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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 2
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Poensgen, Georg: Ausstellung von Meisterwerken: aus den preussischen Schlössern in der Akademie der Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0082

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MINIATURBILDNIS DER MARKGRÄFIN WILHELMINE
VON ANSBACH-BAYREUTH. AUF PERGAMENT

BERLIN, SCHLOSS MONBIJOU

klassizistisch-romantischen Stils in den einzelnen
deutschen Residenzen. Während das Marmorpalais
am Heiligen See bei Potsdam mit seinen wenigen,
durch Skulpturen und einfache, bronzeverzierte Ma-
hagonimöbel geschmückten Räumen für die Exklu-
sivität des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm II.
spricht, ist der Kasseler Frühklassizismus wiederum
augenfälliger, dem Geschmack jenes Bürgertums
entgegenkommend, das kurz darauf, emporgetragen
durch die französische Revolution und die Freiheits-
kriege, in der Ausstattung seiner Räume eine den
Höfen durchaus adaequate Vornehmheit zur Schau
tragen sollte. Der große, sehr geschickt zusammen-
gestellte Saal mit den Empiremöbeln aus der Kasseler
Residenz und aus Wilhelmshöhe, dem imposanten
„roten" Bonaparte von David (Abb. S. 50), mit einem
in seiner Gestenhaftigkeit sehr amüsanten Frühwerk
von Cornelius (Abb. S.53 ) und der schauervoll ro-
mantischen Ossiansdarstellung von Gerard nimmt
bereits das ganze bürgerliche Zeitalter vorweg.

Während das dekorative Zusammengehen sämt-
licher Gegenstände nach der Mitte des achtzehnten
Jahrhunderts den speziellen Wert selbst erstklassiger
Kunstgegenstände vielfach kaum in Erscheinung
treten läßt, wirken die Möbel und Kleinkunst-
werke vom Ausgang des Barock gewichtiger und
solider und behaupten sich selbständig neben der
gleichfalls ernsthafteren Malerei und Plastik. Sie
sind daher für diese Ausstellung gefügiger. So
fallen etwa die wundervollen, höchst seltenen
Wollsamtbezüge der sechs Stühle aus der Lö-
wenburg in Kassel (um 1700) sogleich ins Auge
und der Schreibtisch in Kommodenform aus dem

ursprünglichen Bestand des Schlosses Monbijou
(Abb. S. 51) gehört in seiner eigenartigen chinoisen
Mischung von Schildpatt, Perlmutter, Horn und
ziselierten Messingeinlagen mit grün und rot ge-
färbten, beinahe bäuerisch verzierten Füßen zu
den sehenswertesten Dingen der Ausstellung. Jene
durch Ostasien und die Niederlande beeinflußte
Kulturepoche am Ende des siebzehnten Jahrhun-
derts in Brandenburg ist überhaupt besonders reich
an eigenartigen Antiquitäten. So ist zum Beispiel
neben den beiden Imperatorenporträts von Rubens
und Baburen (aus der bekannten Folge im Berliner
Schloß) und dem Bildnis Friedrich Wilhelms I. von
Schoonjans (Charlottenburg) das große, qualitativ
ziemlich minderwertige Gemälde aus dem Kreise
der Huis-ten-Bosch-Maler, das die Grundsteinlegung
des Schlosses Oranienburg allegorisiert und früher
in diesem Schlosse hing (jetzt im Waisenhaus), ein
absolutes Unikum in Preußen. Auch solche Kleinig-
keiten wie der rauchende schwarze Fayencechinese
(Monbijou) mit der typischen Delfter Bemalung sind
recht reizvoll und ornamental. Die große Elfenbein-
bank mit Wappen des Prinzen von Nassau-Siegen
(um 1640) aus Monbijou gehört wie die beiden ein-
gelegten Schreibschränke aus Stolzenfels und Char-
lottenburg gleichfalls in diesen Kreis mit hinein, der
durch jene bezaubernde Inkunabel der holländischen
Gesellschaftsmalerei von Cornelis van Haarlem (bez.
u. dat. 1596, Abb. S. 53) gekrönt wird. Daneben
vertreten Schlüters Kolossalbüste des Landgrafen von
Homburg (Abb. S. 46) und die Entwürfe seiner

GOLDENE TABATIERE FRIEDRICHS DES GROSSEN

BERLIN, SCHLOSS MONBIJOU

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