künstlerische Enkwicklung und zeitbejahende Iugend-
erziehung bedeukek.
Meine Versuche und Antersuchungen auf jenem
Grenzgebiet zwischen Musik und bildhaftem Gestalten
bewegten sich zunächst nur auf dem Gebiet der
Flächengestaltung, nicht auf dem der plastischen Ge-
stalkung. Auf die lehtere Möglichkeit wurde ich erst
durch Kollegen Behm hingewiesen, der ja in seiner
Person bestimmt den interessantesten Typ dieser
Mchtung verkörpert. Was ich an eigenen Schöp-
fungen des Kollegen Behm dabei sah, hat mich inner-
lich geradezu erschüttert und zeigte mir überzeugend,
welche skarke Möglichkeiten der Entwicklung für eine
auf diesem Gebiet empfindsame Künstlerpersönlichkeir
hier verborgen liegen.
Eigene Bersuche, die ich mit einer Obersekunda
und einer Unterprima anstellte, bestärkten mich
ferner in der Ileberzeugung. dast der Kunsterzieher
bestimmt hier ein Mittel mehr in der Hand hat, um
Hemmungen im Gestaltungsprozeh zu beseitigen, um
Phantasiebegabungen stark zu befruchten, und end-
lich, um neue Anlagen und Entwicklungsmöglichkeiten
bei seinen Schülern zu entdecken. Ein Musikinstru-
ment ist bestimmt in jeder Schule vorhanden und
Schüler, dle Musik auf diesem Instrumeut guk vor-
tragen können, finden sich in fast jeder Klasse, falls
der Zeichenlehrer durch Beschaffung eines guken
Grammophons für den Zeichensaal es nichk vorzieht,
Musik durch den Musikautomaken vorspielen zu
lassen. Ich habe beides in der Schule, einen Flügel
und ein Grammophon. sfch ließ durch einen musik-
begab.ten Schüler zwelmal ein Musikstück der Klasie
vortragen. Dann erging die Aufgabe, das Gehörte
in Form und Farbe umzuwerten. Ich habe absichtlich
keinerlei weikeren Erläuterungen dazu gegeben.
denn sonst hätte ich bestimmt den starken Eindruck
des Gehörten abgeschwächk, mit höchster Wahrschein-
lichkeit auch die Quelle, die ich soeben durch Musik
geöffnet hatte, und deren Fliesien ich ja gerade be-
obachten wollte, sofort wieder verstopft. Die Schüler
haben übrigens auch weitere Aufklärungen. und
Erläukerungen von mir nicht verlangk. So bot die
Klasie in kürzester Zeit das Bild gröhter Schaffens-
freude. Das Gesamtbild der bald vorliegenden
Leistungen war geradezu verblüffend, nicht einer von
den Schülern und Schülerinnen fiel aus. Ich habe
diese Blätter einem größeren Kreis von Damen und
Herren des Faches vorgeführk, die ebenso überrascht
waren über die Höhe der Leistungen, wie ich es
selbst war. Rhythmus in der Gestallung, Ausdrucks-
werte der Form und der Farbe, Dynamik und Mas-
senverkeilung im Bild, Betonen und Nichtbekonen
der einzelnen Bildteile, alle jene Dinge, die mehr
oder weniger theoretisch in den Kunstunterricht
hineinklingen und hineinklingen müssen, ste waren,
wie durch ein Zauberwort geweckk, da, ohne datz ich
nur ein Skerbenswörtlein dazu gesprochen hatke.
Ich glaube, datz es stch schon um deswillen lohnen
würde, wenn jeder ernste Kunsterzieher sich einmal
mit dem berührten Problem beschäftigen mürde.
Schaden würde sein Unkerricht ganz gewitz nicht da-
runter leiden. Er hat bestimmt damit eine Möglich-
keik mehr in der Hand, die Dinge aus sich heraus
enkwicketn zu lassen, anstakt, wie es gar oftmals
getan wird, durch unnötiges Dazwischenreden den
Gestaltungsprozeh in seinem Berlauf zum Schaden
des Schülers zu stören. Wir mühten stolz darauf sein,
zu bekennen, datz in unseren Zeichensälen möglichst
wenig geredek und „unkerrichlet" wird, auch auf die
Gefahr hin, dah törichte imd den Kunstlehrrrn nicht
wohlwollenüe Kreise darin nur die Skärkung der
eigenen Nervenkraft sehen.
Beim Vergleichen der einzelnen Blätker fiel mir
auf, datz eigenklich hwei Gruppen von Schülern
darin zu erkennen waren, wie die bildkünstlerische
Auswirkung des Musikstückes bei dem Einzelnen
erfolgt war. 2ch konnke feststellen, daß Lie eine
Gruppe nur !n relnen Flächenformen, die andere da-
gegen ebenso rein nur linear sich äußerte. Pkastische j
Formen sah ich gar nicht, ebenso wenig roar bei
einer Darstellung Raumwirkung zu erkennen. 2ch
zog daraus verschiedene Schlüsie. zunächst den, daß
jener Typ von Farben- und Formhörern, für den '
sich Musik in plastische und räumliche Gestaltung
umwertet, unker meinen Schülern nicht vertreten
war, es könnte natürlich auch möglich sein, -aß das
vorgetragene Musikstück nach Lteser Richkung hin
ohne Anregung blieb, weil ihm vielleicht eine ge-
wisse dramatische Kraft fehlte, die näch meinem
Gefühl die Boraussehung für Änreguug nach -ieser
Seite hin sein dürste. Die flächenhaft, stark orna-
mentalen Gestaltungen meiner Schüler zeigken mir
eine neue Quelle für ornamenlale Anregungen, -ie
wir so gut für unsere Schriftklasien gebpauchen kön-
nen. Wenn mir das ganze Problem weiter nichks ge-
bracht hätte, als dieses, so wäre ich darüber schon
reichlich beglückt gewesen, Ornämenkale Auflösung
der Form ist für mich an sich schon eln so relzvolles
Spiel beim künstlerischen Gestalten, daß ich jede
Anregung dazu, im Hinblick auf üas Spielen mit der
Form, wie es der Schüler ja bei Komposikionsver-
suchen tun muh, im sinteresie meiner Schüler dank-
bar begrüßen werde. An etnzelnen Blättern meiner
Schüler konnte die ganze Klasie sich augenscheinlich
überzeugen, daß bei dkesen Därstellungen -er Ton-
ge-halt und Ausdruckswert des Musikstückes in
Form und Farbe gekroffen war, nachdem ich das
Skück vor den aufgehängken Blättern noch einmal
vorspielen lietz. Aber auch, wenn dlese Bestätigung
nicht hätte erbracht werden können, wäre dle Be-
deutung dieser Bersuche für. mich nlchk weniger
werlvoll gewesen. Ich werde auf dem beschrittenen
Weg weiter gehen, unbekümmerk darum, daß einige
besonders Kluge, aber auch ebenso Hilflose mtr das
Wort „Konjunkturpädagogik" zurufen werden. Meln
Rat und Wunsch gehen an allö Kunstlehrer, mit mir
diesen Weg zu gehen. Nur so können wir dlesen
interesianten Weg erkunden und gangbar machen
im Znteresie der deutschen Hugend und lhres starken
Gestalkungswillens. Denn die siugend in starke Bin-
dung mit der Kunst zu bringen,' ist nun einmäl
meine Konjunkkur.
Paul Könitzer, Berlin-Oberschönenweide.
Mit diesem Worte bezeichnet man die seltsame j
Fähigkeik einzelner Menschen, bei Anreiz des Ge-
hörsinnes parallel hierzu mehr oder weniger stark
visuell angeregt zu sein. iledoch handelt es sich hier-
bei mehr um phankasievolle „Erscheinungen", die
aber schriftlich und bildmäßig bis in die kleinsten
Einzelheiken wiedergegeben werden, so daß man von
einem „Musiksehen" bzw. „Farbenhören" sprechen
kann. Diese Erscheinung ist in lehter Zeit hin und
erziehung bedeukek.
Meine Versuche und Antersuchungen auf jenem
Grenzgebiet zwischen Musik und bildhaftem Gestalten
bewegten sich zunächst nur auf dem Gebiet der
Flächengestaltung, nicht auf dem der plastischen Ge-
stalkung. Auf die lehtere Möglichkeit wurde ich erst
durch Kollegen Behm hingewiesen, der ja in seiner
Person bestimmt den interessantesten Typ dieser
Mchtung verkörpert. Was ich an eigenen Schöp-
fungen des Kollegen Behm dabei sah, hat mich inner-
lich geradezu erschüttert und zeigte mir überzeugend,
welche skarke Möglichkeiten der Entwicklung für eine
auf diesem Gebiet empfindsame Künstlerpersönlichkeir
hier verborgen liegen.
Eigene Bersuche, die ich mit einer Obersekunda
und einer Unterprima anstellte, bestärkten mich
ferner in der Ileberzeugung. dast der Kunsterzieher
bestimmt hier ein Mittel mehr in der Hand hat, um
Hemmungen im Gestaltungsprozeh zu beseitigen, um
Phantasiebegabungen stark zu befruchten, und end-
lich, um neue Anlagen und Entwicklungsmöglichkeiten
bei seinen Schülern zu entdecken. Ein Musikinstru-
ment ist bestimmt in jeder Schule vorhanden und
Schüler, dle Musik auf diesem Instrumeut guk vor-
tragen können, finden sich in fast jeder Klasse, falls
der Zeichenlehrer durch Beschaffung eines guken
Grammophons für den Zeichensaal es nichk vorzieht,
Musik durch den Musikautomaken vorspielen zu
lassen. Ich habe beides in der Schule, einen Flügel
und ein Grammophon. sfch ließ durch einen musik-
begab.ten Schüler zwelmal ein Musikstück der Klasie
vortragen. Dann erging die Aufgabe, das Gehörte
in Form und Farbe umzuwerten. Ich habe absichtlich
keinerlei weikeren Erläuterungen dazu gegeben.
denn sonst hätte ich bestimmt den starken Eindruck
des Gehörten abgeschwächk, mit höchster Wahrschein-
lichkeit auch die Quelle, die ich soeben durch Musik
geöffnet hatte, und deren Fliesien ich ja gerade be-
obachten wollte, sofort wieder verstopft. Die Schüler
haben übrigens auch weitere Aufklärungen. und
Erläukerungen von mir nicht verlangk. So bot die
Klasie in kürzester Zeit das Bild gröhter Schaffens-
freude. Das Gesamtbild der bald vorliegenden
Leistungen war geradezu verblüffend, nicht einer von
den Schülern und Schülerinnen fiel aus. Ich habe
diese Blätter einem größeren Kreis von Damen und
Herren des Faches vorgeführk, die ebenso überrascht
waren über die Höhe der Leistungen, wie ich es
selbst war. Rhythmus in der Gestallung, Ausdrucks-
werte der Form und der Farbe, Dynamik und Mas-
senverkeilung im Bild, Betonen und Nichtbekonen
der einzelnen Bildteile, alle jene Dinge, die mehr
oder weniger theoretisch in den Kunstunterricht
hineinklingen und hineinklingen müssen, ste waren,
wie durch ein Zauberwort geweckk, da, ohne datz ich
nur ein Skerbenswörtlein dazu gesprochen hatke.
Ich glaube, datz es stch schon um deswillen lohnen
würde, wenn jeder ernste Kunsterzieher sich einmal
mit dem berührten Problem beschäftigen mürde.
Schaden würde sein Unkerricht ganz gewitz nicht da-
runter leiden. Er hat bestimmt damit eine Möglich-
keik mehr in der Hand, die Dinge aus sich heraus
enkwicketn zu lassen, anstakt, wie es gar oftmals
getan wird, durch unnötiges Dazwischenreden den
Gestaltungsprozeh in seinem Berlauf zum Schaden
des Schülers zu stören. Wir mühten stolz darauf sein,
zu bekennen, datz in unseren Zeichensälen möglichst
wenig geredek und „unkerrichlet" wird, auch auf die
Gefahr hin, dah törichte imd den Kunstlehrrrn nicht
wohlwollenüe Kreise darin nur die Skärkung der
eigenen Nervenkraft sehen.
Beim Vergleichen der einzelnen Blätker fiel mir
auf, datz eigenklich hwei Gruppen von Schülern
darin zu erkennen waren, wie die bildkünstlerische
Auswirkung des Musikstückes bei dem Einzelnen
erfolgt war. 2ch konnke feststellen, daß Lie eine
Gruppe nur !n relnen Flächenformen, die andere da-
gegen ebenso rein nur linear sich äußerte. Pkastische j
Formen sah ich gar nicht, ebenso wenig roar bei
einer Darstellung Raumwirkung zu erkennen. 2ch
zog daraus verschiedene Schlüsie. zunächst den, daß
jener Typ von Farben- und Formhörern, für den '
sich Musik in plastische und räumliche Gestaltung
umwertet, unker meinen Schülern nicht vertreten
war, es könnte natürlich auch möglich sein, -aß das
vorgetragene Musikstück nach Lteser Richkung hin
ohne Anregung blieb, weil ihm vielleicht eine ge-
wisse dramatische Kraft fehlte, die näch meinem
Gefühl die Boraussehung für Änreguug nach -ieser
Seite hin sein dürste. Die flächenhaft, stark orna-
mentalen Gestaltungen meiner Schüler zeigken mir
eine neue Quelle für ornamenlale Anregungen, -ie
wir so gut für unsere Schriftklasien gebpauchen kön-
nen. Wenn mir das ganze Problem weiter nichks ge-
bracht hätte, als dieses, so wäre ich darüber schon
reichlich beglückt gewesen, Ornämenkale Auflösung
der Form ist für mich an sich schon eln so relzvolles
Spiel beim künstlerischen Gestalten, daß ich jede
Anregung dazu, im Hinblick auf üas Spielen mit der
Form, wie es der Schüler ja bei Komposikionsver-
suchen tun muh, im sinteresie meiner Schüler dank-
bar begrüßen werde. An etnzelnen Blättern meiner
Schüler konnte die ganze Klasie sich augenscheinlich
überzeugen, daß bei dkesen Därstellungen -er Ton-
ge-halt und Ausdruckswert des Musikstückes in
Form und Farbe gekroffen war, nachdem ich das
Skück vor den aufgehängken Blättern noch einmal
vorspielen lietz. Aber auch, wenn dlese Bestätigung
nicht hätte erbracht werden können, wäre dle Be-
deutung dieser Bersuche für. mich nlchk weniger
werlvoll gewesen. Ich werde auf dem beschrittenen
Weg weiter gehen, unbekümmerk darum, daß einige
besonders Kluge, aber auch ebenso Hilflose mtr das
Wort „Konjunkturpädagogik" zurufen werden. Meln
Rat und Wunsch gehen an allö Kunstlehrer, mit mir
diesen Weg zu gehen. Nur so können wir dlesen
interesianten Weg erkunden und gangbar machen
im Znteresie der deutschen Hugend und lhres starken
Gestalkungswillens. Denn die siugend in starke Bin-
dung mit der Kunst zu bringen,' ist nun einmäl
meine Konjunkkur.
Paul Könitzer, Berlin-Oberschönenweide.
Mit diesem Worte bezeichnet man die seltsame j
Fähigkeik einzelner Menschen, bei Anreiz des Ge-
hörsinnes parallel hierzu mehr oder weniger stark
visuell angeregt zu sein. iledoch handelt es sich hier-
bei mehr um phankasievolle „Erscheinungen", die
aber schriftlich und bildmäßig bis in die kleinsten
Einzelheiken wiedergegeben werden, so daß man von
einem „Musiksehen" bzw. „Farbenhören" sprechen
kann. Diese Erscheinung ist in lehter Zeit hin und