Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

DOI Heft:
Heft 2 (Februar 1938)
DOI Artikel:
Hartung, W.: Unsere Stellung zu Lucas Cranach
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0029

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nase, Mund, wangen und Rinn, >a die ganze Ropfform,
die Handhaltung und der Mannesumriß wird Ausdruck
gesammelter Rraft, mit der ein Mann um die Aus-
erstehunA des deutschen Volkes und seine Erhaltung rang.
Das wollen dcs Dargestellten und des Darstellenden sind
eins geworden, womit Volk, Sprecher, Riinstler und seine
Runst unmittelbar eins geworden und zu heroischer Bedeu-
tung gelangt sind.

Betrachten wir ferner etwa das Bildnis aus dem
Louvre: „Iohann Friedrich der Großmiitige" (i5;i). Ge-
rade aus solchem Rops wird deutlich, mit welcher natür-
lichen Veranlagung Granach zu charakterisieren versteht,
mit welcher Rrast und Beherrschung seine Linien Formen
bilden, die unmittelbar zum Träger der Züge großer Lha-
raktere werden. Seine schwingenden Linien zeigen uns

rin i5ri), die Eltern Luthers, das Bildnis eines sächsischen
,Zerrn (Röln i;;;), psalzgraf Philipp bei Rhein, nicht
zuleyt Lranachs Selbstbildnis (Floren; 1550), so treten
vor uns Gestalten voller Tatkraft und Bekennermut hin,
denen Arbcit und Sorge nicht fremd sind, denen gerade in
der Ersüllung dieser Lebenspflichten das Leben selber er-
scheint; Gestaltcn, vor denen wir heute dem Geschick dank-
bar sind, daß sie unsere Ahnen sind. Dies fesselt uns vor
allem an die Bildniffe der Eltern Martin Luthers. wic
Lranach sie uns erhält, gleichen ihre Gesichter und Hände
Landschaften, voller wucht und Bewegung. In ihnen
stehen Pflicht und verantwortungsbewußtsein, sich sclbst,
ihren V7achkommen und dcr Mitwelt gegenüber. Echter
kann ein Rünstler nicht gestalten und formen, kann er
nicht durch seine Form sagen, wie er über Menschen und

Lukas Lranach: Das Turnicr von i5oö. Nach cinem Rcichsdruck. wirkl. Größc -5,5 : ;7 cm.

(Dcn Druckstock stcllte freundlicherweisc der Vcrlag von „Runst und Volk" (jetzt aufgegangen in dcr „Runst im

Drittcn Reich") zur Vcrfügur.g.)

Menschen, die nicht äußerliche Eigenschaften auf ihrem
Antlitz tragen, obglcich sie uns in ihrer Bewegthcit als
geradezu unglaublich lebendig gegcnübertreten. wärme,
Leben und große cchtc Menschlichkeit zcichnet diese Bild-
niffe aus. wie schon eingangs erwähnt, stehen sicherlich
Dürers Bildniffe an objektivcr Erkenntnis und tiefem
Eindringen in letzte Geheimniffe dcr Platur über allcn in
deutscher Runst, schafft Holbein Monumcntalität und Elc-
ganz, die Cranach wcit übertrcffen. Dürfen wir aber hcutc
noch einen Meister, deffen Rönnen ursprünglichstcr Guelle
aus Volk und Art entspringt und so Nlenschen kraftvoll-
sten, sprudelndsten deutschen Lebens schafft, gcringer ein-
schätzen?

Betrachten wir nach diesem Fürstcnbildnis die Äöpfc
anderer deutscher Männer: den Bürgcrmeister von wci«
ßenfels (Berlin 1515), das Bildnis eines Mannes (Schwc-

ihr Dasein dcnkt. Sie erscheincn pflichtbewußt und ihrer
Art getreu, von echter menschlicher würde und Mildc,
die nichts falsches und halbcs an sich hat; sic sind schwach
als Mcnschen im Denken und Rönnen, aber ernsthaft und
dcm deutschen Leben gctrcu. Hicr wird Eranachs wellen-
hafte, berghafte Bewegtheit in allen Formen zur Ründc-
rin volkhaften wcsens — cinc vollkommen andere Art
der Vlaturbcherrschung als dic seiner übrigcn Zcitgenoffcn,
an für uns wesentlichem abcr nicht ärmcr als sic. Aus
dieser Art aber Zwcitrangigkcit konstruicrcn ;u wollcn im
Hinblick auf Antikc- und Renaiffance-Probleme hicße uns
sclbst verächtlich machcn. Eranach gibt uns in seiner Art
das Bild des heroischen Menschen der Reformationszcit.
wie crnst cs ihm aber darüber hinaus um dic Natur-
behcrrschung war, zcigen scine viclcn Skizzcn und Studien.
Dcn Erfolg zeigen seine vielen Holzschnittc und Miniatur-
 
Annotationen