Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0477
DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:Friedländer, Max J.: James Simon: zu seinem achzigsten Geburtstage
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A. DUNOYER DE SEGONZAC, FLUSSUFER. ZEICHNUNG
MIT ERLAUBNIS DER D.D.A.
JAMES SIMON
ZU SEINEM ACHTZIGSTEN GEBURTSTAGE
VON
MAX J. FRIEDLANDER
Die amerikanischen Privatsammlungen münden
in die Museen. Drüben ist das die Regel, bei
uns eine Ausnahme. Nicht nur der geldliche Uberfluß
wirkt als die Ursache so überlegener Freigebigkeit:
die reichen Privatleute stehen dort in einem ande-
ren Verhältnis zu den Museen als hier. Dort be-
trachten sie die Einrichtungen, die der Erziehung
und dem Kunstgenuß des Volkes dienen, als ihre
Angelegenheit. Sie gründen öffentliche Sammlun-
gen, stellen Mittel für die Bauten bereit und emp-
finden die Kunstpflege als ein Feld, auf dem sie,
miteinander wetteifernd, sich als gute Bürger aus-
zeichnen. Ihrer Opferwilligkeit ist das Entstehen
und Gedeihen der Museen überlassen, in deren
Verwaltung sie den Ausschlag geben. Mitarbeit an
Instituten, die der allgemeinen Kulturförderung ge-
widmet sind, dient vielen zu idealischer Entspan-
nung von erfolgreicher, harter und rücksichtsloser
Geschäftstätigkeit.
Bei uns herrscht, wenigstens in der öffentlichen
Kunstpflege, ausgeprägter Staatssozialismus. Alles
wird von der Obrigkeit erwartet, die der privaten
Initiative wenig Spielraum läßt. Der Staat, dem
gegenüber sich der Privatmann hauptsächlich als
kritisierender Steuerzahler fühlt, nimmt es ernst
mit der Verpflichtung, die Sammlungen zu pflegen
und auszubauen, und überträgt die Verantwortung
auf beamtete Gelehrte.
Eine Persönlichkeit von Bodes Format, die das
Schicksal der Berliner Museen in einer Zeit wirt-
schaftlicher Blüte bestimmt hat, vermochte eine
förderliche Wechselwirkung zwischen öffentlichem
und privatem Sammlertum durchzusetzen. Hier
verlief der Weg in entgegengesetzter Richtung als
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MIT ERLAUBNIS DER D.D.A.
JAMES SIMON
ZU SEINEM ACHTZIGSTEN GEBURTSTAGE
VON
MAX J. FRIEDLANDER
Die amerikanischen Privatsammlungen münden
in die Museen. Drüben ist das die Regel, bei
uns eine Ausnahme. Nicht nur der geldliche Uberfluß
wirkt als die Ursache so überlegener Freigebigkeit:
die reichen Privatleute stehen dort in einem ande-
ren Verhältnis zu den Museen als hier. Dort be-
trachten sie die Einrichtungen, die der Erziehung
und dem Kunstgenuß des Volkes dienen, als ihre
Angelegenheit. Sie gründen öffentliche Sammlun-
gen, stellen Mittel für die Bauten bereit und emp-
finden die Kunstpflege als ein Feld, auf dem sie,
miteinander wetteifernd, sich als gute Bürger aus-
zeichnen. Ihrer Opferwilligkeit ist das Entstehen
und Gedeihen der Museen überlassen, in deren
Verwaltung sie den Ausschlag geben. Mitarbeit an
Instituten, die der allgemeinen Kulturförderung ge-
widmet sind, dient vielen zu idealischer Entspan-
nung von erfolgreicher, harter und rücksichtsloser
Geschäftstätigkeit.
Bei uns herrscht, wenigstens in der öffentlichen
Kunstpflege, ausgeprägter Staatssozialismus. Alles
wird von der Obrigkeit erwartet, die der privaten
Initiative wenig Spielraum läßt. Der Staat, dem
gegenüber sich der Privatmann hauptsächlich als
kritisierender Steuerzahler fühlt, nimmt es ernst
mit der Verpflichtung, die Sammlungen zu pflegen
und auszubauen, und überträgt die Verantwortung
auf beamtete Gelehrte.
Eine Persönlichkeit von Bodes Format, die das
Schicksal der Berliner Museen in einer Zeit wirt-
schaftlicher Blüte bestimmt hat, vermochte eine
förderliche Wechselwirkung zwischen öffentlichem
und privatem Sammlertum durchzusetzen. Hier
verlief der Weg in entgegengesetzter Richtung als
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