Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]: Kunst und Jugend (N.F. 9.1929)

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Leidcr lwimo» d!e deuische» Ze!che»lehi'er, i»s-
deseiidere d!e preiisjische», keiiie Iliilersiühii»» er-
s»hre» dei lhre» wisseiischcistlich gebildete» Kollegei»
Si»d w i r de»» seldst ei»e Ciiiheit, tritt eiiier fllr
de» cmdere» ei»? Si»d w i r i» uiisere» sachliche»
K ll i» p f e » i» a sz v o l l imd dillig d e » li e » d?
^tillsseii ivir »icht erfahre», dnsz die derechtigte Krikili
hiiiiidergleilet i» persöiiliche ffvriin i» scharfe delei-
digeiide Forii»

Hier iiiiisse» ivir i» Ziiliiiiift ei» weiüg Selbstziichl
lldeii imd öle gegeiiteilige Meiiiiuig »icht iiiit „Ber-
»ichlliiigdschlnge»" erledige» wolle». Dal> schafft »ot-
weiidigerweise Berstimiiiiiiigi wir siiid »icht iiur
„vereiiisaml', soiider» auch i» de» eigeiie» Neihe»
„versliiiimt".

Diese V e r e i » s a i» u » g imü V e r st i i» i» » » g
hal teilweise ihre» Grimd i» der »litimter faiiakisch
vorgetrageiie» »eue» Theorie des kiiiistlerische»
Formgestalteiis. 2ede e r » st e uiid b e g c ll » d e t e
G e g e » ä u sz e r u » g wird »icht mit dei» gleiche »
A e ch t s a » s p r u ch dehaudelt wie die nls Doguia,
als Offeiidaruiig betoute Theorie des küiistlerische»
soriiihcisteii Gestalteiis. Fahre» wir fork, i» dieser
Ciiiseitigkeit uiisere Bilduiigsaufgnde zu uiiireisze»,
daim vertiese» wir de» Gegeiiscilz zu de» ivisseiischast-
liche» Atikardeiter» der deutsche» Schule iiiiuier iiiehr
uiid treide» der vo» Kolb so kresfeud gekeimzeich-
»ete» „Vereiiisaiiiuiig" uiirettbar weiter eukgege».

Weim alleS, was »icht i» die Theorie des forui-
hasle» kllusllerische» GestalteuS paszk, als iniiider-
ivertig, iiiifruchtdcir adgeta» wird, da»» wird der ei»e
Teil uiiserer Bilduiigsnufgnbe i» imserer Bereius-
zeituiig eiiifach kapuk gemacht. liud das geschieht jelzl
»ichk iiur durch uus seldst, durch ^iussälze uiisercr
Mitglieüer, die »ur die ei»e Scite uiiserer Erzieher-
ausgade sehe», alleü audere ndlehiie», es geschieht
auch durch auszeiisteheude Kreise, deiie» iiia» daS
Wvrl nuSgicdig i» Kuiist uiid Iugeiid gidt. Wir siud
»icht eiigherzlg, wolle» nuch audere höre», ader seie»
wir i i» e i g e » e » Lager weitherzig uiid
lasse» ohiie scharfadweiseiide Fori» imsere Mit-
glieder, die auderer Äreiiiuiig siud, zu Worte
lioniiiie». —

Weii» der Schreiber dieser Zeile» dei» „dildhafteii
Geslalteii" ii» Siiuie Kolds, als eigeiitriebiges, foriu-
schnffeiides Gestalte» de» Borzug gidk vor der Theo-
rie Brltsch-Koriiiiia»», so erkeinil er i» dem seldstä»-
dige» phaiikasieiiiäszige» Ausdrucksgestalke» die eiue
Seikc uiiscrer Bilduiigsaufgabe voll a». Er hat Ge-
legeiihelk geuoiuiiie», i» eiiier ?liisstellu»g »ach.
Britsch-Koriima»» aus die Gefahr des 1i ui b i e g e » s
üer freie» K > u d e r z e i ch » u » g hiiizuweise»,
so dasz dereits die Gefahr eiueS M a » i e r i s i» u s
osseu zutage trat. Weu» bei dei» Thema Teich
dle S ch ii l e r alle auf ei» g ! eiches B e ch t e ck
eiiigestellt iverde», die formale Gestaltimg der Bäume
ägpptlsche Geskaltuiig uud die Behaiidlung der Welle
u. a. gleichgerichkete Form ausweist, so ist das »icht
e'me soruihnfte iiiibeeiiiflusjte Lösuiig;- -die wir gut-
heljze» köuiie». 'Zluch dle i» Br. !) vo» Kuust uud
iiiigeud gezcigle» liaubvögel zelge» i» diuuipf u»d
Flilgel bie gleiche foriuhajle Lösimg. 3ch empfehle
eiiminl de» Kollege», die beide» Theme» T e i ch u»d
Li a u b v o g e l iiiik 13- imü Uijährige» Schlller» zu
dehaudel», 'ohiie Hliuveis aus Foriiigebimg, Techiiik,

Aiiordiiuug ii» Aaui», aber auch ohue Borzeige» vo»
Lösuuge» nuS Friihkimst imd priiuitiver Kuust. Das
Ergebuis wird ei» auderes sei» ^). Borausgesetzk, datz
»icht scho» ei» liinbiege» der eigeiitriebige», techirisch
selbstäiidlg gewählte» Form durch theoretische Füh-
rimg staktgefuude» hat. Weim wir später eiimral in
Eiiizelausfllhruiige» eiiigehe» iverde» auf das Erschei-
»imgSgeiiiäsze, auf Bichtigkeit, auf seelische» u»d
geistige» imd »ivtorisch rhi)thi»ische» SchaffeirSgrund,
o wolle» ivir heute ai» Schlusz »och die Sätze au-
iige», die ivir Herr» Dr. Weitzuiautel, Alarktbreit,
ilr dle DiSkussio» zu der i» Feft 5 aiigekündigte»
Tagimg gesaud! hntteii: Der Zeichen- und Kuust-
»»terricht hat die d a r st e l l e » d e » und gestal-
t e » d e » Kräfte des werdeuden Alenschen a»
selbstgewählte» oder gegebene» Zlufgabe» zu e » t -
w i ck e l » : er hat die B e u r t e i l u » g künstle-
rischer, »atllrlicher imd techiiischer Tatbestände e»k-
wcder eiufühleiid (kouteiiiplakiv), »achschaffeiid (reak-
tiv) oder messeiid imtersucheiid zu pflege ».

Der Z. uud K. 1l. hat soriiit im Bahme» der all-
gemeiiibildeiide» Schule eiue Doppelaufgabe zu löse».

S o » d e r a u f g a b e : Icheiitwickluug — Eigeir-
werk:

A l l g e i» e i » e Aufgabe: Eiitwickluug zur
Kultur, zum Lebe», zur Natur — Aliktlerwert.

(Die Begriffe Eigeirwert — Alittlerwert stamine»
vo» Al ü l l e r - F r e i e » f e l s).

* Amneekiinci Ler Schristleilung. Hier irrt dcr Versasser. Die
Raubvögel, HcktS, Seite lüll uud III, siud unter melner <Unlei-
t»»g >m Klassenunterricht cntstauden. Daher wcist ich iiber ihrc
Entstchnng gcnau Vescheid. Ich kanu nicht verstehen, wie man
sindc» kann, dast sic ini Rumps nnd Flugcl die glciche sormhasle
vösnng zeigen, abgeschcu Lavon, dah cd stch ebeu um Bogelleib
nnd -slngel handelt, Der Untcrschicd dieser bsiden individnelle»
vösnngen beweist schon, Lah kein „Umbiegcn Lcr eigentriebigen,
lechnisch selbstttttdig gewähltcn Form durch thcoretlsche Fi'ihrnng
staltgesuudcn hat". Solchc pösnngen können jeden Tag >u jedcr
Schnle, >vo in unscrci» Siunc richtig gcarbcitet wird, entstchcn.
Iui» Richiigarbcitc» in diesem Fall gehört aber anch, dah bcr
vchrer dic Schnler »nrcgt, daö Fliegcn des Bogels u»d sei»e
Formgestaltnng z» erleben. Wir liaben doch nicht die Ausgabe,
etwa »nr Themen z» stellen n»d hernach dcu Schüler sich selbst
zn iibcrlassen. Sondern wir sollen ihu im rechteu Sinue siihre».
Der Llilssührung dieser Arbeit ging eine knrze Aussprache
i'ibcr Le» Bogel i»i allgcmeinen nnd i'lbsr den Nanbvogel i»i bc-
sondcren vorans. Wir sprachen von der Form des Bogelleibes,
vom Kops »üt dem Augs »iid dcm Schnabcl. De» scharscn,-hacke»-
förmigcn Aanbvogelschnabel zclchueten wir rasch an Lie Wand-
tasel >i»d wischlcn ihn wieder a»s. Dann sprachcn wir von dc»
Dcctfever», die wlc Schnppen sich übereinanderlegen, vom Kops
nach dcr Mittc allmähltch gröhcr und nach hinte» zu wteder
tleincr werden, von deui Schwanz als Steuer mit seinen beweg-
lichcu langc» Feder», ebsnsv von den Schwung- und Rndcr-
sedern der Flügel. Danu erlebten wir dcn Bogcl als Flug-
maschiuc. Wir breitetcn die Arine wie Flügel ans und wiegten
uus iu dcu Püsten. Dann schosscn wir mit vorgestrelktem Kopf
und angezogsncn Fi'cheu durch die Lnft. Das alles, lieber Stiehler,
tatcn wir — in Üer Borstellnng. And Ln hättest sehen solle», wie
Lie klcinen 11jährigen Bnben dabei wareu. Das pichte ihue»
gerade, sliege» wolltcn sie schon laugc. Irgendwelchc Lösungen
der Aufgube wnrdeu selbstvcrüändlich »icht gezeigt, am aller-
wenigste» solche a»s Frühkunst oder primitiver Kiinst. Dan»
wärsu die Schülerarbeiteu ganz anders ausgesallen, nicht so un-
bckümniert u»d rhylhmisch srei.

Die beide» auderen Bögel sind ohne Einflich vou mir bei
siner Lehrerin in Mädchcuklassen cntstanden. Beweis, dah ähn-
liche Lösnngen tatsächlich iiberall nnter densclben Boransselznngeii
entstehcn könncn.

Abschltcchcnd möchtc ich noch bemerlen, d>ch die Schülerarbciten,
die Egon.Kornmann vorigc» Sommcr in Müuchcu aiilästlich
der Anüsiellnng „Bcue Wege lünsllcrischer ürzichuug" zeigle, z»
de» schönsten Kittderzeichiningeu gehörte», die ich >e geseheu.
Bo» einer Beeinslussuug Lurch primitivc tinnst bemerkte man
dort »ichts. Das, waü Stiehlcr hier rügt, mich sich ans eine ü»t-
gleisung bezichen, für die dic Britsch-Thcoric uatürlich nicht
veranlwortlich sciu kann. E. K.