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Entwicklung des Formgefühls und des F o rmve rs tändn is ses Rechnung zu tragen
im Gegensatz zum gedankenlosen „Schönzeichnen“. Handgeschicklichkeit ist Folgeerscheinung.
Wie der Unterricht im Anschluss an das ursprünglich unbewusste Sehen des Kindes, an seine
gedächtnismässigen Versuche allmählich durch wiederholtes Vergleichen zum bewussten Sehen
und Darstellen fortgeführt werden kann, wurde der Versammlung durch Vergrösserung von Schüler-
zeichnungen an der Wandtafel gezeigt.
3. Die Pädagogik verlangt das entwickelnde Lehr v e r fahr en , ein Erarbeiten,
Suchen und Selbstfinden.
Wir empfehlen hiezu eine noch breitere Ausdehnung des Skizzierens, als es der
Lehrplan tut. Nach diesem soll sich das Skizzieren nur auf die im Unterricht behandelten
Aufgaben beziehen, also mehr den Charakter einer Repetition, einer Prüfung haben. Allein
auch die freiwilligen Uebungen in den Zeichenheften, die Formen, die in den übrigen
Fächern, zu denen der Zeichenunterricht in Beziehung gesetzt wird, entstehen, werden
einen skizzenhaften Charakter haben; daher sind zunächst alle Zeichenübungen ein Skiz-
zieren im Gegensatz zum Ausführen, dem jedenfalls kein so breiter Raum mehr gegeben
werden darf wie seither. (Man vergleiche das „Konzeptheft“ und das „Reinheft“ im Auf-
satzunterricht!) Selbstverständlich ist unter Skizzieren kein schlappiges, gedankenloses Zeich-
nen zu verstehen, vielmehr die möglichst einfache Wiedergabe der Gesamterscheinung, des
Wesentlichen, des Charakteristischen. „DasCharakteristische der Gesamterscheinung
soll betont, weniger wichtige Einzelheiten können ganz weggelassen werden.“ Da dies
gerade das Schwerste ist, müssen dem zeitraubenden Ausführen viele Uebungen im Skiz-
zieren vorangehen. Man darf den Arbeiten das ehrliche Suchen und Ringen mit dem Stoff
wrnhl ansehen! Die nachfolgende Skizze muss aber immer besser sein als die vorhergehende!
Worin besteht nun dieses Charakteristische? Es erhellt
B. aus den künstlerischen Anforderungen.
1. „Erst nach Feststellung der Ges amt form und ihrer Verhältnisse wird auf
die Einzelform eingegangen.“ Vom Ganzen zum Einzelnen, von diesem wieder zum Ganzen.
2. Es handelt sich nicht um pedantisches Nachahmen, sondern um freies Uebersetzen
der Natur in die Sprache der Kunst.
Beispiel: Auf einem Karton befinden sich mehrere Epheublätter. Der Schüler
kann eines davon zur Wiedergabe wählen. Ist die Aufgabe gut gelöst, so muss min-
destens ein Wie d er erkenn en dieses Blattes im Gegensatz zu den andern auf dem
Karton befindlichen Blättern möglich sein (vergl. das Porträtieren!).
Photographische Gleichheit kann nicht Aufgabe der Kunst sein, da die Natur sonst
nicht mit dem geistigen Auge geschaut wird, wohl aber soll Aehnlichkeit erzielt werden.
3. Dies geschieht durch das Hervorheben des Charakteristischen und Gesetz-
mässigen
a) des Individuums. Es liegt einmal in den V e rhäl tni s s en: in der Beziehung
des Einzelnen zum Ganzen (Unterordnung), in der Beziehung der einzelnen Teile zu-
einander, in dem Zusammenfassen aller Teile zum Ganzen.
Sodann in der Linienführung: Hervorheben der konstruktiv wichtigsten
Linien (z. B. bei Blättern die Rippen); bei flachen Formen: Uebersetzen der Fläche zu
Linien (Umriss); bei körperlichen Gegenständen: Uebersetzen von Kanten und Flächen
des Raumes auf die Zeichenfläche (Linienperspektive).
Schon der Zeichnung steht das Mittel zu Gebot, Ausdruck durch verschiedene
Ton werte herauszustufen.
Alle Gegenstände hilft die Farbe charakterisieren; zu beachten wäre der Unter-
schied der Eigenfarbe der Stoffe (Lokalfarbe) und der Farbentöne, die durch die Um-
gebung hervorgebracht werden. Die ernsthafte Darstellung der Lu f tp er sp ektive
muss einer höheren Stufe vorbehalten bleiben.
b) Durch das Zeichnen verschiedener Individuen kommt man auf das Charak-
teristische der Gattung, auf das Typische, und dadurch treten die allge-
meinen Gesetze des Wachstums, des Gleich- und Ebenmasses in den Verhältnissen,
des Rhythmus und des Gleichgewichts immer klarer hervor. Dies wäre der Weg zum
Stilisieren, der von vielen Lehrern immer wieder betreten werden möchte.
Entwicklung des Formgefühls und des F o rmve rs tändn is ses Rechnung zu tragen
im Gegensatz zum gedankenlosen „Schönzeichnen“. Handgeschicklichkeit ist Folgeerscheinung.
Wie der Unterricht im Anschluss an das ursprünglich unbewusste Sehen des Kindes, an seine
gedächtnismässigen Versuche allmählich durch wiederholtes Vergleichen zum bewussten Sehen
und Darstellen fortgeführt werden kann, wurde der Versammlung durch Vergrösserung von Schüler-
zeichnungen an der Wandtafel gezeigt.
3. Die Pädagogik verlangt das entwickelnde Lehr v e r fahr en , ein Erarbeiten,
Suchen und Selbstfinden.
Wir empfehlen hiezu eine noch breitere Ausdehnung des Skizzierens, als es der
Lehrplan tut. Nach diesem soll sich das Skizzieren nur auf die im Unterricht behandelten
Aufgaben beziehen, also mehr den Charakter einer Repetition, einer Prüfung haben. Allein
auch die freiwilligen Uebungen in den Zeichenheften, die Formen, die in den übrigen
Fächern, zu denen der Zeichenunterricht in Beziehung gesetzt wird, entstehen, werden
einen skizzenhaften Charakter haben; daher sind zunächst alle Zeichenübungen ein Skiz-
zieren im Gegensatz zum Ausführen, dem jedenfalls kein so breiter Raum mehr gegeben
werden darf wie seither. (Man vergleiche das „Konzeptheft“ und das „Reinheft“ im Auf-
satzunterricht!) Selbstverständlich ist unter Skizzieren kein schlappiges, gedankenloses Zeich-
nen zu verstehen, vielmehr die möglichst einfache Wiedergabe der Gesamterscheinung, des
Wesentlichen, des Charakteristischen. „DasCharakteristische der Gesamterscheinung
soll betont, weniger wichtige Einzelheiten können ganz weggelassen werden.“ Da dies
gerade das Schwerste ist, müssen dem zeitraubenden Ausführen viele Uebungen im Skiz-
zieren vorangehen. Man darf den Arbeiten das ehrliche Suchen und Ringen mit dem Stoff
wrnhl ansehen! Die nachfolgende Skizze muss aber immer besser sein als die vorhergehende!
Worin besteht nun dieses Charakteristische? Es erhellt
B. aus den künstlerischen Anforderungen.
1. „Erst nach Feststellung der Ges amt form und ihrer Verhältnisse wird auf
die Einzelform eingegangen.“ Vom Ganzen zum Einzelnen, von diesem wieder zum Ganzen.
2. Es handelt sich nicht um pedantisches Nachahmen, sondern um freies Uebersetzen
der Natur in die Sprache der Kunst.
Beispiel: Auf einem Karton befinden sich mehrere Epheublätter. Der Schüler
kann eines davon zur Wiedergabe wählen. Ist die Aufgabe gut gelöst, so muss min-
destens ein Wie d er erkenn en dieses Blattes im Gegensatz zu den andern auf dem
Karton befindlichen Blättern möglich sein (vergl. das Porträtieren!).
Photographische Gleichheit kann nicht Aufgabe der Kunst sein, da die Natur sonst
nicht mit dem geistigen Auge geschaut wird, wohl aber soll Aehnlichkeit erzielt werden.
3. Dies geschieht durch das Hervorheben des Charakteristischen und Gesetz-
mässigen
a) des Individuums. Es liegt einmal in den V e rhäl tni s s en: in der Beziehung
des Einzelnen zum Ganzen (Unterordnung), in der Beziehung der einzelnen Teile zu-
einander, in dem Zusammenfassen aller Teile zum Ganzen.
Sodann in der Linienführung: Hervorheben der konstruktiv wichtigsten
Linien (z. B. bei Blättern die Rippen); bei flachen Formen: Uebersetzen der Fläche zu
Linien (Umriss); bei körperlichen Gegenständen: Uebersetzen von Kanten und Flächen
des Raumes auf die Zeichenfläche (Linienperspektive).
Schon der Zeichnung steht das Mittel zu Gebot, Ausdruck durch verschiedene
Ton werte herauszustufen.
Alle Gegenstände hilft die Farbe charakterisieren; zu beachten wäre der Unter-
schied der Eigenfarbe der Stoffe (Lokalfarbe) und der Farbentöne, die durch die Um-
gebung hervorgebracht werden. Die ernsthafte Darstellung der Lu f tp er sp ektive
muss einer höheren Stufe vorbehalten bleiben.
b) Durch das Zeichnen verschiedener Individuen kommt man auf das Charak-
teristische der Gattung, auf das Typische, und dadurch treten die allge-
meinen Gesetze des Wachstums, des Gleich- und Ebenmasses in den Verhältnissen,
des Rhythmus und des Gleichgewichts immer klarer hervor. Dies wäre der Weg zum
Stilisieren, der von vielen Lehrern immer wieder betreten werden möchte.