Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Die Kunstauktion
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0167

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
es werden nicht selten ganze Kataloge von nam-
haften Kennern angefertigt, deren Unterschrift
eine Garantie für den Inhalt zu bieten scheint. In
der Vorbemerkung aber lehnt es regelmäßig die
Auktionsfirma ausdrücklich ab, für die Zuschrei-
bungen des Kataloges eine Gewähr zu überneh-
men. Wohl gemerkt: niemand wird ihr das zu-
muten wollen. Aber indem sie die Verantwortung
einem Dritten, nämlich dem Autor des Kataloges,
oder den Experten zuschiebt, deren Gutachten sie
zitiert, weckt sie den Eindruck, als sei dem Käu-
fer eine besonders hohe Sicherheit geboten, die
ihm auf der anderen Seite doch wieder entzogen
wird.

Es ist etwa der Fall denkbar, daß ein Kunst-
werk mit der gewichtigen Expertise eines verstor-
benen bedeutenden Kenners verkauft wird, die
veraltet ist, weil inzwischen die Erkenntnis durch-
gedrungen ist, daß es sich um eine Replik oder
gar um eine Fälschung handelt. Der Käufer ist
in diesem wie in jedem anderen denkbaren Falle
des Irrtums rechtlos, weil die versteigernde Firma
durch die von ihr veröffentlichten Auktionsbedin-
gungen gedeckt ist. Der Käufer ist aber irregeführt

worden, weil er durch Angaben des Katalogs,
die den Anschein wissenschaftlicher Zuverlässigkeit
erwecken mußten, in Sicherheit gewiegt worden ist.

In Wahrheit ist die Katalogexpertise noch ge-
fährlicher als der im freien Handel verwendete
Echtheitszettel. Denn trägt hier — trotz des Gut-
achtens — der Verkäufer die Verantwortung für
die Vollwertigkeit der Ware, so schaltet dort jede
Verantwortung aus. Denn den Experten, die im
allgemeinen nicht Händler, sondern Gelehrte sind,
kann unmöglich eine persönliche Verantwortung
zugemutet werden, und die scheinbare wissenschaft-
liche Garantie der Kataloge verkehrt sich unter
Umständen in ihr Gegenteil.

Dieses alles soll keine Anklage gegen die ver-
steigernden Firmen, gegen Handel und Auktionen
sein. Die Mißstände haben sich unter dem Druck
äußerer Verhältnisse von selbst ergeben. Woran
es fehlt und was sich die Auktionsfirmen wohl
selbst wünschen mögen, das sind eindeutige Be-
stimmungen, die eine oft dem Unlauteren zuneigende
Konkurrenz ausschließen, und Regeln, die dem
Auktionator wieder erlauben, zwischen den Parteien
die Rolle des „ehrlichen Maklers" zu spielen.

RICHARD SEEWALD, FRÜHLING AM LAGO MAGGIORE. AQUARELL

137
 
Annotationen