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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 1.1907

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Heft XI (November 1907)
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Thiersch, Friedrich von: Künstlerische Erziehung der Techniker
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https://doi.org/10.11588/diglit.31624#0137

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Schon im Unterricht lässt sich leicht beobachten, dass bei den einfach kon-
struktiven Aufgaben der eine überraschend leicht und in wahrhaft künstlerischer
Art zur Lösung gelangt, während der andere das Ziel auf Umwegen und mit un-
nötigem Kraftaufwand erreicht. Der Parallelismus mit den einfachsten Aufgaben
der praktischen Arbeit und den höchsten der geistigen Art liegt auf der Hand,
und es ist kein Zweifel darüber, dass auf allen Gebieten praktischer Arbeit gleich
zu Anfang schon das Ingenium den Ausschlag gibt.
Die Forderung
des Künstlerischen Von jer badischen Ausstellung. Abbildung 2.
ist demnach auf das

ganze Gebiet der
Technik auszudeh-
nen, und wie wir von
einem Ingenieurbau
— ich denke an
Brücken, Hallen
u. s. f. — erwarten,
dass er schon im
Keim künstlerisch
korrigiert sei, so
werden wir auch von
architektonischen
Kompositionen ver-
langen , dass ihnen
von Haus aus eine

gewisse ingenieur¬
mässige Konstruk¬
tion zugrunde liege.
Wenn sich schmerz¬
licherweise Ingeni¬
eur- und Architek¬
turfach auf der
Hochschule schon
frühzeitig trennen, so
wird bei den Auf¬
gaben der Praxis
vielfach wieder ein
Zus amm en arb eiten
der Berufe unerläss¬
lich. —■ Zu unum¬
schränkter Freiheit
und zur Meister¬
schaft gelangt nur
der, welcher durch
seine Vielseitigkeit
den Kaum techlll- Gymnasium Karlsruhe (Zeichenlehrer Bender,.
scher und künstleri¬
scher Anforderungen übersieht, denn wahrhaft grosse Gedanken entspringen nur
in einem Kopf.
An die Entwicklung der modernen Eisenkonstruktion und des armierten Betons
hat man die Hoffnung auf einen neuen Baustil geknüpft. Nun werden aber
erfahrungsgemäss Stile überhaupt nicht neu erfunden, sondern es entwickelt sich
durch die Ausbildung neuer Techniken allmählich ein neuer ästhetischer Begriff
über die Erscheinung der Formen im Bauwesen. Nicht selten hat es sich noch
im abgelaufenen Jahrhundert ereignet, dass der Ingenieur über seine Konstruktionen
rücksichtslos verfügte und dass man zum Schluss den Architekten zu Hilfe rief,
 
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