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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 10
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Auktionsnachrichten
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Eckstein, Hans: Die Auktion der Sammlung M. v. Nemes
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0437

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sprechend gewerter. Zwei helle Puttenszenen (12) von Böck-
lin kamen auf 2000. Schiders mit handwerklicher Sorgfalt
gemaltes Interieur (23 erzielte 4200. Ein „Matteostilleben"
1880 von Schuch (25), in dem mehrere köstliche Stilleben-
komplexe mit der Figur in nicht genügende Beziehung ge-
bracht sind, wurde zum halben Taxpreis, 4000, zugeschlagen.
Slevogts Olskizze des Sängers d'Andrade als Don Giovanni
(26) brachte 1800. Das schon mehrfach beobachtete Interesse
für Liebermanns frühe Gemälde trat auch hier zutage: rela-
tiv am höchsten wurde mit 4500 die winzige, in ihrer sinn-
fälligen Schlichtheit überaus frische Studie einer Gruppe
von Waisenhauskindern (21) bezahlt, mit 6500 das „Dorf-
idyll" (20) von 1879, während für das gute „Strandbild"
(22) von 1908 nur 2300 gegeben wurden.

Von den französischen Gemälden war ein früher Pariser
Van Gogh (40), eine flirrende gelbe Vorstadt-Straße mit
weißen Mietshäusern im Hintergrund, am heftigsten um-
stritten; sie wurde für 16600, angeblich für eine Berliner
Privatsammlung, erworben. Ein dekoratives, sehr farbiges
Blumenstilleben von Gauguin (39) ging für 5700 weg, ein
stilleres Arrangement von Fantin-Latour (38) für 3200. Die
etwas ungefüge Wasserfall-Komposition (35) von Courbet
erzielte mit 4000 den halben Taxpreis. Aus der Reihe der
Sisley-Landschaften erwarb die Firma Gutbier-Dresden den
„Kanal bei Mamers" (50) für 8400, während die „Somrner-
landschaft" (46) 5000, der winddurchwehte abendliche Strand
(48) 5600, das sommerliche Dorf am Flußufer (49) 8100 er-
reichten. Auch die drei Pissarros wurden gut bezahlt: das
bunte wimmelnde Leben des „Pont des Arts" (43) mit 8600,
die wolkige Ansicht der Kirche inDieppe(42) mit 7000, des zarte
vibrierende Farbengespinnst der „Apfelernte" (41) mit 7200.

Für das kunstgewerbliche Spezialgebiet des Sammlers,
deutsche Fayencen und Hamburger Barocksilber, lagen zahl-

reiche Privat-Aufträge, vor allem aus Hamburg, München
und Nürnberg vor. Hauptkäufer auf der Auktion war Witte-
kind, der auch für Provinzialmuseen bot; Oldenburg, Danzig,
Stettin, Nürnberg und München konnten auf diesem, durch
neuere Forschungen erhellten Gebiet, vortreffliche Exem-
plare deutschen Gewerbefleißes erwerben.

Unter der Tausendmarkgrenze lag die Mehrzahl der Preise,
die auf der ebenfalls von Ball und Graupe veranstalteten
Versteigerung der Gemälde neuerer französischer Meister
aus der Hamburger Sammlung Willy Streit am 10. Juni ge-
zahlt wurden; es handelte sich großenteils um kleinere
oder skizzenhafte Arbeiten aus den drei letzten Jahrzehn-
ten. Flechtheim kaufte viel, unter anderem das sensibel
modellierende Pastell eines weiblichen Torso von Derain
(75) für 1650, seine Bleistiftzeichnung einer hügeligen Land-
schaft (76) für 620, ein Stilleben von Braque aus seiner
Picasso-Periode (80) für 1550, eine kleine Gouache von
Utrillo (87) für 820, Rodins Balzac-Kopf (^99 ^ für 1150, einen
Frauenkopf von Maillol (100) für 600. Zum gleichen Preis
erwarb Bondy eine Badende von Maillol. Die National-
Galerie sicherte sich ein kleines frühes Stilleben von Braque
(81) für 580. Für eine Olskizze von Pascin, eine Taverne
darstellend (60), wurde ein Preis von 600 genannt. Auf eine
Landschaft des in Paris gutbezahlten Henri Martin und
jüngerer Maler der französischen Schule (Kisling, de la Serna,
Lascaux und andere) wurde überhaupt nicht geboten. Ein
Harlequin-Aquarell von Picasso (78) erhielt den Zuschlag
mit 1350, Toulouse-Lautrecs kleines Bildnis seines Vaters
(51) mit 2600. Ein Knabenbildnis 1907 von Münch (96)
kam für 1800 an Flechtheim. Zwei Gemälde von Matisse,
eine bewegte Landschaft (56) und eine eigenartige Olskizze
von Notre Dame (55), brachten 3800 und 900.

Eisenstadt

DIE AUKTION DER SAMMLUNG M. v. NEMES

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Die Versteigerung der Sammlung M. v. Xemes, die unter
der Leitung der Firmen Mensing & Sohn (Frederik
Mullcr!. Paul Cassirer und Hugo Helbing vom 16.—19. Juni
in München stattfand, brachte ein Gesamtresultat von rund
3060000 Mark. Das Ergebnis kann den, der sich bezüglich
des Bestandes der Sammlung und der internationalen Markt-
lage keinen Illusionen hingegeben hat, kaum enttäuschen.
Eher überraschen kann, daß die rund 650 Objekte bis auf
einen verschwindenden Bruchteil von der zahlreich erschie-
nenen internationalen Kunstwelt aufgenommen wurden. Die
Preise erreichten selten die Höhe der Schätzungen, doch
muß auch in Betracht gezogen werden, daß diese meist
eine Marktlage voraussetzten, die heute nicht nur infolge
einer allgemeinen Preisbewegung nach unten, sondern auch
zugunsten einer Konsolidierung und Gesundung des Kunst-
marktes nicht mehr besteht. Zu Klagen über Verschleierungs-
manöver bot die Auktionsleitung keinerlei Anlaß. Im Gegen-
teil hat die Versteigerung der Sammlung Nemes zur Rück-
gewinnung und Stärkung des Vertrauens in die gesunde
Konstruktion des Kunsthandels wesentlich beigetragen.
Schon der erste Tag, an dem die Gemälde versteigert

wurden, zeigte, mit welcher Vorsicht man heute problema-
tischen Objekten, die bei dem Fanatismus und der stark
liebhabermäßigen Art des Nemesschen Sammeins natürlich
nicht fehlen, begegnet. Sicheren Marktwerten aber brachte
man reges und ernsthaftes Interesse entgegen. Die bedeutende
Persönlichkeit des Sammlers mag auch hier nicht völlig ohne
Wirkung geblieben sein. Tizians Venus vor dem Spiegel und
die stark restaurierte Danae blieben ohne Gebot, der Männer-
kopf, dessen Zuweisung an Dürer immerhin problemarisch
bleibt, stieg von 21 000 nur auf 23 000 Mark. Die frühitalieni-
schen Tafelbilder dagegen fanden angemessene, obzwar nicht
gerade hohe Preise: des Agniolo Gaddi Verkündigung 6000,
Nardo di Giones Polyptichon erwarb Drey für 8000 Mark. Das
hervorragendste Bild der Reihe, die Anbetung von Fra An-
gelico war lebhaft umkämpft und kam für 100000 in hollän-
dischen Privatbesitz. Die Maria mit dem Kind, deren Zu-
schreibung an Filippo Lippi neuerdings wieder zugunsten
Botticellis angezweifelt wird, hat den von Nemes auf der
Auktion Spiridon gezahlten Preis nicht erreicht (98000 —
Londoner Privatbesitz). Gute, obschon nicht hohe Preise er-
zielten G. B. Tiepolos großartige eigenhändige Skizze der

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