, die sich allmählich bei uns
eingebürgert hat. Nachdem in der ersten Nach-
kriegszeit zum Verkauf und zugleich zum bleiben-
den Andenken an einige wirklich bedeutende
Sammlungen wahre Prachtpublikationen hergestellt
worden waren, ist es allmählich Ehrensache ge-
worden, für jede kleine und zuweilen für recht
belanglose Sammlungen Auktionskataloge heraus-
zubringen, deren Ausstattung über den Wert und
die Bedeutung ihres Inhaltes irrige Meinungen zu
wecken geeignet ist.

Dieses Bedenken trifft nur die äußere Erschei-
nung der Kataloge. Doch auch über ihre innere
Anlage muß ein Wort gesagt werden. Das Ex-
pertisenwesen, auf dessen Auswüchse an dieser
Stelle zuerst sehr nachdrücklich hingewiesen wurde,
ist auf verschiedenen Wegen auch in die Auktions-
kataloge eingedrungen. Es hat sich der Brauch
eingebürgert, Expertisen im Text abzudrucken, und

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