16
1. obwohl Zwcckbau, doch s t a m m c s m ä ß i g untcr-
schicdlich ist;
r. nicht bloß die csemaltcn und im schwäbischcn Bereich
vielsach nur;ur UnterstreichuiiA des plastischen Schmuckes
„gefaßten" Truhen, die Pscnwände, dic schwäbisch-aleman-
nische Ruckucksuhr, den alten Drachenkops an dcr Dach-
rinne, die feiiien Gewebe dcr schwäbischen Alb (mit heute
noch wirkcnden Handwebern in „Glattwar" und Damast)
die schuppeiiFezicrtcn Fischglockenzüge der Ulmcr Gcgend,
die Messingweibchen als Türgrisse, die Springerles-
sormen und -model, das Schrecheimcr und Schramberger
Geschirr als eiicheitlich gestaltete Formgüter ciner scst-
verbundenen Runsthandwerkerschaft mit einfachem Laien-
können cnthält, sondern auch die gctäserte Stube und die
ausgclegte Rüche, als Xäume diescs Eigcntuins und Staa-
tes, in dcnen die Arbeit getan wird, in denen die Volks-
licder gcsungen, die Sagen und Ulärchen durch erneutes
Erzählen gestaltet worden sind.
Andcs im schwarzen Rauchfang das Echo der Stürme
der cwig schasfenden und wirkenden Natur die Volks-
santasie ;u Deutungen dcs „Muode", ;u Zeichen und
menschlich eingcborenen Gestalten anregte, bis aus solchem,
letzten Endes religiösen Grunde der ungeheure Schatz dcr
Volkskunstsormen ;ur weihe, ;um Schmuck des Eigen-
tums inncrhalb dec gleichgesinnten Gemcinschaft sich er-
hob. Diese gcwaltige Grundlage ist der alten Volkskunst
unerläßlich gewesen. 2luf ihr spiegelt sich dann der Eigen-
charaktcr der Formwerte: Die Gesetzlichkeit der Gesichts-
sinneserlebniffe, Einheitlichkeit, Gegebenheit der Grund-
form, Gleichklang des Augenmaßes (nicht der Zahl) die
Gültigkeit dcr Symmetrie oder die äußere und innere
Geradheit an Seele und Leib dcs fertigcn werkes, der
sreilich gerade die schwäbische Eigenart oft genug mit
schrulligcn Erfindungen des Schnitzmeffers und Treib-
eisens ein Schnippchen schlägt.
NehmeN wir also im neuen werden die alten Volks-
Semestereröfsnung der Akademie der Bildenden Bünste zu Gtuttgart
Bcrufung des Bildhauers v. Graevenitz
„Muttcr Erde".
Monuinentalplastik aus lNuschelkalk von
dhauer von Gracvenitz.
Bei der Eröffnungsfeier begrüßte der
Akademiedirektor Prof. Spiegel mit her;-
lichen worten die Gäste, vor allcm Mi-
nisterpräsidcnt und Rultminister Nlergen-
thaler, Innenminister Schmid, Gberst-
arbcitsführer Müller, den Vertrcter der
l.lniversität Tübingen, schließlich die neu
in den Lehrkörper Berufenen: professor
Schmid und Bildhauer von Gracvenitz.
Dcn Festvortrag über „Natur und
Runst" hattc Bildhauer von Gracvenitz
übernommcn. Die Runst der jüngstcn Ver-
gangcnheit — so führte der Redncr aus
— sei rationalistisch geworden. Es konime
darauf an, die Er;eugnisse des süßlich bür-
gerlichen Platuralismus in ihrer Schein-
kunst nie wicderkehrcn ;u lassen. Es gelte,
wieder Runst aus den so lange verschüt-
teten Guellen dcs Volkstums crstehen ;u
laffen. Ptur aus innerer Ruhe und Ein-
hcit werde es gelingcn, aus dem Volk und
für das Volk die neue Runst hcrauf;u-
führcn.
An Hand von Lichtbildcrn wies von
Gracvenitz auf den unüberbrückbaren
Gcgcnsatz hin ;wischen dem aus dcr Diefe
heraus gcstaltctcn Runstwerk und dcm nur
gedanklich erfaßten und abgebildcten Gc-
gcnstand. Er mahnte die jungen Rünstler
dcr Akademie und vor allcm die aus ihncn
hervorgehenden Zcichenlehrer, die cinst dcn
Reim dcr Begeistcrung in die Her;en der
Augend lcgcn sollen, ;ur Entscheidung für
die cchtc, ;uchtvollc Formprägung und ge-
gen dcn oberflächlichcn Naturalismus, so-
wic jedcs Dilcttiercn in dcffcn Sinnc.
Er ii'ics darauf hin, wclchc Ledcutung
einer rcchten Runstcr;iehung dcr Augend
sür das gan;e Volk ;ukämc. — Hersticher
veifall dankte von Graevenitz für seinc
»iiitigcn und offcncn wortc.
1. obwohl Zwcckbau, doch s t a m m c s m ä ß i g untcr-
schicdlich ist;
r. nicht bloß die csemaltcn und im schwäbischcn Bereich
vielsach nur;ur UnterstreichuiiA des plastischen Schmuckes
„gefaßten" Truhen, die Pscnwände, dic schwäbisch-aleman-
nische Ruckucksuhr, den alten Drachenkops an dcr Dach-
rinne, die feiiien Gewebe dcr schwäbischen Alb (mit heute
noch wirkcnden Handwebern in „Glattwar" und Damast)
die schuppeiiFezicrtcn Fischglockenzüge der Ulmcr Gcgend,
die Messingweibchen als Türgrisse, die Springerles-
sormen und -model, das Schrecheimcr und Schramberger
Geschirr als eiicheitlich gestaltete Formgüter ciner scst-
verbundenen Runsthandwerkerschaft mit einfachem Laien-
können cnthält, sondern auch die gctäserte Stube und die
ausgclegte Rüche, als Xäume diescs Eigcntuins und Staa-
tes, in dcnen die Arbeit getan wird, in denen die Volks-
licder gcsungen, die Sagen und Ulärchen durch erneutes
Erzählen gestaltet worden sind.
Andcs im schwarzen Rauchfang das Echo der Stürme
der cwig schasfenden und wirkenden Natur die Volks-
santasie ;u Deutungen dcs „Muode", ;u Zeichen und
menschlich eingcborenen Gestalten anregte, bis aus solchem,
letzten Endes religiösen Grunde der ungeheure Schatz dcr
Volkskunstsormen ;ur weihe, ;um Schmuck des Eigen-
tums inncrhalb dec gleichgesinnten Gemcinschaft sich er-
hob. Diese gcwaltige Grundlage ist der alten Volkskunst
unerläßlich gewesen. 2luf ihr spiegelt sich dann der Eigen-
charaktcr der Formwerte: Die Gesetzlichkeit der Gesichts-
sinneserlebniffe, Einheitlichkeit, Gegebenheit der Grund-
form, Gleichklang des Augenmaßes (nicht der Zahl) die
Gültigkeit dcr Symmetrie oder die äußere und innere
Geradheit an Seele und Leib dcs fertigcn werkes, der
sreilich gerade die schwäbische Eigenart oft genug mit
schrulligcn Erfindungen des Schnitzmeffers und Treib-
eisens ein Schnippchen schlägt.
NehmeN wir also im neuen werden die alten Volks-
Semestereröfsnung der Akademie der Bildenden Bünste zu Gtuttgart
Bcrufung des Bildhauers v. Graevenitz
„Muttcr Erde".
Monuinentalplastik aus lNuschelkalk von
dhauer von Gracvenitz.
Bei der Eröffnungsfeier begrüßte der
Akademiedirektor Prof. Spiegel mit her;-
lichen worten die Gäste, vor allcm Mi-
nisterpräsidcnt und Rultminister Nlergen-
thaler, Innenminister Schmid, Gberst-
arbcitsführer Müller, den Vertrcter der
l.lniversität Tübingen, schließlich die neu
in den Lehrkörper Berufenen: professor
Schmid und Bildhauer von Gracvenitz.
Dcn Festvortrag über „Natur und
Runst" hattc Bildhauer von Gracvenitz
übernommcn. Die Runst der jüngstcn Ver-
gangcnheit — so führte der Redncr aus
— sei rationalistisch geworden. Es konime
darauf an, die Er;eugnisse des süßlich bür-
gerlichen Platuralismus in ihrer Schein-
kunst nie wicderkehrcn ;u lassen. Es gelte,
wieder Runst aus den so lange verschüt-
teten Guellen dcs Volkstums crstehen ;u
laffen. Ptur aus innerer Ruhe und Ein-
hcit werde es gelingcn, aus dem Volk und
für das Volk die neue Runst hcrauf;u-
führcn.
An Hand von Lichtbildcrn wies von
Gracvenitz auf den unüberbrückbaren
Gcgcnsatz hin ;wischen dem aus dcr Diefe
heraus gcstaltctcn Runstwerk und dcm nur
gedanklich erfaßten und abgebildcten Gc-
gcnstand. Er mahnte die jungen Rünstler
dcr Akademie und vor allcm die aus ihncn
hervorgehenden Zcichenlehrer, die cinst dcn
Reim dcr Begeistcrung in die Her;en der
Augend lcgcn sollen, ;ur Entscheidung für
die cchtc, ;uchtvollc Formprägung und ge-
gen dcn oberflächlichcn Naturalismus, so-
wic jedcs Dilcttiercn in dcffcn Sinnc.
Er ii'ics darauf hin, wclchc Ledcutung
einer rcchten Runstcr;iehung dcr Augend
sür das gan;e Volk ;ukämc. — Hersticher
veifall dankte von Graevenitz für seinc
»iiitigcn und offcncn wortc.