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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 7
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Eckstein, Hans: Münchner Ausstellungsobjekte für den Sommer 1931
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München
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Karlsruhe
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Berliner Ausstellungen
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Der Ausstellungen werden es im Münchner Sommer 1931
sicher genug sein. Das Programm zeigt aber, daß der Schatz
an repräsentativer bodenständiger Kunst wahrlich nicht so
überwältigend groß ist, um die ängstliche Umgehung nicht-
münchner Kunst der Gegenwart rechtfertigen zu können.
Diese Aurgabe fiele den amtlichen Stellen um so mehr zu,
als die gesamteuropäische Kunst der Gegenwart in den Münch-
ner Museen außerordentlich spärlich vertreten ist.

MÜNCHEN

Der Münchner Bund stellt Plastik und Zeichnungen von
Hermann Geibel aus: einige Bildwerke in Holz, wie Mutter
und Kind, und die Korbträgerin, bezeugen Geibels Gefühl
für plastische Formwerre am besten. Caspari zeigt Gemälde von
Charlotte Berend-Corinth. — Bei Heinemann begegnete man
dem jungen Willy Reue, dessen intime Landschaften deut-
lich an den französischen Kolorismus anknüpfen, aber noch
stark im materiell Farbigen stecken bleiben. Adolf Jutz, der
jetzt am gleichen Ort ausstellt, bemüht sich um eine ge-
steigerte geistige Ausdeutung der Landschaft, bleibt aber noch
stark werkstattmäßig. — Einem jungen Klee-Schüler bat
Goltz, der seine Räume an der Brienner Straße aufgeben
mußte, eine Ausstellung in seiner Privatwohnung gewidmet.
Erich Borchert ist nicht ganz frei von einem gewissen Bau-
haus-Schematismus, erweist sich aber in seinen besten Blättern
als eine malerische Begabung, der man eine Überwindung der
schulmäßigen Formeln wohl zutrauen darf. — Die Frühjahrs-
Ausstellung der Juryfreien in den eigenen, neu hergerichteten
Räumen an der Prinzregentenstraße enthält drei Bilder von
dem jungen Rudolf Ernst, die sich in ihrer zagen Farbigkeit,
doch echten malerischen Haltung deutlich aus dem Ganzen
herausheben. Man hat sich im übrigen sichtlich bemüht, die
einzelnen Künstler mit ihren besten neuen Arbeiten zu zeigen.
— Das Graphische Kabinett, das im Februar Schar! gezeigt
hat, bereitet eine Ausstellung von Schmidt-Rottluff vor.

Generaldirektor Geheimrat Reusch schenkt München ein
Bismarck-Denkmal. An derselben, am Deutschen Museum
über die Isar führenden Brücke, an der Hildebrands „Vater
Rhein" seinen mit vieler Mühe ausfindig gemachten Platz be-
kommt, soll eine sechs Meter hohe Plastik aufgestellt wer-
den, die „in der stilistischen Auffassung an die alten Rolands-
figuren" erinnert. Zu ihrem Schöpfer ist Fritz Behn auser-
sehen, der sich schon seit längerem strebend bemüht, Mün-
chen mit einem großen Denkmal seiner Hand zu verschö-
nern und edel genug war, der Stadt einen Brunnen als
Geschenk (gegen die Bewilligung der Errichtungskosten von
sechzigtausend Reichsmark) anzubieten. Vorerst ist das Ge-
schenk nicht angenommen worden; um so mehr ist zu wün-
schen, daß der Roland-Bismarck vor dem neuen Bibliotheks-
bau des Deutschen Museums dem Schöpferdrange Professor
Behns entsprechen möge. H. E.

KARLSRUHE
In der Badischen Kunsthalle wird eine Ausstellung gezeigt,
die das gesammelte Werk des Bildhauers Christoph Voll
umfaßt. Die Begabung erscheint so stark, daß diese Ausstel-
lung vieler Arbeiten als Steigerung empfunden wird. Der
Umfang des Werkes bei dem erst vierunddreißigjährigen

Künstler überrascht. Voll beherrscht jede Technik und jedes
Material; er ist ein hervorragender Zeichner.

Schon die frühen Arbeiten dokumentieren eine ungewöhn-
liche Kraft und Ursprünglichkeit, fern von jener kunstge-
werblichen Form, die der Plastik unserer Zeit so oft gefähr-
lich wird. Voll war von vornherein eine große Hoffnung;
seine Entwicklung beginnt diese Hoffnung jetzt zu erfüllen.
In seinen letzten Werken (die Knieende, das Mädchen mit
dem Zopf, die Sitzende usw.) ist das Plastische frei geworden
vom Thematischen. Die plastischen Zusammenhänge ordnen
sich zu notwendigen Verbindungen. Nichts ist zugefügt, alles
ist von innen belebt und zu einer neuen kompositionellen
Festigkeit vereinigt. Diese plastisch gebundene Vitalität er-
hebt einen Anspruch wie nur bei wenigen deutschen Bild-
hauern der Gegenwart. K. Martin

BERLINER AUSSTELLUNGEN

Zum 50. Geburtstag Oswald Herzogs gibt die November-
gruppe in der Kunststube einen Überblick des Ge-
samtschaffens des Künstlers, der ein bescheidenes bild-
hauerisches Talent in den Dienst sektiererhaft reformerischer
Ideen stellte. Den zeitlichen Verlauf der Bewegung durch
die absolute bildnerische Form zu gestalten, erschien ihm
als die neue Aufgabe der Kunst, die er mit den Mitteln des
Jugendstils zu lösen unternahm. Lebendige Form wird in
ein abstraktes Ornament verwandelt, und Bewegung wird
durch schwingende Kurven symbolisiert, wie es van de Velde
in seiner Jugend versucht hatte. Daß die Bemühung Herzogs
im günstigsten Falle zu einem plastischen Bauornament
führt, für das im Rahmen heutiger Architektur sich kein
Raum mehr findet, erweist deutlich, wie wenig seinen Ar-
beiten auch nur das Interesse der Aktualität noch gebührt.

In der neuen Reihe der Sonderausstellungen im Hause
der Juryfreien zeigt der Hamburger Richard Haizmann eben-
falls gegenstandslose oder doch dem Wirklichkeitsvorbild ferne
Skulpturen. Manches erinnert an Matare. Aber der Umfang
von Haizmanns Kunst erscheint weiter. Man glaubt an sein
Talent, und man überläßt sich der formschöpferischen Kraft
einer Phantasie, der es in einzelnen Fällen gelingt, über-
zeugende plastische Gestaltungen zu bilden. Diese Skulpturen
sind nicht auf dem Wege abstrahierender Stilisierung ent-
standen, und es wäre falsch, sie mit dem Worte dekorativ
abzutun. Aber sie bedürfen auch nicht jener tiefsinnigen
Symbolik und der Vergleiche aus dem Gebiete der Musik,
mit denen die aus dem Jugendstil abgeleitete gegenstandlose
Kunst ihren Übertritt aus dem Reiche der Realität in das
der abstrakten Form zu verbrämen liebt.

Wie die Grenzen zwischen beiden in der Tat fließend
sein können, das erweist sich in den neuen Arbeiten Karl
Ilofers, die Flechtheim in einer umfassenden Ausstellung
zeigt. Hofer erklärt selbst in dem Vorwort des Kataloges,
daß er und wie er dazu gelangt sei, sich von der gegen-
ständlich faßbaren Form zu entfernen. Den naheliegenden
Verdacht, auch er sei nun einer Zeitströmung verfallen, wehrt
er mit ernsten Worten ab, deren es kaum bedurft hätte, da
der mit echter Hingabe verfolgte Weg den Künstler wohl
unausweichlich zu diesem Punkte führen mußte. Es ist denn
auch kaum ein allzu fühlbarer Schnitt an der Stelle zu be-

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