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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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MAX LIEBERMANN, HÄUSER IN SCHEVENINGEN. 1872

SAMMLUNG MAX BÖHM. VERSTEIGERUNG AM 28. JANUAR
AUKTIONSHAUS RUD. LEPKE, BERLIN. 34:48 cm

brachte die „Versuchung des hl. Antonius" von Hieronymus
Bosch (9); eine David Teniers d. J. gegebene Szene gleichen
Inhalts (53), aber minderer Phantastik, die in einer anmutigen
Ruinenlandschaft vor sich geht, ging für 4100 Mark weg.
Die interessante Marientafel eines „Antwerpener Meisters
um 1530" (1) aus der Sammlung Demiani wurde für 2250
zugeschlagen, eine „Hirtenszene" von Aelbert Cuyp (13) für
1800, eine üppige Waldlandschaft von David Vinckeboos (69)
mit Ausblick auf einen schimmernden Morast für 1050 Mark.
Für eine kleine „Flußlandschaft" von Salomon van Ruisdael
(51) gab man 1600, für eine herbstliche „Waldlandschaft"
von Meindert Hobbema (25) 3600 Mark.

Die zum Teil recht interessanten Gemälde aus ausländischem
Besitz waren durch hohe Limite geschützt, deren (zumindest
für den deutschen Kunstmarkt) unbegründeter Optimismus
den Kappeischen Wunschträumen kaum nachstand. Infolge-
dessen blieb die Reihe dieser Gemälde bis auf vier oder
fünf Ausnahmen ihrem Besitzer erhalten.

Am 3. und 4. Dezember machte das Internationale Kunst-
und Auktionshaus das interessante Experiment einer Ver-
steigerung exotischer Kunst der Prager Sammlung Joe Hloucha.
Als Hauptkäufer traten Alfred Flechtheim und die Prager
Museumsverwaltung auf. Nach Prag gingen z. B. die japa-
nischen Skulpturen einer „Sitzenden Güttin", Kokudro (153),
aus dem sechzehnten Jahrhundert, für 800, die „Stehende
Kwannon" (158) für 2600, der „Stehende Shaka" (154) für
700, eine indochinesische „zwülfarmige Kwannon" (510) für
1400, ferner eine große chinesische Vase mit eisenrotem
Drachendekor auf grünem Grund, Taokuang (553), für 1000,
ein Paar Deckelvasen mit famille rose Stillebendekor (560/561)
aus dem achtzehnten Jahrhundert für 800, ein Paar Zwerg-
bäume mit türkisenen Blüten in ovalen Emailtöpfen (685/686,
China um 1800) für 1700, eine stehende Elfenbeingöttin mit
Fächer (807) für 2500 Mark. Gab es hier, für die in Europa
seit zwei Jahrhunderten mehr oder weniger systematisch ge-
pflegte Kunst des fernen Ostens Grundlagen der Preisbildung,
so ist das Gebiet der eigentlich „exotischen" Kunst auf dem
deutschen Kunstmarkt wenig erforscht. Im Gegensatz zu den

fernöstlichen Werken, die zum Teil ein Vielfaches der
Schätzungspreise erzielten, blieb hier das Ergebnis weit hinter
der Schätzung zurück. Den höchsten Preis von 1000 erzielte
die große Marquesas-Ahnenfigur (430), die ein deutscher
Sammler erwarb. Zwei Ahnenfiguren aus Neu-Mecklenburg
(414/415) gingen für 760 und 710 Mark in Flechtheims Be-
sitz über. Zwei Statuen eines sitzenden Häuptlings und seiner
Frau aus schwarzem Holz (320/321) brachten 920 Mark.

M. Eisenstadt

DIE M E N Z E L S A M M L U N G GINSBERG

Versteigert am ^. Dezember in Berlin

A/Jeldete man sich bei C. G. Boerner oder bei Paul Graupe,
den Versteigerern der Sammlung Ginsberg, zur Be-
sichtigung an, so konnte man sich vor den schweren Kasten-
mappen, den sauber auf gelblichem, festen Karton aufgelegten
Blättern mit aufgedruckter Handbuchnummer in einem Museum
glauben. Gewissenhaftigkeit der Angaben, das aus freige-
lassenem Platz auf den Kartons ersichtliche Streben nach
Vollständigkeit, die Häufung von Zustandsdrucken, das Bei-
fügen von Büchern als Belegen der Illustrationsgraphik be-
stätigte den aus dem Äußeren gewonnenen ersten Eindruck.
Der intime Reiz, den die private vor der öffentlichen Samm-
lung voraus hat, war zugunsten sachlicher Vollständigkeit
aufgegeben und die Hand des Sammlers nur mittelbar in
dem Ausscheiden aller minderen Drucke zu spüren oder in
Zusammenstellungen korrigierter Probedrucke, kurz in der
auch in alten öffentlichen Sammlungen selten erreichten sehr
hohen durchschnittlichen Druckqualität. Der Museumscharak-
ter der Sammlung, die es wohl verdient hätte, geschlossen
in öffentlichen Besitz überzugehen, mag die Sammelmüdigkeit
und den daraus resultierenden Verkaufsentschluß erklären,
denn dem Besitzer blieben immer weniger Möglichkeiten
des Ausbaues, je „vollständiger" er wurde.

Die Tendenz zur Vollständigkeit, die die Preise auch für
künstlerisch wenig Bedeutendes auf Niveau hält, ist heute
auf dem Gebiet des Graphiksammelns immer seltener ge-
worden und das Umschwenken nach einer anderen Richtung
war selbst bei den auf der Versteigerung anwesenden Mu-
seumsleitern festzustellen, nämlich nach dem verlockenden,
in gutem Druck vorliegenden „Hauptblatt". Das bedeutet
für die Preisbildung, daß die schönen Dinge verhältnismäßig
teuer und gut verkauft wurden, daß Mittelgut aber — der
Druckqualität oder dem künstlerischen Wert nach — unter
Preis blieb oder nicht aufgenommen wurde.

Unter den Käufern befanden sich neben den Museums-
leitern aus Berlin, Dresden, Essen, Breslau einige Berliner
Liebhaber, wie der Enkel von Menzels Verleger Sachse und
die Vertreter einiger größerer Sammler, von denen der eine
als der Besitzer der schönsten Sammlung französischer Kunst
in Berlin bekannt ist. Nur das Berliner Museum kaufte auf
Vollständigkeit hin. Da die Berliner Menzelsammlung aber
sehr reich ist, entsprachen die Ankäufe im Ergebnis der
Tendenz der übrigen Käufer nach besonderen — seltenen,
schönen, gutgedruckten — Stücken. Das Berliner Kabinett
erwarb für 130 und 120 Mark zwei Volksszenen, wahrschein-
lich Unika, im Stil der Glasbrenner und Hosemann (Hand-
buch Bock Nr. 8, 19), unter den Federlithographien den „Volks-
tanz" (Bock 106) für 500 Mark. Das seltenste Menzelbüchlein,
„Der kleine Gesellschafter", Kinderverse von Emilie Feige
mit sehr lebendigen kleinen Federlithographien Menzels, die
der geistige Kern für das später so berühmt gewordene
Kinderalbum sind, wurde mit 820 Mark bezahlt. Zwei andere,
fast verschollene Bücher mit geistreich gezeichneten Titeln,
„Das Ahnenkreuz" und „Die Pfarre von Buchensee" kosteten
170 und 205 Mark. Die schon ihrem Thema nach sehr trockenen
Probedrucke zum Armeewerk dagegen fanden wenig Lieb-
haber, nur der lebendig gesehene „Ruthenschneidende Pro-
foß" brachte 70 Mark. Einige andere, der Erfindung nach

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