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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 3 ( März 1938)
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Ostereier: Volkskunst in Siebenbürgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0052

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ZZild Lstcrcicr aus windau (Sicbcnbürgcn).

Ostereier

Volkskunst in Sicbcnbürgcn.
Thomae, Bistritz.

und cs ist aber doch jedesmal etwas anderes.
Zuweilen sind auch bestimmte Blumen ;u erkennen wie dic
Nelke: oder die Roscnknospe Dabei zeugt die

schwungvolle Liniensührung oft von außerordentlicher
Sicherheit, wie ;. B. bei r,,-, ;,- (identisch mit r,„)
und Daß mit großer Entschloffenheit, rasch und kühn
;u werke gegangen wird, ;eigt die slott geschricbene Linien-
sührung deutlich. Dicse Rühnhcit jedoch wird der Zeich-
ncrin durch die Technik aufgenötigt.

Die gekochten Eier werdcn noch warm mit heißslüssigem
Bienenwachs „beschricben" und nachher in nicht ;u heißcr
Farbe gesärbt — also gleichsam gebatikt. Zum Auftragen
des wachses dient cin feincs r cm langes Röhrchen, das
sich die Bäuerinncn selber herstcllen, indcm sie ein schinales,
papierdünnes Mcssingblcchstückchen um eine Nähnadel her-
umbiegen. Das so entstandene Röhrchen wird quer in cin
cingespaltenes, gut federstieldickes >Aol;stäbchen geklemmt
und mit dünnem 'Aanssaden festgehaltcn, so daß das Röhr-
chen seitwärts ctwa ) cm lang nahe;u rechtwinklig aus
dem ^ol^stäbchen hervorsteht. Dieses Zeichenwerk;eug wird
nicht wie ein Schrcibstist, sondern flach liegend mit dcr
gan;cn ^and gchalten und so gcführt, daß das Röhrchen

falls durch Generationen bcwährte und bewiesene dcutsche
Schrift. An ihr ;cigt sich, daß eine eigentümliche Durch-
dringung der Lateinformen mit der Gotik ;um wesens;ug
gehört. Diese deutsche Schrift hat gcgcnüber dcn Latein-
formcn stcts cine größere Belcbung, cine lcbcndigere
Spannung und Bewcglichkeit, abcr cs wäre eben irrig,
wvnn man dabei nur den cinen Zug dcs „Spitzeren" bc-
tonen wollc; dcnn auch die Schiveifung ins Runde gchöre
da;u. Gcnau gcnommcn ist dcr wcscnsunterschied gcgen-
übcr dcn Latcinformcn der, daß bei uns die R l c i n b u ch-
stabcn herrschcnd sind und die Großbuchstaben häufig
nach sich ;iehrn, währcnd bci der Antiqua dic , gebautcn"
Großl'iichstabcn die Führung haben.

Bild 4: Gstereier aus dem weiteren Siebenbürgen.

;iemlich senkrecht auf die Zeichenfläche ;u stehen kommt.
2>n heißes wachs getunkt läßt sich damit bei flotter Arbeit
in gleichmäßigen Schnur;ügen ;eichnen. Zaghaftigkeit und
Düfteln würde sich in dickeren wachstropfen verraten. So
ist die Rünstlerin ;u der auch an den Abbildungen klar cr-
kennbaren flotten Arbeitsweise genötigt, die den Grna-
menten den Stcmpcl des llngekünsteltcn und Einmaligcn
aufdrückt.

(Es sei hier bemerkt, daß manchcrorts statt des „Bati-
kens" ein wegätzen der Farbe üblich ist: Die gleichmäßig
gefärbtcn Eier werden mit eincr in verdünnte Sal;säure
gctauchten Schrcibfeder beschrieben. Dies Vcrsahren ist
wohl in mancher Be;iehung einfachcr, bürgt aber nicht für
so schöne Ergebnisse. Es ist be;eichnendcrweise grade dort,
wo wirklich künstlcrische ^lrbcit gcleistct wird, meist un-
bekannt.)

Anm : „Stil", „st-lvoll" ist in die'e n Auisatz kei- esiveys
„historisch" gemeint, sondern als die Aeußerung gesunden,
unvcrbildctcn Stilgefühles, das Schmuck und Grnament
immcr wie von selber aus Zwcck, Stoff, Gcstalt und werk-
;cug hervorgchen läßt und dercn Erkcnnen und Vcr-
ständnis betont.

In einem ;wciten Teil ging Spitzenpfeil auf die wcsent-
liche Folgerung ein: „Dic Forderung unserer
Zeit". wir niüsscn aus Gründen dcr Rlarheit und
Einfachheit die Datsache, daß wir cs mit Antiqua- und
Frakturalphabctcii stets ;u tun haben, vermcidcn, die
viclcrlci Groß- und Rlcin- und Rurrcntalphabete ;u
kompli;iercn; wir müffcn im Gcgentcil die viclfachen gc-
melnsaincn Ausgangsformen ;usammensehen und alle Buch-
stabenformcn aiismcr;c>i, die aus Unverstand immer noch
cin Sondcrleben führcn und Vcrivirrung stiften. Ausgabc
dcr Schrift ist es ;uerst und immcr wieder: lesbar ;u
scin, unmißverständlich faßlich, nicht a b e r, vcrspieltc
Grnameiitc ;u licfcrn, dic falsch gelcscn und vcrwcchselt
 
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