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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 7 (Juli 1938)
DOI article:
Herrmann, Hans: Zeichnen und Sticken: zwei kleine Berichte aus Münchener Volksschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0142

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Zeichnen und Gticken

Zwei kleine Berichte aus Münchener Volksschulen

Von Hans ^errmann-MUnchen

Es ist gar nicht so einsach, die Rinder ;u einer guten
Form in der Handarbeit ;u bringen, auch dann nicht,
wenn sie im Zeichnen etwas leisten. Daran sind die
„Muster" schuld, die überall als schlechte mechanisch imi-
tierte Vorlagen benuyt werden, und die so eng mit dem
Begriss ,,Handarbeit" verbunden sind, daß es schon der
krästigsten Einwirkung bedarf, sie davon ;u lösen.

Zweierlei ist voraus;usetzen, wenn in dec Schule frucht-
bar gearbeitet werden soll: daß erstens die Rinder „for-
mensest" sind, d. h. daß sie mit ciniger Sicherheit vor-
stellungsgemäß formbildcnd sich aus;udrücken verstehen,
und daß sie ;weitcns nicht ein bloßes ;eichnerischcs
„Muster" erfinden, das nachher auf Biegen oder Brechen
in „Handarbeit" umgesctzt wirdi

Die Auf;eichnung aüs den Stoff geschah nur in großen
Linien. Vor allem mußte natürlich der Haupt;ug dastehen,
die kleineren Formen wurden oft nur grob umrissen, an-
gedeutet, oder von Gewandteren in der Zeichnung über-
haupt weggelassen. Die Stickerei verlor dadurch, wie man
selbst in der kleinen Abbildung noch sicht, die peinliche
2lkkuratesse des nur Technischen, und gewann dafür wenig-
stens ctwas von der Lebendigkeit, die wir in alten Hand-
arbeiten so sehr bewundern.

Es wurde vor allem darauf geachtet, daß nicht ;uerst
umrandend, und dann technisch ausfüllend gearbcitet wecde;

1

Es kommt nicht darauf an, daß nun gan; ohne Vor-
;cichnung gcarbeitct wird — Doktrinäre mag die praxis
bclchren! —, aber doch darauf, daß noch während der
Ausführung in Formcn gedacht wird, und daß nicht bloß
cine genau aufgepauste Vorlage technisch einwandfrei ge-
stickt wird.

I.Gesticktc Ranke ;ur Vcr;ierung einer

Rochschür ; e (da;u Bild i).

Der Versuch wurde mit einer Mädchcnklasse im 2llter
von ctwa ir 2>ahrcn gemacht. Es gingen Zeichnungen
voraus, dcren Lhema war: Ranke mit Blumen und Blät-
tern, die von cincr Mittc aus nach bcidcn Seitcn ver-
läuft. Schon beim Zeichnen wurde darauf hingcwiesen,
was man mit Nadel und Stickgarn allcs ausführen könne;
stcrnförmigc strahligc, ficdrigc Blumen, geficderte Blät-
ter; es wurdc auch gcsagt, daß es nicht auf eine aus-
gctüftclte Zcichnung ankomme, sondern nur darauf, sich
cinen plan für die cigentliche Arbeit ;u machcn.

Es ;eigte sich, wic notwcndig dic konkretc Lhemcnstel-
lung „Ranke" war, um die bei vielen wieder durchkom-
mcndcn vagcn Erinncrungcn an „Stickmustcr" ;u überdek-
kcn. Alle abstraktcn und fadc konvcntioncllen Gebilde wur-
den positiv ;urückgcwiescn, indcm gcsragt wurde, was
dcnn dcr odcr jcncr Schnörkel cigcntlich darstellen solle,
odcr ob man nicht diese (langweilig „übliche") Blume
ctwas reicher und bcstimmtcr gestaltcn könne.

auch der bloße schnurmäßige Rontur wurde nach Möglich-
keit vermicden. Die Formen solltcn von inncn hcraus
ctwa so entstehen, daß von cinem Rankenblatt ;unächst
der aus der Hauptranke herauswachsende und das Blatt
tragende Stiel mit der fortlaufenden Rippe gestickt, und
daß baran crst die Blattbreite selbst mit beidseits schrägen
Stichen angefügt wurde, die dann nach Beliebcn im Zvcch-
sel von kur; und lang Zähne oder Zacken des Blattcs odcr
Fiederung darstellen konntcn.

An Farben wurde im allgemeinen nur Blau und Rot
vcrwendet. wie die endgültige Form, so sollte auch die
Farbverteilung sinngemäß bei der Stickarbeit gcfunden
werden. wurde beispielsweise cine mehrfach krcu;strahlen-
förmige Blüte gcstickt, so ergab sich dcr wcchscl dcr
Farbe gan; unge;wungen aus dem Streben dcr klarcn
Fügung und Gcgcneinandersetzung. 2luch dcr wcchscl von
Blatt und Dlüte, der Unterschicd ;wischen Stcngcl und
Bcwuchs, ;wischcn Relch, Dlütenkronc, Staubgcfäßcn war
2lnlaß ;um wechsel der Garnfarbe.

Es war bci dicsem crsten Versuch viel Einspruch und
Ermahnung nötig; obgleich das die Rindcr gar nicht
licbcn, waren sie doch vollcr Frcude bci ihrcr Arbeit.

r. Deckchen inRrcu ; stich (da;u Bild r—4).

Es sci hicr kur; der Arbcitsgang der Aufgabc „Dcck-
chcn in Ärcu;stichstickcrei" dargclcgt.
 
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